Das Inkrafttreten der Verordnung über die Mehrwertsteuer (MWSTV) per 1. Januar 1995 veranlasste die Verwaltungskommission zum Erlass folgender Weisung hinsichtlich der Behandlung der Anwaltskostenentschädigungen der amtlichen und a.o. amtlichen Verteidiger sowie der unentgeltlichen Rechtsbeistände:
1. Sowohl bei der amtlichen Verteidigung wie auch bei der unentgeltlichen Rechtspflege handelt es sich nicht um hoheitliche Funktionen i.S. von Art. 17 Abs. 4 MWSTV. In jedem konkreten Einzelfall wird der Anwalt/die Anwältin vom Gericht bzw. von der Untersuchungsbehörde als amtlicher Verteidiger bzw. unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt. Diese Tätigkeiten unterliegen somit grundsätzlich der Mehrwertsteuer. Die Steuer wird vom Entgelt berechnet (Art. 26 MWSTV).
Zum Entgelt gehört alles, was der Empfänger oder an seiner Stelle ein Dritter als Gegenleistung für die Lieferung oder Dienstleistung aufwendet. Die Gegenleistung umfasst auch den Ersatz aller Kosten, selbst wenn diese gesondert in Rechnung gestellt werden (z.B. Porti, Telefon, Kopien, Hotelspesen usw.). Nicht zum Entgelt gehören Beträge für öffentlich-rechtliche Abgaben, die der Steuerpflichtige von seinen Abnehmern als Erstattung der in ihrem Namen und für ihre Rechnung getätigten Auslagen erhält, sofern er sie gesondert in Rechnung stellt (Handelsregistergebühr, Gerichtsgebühren usw.; vgl. Broschüre Mehrwertsteuer Rechtsanwälte und Notare der Eidg. Steuerverwaltung 610.507-25 S. 5/6 Ziff. 3).
2. Die Entschädigung, welche den amtlichen und a.o. amtlichen Verteidigern sowie den unentgeltlichen Rechtsbeiständen zugesprochen wird, ist folglich um die Mehrwertsteuer von 6,5 % zu erhöhen.
Beispiel:
"Die Anwaltskostenentschädigung wird auf Fr. 2020.- (inkl. Fr. 20.- Auslagen) festgesetzt. 85% der Gebühr betragen Fr. 1700.-.
Die kantonale Gerichtskasse hat daher Rechtsanwalt X. Fr. 1831.80 (inbegriffen Honorar von Fr. 1700.-, Auslagen von Fr. 20.- und Mehrwertsteuer von Fr. 111.80) zu bezahlen."
3. Bis Ende 1994 erbrachte Leistungen unterliegen nicht, nachher erbrachte Leistungen unterliegen der Mehrwertsteuer. Erstreckt sich ein dem Anwalt vom Staat bezahltes Mandat über die Jahreswende 1994/95, haben die Gerichte und Untersuchungsbehörden die Mehrwertsteuer nur auf den Entschädigungen für nach der Jahreswende erbrachte Leistungen zuzusprechen und auszuweisen.
4. Die Gerichte und Untersuchungsbehörden üben hoheitliche Tätigkeiten i.S. von Art. 17 Abs. 4 MWSTV aus und sind nicht steuerpflichtig. Folglich ist bei der Festsetzung und Auferlegung ihrer Gebühren und zusätzlicher Kosten keine Mehrwertsteuer zu berechnen und auszuweisen.
Hatte das Gericht bzw. die Untersuchungsbehörde in einem Verfahren Auslagen, die ihrerseits mit Mehrwertsteuer belastet waren (Kosten für Sachverständigengutachten, Übersetzer, amtliche Verteidiger, unentgeltliche Rechtsbeistände usw.), und können diese Auslagen auf Verfahrensbeteiligte überwälzt werden, so erfolgt die Überwälzung mitsamt der Mehrwertsteuer.
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