E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Justiz- und Sicherheitsdepartement (LU - JSD 2015 5)

Zusammenfassung des Urteils JSD 2015 5: Justiz- und Sicherheitsdepartement

Gemäss den Bestimmungen der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit können Ausländer nur eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung in einem Kanton besitzen, die nur für das Gebiet dieses Kantons gilt. Ein bewilligungspflichtiger Kantonswechsel liegt vor, wenn der Lebensmittelpunkt in einen anderen Kanton verlegt wird. Ohne die erforderliche Bewilligung stellt die Verlegung des Wohnsitzes eine verwaltungsstrafrechtliche Übertretung dar. Der Entscheid über den Kantonswechsel liegt in der Zuständigkeit des alten Kantons, solange die Bewilligung nicht im neuen Kanton erteilt wurde. Die Verwaltungsbeschwerde wurde gutgeheissen, und der Fall wird zur Prüfung des Kantonswechselgesuchs an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts JSD 2015 5

Kanton:LU
Fallnummer:JSD 2015 5
Instanz:Justiz- und Sicherheitsdepartement
Abteilung:-
Justiz- und Sicherheitsdepartement Entscheid JSD 2015 5 vom 18.03.2015 (LU)
Datum:18.03.2015
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Kantonswechsel. Die ausländerrechtliche Zuständigkeit geht erst mit der Bewilligung des Kantonswechsels vom alten Wohnsitzkanton auf den neuen Wohnsitzkanton über.
Schlagwörter: Kanton; Kantons; Kantonswechsel; Aufenthalt; Ausländer; Bewilligung; Aufenthaltsbewilligung; Gesuch; Urteil; Gesuchs; Wohnsitz; Kantonswechselgesuch; Ausländerinnen; Verwaltungsgerichts; Kantonswechselgesuchs; Migration; Vorinstanz; Entscheid; Anspruch; Gesuchsteller; Kantonsgebiet; Wohnort; Busse; Wegweisung; Schweiz; Widerrufs; Erlöschens; ängig
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts JSD 2015 5

Aus den Erwägungen:

3. Gemäss Art. 66 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 (VZAE; SR 142.201) können Ausländerinnen und Ausländer nur in einem Kanton eine Aufenthaltsoder Niederlassungsbewilligung besitzen. Die Bewilligungen geltend dabei jeweils nur für das Gebiet des Kantons, der sie ausgestellt hat.

3.1 Wird der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse in einen anderen Kanton verlegt, liegt ein bewilligungspflichtiger Kantonswechsel vor (Art. 67 Abs. 1 VZAE). Ausländerinnen und Ausländer müssen bei Verlegung des Wohnorts in einen anderen Kanton somit im Voraus eine Bewilligung des neuen Kantons beantragen (Art. 37 Abs. 1 Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16.12.2005 [Ausländergesetz, AuG; SR 142.20]). Diese Bewilligung ist konstitutiver Natur: Erst wenn der neue Kanton den Kantonswechsel bewilligt und damit eine Aufenthaltsbewilligung für sein Kantonsgebiet erteilt hat, erlischt die im alten Kanton erhaltene Aufenthaltsbewilligung (Art. 61 Abs. 1 lit. b AuG). Erst dann ist der betroffene Ausländer ausserdem berechtigt, im neuen Kanton Wohnsitz zu nehmen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2013.00711 vom 22.1.2014 E. 2.1).

3.2 Daraus folgt, dass das Bewilligungsverfahren betreffend Kantonswechsel zwingend im bisherigen Kanton abgewartet werden muss. Wird der Wohnort dennoch (vorsätzlich fahrlässig) ohne erforderliche Bewilligung in einen anderen Kanton verlegt, stellt dies eine verwaltungsstrafrechtliche Übertretung dar und der betroffene Ausländer wird mit Busse bestraft (Art. 120 Abs. 1 lit. c AuG). Zudem kann er in den alten Kanton weggewiesen werden, wenn der Kantonswechsel später verweigert wird. Die ursprüngliche Bewilligung bleibt in diesem Fall erhalten, erlischt diese doch wie erwähnt nur, wenn im neuen Kanton der Kantonswechsel tatsächlich bewilligt wird (Art. 61 Abs. 1 lit. b AuG). Für eine allfällige Wegweisung aus der Schweiz (z.B. aufgrund der Nichtverlängerung, eines Widerrufs des Erlöschens einer Bewilligung) und deren Vollzug ist bei Abweisung des Kantonswechselgesuchs deshalb nach wie vor der alte Kanton zuständig (vgl. Weisungen und Erläuterungen des Staatssekretariats für Migration [SEM] zum Ausländerbereich, in der Fassung vom 25.10.2013 [Stand 13.2.2015], Ziff. 3.1.8.2.1).

3.3 Dies bedeutet, dass die Vorinstanz - als Migrationsbehörde des neuen Kantons - für das Feststellen des Erlöschens der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers und seine Wegweisung aus der Schweiz nicht zuständig ist, sofern sie sein Kantonswechselgesuch vorgängig nicht bewilligt und ihm für ihr Kantonsgebiet keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat. Denn erst mit der Bewilligung des Kantonswechsels geht die ausländerrechtliche Zuständigkeit vom alten Wohnsitzkanton auf den neuen über. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Beschwerdeführer faktisch seinen Wohnsitz bereits in den Kanton Luzern verlegt und sich in der Gemeinde X angemeldet hat. Dazu war er - wie oben dargelegt - gar nicht befugt, und es droht ihm gestützt auf Art. 120 Abs. 1 lit. c AuG eine Bestrafung mit Busse. Der Kanton Luzern ist im vorliegenden Fall somit einzig zuständig für die Beurteilung des Kantonswechselgesuchs. Der Entscheid über den weiteren Bestand der im Kanton Aargau erteilten Aufenthaltsbewilligung fällt hingegen in die Zuständigkeit des Amtes für Migration und Integration des Kantons Aargau (vgl. hierzu auch Urteil des Bundesgerichts 2D_37/2014 vom 9.2.2015 [Sachverhalt Bst. B und C]).

4. Die Verwaltungsbeschwerde ist demnach gutzuheissen, und der Fall ist zur Prüfung des Kantonswechselgesuchs an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Vorinstanz wird dabei zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen von Art. 37 Abs. 2 AuG gegeben sind und dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Kantonswechsel zusteht. Dies ist zu bejahen, wenn er nicht arbeitslos ist und keine Widerrufsgründe nach Art. 62 AuG vorliegen. Weiter setzt der Anspruch auf Kantonswechsel voraus, dass der Gesuchsteller sowohl im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs wie auch im Entscheidungszeitpunkt Inhaber einer gültigen Aufenthaltsbewilligung ist (vgl. Art. 37 Abs. 2 AuG, der von "Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung" spricht, sowie Urteil des Bundesgerichts 2C_208/2011 vom 23.9.2011 E. 1 und Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2014.00172 vom 4.6.2014 E. 3.2-3.3). Dies ist nicht der Fall, wenn der Gesuchsteller seine Bewilligung noch vor Gesuchseinreichung während des hängigen Verfahrens verloren hat, etwa weil sie widerrufen wurde erloschen ist. Der Gesuchsteller hat deshalb stets dafür besorgt zu sein, dass seine Aufenthaltsbewilligung von den Behörden des alten Wohnsitzkantons verlängert wird, bis über den Kantonswechsel entschieden ist. Unterlässt er dies, ist das Gesuch um Kantonswechsel abzulehnen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn aufgrund der Aktenlage von einer routinemässigen Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung auszugehen wäre (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2014.00172 vom 4.6.2014 E. 3.3-3.4). Fehlt es schliesslich an einem Anspruch auf Kantonswechsel, weil eine mehrere der Voraussetzungen von Art. 37 Abs. 2 AuG nicht erfüllt sind, liegt der Entscheid über die Bewilligung des Kantonswechsels im Ermessen der Behörden (Art. 96 Abs. 1 AuG).

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.