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Urteil andere Verwaltungsbehörden (LU - JSD 2012 12)

Zusammenfassung des Urteils JSD 2012 12: andere Verwaltungsbehörden

Der Beschwerdeführer wurde von der Vorinstanz aufgrund fehlender Einreisevoraussetzungen gemäss dem Ausländergesetz abgewiesen, da er keine Aufenthaltsbewilligung besass und Schwarzarbeit betrieben hatte. Er argumentierte, dass er sich legal in der Schweiz aufgehalten hatte und noch nicht rechtskräftig wegen illegaler Erwerbstätigkeit verurteilt worden war. EU-Bürger benötigen für einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen in der Schweiz keine Arbeitsbewilligung. Die Wegweisung eines EU-Bürgers aufgrund von Schwarzarbeit ist nur in schwerwiegenden Fällen möglich. Der Beschwerdeführer hätte als EU-Bürger selbst bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen illegaler Erwerbstätigkeit nicht aus der Schweiz weggewiesen werden dürfen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts JSD 2012 12

Kanton:LU
Fallnummer:JSD 2012 12
Instanz:andere Verwaltungsbehörden
Abteilung:Justiz- und Sicherheitsdepartement
andere Verwaltungsbehörden Entscheid JSD 2012 12 vom 13.12.2011 (LU)
Datum:13.12.2011
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Wegweisung von Angehörigen eines EU-Staates. Artikel 64 Absatz 1 AuG; Anhang I Artikel 5 FZA. Während des 90-tägigen visumsbefreiten Aufenthaltes in der Schweiz können Angehörige eines EU-Staates, welche sich auf das FZA berufen können, nur aus der Schweiz weggewiesen werden, wenn ihre persönliche Anwesenheit zu einer schwerwiegenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führt.
Schlagwörter: Ausländer; Schweiz; Aufenthalt; Einreise; Unterabs; Ausländerin; Sicherheit; Verfügung; Freizügigkeit; Fassung; Wegweisung; Vorinstanz; Einreisevoraussetzungen; Ausländerinnen; Schwarzarbeit; Gefahr; Arbeitsbewilligung; Zeitpunkt; Erwerbstätigkeit; Angehörige; Europäischen; Weisungen; Erläuterungen; Freizügigkeitsabkommen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts JSD 2012 12

Aus den Erwägungen:

2. Die Vorinstanz wies den Beschwerdeführer am 11. Januar 2011 mit der Begrün­dung weg, dass er die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG) vom 16. Dezember 2005 nicht erfülle, weil er über keine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz verfüge und wegen Schwarzarbeit zu Klagen bzw. einem Strafverfahren Anlass gegeben habe. Die besagte Bestimmung sieht vor, dass Ausländerinnen und Ausländer, die in die Schweiz einreisen wollen, über ein für den Grenzübertritt anerkanntes Ausweispapier und, sofern dieses erforderlich ist, über ein Visum verfügen (Unterabs. a) und die für den Aufenthalt notwendigen finanziellen Mittel besitzen müssen (Unterabs. b). Zudem dürfen sie keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die internationalen Beziehungen der Schweiz darstellen (Unterabs. c) und von keiner Fernhaltemassnahme betroffen sein (Unterabs. d). Erfüllt ein Ausländer eine Ausländerin diese Einreisevoraussetzungen nicht nicht mehr, erlässt die zuständige Behörde eine ordentliche Wegweisungsverfügung (Art. 64 Abs. 1b AuG). Eine solche wird aber auch dann erlassen, wenn der Ausländer die Ausländerin eine erforderliche Bewilligung, namentlich eine Arbeitsbewilligung, nicht besitzt (Art. 64 Abs. 1a AuG).

2.1 Der Beschwerdeführer bringt hiergegen vor, er habe sich zum Zeitpunkt der vorinstanzlichen Verfügung nicht illegal in der Schweiz aufgehalten und noch weniger illegal gearbeitet. Als bulgarischer Staatsbürger sei es ihm gestattet, sich während 90 Tagen visumsfrei in der Schweiz aufzuhalten. Diese Frist sei noch nicht abgelaufen gewesen. Im Weiteren sei er im Zeitpunkt der Verfügung noch nicht rechtskräftig wegen illegaler Erwerbstätigkeit verurteilt gewesen, weshalb darauf auch nicht abgestellt werden dürfe, um ihn wegen Gefahr für die öffentliche Ordnung (oder fehlender Arbeitsbewilligung) aus der Schweiz wegzuweisen. Die Vorinstanz habe mit ihrer Vorgehensweise sein rechtliches Gehör (Unschuldsvermutung) in grobem Mass verletzt. Die angefochtene Verfügung müsse folglich aufgehoben werden.

2.2 Angehörige der Europäischen Union (EU-27) benötigen zur Einreise in die Schweiz lediglich einen gültigen heimatlichen Pass eine gültige Identitätskarte. Der Aufenthalt im Schengenraum ohne Erwerbstätigkeit von bis zu drei Monaten (90 Tage) innerhalb von sechs Monaten ist daher weder visumsnoch bewilligungspflichtig. Darüber hinaus kann die Einreise und der Aufenthalt nur verweigert werden, wenn die persönliche Anwesenheit des betroffenen EU-Bürgers zu einer schwerwiegenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führt (vgl. Anh. I Art. 5 des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [FZA]; Ziff. 2.2.1 und 12.1 der Weisungen und Erläuterungen des Bundesamtes für Migration [BFM] zum Freizügigkeitsabkommen [in der Fassung vom 1. Mai 2011] und Ziff. 3.1.1 derjenigen zum Ausländerbereich [in der Fassung vom 30. September 2011]). Insofern ist zu beachten, dass die Anordnung einer Wegweisung eines Einreiseverbots wegen Schwarzarbeit grundsätzlich nur in ausserordentlichen schweren Fällen möglich ist, andernfalls die hohen Anforderungen von Anhang I Artikel 5 FZA nicht erfüllt sind (vgl. Ziff. 12.1.1—12.1.2 der Weisungen und Erläuterungen des BFM zum Freizügigkeitsabkommen [in der Fassung vom 1. Mai 2011]).

2.3 Angesichts dieser Ausführungen muss geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer als EU-Bürger, selbst wenn er rechtkräftig wegen illegaler Erwerbs­tätigkeit verurteilt worden wäre, deswegen nicht aus der Schweiz hätte weggewiesen werden dürfen. Ebenso wenig ist es zulässig, ihn während des 90-tägigen visumsfreien Aufenthaltes in der Schweiz aufgrund illegalen Aufenthaltes wegzuweisen. Die Wegweisung eines Angehörigen eines EU-Staates gestützt auf Artikel 64 Absatz 1 AuG kommt vielmehr nur im engen Rahmen der Bestimmungen des FZA und dessen Ausführungstexten in Betracht. (Justizund Sicherheitsdepartement, 13. Dezember 2011)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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