Das Strassenverkehrsamt erliess dem körperlich behinderten Beschwerdeführer mit Entscheid vom 28. Mai 1986 die Verkehrssteuer für seinen Personenwagen. Am 30. März 2005 hob es den Erlass der Verkehrssteuer nach vorgängiger Gewährung des rechtlichen Gehörs rückwirkend ab 1. Januar 2003 auf, wobei es festhielt, dass die Verkehrssteuer ab diesem Zeitpunkt wieder erhoben werde, da die periodische Überprüfung der steuerbefreiten Fahrzeuge ergeben habe, dass die Voraussetzungen für einen Steuererlass nicht mehr erfüllt seien. Die dagegen eingereichte Einsprache wies das Strassenverkehrsamt ab. Gegen den Einspracheentscheid erhob der Beschwerdeführer beim Justizund Sicherheitsdepartement Verwaltungsbeschwerde, wobei er geltend machte, bei der Beurteilung der für die Steuerbefreiung massgebenden finanziellen Verhältnisse sei gemäss Gesetz bei verheirateten behinderten Personen nur auf deren individuelles Einkommen abzustellen und nicht auf das zusammengerechnete Einkommen beider Ehegatten.
2. Gemäss § 6 Absatz 1a des Gesetzes über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes vom 15. März 1994 (SRL Nr. 776) wird die Verkehrssteuer für Fahrzeuge von Behinderten, die zur Fortbewegung auf die Benützung eines Fahrzeugs angewiesen sind und nicht in guten finanziellen Verhältnissen leben, auf Gesuch hin erlassen ermässigt. Anspruch auf Erlass Ermässigung der Verkehrssteuer haben nach § 5 Absatz 1 der zu diesem Gesetz erlassenen Verordnung (Strassenverkehrsverordnung, SRL Nr. 777) Personen, deren steuerbares Einkommen 60000 Franken nicht übersteigt.
3. Rechtliche Bestimmungen sind in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden, unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinns und der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Vom klaren, das heisst eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf ausnahmsweise abgewichen werden, unter anderem dann, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben (LGVE 1995 II Nr. 18 E. 3a).
Der Wortlaut von § 5 Absatz 1 der Strassenverkehrsverordnung ist an sich klar. Die Bestimmung nimmt mit dem Begriff des "steuerbaren Einkommens" Bezug auf das Steuerrecht und die dort angewandte Praxis. Damit ist die Frage, ob das steuerbare Einkommen im Sinn von § 5 Absatz 1 der Strassenverkehrsverordnung nur aus dem individuellen Einkommen der behinderten Person besteht ob das Einkommen der Ehegattin des Ehegatten hinzuzurechnen ist, analog der Regelung im Steuerrecht zu beantworten.
4. Das kantonale Steuerrecht regelt die Besteuerung von Ehegatten in § 16 Absatz 1 des Steuergesetzes. Nach dieser Bestimmung werden Einkommen und Vermögen der Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet. Damit geht das Steuergesetz vom Grundsatz der Familienbesteuerung aus. Einkommen und Vermögen beider Ehegatten bilden somit im Sinn des Steuerrechts eine unteilbare Einheit und werden folglich zusammengerechnet (LGVE 1995 II Nr. 18 E. 4a).
Dieselbe Lösung findet sich im eidgenössischen Steuerrecht in Artikel 9 Absatz 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG), worin der Grundsatz der Familienbesteuerung ebenfalls verankert ist. Die entsprechenden Regeln über die Voraussetzungen der Familienbesteuerung bzw. umgekehrt der getrennten Besteuerung der Ehegatten stimmen mit den Regeln überein, die diesbezüglich nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im interkantonalen Verhältnis für die Kantonsund Gemeindesteuern gelten (vgl. Urteil 2A.433/2000 des Bundesgerichts vom 12. Juli 2001 E. 2b/dd).
Somit ist zur Beurteilung einer allfälligen Befreiung von der Verkehrssteuer gemäss § 6 Absatz 1a des Gesetzes über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes in Verbindung mit § 5 Absatz 1 der Strassenverkehrsverordnung bei Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, vom zusammengerechneten Einkommen beider Ehegatten auszugehen.
5. Zu keinem anderen Ergebnis führt die Berücksichtigung des Zwecks der auszulegenden Bestimmungen.
Der Beschwerdeführer führt dazu aus, das Verkehrsabgaberecht wolle die Behinderten privilegieren. Wie der Wortlaut von § 6 Absatz 1a des Gesetzes über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes zeigt, sollen behinderte Personen aber nur dann von der Bezahlung der Verkehrssteuer befreit und damit privilegiert werden, wenn sie nicht in guten finanziellen Verhältnissen leben und, was hier nicht weiter interessiert, zur Fortbewegung auf die Benützung eines Fahrzeugs angewiesen sind. Da die Ehe eine Erwerbsund Verbrauchsgemeinschaft darstellt (BGE 122 I 139 E. 4c/bb S. 147), kann eine behinderte Person, deren Ehegattin Ehegatte ein Einkommen erzielt, auf ein grösseres Einkommen zurückgreifen als eine behinderte Person, welche allein erwerbstätig ist. Demnach steht die Berücksichtigung des zusammengerechneten Einkommens beider Ehegatten mit dem Zweck der Bestimmung im Einklang. Der Begriff "steuerbares Einkommen" in § 5 Absatz 1 der Strassenverkehrsverordnung bezweckt, den vollziehenden Behörden ein taugliches Instrument für die Beurteilung der finanziellen Verhältnisse der betroffenen Personen in die Hand zu geben. Es kann offensichtlich nicht die Meinung des Gesetzgebers gewesen sein, das Strassenverkehrsamt zu verhalten, zur Feststellung des Einkommens dieser Personen ein eigenes Veranlagungsverfahren durchzuführen bzw. dem Strassenverkehrsamt zu verunmöglichen, sich bei seiner Beurteilung der finanziellen Verhältnisse Gesuchstellender nicht auf die bereits bestehenden Steuerveranlagungen abzustützen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Materialien zur auszulegenden Norm (vgl. Verhandlungen des Grossen Rates 1993 S. 1016ff. sowie 1983 S. 197ff.).
6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich das steuerbare Einkommen im Sinn von § 5 Absatz 1 der Strassenverkehrsverordnung bei Ehegatten, welche in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, aus den zusammengerechneten Einkommen beider Ehegatten zusammensetzt. (Justizund Sicherheitsdepartement, 14. November 2005)
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