Die Beschwerdeführerin absolviert seit Mai 2006 eine Teilzeitausbildung. Am 14. Juli 2006 reichte sie bei der Stipendienstelle des Kantons Luzern ein Gesuch um Ausbildungsbeiträge ein. Ihre Ausbildung erstreckt sich über fünf Jahre und führt zu einem Diplom. Sie ist in eine dreijährige methodische Grundausbildung (Maltherapie) und eine zweijährige prozessorientierte Aufbauausbildung (prozessorientierte Kunsttherapie) gegliedert. Die Stipendienstelle wies das Gesuch der Beschwerdeführerin mit Entscheid vom 28. August 2006 ab, worauf diese beim Bildungsund Kulturdepartement eine Verwaltungsbeschwerde einreichte und geltend machte, dass ihre Ausbildung als tertiäre Ausbildung einzustufen sei; weil sie zu einer Erwerbstätigkeit führen könne, wäre sie im Übrigen auch als quartäre Ausbildung beitragsberechtigt.
2. Kernpunkt der Beschwerde bildet die Frage der Beitragsberechtigung der fraglichen Ausbildung. Als beitragsberechtigt zählt § 5 Absatz 1 des Gesetzes über Ausbildungsbeiträge (Stipendiengesetz) vom 9. September 2002 (StipG) abschliessend Ausbildungen auf der Sekundarstufe II, der Tertiärstufe und der Quartärstufe auf. Die genaue Umschreibung der einzelnen beitragsberechtigten Ausbildungsstufen delegierte der Gesetzgeber an den Regierungsrat (§ 5 Abs. 3 StipG).
2.1 Gemäss § 1 Absatz 1a der Verordnung zum Stipendiengesetz vom 25. März 2003 (StipV) umfasst die Sekundarstufe II Gymnasien, übrige Mittelschulen, Berufsschulen, Berufsmaturitätsschulen und Überbrückungsangebote zwischen der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II. Die Tertiärstufe beinhaltet Universitäten, Fachhochschulen, höhere Fachschulen, Technikerschulen TS sowie Vorbereitungskurse für höhere Fachprüfungen und Berufsprüfungen (§ 1 Abs. 1b StipV). Die Ausbildung der Beschwerdeführerin gehört zu keinem dieser Schultypen, weshalb sie weder als sekundär noch als tertiär qualifiziert werden kann. Insbesondere kann die von der Beschwerdeführerin besuchte Ausbildung weder als Ausbildung an einer höheren Fachschule noch als Vorbereitungskurs für eine höhere Fachoder Berufsprüfung gelten, fehlen doch die dazu nötigen eidgenössischen Rahmenbestimmungen im betreffenden Berufsfeld (vgl. unten E. 2.2.2.2). Es bleibt daher zu prüfen, ob die Ausbildung der Beschwerdeführerin als quartär im Sinn der Stipendiengesetzgebung einzustufen ist.
2.2 Laut § 1 Absatz 1c StipV umfasst die Quartärstufe Ausbildungen nach der obligatorischen Schulzeit, welche nicht auf den Stufen gemäss Absatz 1a und 1b dieser Bestimmung angesiedelt sind, mindestens 600 Lektionen im Präsenzoder Fernunterricht umfassen und zu einer Erwerbstätigkeit führen. In begründeten Fällen kann die geforderte Lektionenzahl bis auf 300 verringert werden.
2.2.2 Die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz vertreten unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die strittige Ausbildung zu einer Erwerbstätigkeit im Sinn der Stipendienverordnung führt oder nicht. Wird vom engen Wortlaut ausgegangen, tritt § 1 Absatz 1c StipV in Konflikt mit § 5 Absatz 1 StipG, nach welchem Ausbildungen auf der Quartärstufe beitragsberechtigt sind. Da die blosse Ausbildung für sich allein nicht zur Erwerbstätigkeit führt, sondern für eine solche Tätigkeit noch Bewerbungen und weitere Handlungen vorgenommen werden müssen, wäre bei einer zu engen Auslegung von § 1 Absatz 1c StipV keine Ausbildung auf Quartärstufe beitragsberechtigt. Dies würde offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers widersprechen, der Ausbildungen auf Quartärstufe grundsätzlich als beitragsberechtigt bezeichnet. Eine Ausbildung auf Quartärstufe wird in der Praxis deshalb bereits dann als beitragsberechtigt qualifiziert, wenn durch sie die Arbeitsmarktfähigkeit der gesuchstellenden Person ermöglicht oder wesentlich erhöht wird (vgl. Weisungen der Stipendienstelle, S. 25).
2.2.2.1 Die Vorinstanz verneint, dass die strittige Ausbildung die Arbeitsmarktfähigkeit der Beschwerdeführerin wesentlich erhöht. Sie begründet ihre Ansicht sinngemäss damit, es sei nicht ausreichend gesichert, dass die Beschwerdeführerin mit dem angestrebten Diplom eine Erwerbstätigkeit im Bereich der Malund Kunsttherapie finde. Die Ausbildung sei im Vergleich zu einer Fachhochschulausbildung (welche in Deutschland angeboten werde) allgemein zu wenig fundiert, und um das Gelernte im klinischen Bereich anwenden zu können, müsste die Beschwerdeführerin noch zusätzliche Kenntnisse erwerben. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber implizit geltend, dass die Ausbildung ausreiche, um ihre Arbeitsmarktfähigkeit wesentlich zu erhöhen. Mit dem Diplom verfüge sie über alles Notwendige, um auf dem Gebiet der Malund Kunsttherapie einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zusatzausbildungen im medizinischen, pädagogischen oder sozialen Bereich seien zwar von Vorteil, aber nicht zwingend.
2.2.2.2 Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Ausbildung die Arbeitsmarktfähigkeit zumindest wesentlich erhöht, ist zum einen der Ausbildungsbedarf der gesuchstellenden Person und zum anderen das Bildungspotenzial der ins Auge gefassten Ausbildung zu klären. Je höher der Ausbildungsbedarf einer Person und je grösser das Bildungspotenzial der Ausbildung ist, desto mehr lässt sich die Arbeitsmarktfähigkeit beeinflussen. Demgegenüber ist die generelle Arbeitsmarktsituation nicht zu beachten. Die Abwägung dieser Faktoren hat stets im Licht der Förderung des lebenslangen Lernens als eine der Kernfunktionen des Stipendienwesens zu erfolgen (vgl. § 1 Abs. 1 StipG).
Der Ausbildungsbedarf einer Person hängt von ihrem Alter, ihrer Vorbildung und ihren übrigen persönlichen Verhältnissen ab. Die Beschwerdeführerin ist ledig, gut dreissig Jahre alt und alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Sie verfügt über keine abgeschlossene Erstausbildung. Nach Abbruch ihres Medizinstudiums nach zwei Jahren absolvierte sie zwei Praktika, eines im sozialen und eines im landwirtschaftlichen Bereich. Nachher übte sie während ungefähr zwei Jahren administrative Tätigkeiten aus. Zuletzt ging sie einer Tätigkeit als landwirtschaftliche Mitarbeiterin nach. Zurzeit bezieht sie wirtschaftliche Sozialhilfe. Aufgrund dieser Situation ist von einem hohen Ausbildungsbedarf der Beschwerdeführerin und von einem gewichtigen Interesse des Staates, dass sie eine Berufsausbildung erlangt, auszugehen. Auch die übrige persönliche Lage der Beschwerdeführerin lässt eine Ausbildung als angezeigt erscheinen.
Das Bildungspotenzial einer Ausbildung hängt davon ab, ob das Bildungsziel mit der Ausbildung tatsächlich erreicht werden kann. Ziel der Beschwerdeführerin ist es, nach Abschluss der Ausbildung über die nötigen theoretischen und praktischen Kenntnisse zu verfügen, um als Malund Kunsttherapeutin zu arbeiten. Das entsprechende Berufsprofil wurde von der Konferenz der Schweizerischen Kunsttherapieverbände (KSKV) festgelegt. Die von der Beschwerdeführerin besuchte Ausbildung richtet sich nach diesen Vorgaben, und das verliehene Diplom ist vom Schweizerischen Berufsverband für Gestaltende Psychotherapie und Kunsttherapie (GPK) anerkannt. In der Schweiz bestehen im Bereich der Malund Kunsttherapie auf der Sekundarstufe II oder der Tertiärstufe zurzeit keine Alternativen, welche ebenfalls zu einem Berufsabschluss führen würden. Zwar ist eine höhere Fachausbildung im Bereich Malund Kunsttherapie geplant. In der Zwischenzeit bleibt, um den anvisierten Beruf zu erlernen, aber nichts anderes übrig, als ein vom Schweizerischen Berufsverband anerkanntes Diplom zu erwerben. Der von der Vorinstanz gemachte Vergleich mit einer Fachhochschulausbildung in Deutschland ist in diesem Licht wenig hilfreich und auch nicht überzeugend, wäre eine Ausbildung im Ausland doch mit wesentlich grösseren Kosten und Unannehmlichkeiten für die Beschwerdeführerin verbunden. Gemäss den Angaben der Ausbildungsinstitution verfügen Inhaberinnen und Inhaber des zur Diskussion stehenden Diploms über sämtliche notwendigen Voraussetzungen, um im Bereich der Malund Kunsttherapie professionell zu arbeiten. In Anbetracht dieser Gegebenheiten ist das Bildungspotenzial der von der Beschwerdeführerin besuchten Ausbildung als gross einzustufen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Ausbildung der Beschwerdeführerin ihre Arbeitsmarktfähigkeit wesentlich erhöht und als beitragsberechtigt im Sinn der Stipendiengesetzgebung zu qualifizieren ist. Die Beschwerde ist folgerichtig gutzuheissen, und die Vorinstanz ist anzuweisen, das Gesuch der Beschwerdeführerin neu zu beurteilen. (Bildungsund Kulturdepartement, 1. Dezember 2006)
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