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Urteil Aufsichtsbehörden und Kommissionen (LU - AR 00 22)

Zusammenfassung des Urteils AR 00 22: Aufsichtsbehörden und Kommissionen

Die Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte disziplinierte einen Rechtsanwalt aufgrund eines Verweises nach einer Anzeige der Staatsanwaltschaft. Der Rechtsanwalt hatte in einer Strafanzeige falsche Vorwürfe gegen die Untersuchungsbehörden erhoben, die sich als unzutreffend erwiesen. Es wurde festgestellt, dass sein Verhalten standeswidrig war, da er seine anwaltliche Sorgfaltspflicht vernachlässigt hatte. Die Strafanzeige gegen die Strafuntersuchungsbehörden wurde als unverhältnismässig und berufsrechtlich unangemessen betrachtet. Der Disziplinarbeklagte hat somit seine Berufs- und Standespflichten verletzt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AR 00 22

Kanton:LU
Fallnummer:AR 00 22
Instanz:Aufsichtsbehörden und Kommissionen
Abteilung:Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte
Aufsichtsbehörden und Kommissionen Entscheid AR 00 22 vom 05.04.2001 (LU)
Datum:05.04.2001
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§§ 12 ff. AnwG. Ein Anwalt, der ohne nähere Abklärung des Sachverhalts gegen eine Strafuntersuchungsbehörde unbegründet Strafklage wegen Amtsmissbrauchs bzw. Urkundenunterdrückung erhebt, handelt standeswidrig.
Schlagwörter: Anzeige; Disziplinarbeklagte; Untersuchung; Klient; Klienten; Untersuchungsbehörden; Amtsstatthalter; Akten; Besuch; Staatsanwaltschaft; Aufsichtsbehörde; Rechtsanwälte; Sorgfaltspflicht; Einreichung; Sachverhalt; Grosshof; Amtsstatt-halter; Gesichtspunkt; Vorgehen; Anzeige; Rechtsanwalt; Verweis; Erwägungen:; Disziplinarbeklagten; Untersuchungsbe-hörden; Vorwurf
Rechtsnorm: Art. 173 StGB ;
Referenz BGE:116 IV 207;
Kommentar:
Schweizer, Trechsel, , 2. Aufl., Zürich, Art. 173 StGB, 1997

Entscheid des Verwaltungsgerichts AR 00 22

Auf Anzeige der Staatsanwaltschaft hin disziplinierte die Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte den beanzeigten Rechtsanwalt mit einem Verweis.



Aus den Erwägungen:

Der vom Disziplinarbeklagten in seiner Strafanzeige gegenüber den Untersuchungsbe-hörden erhobene Vorwurf des Amtsmissbrauchs bzw. der Urkundenunterdrückung, der sich in der Strafuntersuchung als unzutreffend erwies, ist objektiv ehrverletzend im Sinne von Art. 173 StGB (Trechsel Stefan, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, N 4 vor Art. 173 StGB; BGE 116 IV 207) und damit standeswidrig. Im vorliegen-den Disziplinarverfahren braucht nicht abgeklärt zu werden, ob der Disziplinarbeklagte sich strafrechtlich durch Geltendmachung eines Rechtfertigungsgrundes entlasten könnte. Selbst wenn dies der Fall wäre, müsste ihm unter standesrechtlichen Gesichtspunkten entgegenge-halten werden, dass es ihm seine anwaltliche Sorgfaltspflicht geboten hätte, vor Einreichung einer Strafanzeige den Sachverhalt näher abzuklären. Wenn er glaubte, X. habe seinen Klienten im Untersuchungsgefängnis Grosshof besucht, hätte er sich vor Einreichung einer gegen die Strafuntersuchungsbehörden gerichteten Strafanzeige zumindest beim zuständi-gen Amtsstatthalter danach erkundigen müssen, weshalb sich keine Besuchserlaubnis bei den Akten befinde, da sein Klient geltend mache, ein solcher Besuch habe stattgefunden. Da-mit hätte sein Irrtum (dass es sich beim vermeintlichen Besuch im Grosshof tatsächlich um eine erfolglose Konfrontation seines Klienten mit X. bei der Kantonspolizei Luzern gehandelt hatte) wohl aufgeklärt werden können. Angesichts der sich im Stadium des polizeilichen Ermittlungsverfahrens befindlichen Strafuntersuchung war es jedenfalls äusserst unwahr-scheinlich, dass der Amtsstatthalter eine unbeaufsichtigte Begegnung seines Klienten mit X., dem angeblichen Haupttäter, bewilligt hatte. Der Disziplinarbeklagte durfte dem Amtsstatt-halter kein solches Verhalten unterstellen bzw. war angesichts der gegebenen Sachlage unter dem Gesichtspunkt seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht gehalten, den Sachverhalt ab-zuklären. Mit seiner ohne nähere Abklärungen erfolgten Strafanzeige gegen das Amtsstatt-halteramt und die Staatsanwaltschaft überschritt der Disziplinarbeklagte den ihm zustehen-den Handlungsspielraum bei der Verteidigung seines Mandanten. Selbst wenn sein Vorgehen allenfalls keine strafrechtliche Verurteilung wegen Ehrverletzung zu begründen vermöchte, wäre ihm aus standesrechtlicher Sicht vorzuwerfen, dass sein Vorgehen zumindest unver-hältnismässig war. Es kann nicht angehen, die Strafuntersuchungsbehörden eines Verbre-chens im Amt zu beschuldigen, nur um sich Protokolle zu "beschaffen", die nach seiner An-sicht hätten erstellt werden müssen, wie der Disziplinarbeklagte geltend macht. Zudem wäre eine Strafanzeige nicht das einzige Mittel zur Vervollständigung der Akten gewesen, sondern es hätte ausgereicht, beim Amtsstatthalteramt eine Aktenergänzung (§ 66 Abs. 2 StPO) zu verlangen. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass der Disziplinarbeklagte mit sei-ner Strafanzeige gegenüber den Strafuntersuchungsbehörden die ihm obliegenden Berufsund Standespflichten verletzt hat.



Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte, 5. April 2001 (AR 00 22)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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