Die Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer eröffnete A eine Nachzahlungsund Bussenverfügung. Bei der Bussenbemessung ging sie von einem fahrlässigen Verhalten des Steuerpflichtigen aus, weil er pflichtwidrig unvorsichtig seinen Vertreter nicht kontrolliert habe, und reduzierte dementsprechend die Regelbusse um 50 %. A akzeptierte diese Verfügung.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, beantragt mit rechtzeitig eingereichter Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Rückweisung der Sache an die Veranlagungsbehörde zwecks Erlass einer neuen Bussenverfügung unter Mitberücksichtigung des Verschuldens des Steuervertreters und entsprechender Erhöhung der Busse.
Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde mit folgender Begründung abgewiesen:
1. - Gemäss Art. 130 Abs. 3 BdBSt wird die Widerhandlung, wenn sie von einem vertraglichen Vertreter begangen wurde, der vertretenen Person zugerechnet, sofern diese nicht nachweist, dass sie nicht imstande gewesen wäre, die Handlung zu verhindern deren Auswirkungen rückgängig zu machen. Die Beschwerdeführerin rügt, dass im vorliegenden Fall die Strafe einzig aufgrund des Verschuldens des Pflichtigen (fahrlässige Unterlassung der Überwachung) und ohne Berücksichtigung des Verschuldens des Vertreters bemessen worden sei.
2.- . . .
3. - a) Die Steuererklärungen des gebüssten Steuerpflichtigen hat unbestrittenermassen sein Schwager als Vertreter ausgefüllt und auch unterzeichnet. Dass eine Steuerhinterziehung erfolgt ist, wird vom Steuerpflichtigen nicht in Abrede gestellt. Wohl deshalb hat er die Verfügung, mit welcher er zur Nachzahlung der hinterzogenen Steuer und zur Bezahlung einer Busse verhalten wurde, anerkannt. Nachdem der Vertreter des Steuerpflichtigen das Gemeindeschreiberpatent besass und der Steuerbehörde offenbar als gewiefter Geschäftsmann bekannt war, ging sie von der Annahme aus, er habe bei der Hinterziehung schuldhaft gehandelt. Genauere Abklärungen darüber, in welcher Form sich der Vertreter bei der Steuerdeklaration schuldig gemacht hat, ob vorsätzlich, eventualvorsätzlich fahrlässig, sind - soweit ersichtlich - nicht vorgenommen worden und können, da der Vertreter inzwischen verstorben ist, auch nicht mehr nachgeholt werden.
b) Die gesetzliche Regelung in Art. 130 Abs. 3 BdBSt, wonach die Handlungen des Vertreters dem Vertretenen zugerechnet werden, sofern er nicht beweist, dass er nicht imstande gewesen wäre, die Handlungen zu verhindern deren Auswirkungen rückgängig zu machen, schiebt die Beweislast, an der Hinterziehung kein Verschulden zu tragen, dem Steuerpflichtigen zu. Diese Beweislastverteilung widerspricht dem strafrechtlichen Grundsatz «in dubio pro reo», der in Art. 6 Ziff. 2 EMRK auch für die schweizerische Rechtsordnung verbrieft ist. Da die EMRK auf das Steuerstrafrecht Anwendung findet, muss die Beweislast bei der Veranlagungsbehörde liegen. Diese hat dem Vertretenen nachzuweisen, dass er alle Tatbestandsmerkmale erfüllt hat. Hat, wie im vorliegenden Fall, der Vertreter die Steuererklärungen unterzeichnet, steht es der Steuerbehörde offen nachzuweisen, dass der Steuerpflichtige die Tat zusammen mit seinem Vertreter begangen den Vertreter mangelhaft instruiert und überwacht hat (Behnisch, Das Steuerstrafrecht im Recht der direkten Bundessteuer, S. 129f.; Känzig/Behnisch, Die direkte Bundessteuer, III. Teil, N 20 zu Art. 130, u. a. mit Hinweis auf ASA Bd. 60 S. 261).
Auch das Bundesgericht geht ausdrücklich davon aus, dass die Hinterziehungsbusse nach Art. 129 BdBSt eine echte Strafe darstelle (BGE 116 IV 266) und daher die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Strafrechts (Art. 1-110 StGB) Anwendung fänden, soweit nicht der BdBSt selbst Bestimmungen aufgestellt habe, wie beispielsweise in Art. 130 Abs. 1 BdBSt mit Bezug auf die Haftung der Erben für die Steuerbussen. Diesbezüglich hat dann allerdings das Bundesgericht die Ansicht vertreten, die Beweislastregeln gemäss Art. 6 Ziff. 2 EMRK hätten mit dem Problem der Haftung für Steuerbussen, die wegen schuldhafter Steuerhinterziehung dem Erblasser bzw. seinem Nachlass auferlegt würden, nichts zu tun. Die Busse sei nicht die Folge eines die Erben treffenden Verschuldens. Bedenklich scheint indes selbst dem Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der Unschuldsvermutung Art. 130 Abs. 3 BdBSt. Während es in älteren Entscheiden noch angenommen hat, nach dieser Bestimmung müsse der Steuerpflichtige den Beweis antreten, dass ihn kein Verschulden an der unrichtigen Versteuerung treffe, ist in neueren Entscheiden dagegen jeweils geprüft worden, ob der Steuerpflichtige schuldhaft gehandelt habe. Damit wird nach Darlegung des Bundesgerichtes der Unschuldsvermutung des Art. 6 Ziff. 2 EMRK Rechnung getragen. Diese Bedenken sind nach Auffassung des Bundesgerichts jedoch bei der Erbenhaftung nicht angebracht, weil Art. 130 Abs. 1 BdBSt keine solche Umkehrung der Beweislast bewirke (vgl. Der Steuerentscheid 1992 B 101.6 Nr. 4 Erw. 4d und 5).
c) Der Steuerpflichtige hat bei vertraglicher Vertretung seine Instruktionsund Überwachungspflicht sorgfältig wahrzunehmen. Er kann sich nicht leicht dieser Pflicht entziehen und die Schuld auf den Vertreter schieben. Kommt der Steuerpflichtige seiner Instruktionsund Überwachungspflicht vorsätzlich nicht nach, begeht - er eine vorsätzliche Hinterziehung. Begeht er Pflichtwidrigkeiten bei der Überprüfung, ist er der fahrlässigen Hinterziehung schuldig zu sprechen (Behnisch, a.a. O., S. 132, Känzig/Behnisch, a.a.O., N 24 zu Art. 130 BdBSt). Dass im vorliegenden Fall der Steuerpflichtige die Tat zusammen mit seinem Vertreter begangen habe, wird ihm von der Veranlagungsbehörde nicht zum Vorwurf gemacht und ergibt sich auch nicht aus den Akten. Diesen ist indessen zu entnehmen, dass zwischen dem Steuerpflichtigen und seinem Vertreter ein ganz besonderes, ja ein seltsames Verhältnis bestand.
d) Der Steuerpflichtige hat nach der Primarschule bei seinem Vater eine Berufslehre absolviert und später noch einen zweiten handwerklichen Beruf gelernt, den er dann ausübte. Daneben war er, weil er aktiv Sport trieb, als Sportartikelverkäufer -berater tätig. Im Jahre 1970 wechselte er voll ins Sportgeschäft. Kaufmännisch hat er keinerlei Ausbildung genossen und auch keine Kurse besucht. Von Buchhaltung versteht er nichts. Demgegenüber war sein Vertreter Inhaber des Gemeindeschreiberpatentes und mit ihm nahe verwandt. Zieht man das bescheidene kaufmännische Ausbildungsniveau des Steuerpflichtigen einerseits und die Berufsqualifikation seines Vertreters als Gemeindeschreiber, die bei der Bevölkerung allgemein ein hohes Ansehen geniessen, in Betracht, erstaunt es nicht, dass der Steuerpflichtige seinem Verwandten restlos vertraute. Auf dem Hintergrund dieses absoluten Vertrauens ist es erklärbar, dass der Vertreter im gemeinsam mit dem Steuerpflichtigen gegründeten Geschäft die führende Rolle spielte und nicht nur das Geschäft, sondern auch seinen Partner mit seiner Familie «verwaltete». So hat er dem Steuerpflichtigen das nötige Sackgeld und dessen Frau das Haushaltgeld gegeben und auch die Krankenkassenbeiträge sowie die Steuern bezahlt. Folgerichtig hat er auch die Steuererklärung für den Steuerpflichtigen ausgefüllt, weil er über alles orientiert war und im Zusammenhang mit der Geschäfts-Buchführung sämtliche Unterlagen besass. Bei der dargestellten Sachlage, an der aufgrund der Akten zu zweifeln kein Anlass besteht, kann aber keine Rede davon sein, dem Steuerpflichtigen sei es offensichtlich gleichgültig gewesen, ob er richtig besteuert werde nicht. Es stellt sich gegenteils allen Ernstes die Frage, ob der Steuerpflichtige die Instruktionsund Überprüfungspflicht angesichts dieser besonderen Umstände überhaupt in fahrlässiger Weise unterlassen hat. Der Veranlagungsbehörde ist jedoch beizupflichten, dass er sich eine Fahrlässigkeit zuschulden kommen liess, nachdem er auf einen Hinweis eines Aussenstehenden hin, er werde von seinem Verwandten hintergangen, nicht hellhörig wurde und sich veranlasst sah, dessen Tätigkeit im Geschäftlichen und damit auch im steuerlichen Bereich zu kontrollieren bzw. kontrollieren zu lassen. Mithin ist die Bemessung der Strafe gegenüber dem Steuerpflichtigen nicht zu beanstanden, selbst wenn sein Vertreter, was nicht mit Sicherheit feststeht, mit Vorsatz gehandelt hat. Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen.
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