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Urteil Verwaltungsgericht (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:A 10 212_1
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Abgaberechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid A 10 212_1 vom 20.09.2011 (LU)
Datum:20.09.2011
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Weil Art. 20 Abs. 1 und 2 des Wasserversorgungsreglementes der Gemeinde Ebikon vom 14. Mai 1965 keinen Bemessungsfaktor für die nach dem Äquivalenzprinzip zu ermittelnde Anschlussgebühr an die Hauptwasserleitung der kommunalen Wasserversorgungseinrichtung enthält und zudem auch sonst keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Erhebung der in Frage stehenden Anschlussgebühr herangezogen werden kann, erweist sich die Beitragsverfügung als rechtswidrig.
Schlagwörter: Wasser; Gemeinde; Recht; Wasserversorgung; Vorzugslast; Gemeinderat; Vorzugslasten; Wasserversorgungsreglement; Abgabe; Verordnung; Ebikon; Grundeigentümer; Rechtsgrundlage; Anschluss; Beitrags; Grundlage; Kommunale; Wasserversorgungsreglementes; Grundstück; Hauptleitung; Kausalabgabe; Hauptwasserleitung; Erschliessung; Verwaltungsgericht; Vorteil; Erhebung; Luzern; Einsprache; Erlass; Perimeterbeitrag
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:128 I 107; 132 II 375;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Sachverhalt (gekürzt):

In den Jahren 1992, 1999 und 2003 bewilligte der Gemeinderat Ebikon der M SA bzw. der späteren Eigentümerin N AG ein Strassenprojekt für die Erschliessung der Grundstücke X und Y in der Gemeinde Ebikon. Im Jahre 2004 erwarb A die Parzelle Y von der N AG. Am 9. Juni und 26. August 2004 erteilte der Gemeinderat A Baubewilligungen für drei neue Mehrfamilienhäuser auf dem Grundstück Y. In den Baubewilligungen wies er darauf hin, dass für die Anschlüsse an die Hauptleitung der Wasserversorgung Ebikon (WVE) noch ein Perimeterbeitrag erhoben werde. Dieser werde während der Bauausführung in Rechnung gestellt. Am 4. Oktober 2004 unterbreitete A dem Grundbuchamt Luzern-Land ein Begehren um Parzellierung des Grundstücks Y. In der Folge wurde die Parzelle Y in kleinere Grundstücke aufgeteilt. Die Restfläche verblieb als Grundstück Y, auf welchem die private Erschliessungsstrasse liegt. Die Grundbucheinträge erfolgten Ende 2004. Mit Schreiben vom 25. September 2006 eröffnete die WVE A den Entscheid des Gemeinderates betreffend den Perimeterbeitrag an die Hauptwasserleitung. Danach habe der Eigentümer der Parzelle Y auf der Grundlage von Art. 20 des Wasserversorgungsreglementes der Gemeinde Ebikon vom 14. Mai 1965 an die Erstellungskosten der Hauptwasserleitung innert 30 Tagen Fr. 8''574.-- zu bezahlen. Grundlage für die Bemessung des Perimeterbeitrags war die Fläche der Parzelle Y vor der Parzellierung (2''858 m2), wobei der Gemeinderat pro m2 Fr. 3.-- in Rechnung stelle. Nach Ablauf der Zahlungsfrist werde ein Verzugszins erhoben. Gegen diesen Entscheid erhob A Einsprache mit dem Antrag, auf die Erhebung des Perimeterbeitrages sei zu verzichten. Der Gemeinderat wies die Einsprache ab.

Eine dagegen geführte Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat das Verwaltungsgericht gutgeheissen.

Aus den Erwägungen:

1.- Prozessuales.

2.- a) Die Streitsache handelt von einer öffentlichen Abgabe, also von Geldleistungen, welche das Gemeinwesen gestützt auf öffentliches Recht auferlegt. Konkret steht eine Kausalabgabe zur Diskussion. Die Rede ist von einer Abgabe, die nicht voraussetzungslos geschuldet ist, sondern mit einer bestimmten Leistung des Gemeinwesens in Zusammenhang steht oder einen wirtschaftlichen Sondervorteil abgelten soll. Erschliessungsbeiträge, wozu der im Streit liegende Beitrag an die Hauptwasserleitung der WVE gehört, zählen zu den Vorzugslasten (dazu: Wyss, Kausalabgaben, Basel 2009, S. 13; Hungerbühler, Grundsätze des Kausalabgaberechts, in: ZBl 2003 S. 505 ff, insbes. S. 510; Widmer, Das Legalitätsprinzip im Abgaberecht, Zürich 1988, S. 46; Vallender, Grundzüge des Kausalabgaberechts, Bern 1976, S. 94 ff.; Otzenberger, Die Grundeigentümerbeiträge im Kanton Luzern, Luzern 1976, S. 32). Vorzugslasten sind kostenabhängig und dem Abgabepflichtigen kommt grundsätzlich eine gleichwertige staatliche Leistung zu. Auch für derartige Abgaben sind das Kostendeckungsund Äquivalenzprinzip zu beachten (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich 2010, N 2704 mit Hinweisen). Nach dem Äquivalenzprinzip bemisst sich der individuelle Beitrag des Abgabepflichtigen nach dem wirtschaftlichen Sondervorteil, den der Einzelne aus der betreffenden öffentlichen Einrichtung zieht (BGE 132 II 375, 131 I 317, 118 Ib 57). Die Höhe des Beitrags ist vom Mehrwert abhängig, der dem Beitragspflichtigen zuwächst. Der erwachsene Vorteil muss wirtschaftlicher Art sein, d.h. er muss in Form von Geld realisiert werden können. Er muss zudem ein besonderer sein (einlässlich: Ruch, Die Bedeutung des Sondervorteils im Recht der Erschliessungsbeiträge, in: ZBl 1996 S. 532 ff.). Der Wert des Vorteils ist oft schwer im Voraus abzuschätzen und hängt von diversen Faktoren ab. Vorzugslasten müssen daher dem Grundsatz nach in einem formellen Gesetz geregelt werden, ihre Bemessung kann gegebenenfalls an den Verordnungsgeber delegiert werden (vgl. BGE 128 I 107 E. 4b). Nach der bundesgerichtlichen Praxis zu den Vorzugslasten ist die Bemessungsgrundlage dann hinreichend bestimmt, wenn das formelle Gesetz die maximale Höhe der Abgabe festlegt. Der Verordnungsgeber als Delegationsempfänger kann die Gebühr im Rahmen der formellgesetzlichen Grundlage konkretisieren (vgl. Wyss, a.a.O., S. 197 und 215 ff.).

b) Wie erwähnt, dreht sich der Streit um einen Grundeigentümerbeitrag, welcher den wirtschaftlichen Vorteil des Grundeigentümers zufolge des Anschlusses an eine Hauptwasserleitung ausgleichen soll. Die Versorgung mit Wasser ist Sache der Gemeinden (§ 5 Abs. 2 lit. a des Wassernutzungsund Wasserversorgungsgesetzes vom 20.1.2003 (WNVG; SRL Nr. 770). Gleiches galt nach Massgabe des Vorgängererlasses - des Wasserversorgungsgesetzes vom 20. September 1971 [G XVIII 112] - (vgl. LGVE 2000 II Nr. 35, 1985 III Nr. 42 E. 1; ferner: Otzenberger, a.a.O., S. 32). Der Hintergrund erhellt, dass die Rechtsgrundlage für die Vorzugslast zufolge des Anschlusses an die Hauptwasserleitung im kommunalen Recht verankert ist. Damit ist deutlich geworden, dass der Gemeinde hinsichtlich der Rechtsetzung und der Rechtsanwendung bei derartigen Vorzugslasten ein erheblicher Gestaltungsspielraum zusteht, den das Verwaltungsgericht respektiert. Auf der andern Seite darf nicht übersehen werden, dass sich die umstrittene Kausalabgabe dem Prinzip der Gesetzmässigkeit einzuordnen hat (Wyss, a.a.O., S. 131). Ob die Rechtsgrundlage, auf die sich die umstrittene kommunale Beitragserhebung stützt, diesen ungeschriebenen verfassungsmässigen Grundsatz beachtet, gilt es im Folgenden zu überprüfen.

c) In Bezug auf die Erhebung des strittigen Beitrages beruft sich der Gemeinderat auf Art. 20 des Wasserversorgungsreglementes der Gemeinde Ebikon vom 14. Mai 1965 (nachfolgend Wasserversorgungsreglement). Dieser Erlass ist auf den 1. Januar 1965 in Kraft getreten (Art. 53 des Wasserversorgungsreglements).

Einen Ingress findet sich in diesem Erlass nicht. Im Zeitpunkt seines Inkrafttretens kannte die kantonale Rechtsordnung denn auch keinen Erlass, der die Entrichtung von wirtschaftlichen Vorteilen zufolge eines Anschlusses an eine Leitung der Wasserversorgung explizit geregelt hätte. Immerhin ermächtigte das damals in Kraft gestandene Baugesetz für den Kanton Luzern vom 25. Mai 1931 (G XI 296) die Gemeinden, in den kommunalen Baureglementen raumordnungsrelevante Bestimmungen aufzustellen, so u.a. insbesondere über Beiträge bzw. Vorzugslasten an die Erstellung öffentlicher Werke, wie Strassen, Trottoirs, Kanalisationen usw. (§ 84 des zitierten alten Baugesetzes). Weiter ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass eine Verordnung des Regierungsrates aus dem Jahre 1913 ein System für die Festsetzung von Grundeigentümerbeiträgen kannte. Dabei handelt es sich um den Vorgängererlass der Verordnung über Grundeigentümer-Beiträge an öffentlichen Werke vom 16. Oktober 1969 (Perimeterverordnung; PV; SRL Nr. 735]; vgl. dazu: Meyer, Zur neuen luzernischen Perimeterverordnung, in: ZBl 1970, S. 393 ff.). Das vom Regierungsrat am 29. Dezember 1958 genehmigte Bauund Zonenreglement der Gemeinde Ebikon vom 4. Dezember 1957 (alt BZR; publiziert in: Sammlung der Verordnung und Beschlüsse des Regierungsrates, [V XV, S. 778 ff.]) bestimmte unter der Sachüberschrift "Trinkwasser" in Art. 28 Folgendes: "Jeder Wohnungsneubau ist mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser zu versehen. Für Gebäude im Bereich der öffentlichen Wasserversorgung besteht Anschlusspflicht, mit Ausnahme jener Liegenschaften, die eine eigene ausreichende Wasserversorgung aufweisen." Eine besondere Regelung über Beiträge an Wasserversorgungsanlagen enthielt das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des zur Debatte stehenden Wasserversorgungsreglementes gültige alte BZR aus den Jahren 1957/1958 aber nicht. Nach dem Gesagten ergibt sich, dass die kantonale Rechtsordnung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des interessierenden Wasserversorgungsreglementes - also nach dem 1. Januar 1965 - keine Rechtsgrundlage für die Erhebung der umstrittenen Vorzugslast zufolge des Anschluss an die Hauptleitung des gemeindeeigenen Wasserversorgungsnetzes kannte. Beizufügen ist, dass die Gemeinde Ebikon auch im alten BZR aus den Jahren 1957/58 keine Rechtsgrundlage für eine derartige Vorzugslast erlassen hat. Demnach vermag der Gemeinderat - abgesehen vom Wasserversorgungsreglement vom 14. Mai 1965 - keine Rechtsgrundlage anzurufen, auf welche sich die strittige Beitragserhebung stützen liesse.

d) Als Rechtsgrundlage für die Erhebung der umstrittenen Vorzugslast fallen die Abs. 1 und 2 von Art. 20 des Wasserversorgungsreglementes in Betracht. Danach bezahlen die Grundeigentümer bei Hauptleitungen, die Bauland erfassen, sämtliche Erschliessungskosten. Wobei diese im Voraus zu bezahlen sind (Abs. 1). Der Gemeinderat verteilt die Kosten der Hauptleitung auf das durch diese Leitungen erschlossene Land (Abs. 2). Diese Rechtsgrundlage nennt den Kreis der Beitragspflichtigen und ist in diesem Punkt nicht zu beanstanden. Indes findet sich in Art. 20 Abs. 1 und 2 des Wasserversorgungsreglementes nicht den geringsten Anhaltspunkt für die nach dem Äquivalenzprinzip zu bemessenden Vorzugslasten, welche die angeschlossenen und damit beitragspflichtigen Grundeigentümer zu entrichten haben. Folgt man den in der Praxis des Bundesgerichts entwickelten Kriterien, dem ein Erlass über Vorzugslasten unter dem Gesichtswinkel des Gesetzmässigkeitsprinzip zu genügen hat (vgl. E. 2a), müsste das kommunale Recht aber differenzierter formuliert sein, damit der von einem Grundeigentümer geschuldete Beitrag zur Abgeltung des Mehrwertes, welcher einem Beitragspflichtigen zufolge des Anschlusses an die Hauptleitung zuwächst, rechtsstaatlich korrekt verfügt werden kann. Nach der bundesgerichtlichen Praxis zu den Vorzugslasten ist die Grundlage der Bemessung einer solchen Abgabe bloss dann ausreichend bestimmt, wenn das - formelle - Gesetz zumindest die maximale Höhe der Abgabe selbst festlegt. Unter Umständen kann der Gemeinderat alsdann als Verordnungsgeber gestützt auf eine hinreichende Delegationsnorm in einer kommunalen Verordnung die Höhe der Vorzugslast verfeinern bzw. differenzierter festlegen. Diesfalls hätte er die auf einer hinreichenden Delegationsnorm basierende (kommunale) Verordnung - wie jede andere Rechtsquelle - ordnungsgemäss zu publizieren, denn die Publikation von Erlassen ist Voraussetzung für deren Verbindlichkeit (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 315; Müller, Elemente der Rechtssetzungslehre, 2. Aufl., Zürich 2006, N 161 ff.). Solche hinreichende gesetzliche Grundlagen kennt die Rechtsordnung in der Gemeinde Ebikon im Bereich des interessierenden Sachzusammenhangs, wie ausgeführt, nicht. Basiert die Verfügung betreffend die Anschlussgebühr bzw. der diese Verfügung bestätigte Einspracheentscheid des Gemeinderates nicht auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, dringt der Beschwerdeführer mit seinem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides vor Verwaltungsgericht aber durch. Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und es ist der angefochtene Einspracheentscheid in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben.

3. Kostenfolgen.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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