Mit öffentlich beurkundetem Vertrag verkaufte A ihre Liegenschaft in Z ihrem Sohn B. Mit demselben Vertrag begründeten die Parteien ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht zu Gunsten von A an der von ihr bewohnten Fünfzimmerwohnung, welches als Dienstbarkeit auf dem verkauften Grundstück im Grundbuch eingetragen wurde. Die Kaufpreiszahlung von Fr. 510000.- erfolgte durch Überweisung von Fr. 355000.- auf das Konto der Verkäuferin und durch Anrechnung des Wohnrechts zu einem Barwert von Fr. 155000.-.
Der Gemeinderat Z veranlagte dafür eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 42558.10, wobei er seinen Berechnungen einen Veräusserungspreis von Fr. 510000.- zugrunde legte. In der Folge hiess er jedoch die Einsprache von A gut und veranlagte die Grundstückgewinnsteuer ausgehend von einem Veräusserungspreis von Fr. 355000.- auf Fr. 11881.80. Gegen diesen Einspracheentscheid erhob die Steuerverwaltung des Kantons Luzern (heute: Dienststelle Steuern des Kantons Luzern) Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragte, die von der Verkäuferin zu bezahlende Grundstückgewinnsteuer sei mit Fr. 42558.10 zu veranlagen. Das Verwaltungsgericht hiess die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.
Aus den Erwägungen:
1. - a/aa) Das StG schreibt den Kantonen in Art. 2 Abs. 1 die Erhebung u.a. folgender Steuern vor: Einkommensund Vermögenssteuern von natürlichen Personen (lit. a) sowie Grundstückgewinnsteuern (lit. d). Gemäss Art. 12 Abs. 1 StHG unterliegen der Grundstückgewinnsteuer namentlich Gewinne, die sich bei der Veräusserung eines Grundstücks des Privatvermögens ergeben, soweit der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) übersteigt. Steuerobjekt der Grundstückgewinnsteuer ist demnach der Gewinn, der aus der Veräusserung eines Grundstücks realisiert wird. Die rahmengesetzliche Grundlage von Art. 12 StG definiert den Gewinn nur gerade als Differenz zwischen dem Erlös und den Anlagekosten, wobei sich diese Anlagekosten aus dem Erwerbspreis dem Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen zusammensetzen. Über die Ermittlung der Werte, welche zu diesem Steuerobjekt führen, lassen sich dem StG keine Vorgaben für die kantonale Gesetzgebung entnehmen (Zwahlen, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, 2.Aufl., Basel 2002, N 43ff. zu Art. 12 StG, mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Das StG umschreibt das Steuerobjekt somit nur unscharf. Grenzen der sich daraus ergebenden gesetzgeberischen Freiheit der Kantone finden sich in den allgemeinen, vorwiegend aus Art. 4 aBV abgeleiteten Grundsätzen der Besteuerung. Mit Bezug auf die Definition des Steuerobjekts ist das sog. Kongruenzprinzip (auch als Grundsatz der "vergleichbaren Verhältnisse" bezeichnet [Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Bd. IV, Bern 1966, N 5 zu § 164]) von Bedeutung. Dieser Grundsatz besagt, dass sich die Grundstückgewinnermittlung auf das umfänglich und inhaltlich gleiche Grundstück beziehen muss. M.a.W. sind aus verfassungsrechtlichen Gründen Substanzzunahmen wie -abnahmen bei der Gewinnermittlung im Rahmen der kantonalrechtlichen Grundstückgewinnsteuer zu berücksichtigen bzw. auszugleichen, indem durch Zuoder Abrechnungen vergleichbare Verhältnisse geschaffen werden (Reimann/Zuppinger/Schärrer, a.a.O., N 5 zu § 164; Locher, Das Objekt der bernischen Grundstückgewinnsteuer, Bern 1976 [im Folgenden zitiert: Locher, Objekt], S. 66f.).
bb) Gestützt auf GGStG unterliegen insbesondere Gewinne aus der Veräusserung von Grundstücken des Privatvermögens der Grundstückgewinnsteuer (§ 1 Abs. 1 GGStG). Als Grundstückgewinn gilt dabei der Mehrbetrag des Veräusserungswerts gegenüber dem Anlagewert des Grundstücks (§ 7 Abs. 1 GGStG). Gemäss § 8 GGStG ergibt sich der Anlagewert aus dem Erwerbspreis und den gesetzlichen Anrechnungen. Als Erwerbspreis gilt der Wert der Leistungen, die für den Erwerb des Grundstücks erbracht worden sind (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GGStG). Der Veräusserungswert ist gleich dem Veräusserungspreis, vermindert um die gesetzlichen Abzüge (§ 17 Abs. 1 GGStG). Als Veräusserungspreis schliesslich gelten alle Leistungen des Erwerbers (§ 18 Abs. 1 GGStG). Wenn sich die veräussernde Person ein Nutzniessungs-, Wohnoder ein anderes Recht an der veräusserten Liegenschaft vorbehält, so legen die Weisungen zum GGStG im Luzerner Steuerbuch (LU StB) für die Luzerner Grundstückgewinnsteuerveranlagung fest, dass der Barwert dieses Rechts als zusätzliche Leistung zum vereinbarten Kaufpreis hinzuzuzählen ist (LU StB Band 3 Weisungen GGStG § 18 Ziff. 1 N 5).
cc) Das Wohnrecht zählt zu den Personaldienstbarkeiten (Mooser, in: Honsell/Vogt/Geiser [Hrsg.], Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Zivilgesetzbuch II, 2.Aufl., Basel 2003, N 1ff. zu Art. 776 ZGB, auch zum Folgenden). Es verkörpert das beschränkte dingliche Recht, in einem Haus, einer Wohnung einem Wohnungsanteil zu wohnen (Art. 776 ZGB). Das Wohnrecht kann nur natürlichen Personen zustehen und wird regelmässig auf das Leben der wohnrechtsberechtigten Person bestellt. Es endigt in diesem Fall mit dem Tod des Berechtigten (Art. 776 Abs. 3 i.V.m. Art. 749 Abs. 1 ZGB). Behält sich der Verkäufer eines Grundstücks eine solche Dienstbarkeit am verkauften Grundstück vor, wird das Eigentum am Grundstück nach herrschender Rechtsauffassung abzüglich der Dienstbarkeit übertragen; es liegt eine sog. deductio servitutis vor (Liver, in: Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Band V2a/1: Die Grunddienstbarkeiten, 2.Aufl., Zürich 1980, N 9 zu Art. 732). Die Käuferschaft erwirbt somit, wenn sich der Verkäufer die Verkäuferin ein Wohnrecht am veräusserten Gründstück einräumen lässt, ein bereits dienstbarkeitsbelastetes Grundstück. Das Wohnrecht entsteht dabei unentgeltlich, auch wenn das Grundstück als solches gegen ein Entgelt übertragen wird (ASA 70,587 Erw. 3c/bb = StE 2000 B 26.26 Nr. 3; NStP 54 [2000], 73f.; StR 57 [2002], 326; StE 2005 B 25.2 Nr. 7; Locher, Besteuerung von Renten und rentenähnlichen Rechtsverhältnissen in der Schweiz, SJZ 87 [1991] S. 187f.).
dd) Eine verfassungskonforme Auslegung von § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 GGStG erfordert, dass der Grundstückgewinn in Nachachtung des Grundsatzes der vergleichbaren Verhältnisse ermittelt wird. Lässt sich die Verkäuferschaft eines Grundstücks ein Wohnrecht einräumen und geschieht dies im Rahmen eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts, ist mit der Grundstückgewinnsteuer der Wertzuwachs auf der "nuda proprietas" zu erfassen, weil das Grundstück bereits mit der Personaldienstbarkeit belastet veräussert wird. Das Grundstück war im Zeitpunkt des Erwerbs durch die aktuelle Verkäuferschaft noch unbelastet. Deshalb muss die rechtliche Verschlechterung des Grundstücks bei der Ermittlung des grundstückgewinnsteuerlich massgeblichen Wertzuwachsgewinns nach dem Kongruenzprinzip als Substanzverminderung beachtet werden (Locher, Objekt, S. 70f.).
Der Vergleich mit der Rechtslage im Kanton Bern ergibt Folgendes: Gemäss Art. 137 Abs. 3 des Berner Steuergesetzes dürfen für die Ermittlung des Grundstückgewinns beschränkte dingliche Rechte wie Nutzniessung und Wohnrecht, deren Einräumung keinen grundstückgewinnsteuerlichen Veräusserungstatbestand darstellt, bei der Veräusserung des damit belasteten Grundstücks in der Gewinnberechnung nicht berücksichtigt werden; dies dient der Koordination von Grundstückgewinnsteuer und Einkommensund Vermögenssteuer. Im Gegensatz dazu lässt das Luzerner Grundstückgewinnsteuerrecht die Anwendung des Kongruenzprinzips für den Fall der Vorbehaltsnutzung des vorbehaltenen Wohnrechts mangels einer entsprechenden Ausschlussklausel zu. Das ist im Übrigen durchaus sachgerecht, bietet doch allein die Anwendung des Kongruenzprinzips Gewähr dafür, dass keine fiktiven Gewinne besteuert werden; zudem erübrigt sich damit für das Luzerner Recht die Prüfung der Verfassungsmässigkeit einer allfälligen Ausschlussklausel.
Dem verfassungsmässigen Grundsatz der vergleichbaren Verhältnisse kann grundsätzlich auf zwei Arten Rechnung getragen werden (Locher, Einkommenssteuerliche Behandlung von Wohnrecht, Nutzniessung und obligatorischen Nutzungsrechten, Vortrag anlässlich des Weiterbildungskurses Schwarzenburg 2006 [Besteuerung von Einkünften aus Privatvermögen, Thema 2: Nutzungsüberlassung inkl. Eigenmietwert, Wohnrecht und Nutzniessung; im Folgenden zitiert: Locher, Wohnrecht]): Entweder wird das Entgelt um den Kapitalwert des Nutzungsrechts bzw. Wohnrechts erhöht, und man stellt den so korrigierten Erlös dem Erwerbspreis des unbelasteten Grundstücks gegenüber (sog. Bruttomethode), die Anlagekosten werden im selben Ausmass vermindert, indem der Kapitalwert vom Erwerbspreis abgesetzt und diese Grösse dem tatsächlich bezahlten Entgelt für das Grundstück entgegengesetzt wird (sog. Nettomethode). Beide Methoden führen grundsätzlich zu einer verfassungskonformen Erfassung eines mit der Grundstückgewinnsteuer nach § 7 Abs. 1 GGStG zu erfassenden Wertzuwachsgewinns.
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