VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN
DRETGIRA ADMINISTRATIVA DAL CHANTUN GRISCHUN
TRIBUNALE AMMINISTRATIVO DEL CANTONE DEI GRIGIONI
S 22 119
3. Kammer als Versicherungsgericht
Vorsitz Pedretti
RichterIn von Salis und Audétat
Aktuar Ott
URTEIL
vom 28. November 2022
in der versicherungsrechtlichen Streitsache
A._____,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. HSG Andrea Cantieni,
Beschwerdeführer
gegen
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Graubünden,
IV-Stelle,
Beschwerdegegnerin
betreffend IV-Rente (Kostenentscheid)
I. Sachverhalt:
Mit Urteil 8C_332/2022 vom 19. Oktober 2022 hiess das Bundesgericht die von A._____ am 25. Mai 2022 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden S 22 9 vom 9. März 2022 erhobene Beschwerde gut. Das Bundesgericht hob das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. März 2022 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Graubünden (nachfolgend IV-Stelle) vom 28. Dezember 2021 auf. Es stellte fest, dass die IV-Stelle A._____ vom 1. Januar 2020 bis 30. Juni 2021 eine ganze Invalidenrente und ab dem 1. Juli 2021 eine halbe Invalidenrente auszurichten habe (Dispositivziffer 1). Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von CHF 800. wurden der IV-Stelle auferlegt (Dispositivziffer 2). Ausserdem hat die IV-Stelle A._____ für das bundesgerichtliche Verfahren mit CHF 2'800. zu entschädigen (Dispositivziffer 3). Schliesslich wies das Bundesgericht die Sache zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung im vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden zurück (Dispositivziffer 4).
II. Das Gericht zieht in Erwägung:
1. Heisst das Bundesgericht eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ganz teilweise gut, kann es reformatorisch entscheiden, also in der Sache selbst Anordnungen treffen, aber kassatorisch, mithin den angefochtenen Entscheid bloss aufheben die Angelegenheit an die Vorinstanz an die erstinstanzlich verfügende Behörde zur Neubeurteilung zurückweisen (Art. 107 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [BGG; SR 173.110]; vgl. Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, Rz. 1640; Dormann, in: Niggli/Uebersax/ Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl., Basel 2018, Art. 107 Rz. 12 ff.). Dabei kann das Bundesgericht nach Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG auch die Kosten und/oder die Entschädigungen des vorangegangenen Verfahrens anders verteilen. Es weist die Angelegenheit dabei entweder an die Vorinstanz zurück, damit diese über die (Kosten-)Verteilung entscheidet entscheidet selbst (Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., Rz. 1658; Geiser, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl., Basel 2018, Art. 67 Rz. 5 und Art. 68 Rz. 24 f.). Bei einer Rückweisung sind die Vorgaben – insbesondere die entscheidwesentlichen Erwägungen – des Bundesgerichts für die Vorinstanz verbindlich bzw. die mit der Neubeurteilung befasste (kantonale) Instanz hat die rechtliche Beurteilung, mit der die Zurückweisung begründet wird, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen (siehe Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., Rz. 1643; Dormann, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger/Kneubühler, a.a.O., Art. 107 Rz. 18; vgl. auch BGE 143 IV 214 E.5.3.3 m.H.a. 135 III 334 E.2.1; Urteile des Bundesgerichts 8C_620/2021 vom 14. Januar 2022 E.4.1, 4A_197/2020 vom 10. Dezember 2020 E.3.2.1 f., 8C_824/2017 vom 27. März 2018 E.2.2, 2C_389/2013 vom 26. Oktober 2013 E.2.2.1, 2C_304/2013, 2C_305/2013 vom 22. Oktober 2013 E.2.1 und 2C_1071/2012 vom 7. Mai 2013 E.2).
2. Über den Rentenanspruch von A._____ (ab dem 1. Juli 2021) entschied das Bundesgericht reformatorisch. Hinsichtlich der Neuverlegung der Kosten sowie der Regelung der Parteientschädigung vor Verwaltungsgericht hielt das Bundesgericht in seinem Urteil 8C_332/2022 vom 19. Oktober 2022 unter Hinweis auf Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG fest, dass anstelle der von A._____ im bundesgerichtlichen Verfahren beantragten Zusprache einer Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren die Sache praxisgemäss zur Neuverlegung der Kosten und Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das kantonale Gericht zurückgewiesen werde (vgl. dortige E.7). Es bleibt also über die Verlegung der im Verfahren S 22 9 gemäss Art. 69 Abs. 1bis des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) i.V.m. Art. 61 lit. fbis des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) angefallenen Gerichtskosten von CHF 700. sowie eine allfällige Parteientschädigung gestützt auf Art. 61 lit. g ATSG zugunsten von A._____ zu befinden.
3. Die Verlegung der Gerichtskosten nach Art. 69 Abs. 1bis letzter Satz IVG vor dem kantonalen Versicherungsgericht richtet sich mangels gegenteiliger Regelungen im Bundesrecht und in Nachachtung von Art. 61 Ingress ATSG nach dem massgebenden kantonalen (Verfahrens)Recht und somit nach Art. 72 ff. des kantonalen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; BR 370.100; vgl. Urteile des Bundesgerichts 8C_176/2020 vom 9. April 2021 E.3, 9C_254/2018 vom 6. Dezember 2018 E.2.1, 8C_304/2018 vom 6. Juli 2018 E.4.2 und 8C_568/2010 vom 3. Dezember 2010 E.4.2; siehe PVG 2020 Nr. 7 E.9 sowie Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden [VGU] S 20 27 vom 23. Februar 2021 E.12 und S 16 77 vom 18. Dezember 2018 E.11.1; siehe aber immerhin BGE 137 V 57 E.2.2 betreffend Rückweisungen zu ergänzenden Abklärungen). Betreffend die Verlegung der Gerichtskosten ist zu berücksichtigen, dass A._____ im Verfahren S 22 9 in der Beschwerde vom 26. Januar 2022 für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2021 – wie auch vor Bundesgericht – die Zusprache einer unbefristeten halben Invalidenrente (anstatt der mit Verfügung vom 28. Dezember 2021 zugesprochenen Viertelsrente) beantragt hatte und damit vor Bundesgericht vollständig durchgedrungen ist. Er ist also so zu stellen, wie wenn er bereits im Verfahren S 22 9 (vollständig) obsiegt hätte (vgl. dazu etwa VGU R 22 60 vom 13. September 2022 E.2, R 22 61 vom 13. September 2022 E.2, U 22 37 vom 31. Mai 2022 E.2 und S 21 33 vom 13. April 2021 E.1). Dementsprechend sind die Kosten des Verfahrens S 22 9 im Betrag von CHF 700. der IV-Stelle aufzuerlegen.
4. A._____ hat gestützt auf Art. 61 lit. g ATSG auch Anspruch auf Ersatz der Parteikosten zu Lasten der IV-Stelle. Die Bemessung der Entschädigung erfolgt ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses, wobei der zeitliche Aufwand der Rechtsvertretung regelmässig durch die Schwierigkeit des Prozesses mitbestimmt wird. Im Übrigen wird die Bemessung der Parteientschädigung gemäss Art. 61 Ingress ATSG nach dem kantonalen Recht bestimmt (siehe Urteile des Bundesgerichts 9C_519/2020 vom 6. Mai 2021 E.2.2, 9C_714/2018 vom 18. Dezember 2018 E.9.2, nicht publ. in BGE 144 V 380, 9C_321/2018 vom 16. Oktober 2018 E.6.1 und 9C_688/2009 vom 19. November 2009 E.3.1.1 f.). Gemäss Art. 78 VRG i.V.m. Art. 2 der Verordnung über die Bemessung des Honorars der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Honorarverordnung, HV; BR 310.250) wird die Parteientschädigung nach Ermessen des Gerichts festgesetzt, wobei es grundsätzlich von dem in der Honorarnote geltend gemachten (und als angemessen zu betrachtenden) Aufwand sowie (üblichen) Stundenansatz ausgeht. Der Rechtsvertreter von A._____ machte in seiner Honorarnote vom 18. Februar 2022 für den Zeitraum vom 10. Januar bis zum 18. Februar 2022 einen Aufwand von insgesamt CHF 2'571.85 geltend (9.66 Stunden à CHF 240. zuzgl. 3 % Kleinspesenpauschale [CHF 69.55] und 7.7 % MWST [CHF 183.90]). Der in der Honorarnote geltend gemachte Stundenansatz von CHF 240. entspricht dem bei fehlender Honorarvereinbarung praxisgemäss anzuwendenden Stundenansatz (siehe VGU S 21 89 vom 7. September 2022 E.8.2, S 22 17 vom 31. Mai 2022 E.7.2, S 20 52 vom 24. März 2022 E.11.3 und S 18 72 vom 5. Oktober 2021 E.8.2.1). Insofern kann darauf abgestellt werden. Der zeitliche Aufwand von 9.66 Stunden erscheint angesichts des Umfanges der Beschwerde vom 26. Januar 2022 und der sich stellenden Fragen als angemessen, ebenso die geltend gemachte Kleinspesenpauschale von 3 % auf das Honorar (siehe dazu VGU S 20 52 vom 24. März 2022 E.11.3). Damit hat die IV-Stelle A._____ im Betrag von CHF 2'571.85 (inkl. Spesen und MWST; 9.66 Stunden à CHF 240. zzgl. 3 % Kleinspesenpauschale [CHF 69.55] und 7.7 % MWST [CHF 183.90]) aussergerichtlich zu entschädigen.
III. Demnach erkennt das Gericht:
1. Die Gerichtskosten für das Verfahren S 22 9 von CHF 700. gehen zu Lasten der IV-Stelle des Kantons Graubünden.
2. Die IV-Stelle des Kantons Graubünden entschädigt A._____ für das Verfahren S 22 9 aussergerichtlich mit CHF 2'571.85 (inkl. Spesen und MWST).
3. Für dieses Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.
4. [Rechtsmittelbelehrung]
5. [Mitteilungen]
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