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Urteil Verwaltungsgericht (GR - S 2022 102)

Zusammenfassung des Urteils S 2022 102: Verwaltungsgericht

Eine Frau namens A._____ hat gegen das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Graubünden geklagt, da sie fälschlicherweise beschuldigt wurde, eine ihr zugewiesene Stelle abgelehnt zu haben. Sie hatte sich telefonisch bei einem falschen Unternehmen beworben und wurde daraufhin für 37 Tage in ihrem Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung eingestellt. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden entschied, dass die Einstellung gerechtfertigt war, da A._____ die Kontrollvorschriften nicht befolgt hatte. Die Gerichtskosten werden nicht erhoben, da kein Verschulden seitens A._____ nachgewiesen werden konnte.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts S 2022 102

Kanton:GR
Fallnummer:S 2022 102
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:
Verwaltungsgericht Entscheid S 2022 102 vom 30.05.2023 (GR)
Datum:30.05.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Einstellung in der Anspruchsberechtigung
Schlagwörter: Arbeit; Person; Einstellung; Verschulden; Anspruch; Anspruchsberechtigung; Einsprache; Arbeitslosenversicherung; Recht; Verwaltung; Personal; Bewerbung; Einspracheentscheid; Bg-act; Urteil; Bundesgericht; Beschwerdegegner; Personalverantwortliche; Verwaltungsgericht; Bundesgerichts; Weisung; Graubünden; Unternehmen; Arbeitslosigkeit; Amtsstelle; Verhalten; Ermessen; Versicherungsgericht
Rechtsnorm: Art. 1 AVIG;Art. 100 AVIG;Art. 17 AVIG;Art. 22 AVIG;Art. 23 AVIG;Art. 30 AVIG;Art. 57 ATSG ;Art. 59 ATSG ;Art. 60 ATSG ;Art. 85 AVIG;
Referenz BGE:123 V 150; 124 V 225; 126 V 75; 130 V 125; 144 V 427;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts S 2022 102

VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN DRETGIRA ADMINISTRATIVA DAL CHANTUN GRISCHUN TRIBUNALE AMMINISTRATIVO DEL CANTONE DEI GRIGIONI S 22 102 2. Kammer als Versicherungsgericht Einzelrichterin von Salis Aktuar ad hoc Gacinovic URTEIL vom 30. Mai 2023 in der versicherungsrechtlichen Streitsache A._____, Beschwerdeführerin gegen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Graubünden, Beschwerdegegner betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung I. Sachverhalt: 1. A._____, Jahrgang 1962, war zuletzt als Hauspflegerin bzw. Betreuerin tätig. Am 1. Februar 2022 meldete sie einen Anspruch auf Arbeitslosenversicherungstaggeld im Umfang von 50 % ab selbigem Datum an. 2. Mit Schreiben vom 3. März 2022 wurde A._____ vom Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum Chur (RAV) aufgefordert, sich bis zum 5. März 2022 bei Frau B._____, C._____ AG in N._____, zu bewerben. Es handelte sich um eine unbefristete 20 - 80 % Stelle als Betreuungsmitarbeiterin mit Arbeitsort in Chur. In einem E-Mail vom 22. Juni 2022 gab die Personalverantwortliche der C._____ AG an, dass sie keine Bewerbung von A._____ erhalten habe und diese ihr völlig unbekannt sei. A._____ wurde daraufhin mit Schreiben vom 23. Juni 2022 zu einer Stellungnahme aufgefordert. 3. In ihrer Stellungnahme vom 1. Juli 2022 gab A._____ an, dass sie sich am 4. März 2023 telefonisch bei der C._____ AG beworben habe. Jedoch habe ihr Herr D._____ erklärt, es seien alle Stellen bei ihnen besetzt und das Unternehmen benötige kein Personal. Das Telefongespräch sei damit beendet gewesen. 4. Mit Verfügung vom 28. Juli 2022 stellte das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Graubünden (KIGA) A._____ für 37 Tage in ihrem Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung wegen Nichtbefolgung von Kontrollvorschriften/Weisungen des RAV ein. Bei dem Unternehmen sei keine Bewerbung eingegangen und die Versicherte bringe keine Rechtfertigungsgründe nach AVIG vor. Damit sei erstellt, dass die Versicherte eine zugewiesene Stelle faktisch abgelehnt habe. 5. Dagegen erhob A._____ am 10. August 2022 (Eingangsstempel KIGA) Einsprache und beantragte, die Verfügung Nr. Q._____ sei komplett aufzuheben. Begründend machte sie im Wesentlichen geltend, sie habe sich innert Frist telefonisch bei der Firma beworben. 6. In der Folge erliess das KIGA am 2. September 2022 einen Einspracheentscheid, wobei es die falsche Verfügungsnummer und das falsche Verfügungsdatum aufführte. Dieser Entscheid wurde durch den - nun angefochtenen - Einspracheentscheid vom 12. September 2022 ersetzt. Inhaltlich wurde hingegen nichts geändert. Darin wies das KIGA die Einsprache ab. Begründend hielt es fest, dass nach Auskunft der C._____ AG kein Herr D._____ Mitarbeiter des Unternehmens sei. Die von A._____ aufgeführte Telefonnummer gehöre darüber hinaus nicht dem oben genannten Unternehmen, sondern der E._____ GmbH in O._____. Es sei somit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass sich A._____ nicht bei der C._____ AG beworben habe und damit der Anweisung des zuständigen RAV keine Folge geleistet habe. 7. Mit Eingabe vom 6. Oktober 2022 (Datum Poststempel) erhob A._____ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und beantragte, was folgt: 1. Es sei der Entscheid des KIGA vom 12. September 2022 ganz aufzuheben. 2. Eventualiter seien die Anzahl Einstelltage zu reduzieren. 3. Unter allfälliger gesetzlicher Kosten- und Entschädigungsfolge zu Gunsten der Beschwerdeführerin. 8. Begründend hielt sie im Wesentlichen fest, dass sie sich offensichtlich gründlich geirrt habe, da sie sich anstatt bei der C._____ AG bei der E._____ GmbH gemeldet habe. Trotzdem habe sie alles Zumutbare unternommen, um die Arbeitslosigkeit zu vermeiden zu verkürzen. Zudem habe sie alle Kontrollvorschriften und Weisungen der Amtsstelle befolgt. Nur weil sie unter dem psychischen Druck des RAV und in all dem Durcheinander versehentlich den falschen, nicht vom Amt angewiesenen Arbeitgeber kontaktiert habe, fehle doch die rechtliche Grundlage, um sie in der Anspruchsberechtigung einzustellen. Gegebenenfalls sei die Dauer der Einstellung zu korrigieren. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sie sich wegen des Versehens eines schweren Verschuldens schuldig gemacht haben soll. 9. Mit Vernehmlassung vom 24. Oktober 2022 hielt das KIGA (nachfolgend: Beschwerdegegner) am Entscheid fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde unter gesetzlicher Kostenfolge. Die Beschwerdeführerin räume nunmehr - entgegen noch im Einspracheverfahren - ein, sich nicht auf die angewiesene Stelle beworben zu haben. Auch lasse sie die nötige Sorgfalt vermissen, indem sie einen nicht vom Amt zugewiesenen Arbeitgeber kontaktiert habe und trotz Anzeichen, die sie hätten stutzig werden lassen, sich weder beim Telefongesprächspartner über den Namen der Arbeitgeberin informiert noch diesbezüglich bei ihrer Personalberaterin gemeldet habe. Weiter gebe sie nicht an, worin der psychische Druck des RAV bestanden haben soll, und dies sei auch nicht ersichtlich. Es erscheine äusserst fraglich, ob die Beschwerdeführerin die Stellensuche ernst genommen habe. Die Dauer der 37 Einstelltage entspräche der diesbezüglich relevanten SECO-Weisung, da die Beschwerdeführerin der klaren Anweisung keine Folge geleistet habe und im Übrigen die nötige Sorgfalt bei der Stellensuche habe vermissen lassen. Dadurch habe sie eine zumutbare Arbeit faktisch abgelehnt. Da kein Rechtfertigungsgrund vorliege, seien auch keine Gründe für eine Reduktion vorhanden. 10. Mit Replik vom 5. November 2022 vertiefte die Beschwerdeführerin ihre Argumentation. 11. Mit Schreiben vom 21. November 2022 (Datum Posteingang) verzichtete der Beschwerdegegner auf eine Duplik. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften sowie in den Akten wird, soweit rechtserheblich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen. II. Die Einzelrichterin zieht in Erwägung: 1.1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Einspracheentscheid des Beschwerdegegners vom 12. September 2022 (vgl. Beschwerdegegnerische Akten [Bg-act.] 13). Gegen Einspracheentscheide aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherung kann gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG; SR 837.0) i.V.m. Art. 56 und 57 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) Beschwerde beim kantonalen Versicherungsgericht eingereicht werden. Örtlich zuständig ist gemäss Art. 100 Abs. 3 AVIG i.V.m. Art. 128 Abs. 2 der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV; SR 837.02) für die Beurteilung von Verfügungen (Einspracheentscheide) einer kantonalen Amtsstelle das Versicherungsgericht desselben Kantons. Da der angefochtene Einspracheentscheid vom KIGA Graubünden als kantonale Amtsstelle im Sinne von Art. 85 AVIG erlassen wurde, erweist sich demzufolge das angerufene Gericht als örtlich zuständig (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung [EGzAVG/AVIG; BR 545.100] i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung zum Einführungsgesetz zur Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung [VOzEGzAVG/AVIG; BR 545.270]). Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden ergibt sich aus Art. 57 ATSG i.V.m. Art. 49 Abs. 2 lit. a des kantonalen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; BR 370.100). Die Beurteilung der vorliegenden Streitsache fällt somit in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Als Adressatin des Einspracheentscheids ist die Beschwerdeführerin überdies berührt und weist ein schutzwürdiges Interesse an dessen gerichtlicher Überprüfung auf (vgl. Art. 1 AVIG i.V.m. Art. 59 ATSG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten (vgl. Art. 60 und 61 ATSG). 1.2. Nach Art. 43 Abs. 1 VRG entscheidet das Verwaltungsgericht in der Regel in der Besetzung mit drei Richterinnen und Richtern. In einzelrichterlicher Kompetenz entscheidet das Verwaltungsgericht, wenn der Streitwert von CHF 5'000.-- nicht überschritten wird (vgl. Art. 43 Abs. 3 lit. a VRG) und keine Fünferbesetzung (vgl. Art. 43 Abs. 2 VRG) vorgeschrieben ist. Ausgangspunkt für die Bemessung des Streitwerts ist vorliegend der versicherte Verdienst (vgl. Art. 23 AVIG) der Beschwerdeführerin von CHF 3'166.-- (vgl. Bg-act. 1). Dieser Verdienst wird ihr im Umfang von 80 % (vgl. Art. 22 Abs. 1 AVIG) entschädigt (vgl. Bg-act. 1). Die Beschwerdeführerin hat demnach Anspruch auf ein Taggeld von CHF 116.70 (ermittelt aus CHF 3'166.-- x 0.8 : 21.7 Tage [Art. 40a AVIV]). Aus der vom Beschwerdegegner verfügten, hier angefochtenen Einstellungsdauer von 37 Tagen in der Anspruchsberechtigung ergibt sich ein Streitwert von insgesamt CHF 4'317.90 (37 x CHF 116.70). Da der Streitwert somit unter CHF 5'000.-- liegt und die Streitsache nicht in Fünferbesetzung entschieden werden muss, ist die Zuständigkeit der Einzelrichterin gegeben. 2.1. Die versicherte Person, die Versicherungsleistungen beanspruchen will, hat im Rahmen ihrer Schadenminderungspflicht alles Zumutbare zu unternehmen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden zu verkürzen. Insbesondere ist sie verpflichtet, Arbeit zu suchen, nötigenfalls auch ausserhalb ihres bisherigen Berufes. Sie muss ihre Bemühungen nachweisen können (Art. 17 Abs. 1 AVIG). Die Versicherte hat eine vermittelte zumutbare Arbeit unverzüglich anzunehmen (vgl. Art. 17 Abs. 3 Satz 1 AVIG). Die verschiedenen damit verbundenen Pflichten sind als blosse Obliegenheiten nur insofern durchsetzbar, als deren Verletzung leistungsrechtliche Sanktionen in Form der Einstellung in der Anspruchsberechtigung (vgl. Art. 30 AVIG) nach sich zieht. Diese hat die Funktion einer Haftungsbegrenzung für Schäden, die die versicherte Person hätte vermeiden vermindern können. Als verwaltungsrechtliche Sanktion ist sie vom Gesetzmässigkeits-, Verhältnismässigkeits- und Verschuldensprinzip beherrscht (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_468/2020 vom 27. Oktober 2020 E.3.1; Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Auflage, Basel 2016, S. 2511, Rz. 828). 2.2. Gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG ist die versicherte Person in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn sie die Kontrollvorschriften die Weisungen der zuständigen Amtsstelle nicht befolgt, namentlich eine zumutbare Arbeit nicht annimmt eine arbeitsmarktliche Massnahme ohne entschuldbaren Grund nicht antritt, abbricht deren Durchführung Zweck durch ihr Verhalten beeinträchtigt verunmöglicht. Soweit diese Bestimmung nicht die ausdrücklich dort genannten Tatbestände betrifft, hat sie die Funktion eines Auffangtatbestands. Als solcher erfasst sie sämtliche vorwerfbaren Verletzungen der Kontrollvorschriften und der Weisungen der zuständigen Amtsstelle, soweit ein bestimmtes Verhalten nicht durch einen eigenen Einstellungstatbestand geregelt ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_40/2019 vom 30. Juli 2019 E.5.2; Nussbaumer, a.a.O., S. 2520, Rz. 852). Der Tatbestand von Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG (Nichtannahme einer zumutbaren Arbeit) ist nach der Rechtsprechung auch dann erfüllt, wenn der Versicherte die Arbeit zwar nicht ausdrücklich ablehnt, es aber durch sein Verhalten in Kauf nimmt, dass die Stelle anderweitig besetzt wird. Mithin erfasst der Tatbestand jedes Verhalten, welches das Zustandekommen des Arbeitsvertrags scheitern lässt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_750/2019 vom 10. Februar 2020 E.4.1.; Nussbaumer, a.a.O., S. 2520, Rz. 850). 2.3. In der Rechtsprechung wurde ein Ablehnen der Stelle bejaht, wenn die versicherte Person sich auf eine zugewiesene Stelle nicht bewirbt und dadurch jegliche Chance auf diese Stelle verliert (vgl. Eidgenössisches Versicherungsgericht [EVGE] C 143/04 vom 22. Oktober 2004 E.3.1). Ferner kann das Ablehnen einer Stelle angenommen werden, wenn die versicherte Person sich nicht rechtzeitig beworben hat die Bewerbung nicht mit der nötigen Sorgfalt eingereicht wurde (vgl. Urteile des Bundesgerichts 8C_339/2016 vom 29. Juni 2016 E.4.4, 8C_285/2011 vom 22. August 2011 E.3.2.2). Die arbeitslose Versicherte hat bei den Verhandlungen mit dem künftigen Arbeitgeber klar und eindeutig die Bereitschaft zum Vertragsabschluss zu bekunden, um die Beendigung der Arbeitslosigkeit nicht zu gefährden. Eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG setzt nicht (zwingend) den Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten der versicherten Person und der Verlängerung der Arbeitslosigkeit, mithin dem (auch) der Arbeitslosenversicherung entstandenen Schaden voraus. Vielmehr werden bestimmte Handlungen und Unterlassungen bereits dann sanktioniert, wenn sie ein Schadensrisiko in sich bergen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_24/2021 vom 10. Juni 2021 E.3.1 mit weiteren Hinweisen). 2.4. Im Gegensatz zu den anderen Sozialversicherungszweigen, sehen die Art. 30 Abs. 3 AVIG und Art. 45 Abs. 3 AVIV eine Leistungskürzung grundsätzlich bei jedem Verschulden vor, so genügt bereits die leichte Fahrlässigkeit (vgl. BGE 124 V 225 E.4d; Urteil des Bundesgerichts 8C_339/2016 vom 29. Juni 2016 E.4.3; Nussbaumer, a.a.O., S. 2515, Rz. 837). 2.5. In beweisrechtlicher Hinsicht müssen die dem Einstellungstatbestand zugrunde liegenden Tatsachen mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erfüllt sein (vgl. EVGE C 115/01 vom 13. Mai 2002 E.1b m.w.H.). Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Das Gericht hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die es von allen möglichen Geschehensabläufen für die wahrscheinlichste hält (vgl. BGE 144 V 427 E.3.2). 3. Es gilt zunächst zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG wegen (faktischer) Ablehnung einer vom RAV zugewiesenen zumutbaren Stelle erfüllt. 3.1. Zunächst ist es festzuhalten, dass der Beschwerdeführerin unbestrittenermassen mit Schreiben vom 3. März 2022 vom RAV Chur eine Stelle bei der C._____ AG in N._____ zugewiesen wurde (vgl. Bg-act. 5). Die Beschwerdeführerin wurde angewiesen, sich bei der Personalverantwortlichen der C._____ AG in N._____ zu bewerben. Es wurden die Postadresse, die E-Mail-Adresse der Personalverantwortlichen und das Online-Portal genannt. Dabei ging es um eine unbefristete Anstellung als Betreuungsmitarbeiterin zu 20 – 80 % in Chur. Unter den Anforderungen wurde u.a. angegeben, dass ein abgeschlossener Kurs als Pflegehelfer/in SRK von Vorteil sei, wobei die Ausbildung auch im Rahmen der Anstellung absolviert werden könne. Folglich habe sie als Quereinsteiger gute Chancen und auch als Bewerber Ü50 sei sie herzlich willkommen. Aufgrund der Akten ist davon auszugehen, dass keine Bewerbung der Beschwerdeführerin bei der C._____ AG eingegangen ist (vgl. Bg-act. 6). Die Beschwerdeführerin kann dies nicht widerlegen und bestreitet im Übrigen in ihrer Beschwerde nicht (mehr), dass sie sich nicht für die zugewiesene Stelle beworben hat. Damit hat die Beschwerdeführerin die Weisung der zuständigen Amtsstelle gemäss Zuweisungsschreiben vom 3. März 2022 nicht befolgt. Dass die Stelle, die ihr zugewiesen wurde bzw. auf welche sie sich zu bewerben hatte, unzumutbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin selbst bringt dies auch nicht vor. 3.2. Entscheidend ist vorliegendenfalls, dass die Beschwerdeführerin durch Unterlassen der Bewerbung um die zugewiesene Stelle eine Chance versäumt hat, die Arbeitslosigkeit zu beenden. Nach herrschender Rechtsprechung kann die unterlassene Bewerbung auf eine zumutbare Stelle mit dem (faktischen) Ablehnen einer zumutbaren Arbeitsstelle gleichgestellt werden. Dadurch, dass sich die Beschwerdeführerin nicht beworben hat, hat sie die Chance vertan, eine Festanstellung zu erhalten und damit die Schadensminderungspflicht gemäss Art. 17 Abs. 1 AVIG verletzt (vgl. EVGE C 143/04 vom 22. Oktober 2004 E.3.2). Es ist somit mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin eine zumutbare Stelle faktisch abgelehnt hat. Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG ist somit zu Recht erfolgt. 4. Damit bleibt zu prüfen, ob die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung von 37 Tagen angemessen ist. 4.1. Nach Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG bemisst sich die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach dem Grad des Verschuldens, das sich die versicherte Person vorwerfen lassen muss und beschlägt eine typische Ermessensfrage (vgl. Weisung AVIG ALE [AVIG-Praxis ALE] Rz. D59-D61, D72, D79, herausgegeben vom Staatssekretariat für Wirtschaft [SECO]; Stand 1. Januar 2023). Die Einstellung dauert 1 bis 15 Tage bei leichtem Verschulden, 16 bis 30 Tage bei mittelschwerem Verschulden und 31 bis 60 Tage bei schwerem Verschulden (vgl. Art. 45 Abs. 3 AVIV). Die Kognition des Verwaltungsgerichts ist bei dieser Prüfung nicht auf Rechtsverletzung beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Beurteilung der Angemessenheit der Verwaltungsverfügung. Bei der Angemessenheit geht es um die Frage, ob der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde nach dem ihr zustehenden Ermessen im Einklang mit den allgemeinen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, nicht zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Da es sich dabei um eine typische Ermessensfrage handelt, bei welcher der Verwaltung ein grosser Ermessensspielraum zusteht, ist dem Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Einstellungsdauer aber Zurückhaltung geboten. Es darf sein Ermessen nicht ohne triftige Gründe an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen, sondern muss sich bei der Korrektur auf Gegebenheiten abstützen können, welche eine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen (vgl. statt vieler: BGE 126 V 75 E.6, 123 V 150 E.2; Urteil des Bundesgerichts 8C_332/2019 vom 18. September 2019 E.3.3). Gemäss Art. 45 Abs. 4 lit. b AVIV liegt schweres Verschulden vor, wenn die versicherte Person eine zumutbare Arbeit ohne entschuldbaren Grund abgelehnt hat (vgl. auch AVIG-Praxis ALE Rz. D79, 2.B1). Zur Feststellung des individuellen Verschuldens und für die Bemessung der Einstellung bei schwerem Verschulden ist gemäss Bundesgericht vom Mittelwert der Spanne von 31 bis 60 Tagen - d.h. 45 Tagen - auszugehen (vgl. Art. 45 Abs. 3 lit. c AVIV; BGE 123 V 150 E.3c; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden [VGU] S 21 56 vom 4. Oktober 2022 E.5.2). Dabei kann der entschuldbare Grund nicht dahingehend verstanden werden, dass ein Verschulden ausgeschlossen wird, sondern dass besondere Gründe des Einzelfalls vorliegen, die das Verschulden als lediglich mittelschwer leicht erscheinen lassen und dadurch den für schweres Verschulden in Art. 45 Abs. 3 AVIV vorgesehenen Rahmen unterschritten werden kann (vgl. BGE 130 V 125 E.3.5). Es kann sich auf subjektive Situationen der betroffenen Person (etwa gesundheitliche Probleme, familiäre Situation, Religionszugehörigkeit) auf eine objektive Gegebenheit (z.B. befristete Stelle) beziehen. Der entschuldbare Grund muss jedoch mit dem vorgeworfenen Verhalten in Verbindung stehen. Wenn ein solcher Grund vorliegt, ist Art. 45 Abs. 4 AVIV nicht anwendbar und die Einstellungsdauer bemisst sich nach der allgemeinen Regel des Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG (vgl. Nussbaumer, a.a.O., S. 2524, Rz. 864). 4.2. Was das Verschulden der Beschwerdeführerin anbelangt, kann dieses nicht - wie die Beschwerdeführerin vorzubringen scheint – verneint werden, weil sie sich doch telefonisch beworben hat, wenn auch bei einem falschen Unternehmen. Gemäss Formular 'Ergebnis der Stellenzuweisung' ist zwar auch eine telefonische Bewerbung möglich (vgl. Bg-act. 9 Ziff. 1). Das RAV gab der Beschwerdeführerin aber ausdrücklich die Post- und die E-Mail-Adresse der Personalverantwortlichen wie auch die Online-Plattform der C._____ AG an, um sich zu bewerben; eine Telefonnummer ist nicht aufgeführt (vgl. Bg-act. 5). Auch wurde die Personalverantwortliche namentlich als Bewerbungsadressatin genannt. Die Beschwerdeführerin entschied sich jedoch dafür, das Unternehmen telefonisch zu kontaktieren. Dabei hat sie die nötige Sorgfalt walten zu lassen. Die Beschwerdeführerin trägt dabei das Risiko, dass sie die richtige Telefonnummer heraussucht, und sie trägt die Verantwortung dafür, die richtige Telefonnummer zu verwenden. Der Beschwerdeführerin wurden zwei Tage Zeit eingeräumt, sich bei der Personalverantwortlichen der C._____ AG zu bewerben. Daher ist es nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin es bei einem Telefongespräch mit einem ihr nicht bekannten Gesprächspartner bewenden liess, der ihr mitteilte, dass alle Stellen besetzt seien und sie kein Personal benötigten, obschon sie eine Stelle zugewiesen erhalten hatte und sich innert zwei Tagen bewerben sollte. Wie die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 1. Juli 2022 selbst ausführte, warf diese Situation bei ihr Fragen auf (vgl. Bg-act. 8 Ziff. 5). Dennoch unternahm sie nichts, was zur Klärung beigetragen hätte, wie beispielsweise beim Gesprächspartner beim RAV nachzufragen bzw. doch noch innert Frist bis 5. März 2022 ein E-Mail an die bezeichnete Personalverantwortliche zu senden. Diese Versäumnisse lassen sich nicht mit psychischem Druck erklären bzw. entschuldigen, ist doch die Versicherte, die Leistungen der Arbeitslosenversicherung beanspruchen will, gehalten, im Rahmen der Schadenminderungspflicht alles Notwendige zur Vermeidung Verkürzung der Arbeitslosigkeit zu tun, wozu auch das umgehende und sorgfältige Durchlesen arbeitsamtlicher Zustellungen gehört (vgl. EVGE C 33/06 vom 15. Dezember 2006 E.4.4). Es besteht kein Anhalt, von der getroffenen Einstellung in der Anspruchsberechtigung über 37 Tage aufgrund eines schweren Verschuldens bei nicht entschuldbarer Ablehnung einer zumutbaren Arbeit abzuweichen, entspricht sie doch dem Rahmen, welcher die rechtlichen Normen, die AVIG-Praxis ALE und die bundesgerichtliche Rechtsprechung hierfür vorsehen. 5. Im Ergebnis erweist sich der angefochtene Einspracheentscheid vom 12. September 2022 somit als rechtens und es ist die Beschwerde abzuweisen. 6.1. Gemäss Art. 61 lit. fbis ATSG ist das kantonale Beschwerdeverfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bei Streitigkeiten über Leistungen kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist. Sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen. Da das AVIG keine Kostenpflicht statuiert und offensichtlich weder Mutwilligkeit noch Leichtsinn vorliegt, sind keine Kosten aufzuerlegen. 6.2. Dem obsiegenden Beschwerdegegner steht kein Parteikostenersatz zu (vgl. Art. 61 lit. g ATSG). III. Demnach erkennt die Einzelrichterin 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. [Rechtsmittelbelehrung] 4. [Mitteilung]
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