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Urteil Verwaltungsgericht (GL - VG.2024.00006)

Zusammenfassung des Urteils VG.2024.00006: Verwaltungsgericht

Zusammenfassung: Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus hat in einem Fall des öffentlichen Baurechts entschieden, dass bei Wärmepumpen zusätzlich zum Einhalten der Planungswerte auch das Vorsorgeprinzip berücksichtigt werden muss. Die Baubewilligungsbehörde muss alternative Standorte prüfen, wenn das Vorsorgeprinzip nicht ausreichend dargelegt wurde. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen, und die Angelegenheit wurde an die Baubewilligungsbehörde zurückgewiesen, um das Vorsorgeprinzip vertieft zu prüfen. Es wurden Kosten und Entschädigungen festgelegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VG.2024.00006

Kanton:GL
Fallnummer:VG.2024.00006
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VG.2024.00006 vom 27.06.2024 (GL)
Datum:27.06.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Baurecht: Lärmschutz bei Wärmepumpen
Schlagwörter: Wärmepumpe; Beschwerdegegner; Vorsorge; Lärms; Lärmschutz; Vorsorgeprinzip; Entscheid; Apos; Anlage; Planungswert; Recht; Standort; Wärmepumpen; Baugesuch; Urteil; Projekt; Planungswerte; Baubewilligung; Augenschein; Glaru; Umwelt; Verwaltungsgericht; BGer-Urteil; ätzliche
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
Alain Griffel, Donatsch, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2014

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2024.00006

Geschäftsnummer: VG.2024.00006 (VG.2024.1367)
Instanz: K1
Entscheiddatum: 27.06.2024
Publiziert am: 25.09.2024
Aktualisiert am: 25.09.2024
Titel: Öffentliches Baurecht/Raumplanung/Umweltschutz

Resümee:

Baurecht: Lärmschutz bei Wärmepumpen

Auch wenn ein Projekt die Planungswerte einhält, ist zusätzlich das Vorsorgeprinzip zu berücksichtigen. Bei Wärmepumpen bedeutet dies bezüglich Lärmschutz, dass im Baugesuch für eine Aussenanlage mindestens summarisch die technische Möglichkeit und wirtschaftliche Tragbarkeit für eine Anlage mit einer vergleichbaren Leistung an alternativen Innen- und Aussenstandorten darzulegen ist. Bei Fehlen dieser Prüfung hat die Baubewilligungsbehörde dies nachzuholen (E. II/3.3).
Die streitbetroffene Wärmepumpe hält den lärmschutzrechtlichen Planungswert ein (E. II/4.1). Die Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips wurde nur ungenügend dargelegt (E. II/4.2). Es wäre an der Baubewilligungsbehörde gelegen, das Vorsorgeprinzip vertieft zu prüfen. Dies hat sie nachzuholen (E. 4.3 ff.).

Teilweise Gutheissung der Beschwerde.
 

 

 

 

VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GLARUS

 

 

 

Urteil vom 27. Juni 2024

 

 

I. Kammer

 

 

Besetzung: Gerichtspräsident MLaw Colin Braun, Verwaltungsrichter Ernst Luchsinger, Verwaltungsrichterin Jolanda Hager und Gerichtsschreiberin MLaw Paula Brändli

 

 

in Sachen

VG.2024.00006

 

 

 

A.______

Beschwerdeführerin

 

vertreten durch Dr. iur. Stefan Müller, Rechtsanwalt

 

 

 

gegen

 

 

 

1.

BA.______

Beschwerdegegner

 

2.

BB.______

 

3.

Gemeinde Glarus

 

4.

Departement Bau und Umwelt des Kantons Glarus

 

 

betreffend

 

 

Baubewilligung

 

Die Kammer zieht in Erwägung:

I.

1.

A.______ ist Eigentümerin der Parz.-Nr. 01 Grundbuch […]. Am 4. Juli 2022 reichte sie bei der Gemeinde Glarus ein Gesuch für die Installation einer Luft-/Wasserwärmepumpe ein. Hiergegen erhoben BA.______ und BB.______ am 29. August 2022 Einsprache, welche die Gemeinde Glarus am 25. Oktober 2022 guthiess und das Baugesuch nicht bewilligte. In der Folge erhob A.______ am 5. Dezember 2022 Beschwerde beim Departement Bau und Umwelt des Kantons Glarus (DBU), welches die Sache am 12. Dezember 2023 abwies.

 

2.

A.______ gelangte mit Beschwerde vom 29. Januar 2024 ans Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung des Entscheids des DBU vom 12. Dezember 2023. Die Baubewilligung sei zu erteilen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten von BA.______ und BB.______. Das DBU schloss am 22. Februar 2024 auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne; unter Kostenfolge. Die Gemeinde Glarus liess sich am 26. März 2024 vernehmen und beantragte ebenfalls die Abweisung der Beschwerde; unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten von A.______. Den nämlichen Antrag stellten BA.______ und BB.______ am 27. März 2024; unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten von A.______.

 

II.

1.

1.1 Das Verwaltungsgericht ist gemäss Art. 79 Abs. 1 des Raumentwicklungs- und Baugesetzes vom 2. Mai 2010 (RBG) i.V.m. Art. 105 Abs. 1 lit. b des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Mai 1986 (VRG) zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

 

1.2 Gemäss Art. 107 Abs. 1 VRG können mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde Mängel des angefochtenen Entscheids des Verfahrens geltend gemacht werden. Dazu gehören die unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (lit. a) und die unrichtige Rechtsanwendung einschliesslich eines Missbrauchs des Ermessens (lit. b). Die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheids kann demgegenüber nur bei Vorliegen eines Ausnahmefalls gemäss der abschliessenden Aufzählung in Art. 107 Abs. 2 VRG gerügt werden, wobei ein solcher vorliegend nicht gegeben ist.

 

1.3 Die Beschwerdeführerin beantragt die Durchführung eines Augenscheins. Gemäss Art. 38 Abs. 1 lit. f VRG kann die Behörde einen Augenschein durchführen. Der Entscheid über dessen Anordnung steht im pflichtgemässen Ermessen der Behörde. Eine Pflicht zur Durchführung eines Augenscheins besteht nur dann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse auf andere Weise überhaupt nicht abgeklärt werden können. Ein Augenschein ist insbesondere dann geboten, wenn die tatsächlichen Verhältnisse unklar sind und anzunehmen ist, die Parteien vermöchten durch ihre Darlegungen an Ort und Stelle Wesentliches zur Erhellung der sachlichen Grundlagen des Rechtsstreits beizutragen. Der Verzicht auf Durchführung eines Augenscheins ist zulässig, wenn die Akten eine hinreichende Entscheidgrundlage darstellen (vgl. BGer-Urteil 1C_192/2010 vom 8. November 2010 E. 3.3, mit Hinweis; VGer-Urteil VG.2023.00043 vom 25. Januar 2024 E. II/1.4). Vorliegend stellen sich hauptsächlich Rechtsfragen, wozu ein Augenschein kaum Entscheidrelevantes beitragen kann. Überdies ergibt sich der massgebende Sachverhalt rechtsgenüglich aus den im Recht liegenden Akten. Demgemäss ist auf einen Augenschein ebenso zu verzichten wie auf eine Befragung allfälliger Zeugen.

 

2.

2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, das geplante Bauvorhaben halte den geforderten Planungswert ein. Der geplante Standort bei der Ostfassade des Gebäudes erweise sich dabei am geeignetsten. Dort befinde sich denn auch das Heizungsrohr zum Anschluss, wobei es notorisch sei, dass längere Rohrleitungen zu höheren Kosten und zu einem geringeren Wirkungsgrad der Wärmepumpe führten. Darüber hinaus befinde sich dort eine Hecke, welche einen lärmreduzierenden Effekt habe. Diese Variante koste gemäss eingereichter Offerte Fr. 41'349.05. Eine Verschiebung nach Süden würde für die Beschwerdegegner 1 und 2 sodann keine geringeren Immissionen bedeuten, da sich dort deren Aussensitzplatz befinde. Gegen eine Verschiebung an die Nordfassade würden des Weiteren einerseits die dortige Aussentreppe und andererseits der Umstand, dass die Montage an der Fassade technisch unmöglich sei, sprechen. Ferner bündle die Installation in einer Nische die Lärmemissionen, woraus eine erhöhte Lärmbelastung resultiere. Weiter sei der Beschwerdegegner 4 davon ausgegangen, dass die Wärmepumpe auf der westlichen Seite der Nordfassade neben dem überdachten Treppenaufgang installiert werden könne. Gemäss neu eingeholter Offerte koste dies allerdings Fr. 47'562.55, was einer Kostensteigerung von 15 % entspreche. Noch weiter westlich befänden sich zwei Parkplätze sowie der Hauseingang, welche nicht zu blockieren seien. Schliesslich spreche gegen eine Nordseiten-Variante, dass dort ein Gefälle bestanden habe, welches aufgefüllt worden sei. Bei einer Installation müsste das Material wieder abgetragen werden, was zusätzliche Kosten von rund Fr. 9'563.70 generieren würde. Die Westfassade sei überdies ungeeignet, weil sich dort Fenster befänden und die Rohrleitungen dabei zu lang und zu teuer würden. Für die südwestliche Ecke des Hauses sei ein Preis in der Höhe von Fr. 43'246.50 offeriert worden, was eine Kostensteigerung von 4,5 % bedeute. Bei einer Innenaufstellung führten die bröckelnde Bausubstanz und die damit einhergehenden Sanierungsmassnahmen einerseits zu erheblichen Mehrkosten. Andererseits sei hierfür ein teureres Gerät notwendig, was die Kosten ebenfalls zusätzlich erhöhe. Die Gesamtkosten für die nordöstliche Kellerseite betrügen Fr. 44'470.35. Dies stelle eine Kostensteigerung von 7,5 % dar. Auf der südwestlichen Seite des Kellers betrügen die Gesamtkosten Fr. 45'474.35. Dies sei eine Kostensteigerung von rund 10 %. Im Ergebnis halte der geplante Standort an der Ostfassade sämtliche baurechtlichen Vorgaben sowie emissionsrechtlichen Grenzwerte ein und sei letztlich deutlich günstiger als die Alternativen.

 

2.2 Die Beschwerdegegner 1 und 2 stellen sich auf den Standpunkt, sie seien nicht grundsätzlich gegen die Installation einer Wärmepumpe. Da die Lärmemissionen durch bereits bestehende Wärmepumpen im Quartier trotz erstellter Lärmschutzwand in den Wintermonaten aber sehr belastend seien, seien der Lärmschutz und die Gesundheitsprävention höher zu gewichten als der finanzielle Aufwand der Beschwerdeführerin. Die Kosten der geplanten Variante seien dabei irrelevant, zumal das Projekt das Vorsorgeprinzip nicht berücksichtigt habe. Die Verschiebung des Standorts Richtung Süden führe zu keiner Reduktion der Lärmemissionen, da sich dort ihr Aussensitzplatz befinde. Aufgrund der Lärmbelastung durch die bereits bestehenden Wärmepumpen auf der Ost- und Südseite hätten sie trotz des Einbaus einer Dreifachverglasung und Wandisolation einen Schlafraum auf die Westseite verlegt. Die Installation der Wärmepumpe sei sowohl an der Süd- als auch an der Nordfassade technisch möglich, wobei der Aufwand hierfür zu Beginn des Bauprojekts vorgesehen werden müsse. Wenn ein mangelhaftes Projekt im Nachhinein korrigiert werden müsse, seien mit dem zusätzlichen Aufwand auch Zusatzkosten hinzunehmen. Bestehende Einrichtungen und kurz vor der Einreichung des Bauprojekts erstellte Anlagen am und im Haus hätten beim Bauprojekt der Wärmepumpe und der damit verbundenen Fassadensanierung in der Bauplanung berücksichtigt werden müssen. Auch eine Inneninstallation sei im Übrigen möglich.

 

2.3 Die Beschwerdegegnerin 3 bringt vor, die Beschwerdeführerin habe die Ostfassade saniert, wobei das Grobkies bereits einmal entfernt worden sei. Das kurz danach eingereichte Baugesuch betreffend Wärmepumpe hänge damit eng zusammen. Die Beschwerdeführerin sei bereits vor dessen Publikation darauf hingewiesen worden, dass das Vorsorgeprinzip nicht eingehalten werde und es sei unbekannt, weshalb sie das gesamte Vorhaben nicht mit einer einzigen Baubewilligung und somit im Rahmen einer Gesamtplanung umgesetzt habe. Hätte sie beide Vorhaben koordiniert, hätte die Grobkiesschicht nur einmal entfernt werden und die Isolation der Rohre sowie deren Verlegung ohnehin stattfinden müssen. Diese Kosten hätten zwar etwas höher ausfallen können, wenn die Wärmepumpe einen anderen Standort hätte. Sie seien jedoch zumutbar. Die Beschwerdeführerin mache sodann geltend, dass die Mehrkosten für Material und Aufwendungen des Heizungsinstallateurs etwa Fr. 1'890.- für die südwestliche Ecke des Hauses ausmachen würden, was im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis als relativ gering zu qualifizieren sei. Dass die Beschwerdeführerin die Kosten für Tiefbauarbeiten nicht nochmals bezahlen wolle, sei zwar nachvollziehbar. Es ändere aber nichts an der Tatsache, dass ihr zugemutet werden könne, diese Kosten zu tragen. Das Argument der extrem langen Rohrleitungen überzeuge des Weiteren nicht, da diese mit relativ geringem Aufwand isoliert werden könnten. Ferner habe die Beschwerdeführerin offenbar auch eine Innenaufstellung geprüft. Diesbezüglich sei aber äusserst fraglich, ob ein Heizungsinstallateur fachlich in der Lage sei, zu beurteilen, ob ein Gebäudestatiker zwingend hinzugezogen werden müsse. Wenn die Bausubstanz bröckelnd sei, sei eine Sanierung ohnehin erforderlich. Indessen sei es nicht Aufgabe der Bewilligungsbehörde, Lösungen aufzuzeigen, sondern lediglich zu bestimmen, ob ein Bauvorhaben die rechtlichen Voraussetzungen erfülle. Es sei Aufgabe des Projektverfassers, sicherzustellen, dass Bauprojekte umgesetzt werden könnten. Vor diesem Hintergrund wäre zu eruieren gewesen, welche baulichen Schallschutzmassnahmen zu einer weiteren Immissionsreduktion führen würden. Dies habe die Projektverfasserin jedoch unterlassen.

 

2.4 Der Beschwerdegegner 4 führt aus, die Beschwerdeführerin bringe erst im Verfahren vor Verwaltungsgericht Argumente zum Innenstandort vor, obwohl dies bereits im Baugesuch hätte abgehandelt werden müssen. Zwar sei dies ein grundsätzlich zulässiges Novum. Nach Treu und Glauben dürfe es der Vorinstanz allerdings nicht vorenthalten und erst nach einem ungünstigen Entscheid im Rechtsmittelverfahren vorgebracht werden. Folglich habe es vorliegend unberücksichtigt zu bleiben. Alternative Innenstandorte seien sodann im Rahmen der Standortwahl einzubeziehen. Soweit dies gefehlt habe, sei das Baugesuch bundesrechtswidrig gewesen und von der Beschwerdegegnerin 3 zu Recht abgewiesen worden. Ferner seien gemäss den von der Beschwerdeführerin selbst eingereichten Bildern an der nordöstlichen Ecke drei Souterrainfenster vorhanden, womit ein kostspieliger Wanddurchbruch für eine Zu- und Abluftleitung für einen Innenstandort nicht erforderlich wäre. Im angefochtenen Entscheid sei die kostensparende Nutzung eines Souterrainfensters für den Innenstandort darüber hinaus abgehandelt worden. Hierfür sei nicht zwingend das von der Beschwerdeführerin genannte Gerät erforderlich und innen aufgestellte Geräte seien nicht generell teurer. Die Beschwerdegegnerin 3 habe das Baugesuch des Weiteren deshalb abgewiesen, weil der gewählte Projektstandort derjenige mit der kleinsten Distanz zur Nachbarliegenschaft sei und damit dem Lärmschutz am wenigsten Rechnung trage. Die Beschwerdeführerin verwerfe denn auch sämtliche Alternativstandorte. Dies unter anderem mit Hinweis auf fehlende Hecken, wobei solche ohnehin nur eine geringe physikalische Lärmschutzwirkung hätten. Die Lärmschutzwirkung einer grösseren Distanz zur Lärmquelle überwiege diejenige einer Hecke bei Weitem, weshalb diesem Kriterium zu Recht mehr Gewicht beigemessen worden sei. Die von der Beschwerdeführerin eingereichten zusätzlichen Offerten des von ihr beauftragten Heizungstechnikers seien schliesslich als Parteigutachten zu werten, wobei diese inhaltlich ohnehin nicht überzeugten. Die Kosten für eine geringe Verlängerung der Rohrleitungen könnten zumutbar sein, wobei auch der Wirkungsgrad nicht signifikant abnehme. Ein Vergleich der Offerte zum Projektstandort und derjenigen des nördlichen Alternativstandorts zeige darüber hinaus diverse Ungereimtheiten auf. An der Objektivität ihrer Erstellung bestehe damit Zweifel. Die Beschwerdegegnerin 3 habe bei der Interessenabwägung schliesslich berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin das Erdreich an der nordöstlichen Hausecke bereits für ein zweites Bauprojekt ausheben müsse, weshalb die beiden Bauvorhaben zusammengelegt werden könnten und müssten. Ausserdem habe sie auf die Möglichkeit einer Kumulation von Wärmepumpen an Aussenstandorten im betroffenen dicht überbauten Gebiet angemessen Rücksicht nehmen müssen und das Interesse sämtlicher Nachbarn an einer vorsorglichen Begrenzung des Lärms höher gewichtet als die der Beschwerdeführerin entstehenden Mehrkosten. Hierbei werde sie durch die Gemeindeautonomie geschützt.

 

3.

3.1 Luft/Wasser-Wärmepumpen als ortsfeste Anlagen im Sinne von Art. 7 Abs. 7 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) und Art. 2 Abs. 1 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV), bei deren Betrieb Lärmemissionen verursacht werden, dürfen gemäss Art. 25 Abs. 1 USG nur errichtet werden, wenn die durch diese Anlagen allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte in der Umgebung nicht überschreiten. Die Vollzugsbehörde beurteilt die ermittelten Aussenlärmimmissionen ortsfester Anlagen anhand der Belastungsgrenzwerte nach den Anhängen 3 ff. LSV (Art. 40 Abs. 1 LSV). Unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung sind Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch sowie betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Vorsorgeprinzip; Art. 11 Abs. 2 USG und Art. 7 Abs. 1 lit. a LSV). Bei Anlagen, welche die lärmschutzrechtlichen Planungswerte einhalten, kommen zusätzliche Massnahmen zum Lärmschutz im Sinne der Vorsorge jedoch nur in Betracht, wenn sich dadurch mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche zusätzliche Reduktion der Emissionen erreichen lässt. Die Baubewilligungsbehörde darf sich nicht darauf beschränken, den Bauwilligen die Auswahl zwischen verschiedenen, die Planungswerte einhaltenden Projektvarianten zu gewähren. Vielmehr hat sie sich für jene Massnahme zu entscheiden, welche im Rahmen des Vorsorgeprinzips und des Verhältnismässigkeitsprinzips den besten Lärmschutz gewährleistet. Dies kann auch dazu führen, dass verschiedene Lärmschutzmassnahmen kumulativ anzuordnen sind (BGer-Urteil 1C_418/2019 vom 16. Juli 2020 E. 3.2, mit Hinweisen).

 

3.2 Gemäss Art. 7 Abs. 1 LSV müssen die Lärmemissionen einer neuen ortsfesten Anlage nach den Anordnungen der Vollzugsbehörde so weit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (lit. a) und die von der Anlage allein erzeugten Lärmimmissionen dürfen die Planungswerte nicht überschreiten (lit. b). Die Vollzugsbehörde gewährt Erleichterungen, soweit die Einhaltung der Planungswerte zu einer unverhältnismässigen Belastung für die Anlage führen würde und ein überwiegendes öffentliches, namentlich auch raumplanerisches Interesse an der Anlage besteht. Die Immissionsgrenzwerte dürfen jedoch nicht überschritten werden (Art. 7 Abs. 2 LSV). Bei neuen Luft/Wasser-Wärmepumpen, die überwiegend der Raumheizung der Erwärmung von Trinkwasser dienen und deren Lärmimmissionen die Planungswerte nicht überschreiten, sind weitergehende Emissionsbegrenzungen nach Abs. 1 lit. a nur zu treffen, wenn mit höchstens einem Prozent der Investitionskosten der Anlage eine Begrenzung der Emissionen von mindestens drei Dezibel (dB) erzielt werden kann (Art. 7 Abs. 3 LSV).

 

3.3 Auch wenn ein Projekt die Planungswerte einhält, ist zusätzlich das Vorsorgeprinzip zu berücksichtigen, wonach Emissionen im Rahmen der Vorsorge unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung so weit zu begrenzen sind, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Art. 11 Abs. 2 USG und Art. 7 Abs. 1 lit. a LSV). Im Lärmschutzrecht betreffend Wärmepumpen bedeutet dies, dass im Baugesuch für eine Aussenanlage mindestens summarisch die technische Möglichkeit und wirtschaftliche Tragbarkeit für eine Anlage mit einer vergleichbaren Leistung an alternativen Innen- und Aussenstandorten darzulegen ist. Es genügt dabei zwar, wenn die Plausibilität des Ausschlusses der Alternativstandorte beurteilt wird. Einen Innenstandort gar nicht zu prüfen, nur, weil die Aussenanlage die Planungswerte klar einhält, ist aber ungenügend und bundesrechtswidrig. In einem solchen Fall hat die Baubehörde als fachlich geeignete Instanz diese Prüfung nachzuholen (vgl. BGer-Urteil 1C_389/2019 vom 27. Januar 2021 E. 4.3 und 4.7).

 

4.

4.1 Die von der Beschwerdeführerin geplante Wärmepumpe hält den lärmschutzrechtlichen Planungswert unbestrittenermassen ein. Nichtsdestotrotz besteht die zusätzliche Verpflichtung zur genügenden Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips (vgl. vorstehende E. II/3.3).

 

4.2 Vorliegend hat die Beschwerdeführerin mit ihrem Baugesuch das Formular `Lärmschutznachweis für Luft/Wasser-Wärmepumpen` eingereicht. Darin hat sie zwar angegeben, dass das Vorsorgeprinzip berücksichtigt worden sei. Sie hat dies – abgesehen von einem geplanten schallreduzierten Nachtbetrieb – jedoch weder untermauert noch belegt. Auch die weiteren eingereichten Unterlagen enthielten noch keine Prüfung weiterer möglicher Standorte der Wärmepumpe und berücksichtigten insbesondere keine Innenaufstellung (vgl. Cercle Bruit, Vollzugshilfe 6.21 – Lärmrechtliche Beurteilung von Luft/Wasser-Wärmepumpen, 16. Juni 2022, S. 13). Die Beschwerdegegnerin 3 durfte das Baugesuch damit in dieser Form nicht unbesehen bewilligen.

 

4.3 Obschon das Baugesuch der Beschwerdeführerin mit Mängeln behaftet war (vgl. vorstehende E. II/4.2), wäre es in der Folge an der Beschwerdegegnerin 3 gelegen, die Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips und dabei insbesondere die Möglichkeit und Zumutbarkeit alternativer Standorte (einschliesslich einer Innenaufstellung) zu prüfen. Dies hat sie pflichtwidrig unterlassen. Sie hat lediglich rudimentär und pauschal festgehalten, dass ein anderer Standort mit mehr Distanz zur Liegenschaft der Beschwerdegegner 1 und 2 gewählt werden sollte. Darüber hinaus hat sie die im Spiel stehenden Interessen nur oberflächlich gegeneinander abgewogen und den geplanten Standort einzig mit der Begründung abgelehnt, dass der Aufwand der Umplatzierung relativ gering sei und gleichzeitig eine wesentliche Reduktion der Immission erreicht werden könne. Dies begründete und belegte sie nicht weiter. Sie hatte die Beschwerdeführerin im Vorfeld per E-Mail und damit lediglich informell zwar darauf hingewiesen, dass das Vorsorgeprinzip wohl nicht eingehalten werde. Sie hat der Beschwerdeführerin aber nicht aufgezeigt, inwiefern sie das Gesuch zu verbessern zu ergänzen hätte. Damit verletzte die Beschwerdegegnerin 3 ihre Abklärungspflicht (vgl. Art. 37 VRG; BGer-Urteil 1C_204/2015 vom 18. Januar 2016 E. 3.7).

 

4.4 Die Beschwerdeführerin reichte daraufhin dem Beschwerdegegner 4 sowie dem Verwaltungsgericht weitere Unterlagen ein. Diese sind zwar grundsätzlich zu berücksichtigen (vgl. Art. 92 Abs. 1 VRG; Marco Donatsch, in Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 3. A., Zürich/Basel/Genf 2014, § 52 N. 26 ff.). Indessen kann das Vorsorgeprinzip gestützt darauf ebenfalls noch nicht rechtsgenüglich beurteilt werden. Einerseits konnte die Beschwerdeführerin ihre behauptete technische Unmöglichkeit diverser Standorte damit nämlich nicht belegen. Andererseits bestehen zwischen den eingereichten Offerten ungeklärte und offensichtliche Diskrepanzen, wie der Beschwerdegegner 4 zu Recht vorgebracht hat.

 

4.5 Die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts, insbesondere die dazu erforderlichen Beweisvorkehrungen, bilden in erster Linie Aufgabe der Baubewilligungsbehörde, was diese vorliegend unterlassen hat. Die Beschwerdeinstanz kann die Sache ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die erstinstanzlich verfügende Behörde zurückweisen (vgl. Art. 101 Abs. 2 VRG; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. A., Zürich/St. Gallen 2020, N. 1173). Lässt sich Versäumtes nicht ohne aufwändige Beweiserhebungen nachholen, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, denn diese ist mit den Verhältnissen vor Ort besser vertraut und darum regelmässig eher in der Lage, die erforderlichen Abklärungen durchzuführen (vgl. Kiener/Rütsche/Kuhn, N. 649; vgl. auch BGer-Urteil 1C_418/2019 vom 16. Juli 2020 E. 5.3). Zudem steht den Parteien diesfalls erneut der gesamte Instanzenzug offen (vgl. zum Ganzen Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern V 11 128 vom 6. Januar 2012, E. 7d; vgl. auch VGer-Urteil VG.2014.00051 vom 30. Oktober 2013 E. II/7).

 

4.6 Aus dem Gesagten folgt, dass die Sache zur weiteren Abklärung und erneuten Prüfung an die Beschwerdegegnerin 3 zurückzuweisen ist. Dies insbesondere, weil Letztere im Baubewilligungsverfahren ihre Abklärungspflichten verletzt hat. Dabei wird sie das Vorsorgeprinzip unter Mitwirkung der Beschwerdeführerin vertieft zu prüfen und zu evaluieren haben, ob ein alternativer Standort weitere Lärmschutzmassnahmen denkbar und zumutbar wären, wobei sie insbesondere den Kriterien von Art. 7 Abs. 1 LSV Beachtung zu schenken hat.

 

Dies führt zur teilweisen Gutheissung der Beschwerde. Die Entscheide des Beschwerdegegners 4 vom 12. Dezember 2023 und der Beschwerdegegnerin 3 vom 25. Oktober 2022 sind aufzuheben und die Angelegenheit ist an die Beschwerdegegnerin 3 zur Abklärung und erneuten Prüfung zurückzuweisen.

 

III.

1.

1.1 Eine Rückweisung zum erneuten Entscheid mit offenem Ausgang gilt für die Verteilung der Kosten und Entschädigungen grundsätzlich als Obsiegen (BGer-Urteil 1C_621/2014 vom 31. März 2015 E. 3.3). Ausgangsgemäss und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände rechtfertigt es sich, die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 2'000.- zur Hälfte den Beschwerdegegnern 1 und 2 aufzuerlegen (Art. 134 Abs. 1 lit. c VRG) und zur Hälfte auf die Staatskasse zu nehmen (Art. 135 Abs. 1 f. VRG). Der von der Beschwerdeführerin bereits geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 2'000.- ist ihr zurückzuerstatten.

 

1.2 Ausgangsgemäss steht der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu, wobei diese auf pauschal Fr. 2'000.- (inkl. Mehrwertsteuer) festzusetzen und zur Hälfte dem Beschwerdegegner 4 (Art. 138 Abs. 3 lit. a VRG) und zur Hälfte den Beschwerdegegnern 1 und 2 aufzuerlegen ist (Art. 138 Abs. 2 VRG).

 

2.

Der vorliegende Rückweisungsentscheid stellt einen Zwischenentscheid dar (BGE 133 II 409 E. 1.2), weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG) offensteht.

Demgemäss erkennt die Kammer:

1.

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Die Entscheide des Beschwerdegegners 4 vom 12. Dezember 2023 sowie der Beschwerdegegnerin 3 vom 25. Oktober 2022 werden aufgehoben und die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin 3 zurückgewiesen.

2.

Die Gerichtskosten in der Höhe von pauschal Fr. 2'000.- werden zur Hälfte den Beschwerdegegnern 1 und 2 auferlegt und zur Hälfte auf die Staatskasse genommen. Der von der Beschwerdeführerin bereits geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 2'000.- wird ihr zurückerstattet.

3.

Die Beschwerdegegner 1 und 2 werden verpflichtet, der Beschwerdeführerin innert 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Entscheids eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.

Der Beschwerdegegner 4 wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin innert 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Entscheids eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

5.

Schriftliche Eröffnung und Mitteilung an:

 

[…]

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch
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