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Urteil Verwaltungsgericht (GL - VG.2023.00090)

Zusammenfassung des Urteils VG.2023.00090: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführerin A.______ beantragte Ergänzungsleistungen, die von der Ausgleichskasse Glarus abgelehnt wurden. Nach einer Beschwerde gelangte der Fall ans Verwaltungsgericht des Kantons Glarus. Es wurde festgestellt, dass kein rechtlich relevanter Vermögensverzicht vorlag, da der effektive Kaufpreis höher war als die Schwelle. Die Beschwerde wurde daher gutgeheissen, der Einspracheentscheid aufgehoben und die Ausgleichskasse zur Neubeurteilung des Leistungsanspruchs aufgefordert. Die Gerichtskosten werden von der Staatskasse übernommen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VG.2023.00090

Kanton:GL
Fallnummer:VG.2023.00090
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VG.2023.00090 vom 25.01.2024 (GL)
Datum:25.01.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Sozialversicherungsrecht: Ergänzungsleistungen
Schlagwörter: Leistung; Vermögensverzicht; Apos; Verkehrswert; Ergänzungsleistungen; Ausgleichskasse; Verkehrswerts; Hypothek; Anspruch; Vermögensverzichts; Recht; Miteigentumsanteile; Steuerverwaltung; Einsprache; Leistung; Verkehrswertschätzung; Sozialversicherung; Verkehrswertschätzungen; Blick; Kammer; Glarus; Person; Prüfung; Sinne; Kaufpreis; Grundstücke; Einspracheentscheid; Veräusserung; übernommenen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2023.00090

Geschäftsnummer: VG.2023.00090 (VG.2024.1330)
Instanz: K2
Entscheiddatum: 25.01.2024
Publiziert am: 11.03.2024
Aktualisiert am: 11.03.2024
Titel: Sozialversicherung - Ergänzungsleistungen

Resümee:

Sozialversicherungsrecht: Ergänzungsleistungen

Soweit hinsichtlich der Wertbestimmung zweier hälftiger Miteigentumsanteile zeitnah zu deren Veräusserung Verkehrswertschätzungen der Steuerverwaltung vorliegen, ist mit Blick auf einen ergänzungsleistungsrechtlich relevanten Vermögensverzicht auf diese Schätzungen abzustellen (E. II./3.3). Der Wert der übernommenen Hypothek ist Teil der Gegenleistung (E. II/3.4).

Gutheissung der Beschwerde.
 

 

 

 

VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GLARUS

 

 

 

Urteil vom 25. Januar 2024

 

 

I. Kammer

 

 

Besetzung: Gerichtspräsident MLaw Colin Braun, Verwaltungsrichterin Jolanda Hager, Ersatzrichter Samuel Bisig und Gerichtsschreiberin MLaw Valentina Flückiger

 

 

in Sachen

VG.2023.00090

 

 

 

A.______

Beschwerdeführerin

 

 

 

gegen

 

 

 

Ausgleichskasse Glarus

Beschwerdegegnerin

 

 

betreffend

 

 

Ergänzungsleistungen

 

Die Kammer zieht in Erwägung:

I.

1.

A.______ meldete sich am 22. März 2023 bei der Ausgleichskasse Glarus zum Bezug von Ergänzungsleistungen an. Die Ausgleichskasse verneinte am 3. Juli 2023 einen solchen Anspruch, da die Vermögensschwelle infolge eines anrechenbaren Vermögensverzichts nicht erreicht worden sei.

 

2.

Gegen die leistungsabweisende Verfügung erhob A.______ am 6. Juli 2023 Einsprache, welche die Ausgleichskasse am 5. Oktober 2023 abwies.

 

3.

Am 19. Oktober 2023 gelangte A.______ mit Beschwerde ans Verwaltungsgericht und beantragte sinngemäss die Aufhebung des Einspracheentscheids der Ausgleichskasse vom 5. Oktober 2023 sowie eine Neubeurteilung ihres Ergänzungsleistungsgesuchs. Die Ausgleichskasse schloss am 21. Dezember 2023 auf Abweisung der Beschwerde.

 

II.

1.

Das Verwaltungsgericht ist als kantonales Versicherungsgericht gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 6. Oktober 2006 (ELG) i.V.m. Art. 56 ff. des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

 

2.

2.1 Gemäss Art. 9a Abs. 1 lit. a ELG haben alleinstehende Personen Anspruch auf Ergänzungsleistungen, wenn sie über ein Reinvermögen unterhalb der Vermögensschwelle von Fr. 100'000.- verfügen. Vermögen, auf welches nach Art. 11a Abs. 2-4 ELG verzichtet wurde, gehört auch zum Reinvermögen nach Abs. 1 (Art. 9a Abs. 3 ELG). Einnahmen, Vermögenswerte und gesetzliche vertragliche Rechte, auf die eine Person ohne Rechtspflicht und ohne gleichwertige Gegenleistung verzichtet hat, werden als Einnahmen angerechnet, als wäre nie darauf verzichtet worden (Art. 11a Abs. 2 ELG).

 

2.2 Ein Vermögensverzicht liegt vor, wenn eine Person Vermögenswerte veräussert, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein, und die Gegenleistung weniger als 90 % des Werts der Leistung entspricht (Art. 17b lit. a der Verordnung über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 15. Januar 1971 [ELV]). Gemäss Art. 17c ELV entspricht die Höhe des Verzichts bei einer Veräusserung der Differenz zwischen dem Wert der Leistung und dem Wert der Gegenleistung.

 

2.3 Nach Massgabe von Art. 17a ELV ist bei der entgeltlichen unentgeltlichen Entäusserung eines Grundstücks der Verkehrswert für die Prüfung, ob ein Vermögensverzicht im Sinne von Art. 11a Abs. 2 ELG vorliegt, massgebend. Der Verkehrswert gelangt nicht zur Anwendung, wenn von Gesetzes wegen ein Rechtsanspruch auf den Erwerb zu einem tieferen Wert besteht (Abs. 5). Die Kantone können anstelle des Verkehrswerts einheitlich den für die interkantonale Steuerausscheidung massgebenden Repartitionswert anwenden (Abs. 6). Ist eine veräusserte Liegenschaft mit einer Hypothek belastet, die ganz teilweise vom neuen Eigentümer übernommen wird, so stellt die Summe der übernommenen Schulden einen Teil der Gegenleistung dar (vgl. zum Ganzen: Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL] vom 1. April 2011, Stand am 1. Januar 2023, Rn. 3532.05 f.).

 

3.

3.1 Vorliegend ist unbestritten und gilt als erstellt, dass die Beschwerdeführerin am 22. November 2013 ihre hälftigen Miteigentumsanteile an den Parz.-Nrn. 01 und 02, Grundbuch […], an den damaligen Miteigentümer B.______ zum Preis von Fr. 157'500.- (exkl. Mobiliar) verkauft hat. Letzterer übernahm zudem den Anteil der Hypothekarschuld der Beschwerdeführerin im Umfang von Fr. 90'000.-. Unter Berücksichtigung der Hypothekarübernahme lag der effektive Kaufpreis dementsprechend bei Fr. 247'500.-.

 

3.2 Strittig und zu prüfen bleibt damit, ob mit Blick auf den effektiven Kaufpreis von Fr. 247'500.- von einem Vermögensverzicht i.S.v. Art. 11a Abs. 2 ELG auszugehen ist. Dabei gilt zu beachten, dass vorliegend weder ein Rechtsanspruch auf den Erwerb der Grundstücke unter Verkehrswert bestand noch im kantonalen Recht vorgesehen ist, dass anstelle des Verkehrswerts der Repartitionswert zur Anwendung gelangt. Dementsprechend ist der Kaufpreis dem Verkehrswert gegenüberzustellen (vgl. Art. 17a Abs. 5 f. ELV).

 

3.3 Die Beschwerdegegnerin vertritt die Auffassung, es hätten zum Zeitpunkt des streitbetroffenen Verkaufs keine gültigen und geeigneten Verkehrswertschätzungen vorgelegen, weshalb mit Blick auf die Prüfung eines Vermögensverzichts die Mittelwerte der Steuer- sowie Gebäudeversicherungswerte heranzuziehen seien. Dem kann nicht gefolgt werden. Nachdem der Grundstückkaufvertrag am 22. November 2013 unterzeichnet wurde, nahm die Steuerverwaltung des Kantons Glarus am 29. April 2014 eine Anpassungsschätzung vor, wobei unter anderem die Verkehrswerte der beiden streitbetroffenen Grundstücke neu festgelegt wurden. Vor diesem Hintergrund existierten entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin somit zeitnah zum Kaufvertrag Verkehrswertschätzungen. Weshalb diese nicht massgebend sein sollen, ist sodann nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdegegnerin nicht dargetan. Zur Prüfung eines Vermögensverzichts ist folglich ohne Weiteres auf die von der Steuerverwaltung ermittelten Werte abzustellen.

 

3.4 Der Bruttowert beider Grundstücke (inkl. Hypothek auf der Parz.-Nr. 01, Grundbuch […]) betrug gemäss der Verkehrswertschätzung der Steuerverwaltung Fr. 521'311.-. Der Marktpreis für die beiden hälftigen Miteigentumsanteile lag folglich bei Fr. 260'655.50. Voraussetzung für einen rechtlich relevanten Vermögensverzicht ist, dass die Gegenleistung weniger als 90 % des Werts der Leistung entspricht (Art. 17b lit. a ELV). Um diese Schwelle zu unterschreiten, hätte die Beschwerdeführerin ihre Miteigentumsanteile für weniger als Fr. 234'589.95 verkaufen müssen (Fr. 260'655.50 x 0.9). Effektiv verkauft wurden diese jedoch für Fr. 247'500.-, weshalb im Ergebnis kein rechtlich relevanter Vermögensverzicht vorliegt.

 

3.5 Das Vermögen der Beschwerdeführerin beträgt mangels eines anrechenbaren Vermögensverzichts per 1. Januar 2023 weniger als Fr. 100'000.-. Folglich hat die Beschwerdeführerin, soweit auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, einen von der Beschwerdegegnerin betragsmässig noch zu ermittelnden Anspruch auf Ergänzungsleistungen.

 

4.

Zusammenfassend nahm die Beschwerdegegnerin zu Unrecht einen Vermögensverzicht aus dem Grundstückverkauf der Beschwerdeführerin an. Folglich kann Letzterer ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen nicht wegen eines anrechenbaren Vermögensverzichts abgesprochen werden. Demgemäss ist die Beschwerde gutzuheissen. Der Einspracheentscheid vom 5. Oktober 2023 ist aufzuheben und die Beschwerdegegnerin hat im Sinne der Erwägungen erneut über den Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin zu befinden.

 

III.

Die Gerichtskosten sind von Gesetzes wegen auf die Staatskasse zu nehmen (Art. 1 Abs. 1 ELG i.V.m. Art. 61 lit. fbis ATSG e contrario).

Demgemäss erkennt die Kammer:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 5. Oktober 2023 wird aufgehoben und die Sache wird im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung des Ergänzungsleistungsanspruchs an diese zurückgewiesen.

2.

Die Gerichtskosten werden auf die Staatskasse genommen.

3.

Schriftliche Eröffnung und Mitteilung an:

 

[…]

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch
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