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Urteil Verwaltungsgericht (GL - VG.2023.00047)

Zusammenfassung des Urteils VG.2023.00047: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführerin hat sich an das Verwaltungsgericht gewandt, um eine ganze Invalidenrente ab dem 1. März 2020 zu erhalten. Nach einer ausführlichen medizinischen Untersuchung und Beratung wurde entschieden, dass die Beschwerdeführerin dauerhaft nicht mehr arbeitsfähig ist und somit Anspruch auf die Invalidenrente hat. Die Beschwerde wurde daher gutgeheissen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus hat das Urteil am 26. Oktober 2023 gefällt. Der Richter, der das Urteil gefällt hat, ist Gerichtspräsident MLaw Colin Braun. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 600 werden der unterliegenden Beschwerdegegnerin auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VG.2023.00047

Kanton:GL
Fallnummer:VG.2023.00047
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VG.2023.00047 vom 26.10.2023 (GL)
Datum:26.10.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Invalidenversicherung: Invalidenrente
Schlagwörter: ähig; Arbeit; Gesundheit; Rente; Arbeitsunfähigkeit; Recht; Invalidität; Störung; Gesundheitszustand; Erwerb; Verbesserung; Leistung; Invalidenversicherung; Urteil; Behandlung; Gericht; Gesundheitsfall; Verwaltungs; Invalidenrente; Invaliditätsgrad; Arbeitsfähigkeit; Gesundheitszustands; Gesuch; Abklärung; IV-Stelle; Gewährung
Rechtsnorm: Art. 17 ATSG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Ueli Kieser, Kommentar zum ATSG, 2020

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2023.00047

Geschäftsnummer: VG.2023.00047 (VG.2023.1297)
Instanz: K2
Entscheiddatum: 26.10.2023
Publiziert am: 27.11.2023
Aktualisiert am: 27.11.2023
Titel: Sozialversicherung - Invalidenversicherung

Resümee:

Invalidenversicherung: Invalidenrente

Es ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin auch in angepassten Tätigkeiten dauerhaft nicht mehr arbeitsfähig ist (E. II/6.4).
Gesamthaft ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall voll erwerbstätig wäre (E. II/7.1). Bei einer vollen Erwerbsunfähigkeit resultiert ein Invaliditätsgrad von 100 %, was zu einer vollen Invalidenrente berechtigt (E. II/7.2).

Gutheissung der Beschwerde.
 

 

 

 

VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GLARUS

 

 

 

Urteil vom 26. Oktober 2023

 

 

II. Kammer

 

 

Besetzung: Gerichtspräsident MLaw Colin Braun, Verwaltungsrichterin Olivia Lattmann, Verwaltungsrichter Fritz Jnglin und Gerichtsschreiberin MLaw Paula Brändli

 

 

in Sachen

VG.2023.00047

 

 

 

A.______

Beschwerdeführerin

 

vertreten durch Prof. Dr. Hardy Landolt, Rechtsanwalt,

 

 

 

gegen

 

 

 

IV-Stelle Glarus

Beschwerdegegnerin

 

 

betreffend

 

 

Invalidenrente

 

Die Kammer zieht in Erwägung:

I.

1.

Die am […] geborene A.______ meldete sich am 27. September 2005 erstmals bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Am 4. Mai 2006 sprach ihr die IV-Stelle Glarus rückwirkend ab dem 1. November 2005 eine halbe Invalidenrente zu. Nach medizinischen Abklärungen teilte sie ihr am 1. Oktober 2010 sodann die beabsichtigte Einstellung der Rentenleistungen mit, woran sie am 12. Januar 2011 festhielt.

 

2.

Am 18. März 2019 meldete sich A.______ erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach erneuten medizinischen Abklärungen, einem Belastbarkeitstraining, beruflichen Massnahmen sowie einer Haushaltsabklärung stellte ihr die IV-Stelle mit Vorbescheid vom 20. Juli 2022 die Zusprache einer ganzen Rente vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2021 und eine unbefristete Viertelsrente ab dem 1. April 2021 in Aussicht, woran sie trotz der dagegen erhobenen Einwände am 31. März 2023 festhielt.

 

3.

A.______ gelangte mit Beschwerde vom 15. Mai 2023 ans Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung der Verfügung vom 31. März 2023 sowie die Zusprache einer ganzen Invalidenrente ab dem 1. März 2020. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die IV-Stelle zurückzuweisen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der IV-Stelle sowie unter Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung. Die IV-Stelle beantragte am 15. August 2023 die Abweisung der Beschwerde.

 

II.

1.

1.1 Das Verwaltungsgericht ist gemäss Art. 69 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG) zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

 

1.2 Am 1. Januar 2022 trat die Änderung des IVG vom 19. Juni 2020 (Weiterentwicklung der IV; AS 2021 705) in Kraft. Liegt in einem Revisionsfall die massgebende Änderung vor dem 1. Januar 2022, finden die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung vom 17. Januar 1961 (IVV) in der bis zum 31. Dezember 2021 gültigen Fassung Anwendung. Liegt die massgebende Änderung demgegenüber nach dem 31. Dezember 2021, sind die Bestimmungen des IVG und diejenigen der IVV in der ab dem 1. Januar 2022 gültigen Fassung anwendbar. Der Zeitpunkt der massgebenden Änderung bestimmt sich nach Art. 88a IVV (Kreisschreiben über Invalidität und Rente in der Invalidenversicherung [KSIR]) vom 1. Januar 2022, Rz. 9102). Vorliegend wurde der Beschwerdeführerin ab dem 1. März 2020 bis zum 31. März 2021 eine Vollrente und ab dem 1. April 2021 eine unbefristete Viertelsrente zugesprochen. Es erscheint damit offensichtlich, dass der mutmassliche Zeitpunkt der massgebenden Änderung vor dem 1. Januar 2022 liegt, weshalb nach dem oben Dargelegten die Bestimmungen des IVG und der IVV in der Fassung bis zum 31. Dezember 2021 zur Anwendung gelangen.

 

2.

2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei mit dem Untersuchungsgrundsatz nicht vereinbar, wenn die Beschwerdegegnerin ausschliesslich auf medizinische Abklärungen des Krankentaggeldversicherers abstelle. Die vertrauensärztliche Stellungnahme sei darüber hinaus nicht umfassend, sondern betreffe nur die neurologischen bzw. neuropsychologischen Aspekte. Der Vertrauensarzt des Taggeldversicherers habe selbst angeregt, eine Begutachtung und eine ergänzende MRI-Untersuchung vorzunehmen. Letzteres sei dann zwar durchgeführt, die psychiatrischen Defizite seien aber trotz entsprechender Diagnose nicht abgeklärt worden. Die behandelnden Ärzte seien sodann der Auffassung, dass nicht nur in neurologischer bzw. neuropsychologischer Hinsicht Defizite bestünden, sondern zwischenzeitlich auch eine eigentliche psychiatrisch relevante Störung eingetreten sei, welche die Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit erheblich einschränke bzw. aufhebe. Die von der Vertrauensärztin des Taggeldversicherers behauptete objektivierte Verbesserung des Gesundheitszustands seit Juni 2021 werde ferner nicht näher begründet. Es sei davon auszugehen, dass ihr Gesundheitszustand und ihre Arbeitsunfähigkeit gleichgeblieben seien und aufgrund der kognitiven und psychischen Einschränkungen sowohl in Bezug auf den Erwerb als auch auf den Haushalt eine signifikante funktionelle Leistungseinbusse bestehe. Die Anwendung der gemischten Methode sei schliesslich nicht korrekt, da sie im Gesundheitsfall aufgrund des Alters ihrer Kinder sowie der finanziellen Situation voll arbeitstätig wäre. Im Übrigen sei aufgrund ihres Alters davon auszugehen, dass sie ihre Resterwerbsfähigkeit nicht mehr verwerten könne.

 

2.2 Die Beschwerdegegnerin stellt sich auf den Standpunkt, sie habe ihre Abklärungspflichten vollumfänglich wahrgenommen. Dr. med. B.______, FMH Neurologie, habe in ihrer vertrauensärztlichen Beurteilung eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit festgestellt, was auch der behandelnde Psychiater bestätigt habe. Ein relevantes depressogenes Störungsbild habe nicht objektiviert werden können. Dr. B.______ sei am 1. Februar 2021 sodann von einem Endzustand mit anhaltender Arbeitsunfähigkeit von 50-70% ausgegangen. Ferner sei bei der Beschwerdeführerin eine Magnetresonanztomographie (MRI) durchgeführt worden, welche keine Auffälligkeiten gezeigt habe. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass sie im Gesundheitsfall zu 80 % erwerbstätig wäre, was angesichts der volljährigen Kinder und der Tatsache, dass sie stets in Teilzeit gearbeitet habe, nachvollziehbar und glaubhaft sei. Die 40%ige Restarbeitsfähigkeit sei schliesslich verwertbar, unter anderem weil die Beschwerdeführerin noch im Februar 2020 zu 50-60 % erwerbstätig gewesen sei. Da die Invaliditätsbemessung im Übrigen mittels realer Lohnangaben erfolgt sei, könne kein Abzug vom Tabellenlohn vorgenommen werden.

 

3.

3.1 Gemäss Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) ist Invalidität die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit. Erwerbsunfähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung sowie Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG).

 

3.2 Nach Art. 28 Abs. 2 IVG besteht bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % Anspruch auf eine Viertelsrente, bei einem solchen von mindestens 50 % auf eine halbe Rente, bei mindestens 60 % auf eine Dreiviertelsrente und ab mindestens 70 % auf eine ganze Rente. Gemäss Art. 28a Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 16 ATSG ist für die Bestimmung des Invaliditätsgrads bei erwerbstätigen Versicherten das Erwerbseinkommen, das sie nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälligen Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, dem Erwerbseinkommen gegenüberzustellen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.

 

3.3 Bei rückwirkender Zusprechung einer abgestuften befristeten Invalidenrente sind die für die Rentenrevision geltenden Art. 17 Abs. 1 ATSG und Art. 88a IVV über die Änderung des Leistungsanspruchs bei einer Verbesserung Verschlechterung der analog anzuwenden, weil noch vor Erlass der ersten Rentenverfügung eine anspruchsbeeinflussende Änderung eingetreten ist. Dabei ist gemäss Art. 88a Abs. 1 IVV ist eine Verbesserung der Erwerbsfähigkeit für die Herabsetzung Aufhebung der Rente von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit dauern wird. Sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate gedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird (vgl. zum Ganzen BGer- Urteil 9C_687/2018 vom 16. Mai 2019 E. 2, mit Hinweisen). Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Versicherten erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt aufgehoben (Art. 17 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Eine Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse liegt unter anderem auch bei gleich gebliebener Diagnose vor, wenn sich ein Leiden in seiner Intensität und in seinen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit verändert hat (BGer-Urteil 8C_339/2015 vom 25. August 2015 E. 3.1). Dagegen stellt eine bloss unterschiedliche Beurteilung der Auswirkungen eines im wesentlich gleich gebliebenen Gesundheitszustands auf die Arbeitsfähigkeit für sich allein genommen keinen Revisionsgrund dar.

 

4.

4.1 Nach dem für das gesamte Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren geltenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsgerichte die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass das Gericht alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruchs gestatten. Insbesondere darf es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt (BGE 125 V 351 E. 3a).

 

4.2 Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Das Gericht hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die es von allen möglichen Geschehens-abläufen als die wahrscheinlichste würdigt (BGE 119 V 7 E. 3c/aa, mit Hinweisen).

 

4.3 Es ist Aufgabe der Ärztin des Arztes, sämtliche Auswirkungen einer Krankheit eines Unfalls auf den Gesundheitszustand der versicherten Person zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, bezüglich welcher konkreten Tätigkeiten und in welchem Umfang sie arbeitsunfähig ist. Die ärztlichen Auskünfte sind sodann eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person im Hinblick auf ihre persönlichen Verhältnisse noch zugemutet werden können (vgl. BGE 132 V 93 E. 4).

 

4.4 Praxisgemäss spricht der Umstand, dass ein Gutachten im Auftrag eines Krankentaggeldversicherers und somit nicht im Verfahren nach Art. 44 ATSG erstellt wurde, nicht gegen dessen Beweiskraft für die Beurteilung des Rentenanspruchs gegenüber der Invalidenversicherung. Indessen sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit einer solchen Expertise, so sind - wie bei versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen - ergänzende Abklärungen vorzunehmen. Einem `Fremdgutachten` kommt somit nicht von vornherein dieselbe Beweiskraft zu wie einer gerichtlich im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger veranlassten Expertise unabhängiger Sachverständiger (BGer-Urteil 9C_89/2020 vom 18. Juni 2020 E. 4.2, mit Hinweisen).

 

5.

5.1

5.1.1 Dr. B.______ hielt am 3. August 2020 gegenüber der Krankentaggeldversicherung der Beschwerdeführerin fest, den Unterlagen seien ein schweres ADHS seit Kindheit, biografisch schwere Vertrauensmissbräuche mit aktuell chronischem Misstrauen gegenüber der Umwelt bis hin zu systematisiertem Wahn ohne Zeichen einer Schizophrenie sowie ein Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, schizoiden und leichtgradigen Borderline-Zügen zu entnehmen. Aus verhaltensneurologisch-psychopathologischer Sicht lasse sich ausserhalb einer leichtgradig affektbetonten dysthymen Zeichnung kein relevantes depressogenes Störungsbild objektivieren. Es zeigten sich aber relevante neuropsychiatrische Symptome und die psychische und kognitive Belastbarkeit seien mittelschwer beeinträchtigt. Unter weniger vorgegebener Arbeitsstruktur sowie in Stress- und Belastungssituationen sei von einer Aggravation der Befunde und einer weiteren Leistungsabnahme auszugehen. Für die bisherige sowie jede andere bildungsangepasste Tätigkeit sei medizinisch-theoretisch von einer vollen Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Es sei ein Schädel-MRI durchzuführen und eine nochmalige Medikation zu diskutieren, wodurch jedoch höchstens eine teilweise Erholung erwartet werden könne.

 

5.1.2 Am 1. Februar 2021 ergänzte Dr. B.______, dass das zwischenzeitlich durchgeführte Schädel-MRI einen unauffälligen Befund ohne strukturelle Auffälligkeiten ergeben habe. Aktuell lasse sich eine relevante Beeinträchtigung der geistig-mentalen bzw. neurokognitiven Leistungsfähigkeit objektivieren. Es bestünden mittelschwere kognitive Einschränkungen an die im angestammten Beruf gestellten Anforderungen. Unter weniger ruhigen Bedingungen nehme die Leistung weiter ab. Dies ergebe medizinisch-theoretisch eine 50-70%ige Arbeitsunfähigkeit in sämtlichen Tätigkeiten. Sinnvoll erscheine ein Einstieg mit einem 10%igen und einer darauffolgenden graduellen Steigerung des Pensums bis hin zu einem solchen von 50 %. Die Arbeitsunfähigkeit von 50-70 % stelle schliesslich einen Endzustand dar und es sei von keiner signifikanten Besserung auszugehen.

 

5.2

5.2.1 Dr. med. C.______, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, diagnostizierte bei der Beschwerdeführerin am 25. Oktober 2019 eine seit Jahren bestehende rezidivierende depressive Störung, aktuell mittelgradig ohne somatisches Syndrom, starke Hinweise auf ADHS seit der Kindheit sowie akzentuierte Persönlichkeitszüge. Eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen, passiv-aggressiven, dependenten und stark paranoiden Anteilen sei nicht ausgeschlossen. Es bestehe eine Arbeitsunfähigkeit von 70 % seit dem 24. September 2019 bis auf Weiteres, wobei keine Steigerung zu erwarten sei. Die Beschwerdeführerin sei trotz einer gewissen psychischen Stabilität am Limit und ihre Alltagsroutine sowie ihr Aktivitätsniveau seien stark reduziert.

 

5.2.2 Am 8. Mai 2020 diagnostizierte Dr. C.______ bei der Beschwerdeführerin sodann ein schweres ADHS sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, schizoiden und leichtgradigen Borderline-Zügen. Aktuell sei sie zu 100 % arbeitsunfähig und die Integrationsprognose sei schlecht. Unter optimalsten Bedingungen mit wenig Leistungsanspruch, hoher Regelmässigkeit und sehr leichten körperlichen Arbeiten wäre eine Arbeitsstelle zumutbar. Es sei aber davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin auch dann rasch überfordert wäre, was zu einem erneuten Abbruch führen würde. Die Psychopathologie bleibe sowohl auffällig als auch chronisch und die Beschwerdeführerin zeige kaum Resilienz Copingstrategien. Am 21. Dezember 2020 teilte Dr. C.______ weiter mit, ein Therapiefortschritt sei nicht ersichtlich und er sehe kaum Chancen zur Verbesserung der Erwerbsfähigkeit. Am 24. Februar 2021 beurteilte er eine Weiterführung der beruflichen Massnahmen weder als zielführend noch als erfolgsversprechend. Die Beschwerdeführerin ziehe sich aufgrund psychotischer wahnhafter Verknüpfung immer weiter zurück.

 

5.2.3 Am 26. Mai 2021 wiederholte Dr. C.______ die bisher gestellten Diagnosen und hielt überdies fest, die rezidivierende depressive Störung sei aktuell mittel- bis schwergradig. Überdies bestehe eine Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung und ein ausgeprägter Wahn. Seit Behandlungsbeginn habe keine wesentliche anhaltende Besserung erreicht werden können. Das Störungsbild sei geprägt von raschen affektiven Wechseln mit Impulsivität, Rechtfertigungslogik und kognitiven Leistungseinbrüchen. Verwertbare Leistungen gar eine Belastbarkeit der Patientin seien nicht zu erwarten. Multiple Ablenkungen, Gedankenkreisen und depressive Einbrüche, Trauer, oft dysphorgereizte Stimmung mit wahnhafter/paranoider Verarbeitung seien regelmässig vorhanden, wobei das Zustandsbild sehr oft und stark variiere. Sie sei generell affektlabil mit Impulsivität vor allem in Drucksituationen, bei tiefen Ängsten und bei hohem Misstrauen im Umfeld. Dadurch bestünden sehr oft Interaktionsprobleme ohne positiv korrektive Erfahrungen. Die Beschwerdeführerin sei nicht integrierbar, da die Behandlung auch mittels vorgeschlagenen Zusatztherapien wie gängige ADHS-Medikation und Ergotherapie keinen Nutzen gebracht hätten und die kognitiven Leistungen überhaupt nicht konstant seien. Im Haushalt komme sie schliesslich an ihre Belastungsgrenze.

 

5.2.4 Am 7. Juni 2021 berichtete Dr. C.______ sodann, dass sich die volle Arbeitsunfähigkeit trotz diverser Behandlungen nicht geändert habe. Die Therapie diene einzig dem Erhalt der Überlebensfähigkeit mit sehr wenig Lebensqualität. Diese Ansicht wiederholte Dr. C.______ am 31. Mai 2022. Am 18. Februar 2022 bestätigte er seine bisherige Einschätzung einer vollen Arbeitsunfähigkeit. Die Beschwerdeführerin sei nicht belastbar, paranoid und depressiv. Psychiatrische Sitzungen hätten nicht geholfen und es komme krankheitsbedingt regelmässig zu einer Reizüberflutung, emotionalen Durchbrüchen und Sitzungsabbrüchen. Beispiele für den Wahn der Beschwerdeführerin seien die Überzeugung, dass die Post ihre Briefe abfange und öffne, dass während der beruflichen Massnahme Gift in den herzustellenden Anzündhilfen gewesen sei. Fest stehe, dass sie ein situationsübergreifendes, für sich selbst und Dritte störendes Verhaltensmuster habe, welches therapeutisch nicht zugänglich sei. Es habe sich keine Besserung ergeben. Die Wahnhaftigkeit sei eher verstärkt und die depressive Symptomatik sei bisher nicht beeinflussbar gewesen. Da sie weder auf Medikation noch auf Psycho- Ergotherapie angesprochen habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine Therapieintensivierung zu namhaften Besserungen führen werde. Schliesslich sei sie nicht fahrfähig.

 

5.2.5 Am 11. Juli 2022 führte Dr. C.______ weiter aus, die Beschwerdeführerin sei seit Behandlungsbeginn grundsätzlich nicht fahrfähig gewesen. Seit Mai 2022 sei sie in der Behandlung etwas ruhiger und bedachter, sodass sie aktuell theoretisch verkehrstauglich wäre. Sie lebe aber seit Monaten zurückgezogen und sei kaum Stressoren ausgesetzt. Überdies mangle es ihr an der Fahrpraxis. Am 31. Mai 2022 bestätigte Dr. C.______ erneut die volle Arbeitsunfähigkeit. Am 20. Januar 2023 wiederholte er schliesslich, dass die Beschwerdeführerin massiv instabil sei, sehr rasch in Affekten beeinträchtigt sei und interaktionell und kognitiv abrupte Störungen habe. Diese könnten einen halben Tag bis im Extremfall mehrere Tage andauern und führten immer wieder zu zwischenmenschlichen Konflikten. Er sehe keine Möglichkeiten, die Beschwerdeführerin im ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies wäre auch im geschützten Rahmen schwierig.

 

5.3

5.3.1 Dr. med. D.______, Facharzt Allgemeine Innere Medizin, führte am 12. April 2019 aus, bei der Beschwerdeführerin bestünden psychische Probleme seit 1999. Es handle sich um chronische Leiden mit einer kontinuierlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands. Aktuell zeigten sich Symptome einer depressiven leicht paranoiden Störung. Die Arbeitsfähigkeit sei marginal. Sie könne kaum eine leichte Arbeit von 15 Stunden pro Woche ausüben. Die aktuelle Tätigkeit entspreche einer angepassten. Schwierig sei es, wenn die Beschwerdeführerin in einem Team arbeiten müsse physisch psychisch überfordert werde. Die Störung manifestiere sich seit gut 20 Jahren und sei bis anhin nicht therapierbar gewesen. Am 2. Juli 2019 diagnostizierte Dr. D.______ eine zunehmende Paranoia bei vor allem emotional instabiler Persönlichkeitsstörung vom Typ Borderline, rezidivierende depressive Episoden, mögliches Erwachsenen-ADHS und Bruxismus. Aktuell sei die Beschwerdeführerin von paranoiden Gedanken sehr eingenommen.

 

5.3.2 Am 5. Januar 2021 berichtete Dr. D.______, die Beschwerdeführerin sei aktuell stark wahnhaft, paranoid und stark isoliert und lasse praktisch keinen konstruktiven Input zu. Faktisch sei sie nicht behandelbar, da sie die Medikamente zum Teil nicht vertrage und Ergotherapie ablehne. Eine Reintegration erscheine nicht realistisch. Am 1. Juni 2021 hielt Dr. D.______ an den bisher gestellten Diagnosen fest. Es bestehe eine volle Arbeitsunfähigkeit vom 11. März bis zum 11. Juni 2019, eine 50%ige Arbeitsfähigkeit vom 27. Dezember 2019 bis zum 2. März 2020 und wiederum eine volle Arbeitsunfähigkeit vom 3. März 2020 bis auf Weiteres. Die Prognose sei schlecht. Die Beschwerdeführerin habe über die Jahre immer versucht, trotz psychischer Störung zu arbeiten. Hieraus resultiere eine Erschöpfung, welche mit der paranoiden Störung überlagert sei. Eine Reintegration in den Arbeitsprozess sei illusorisch.

 

5.3.3 Am 27. Januar 2023 führte Dr. D.______ aus, er habe in den letzten Jahren ein Vertrauensverhältnis zur Beschwerdeführerin aufbauen können. Dies habe die regelmässige antipsychotische Medikamenteneinnahme erlaubt und der Verfolgungswahn stelle sich nur noch in Situationen mit einem erhöhten Stress ein. Trotz dieser Stabilisierung und regelmässiger hausärztlicher sowie psychiatrischer Begleitung könne die Beschwerdeführerin aktuell nicht kontinuierlich der Aushilfsarbeit an zwei Tagen pro Woche während dreieinhalb Stunden nachgehen, ohne in der Folge total erschöpft zu sein und von paranoiden Gedanken geplagt zu werden. Sie sei trotz stabilisierter Gesundheit bei schwerem ADHS und Wahnkrankheit vollständig arbeitsunfähig.

 

5.4 Pract. med. E.______, Facharzt für Arbeitsmedizin vom regionalen ärztlichen Dienst (RAD), hielt am 18. März 2022 fest, gemäss Dr. B.______ sei eine Verbesserung ausgewiesen, weshalb von einer gewissen medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Vor diesem Hintergrund könne der vom behandelnden Psychiater festgehaltenen durchgehenden vollen Arbeitsunfähigkeit nicht gefolgt werden. Es sei ab dem 20. Juni 2021 von einer Arbeitsunfähigkeit von 60 % auszugehen, wobei keine wesentliche Verbesserung zu erwarten sei. Am 20. Oktober 2022 ergänzte pract. med. E.______, dass auch Dr. C.______ eine Verbesserung des Gesundheitszustands attestiert habe.

 

6.

6.1 Die Beschwerdegegnerin sprach der Beschwerdeführerin vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2021 eine ganze Rente und ab dem 1. April 2021 eine unbefristete Viertelsrente zu. Der Anspruch bis zum 31. März 2021 ist dabei unbestritten, weshalb nachfolgend lediglich zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin per 1. April 2021 zu Recht von einer Verbesserung des Gesundheitszustands mit einer entsprechenden Rentenreduktion ausgegangen ist.

 

6.2 Die Beschwerdegegnerin stützte sich beim Erlass des vorliegend angefochtenen Entscheids insbesondere auf die Einschätzung der Vertrauensärztin der Krankentaggeldversicherung und diejenige des RAD. Die Beurteilung von Dr. B.______ erscheint dabei zwar grundsätzlich schlüssig. Letztere wies jedoch bereits selbst darauf hin, dass die Ergebnisse der durchgeführten Tests nicht einfach auf weniger vorgegebene Arbeitsstrukturen Stress- und Belastungssituationen übertragen werden könnten, womit sie ihre Arbeitsunfähigkeitsschätzung bereits relativierte. Sodann bezifferte sie die Arbeitsunfähigkeit mit 50-70 %, was im Hinblick auf die Invaliditätsbemessung zu ungenau erscheint. Ferner gibt ihre Einschätzung lediglich das Fachgebiet der Neurologie wieder und vermag damit das Krankheitsbild der Beschwerdeführerin, unter anderem bezüglich der depressiven Symptomatik, nicht rechtsgenüglich abzubilden. Die Beschwerdegegnerin durfte dementsprechend nicht allein gestützt auf die Unterlagen der Krankentaggeldversicherung von einer Verbesserung des Gesundheitszustands ausgehen.

 

6.3 Sodann erwecken auch die weiteren im Recht liegenden medizinischen Unterlagen Zweifel an der Einschätzung von Dr. B.______. Dr. D.______ und Dr. C.______ hielten über den gesamten Beobachtungs- und Behandlungszeitraum eine depressive Störung fest. Letzterer veranschaulichte überdies, inwiefern die Beschwerdeführerin auch durch ihre Wahnideen sowohl im Alltag als auch im Rahmen einer Arbeitstätigkeit eingeschränkt sei. Zwar hat der RAD alle Unterlagen geprüft. Er hat jedoch nicht dargelegt, inwiefern eine depressive Störung ein Wahn nicht vorhanden seien. Darüber hinaus stellt er sich auf den Standpunkt, dass Dr. C.______ eine Verbesserung des Gesundheitszustands ausgewiesen habe, was nicht der Fall ist. Vielmehr hat dieser lediglich einmal festgehalten, dass die Beschwerdeführerin ruhiger wirke und sie theoretisch fahrfähig sei. Dies hat er sogleich aber relativiert und für denselben Zeitraum eine weiterhin volle Arbeitsunfähigkeit festgehalten.

 

6.4 Die Berichte der behandelnden Ärzte dokumentieren den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin schliesslich insgesamt ausführlicher, sind aktueller als die Einschätzung von Dr. B.______ und decken die gesundheitliche Situation über einen längeren Zeitraum ab. Dr. C.______ und Dr. D.______ legen dabei nachvollziehbar, schlüssig und glaubhaft dar, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer psychischen und neurologischen Beschwerden nicht mehr arbeitsfähig ist. Diese Einschätzung widerspricht darüber hinaus auch nicht derjenigen von Dr. B.______, da auch sie die Arbeitsunfähigkeit auf bis zu 70 % festsetzte und von einem chronischen Gesundheitszustand ausging. Vor diesem Hintergrund kann im Übrigen auch von einer erneuten Abklärung abgesehen werden, da die hieraus gewonnenen Erkenntnisse gering erscheinen und zur Entscheidfindung nur begrenzt tauglich wären. Dementsprechend ist im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin auch in angepassten Tätigkeiten dauerhaft bzw. über den 31. März 2021 hinaus nicht mehr arbeitsfähig ist.

 

7.

7.1 Im Rahmen der Berechnung des Invaliditätsgrads ist sodann der Status zu bestimmen. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, sie würde im Gesundheitsfall einer vollen Erwerbstätigkeit nachgehen, weshalb die gemischte Methode nicht zur Anwendung gelange. Praxisgemäss kommt im Bereich der Statusbestimmung der sogenannten Aussage der ersten Stunde indessen ein höherer Beweiswert zu als späteren Darstellungen (vgl. BGer-Urteil 8C_133/2022 vom 7. September 2022 E. 4.1.2, mit Hinweisen), worauf die Beschwerdegegnerin zu Recht hinweist. Da die Beschwerdeführerin im Rahmen der Haushaltsabklärung angab, dass sie im Gesundheitsfall zu 80 % erwerbstätig wäre, fällt diese Aussage nach dem oben Dargelegten grundsätzlich stärker ins Gewicht als das spätere Vorbringen, wonach sie im Gesundheitsfall voll erwerbstätig wäre.

 

Die Beschwerdeführerin hat ihre Aussage zur Erwerbstätigkeit im Gesundheitsfall anlässlich der Haushaltsabklärung jedoch bereits unter dem Vorbehalt getätigt, Schwierigkeiten mit der Beantwortung dieser Frage zu haben, was die Abklärungsperson ebenfalls anmerkte. Dies erscheint mit Blick auf den von Dr. C.______ genannten psychischen Gesundheitszustand als nachvollziehbar. In Fällen, in denen Versicherte bereits sehr lange Zeit gar seit Geburt gesundheitlich eingeschränkt sind, ist dies zudem bei der Bewertung ihrer eigenen Aussagen zu berücksichtigen (vgl. BGer-Urteil 9C_281/2017 vom 4. Juli 2017 E. 3.4.1; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden S 2020 19 vom 6. Oktober 2020 E. 4.3). Vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin offenbar seit der Kindheit bzw. seit Jahren unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, ihre (Berufs-)Ausbildung hierdurch beeinflusst wurde und sie bereits seit längerer Zeit aufgrund ihrer gesundheitlichen Beschwerden lediglich teilzeiterwerbstätig ist, ist es nachvollziehbar, dass sie sich die hypothetische Situation bei voller Gesundheit nicht vorstellen kann. Dementsprechend darf nicht unbesehen auf ihre Aussage erster Stunde abgestellt werden, sondern es ist ihre gesamte Situation mitzuberücksichtigen. Dabei ergibt sich aus den Akten, dass ihre Kinder volljährig sind, sie über keine abgeschlossene Ausbildung verfügt und sich in einer angespannten finanziellen Situation befindet. Mit Blick auf die gesamten Umstände und mangels anderweitiger einschränkender Verpflichtungen im Aufgabenbereich ist deshalb davon auszugehen, dass sie im Gesundheitsfall voll erwerbstätig wäre (vgl. Ueli Kieser, Kommentar zum ATSG, 4. A., Zürich/Basel/Genf 2020, Art. 8 N. 41; BGer-Urteil 9C_281/2017 vom 4. Juli 2017 E. 3.4.2; VGer-Urteil VG.2022.00010 vom 16. Juni 2022 E. 7.1, nicht publiziert).

 

7.2 Die Beschwerdegegnerin hat schliesslich zu Recht keinen Abzug vom Tabellenlohn vorgenommen, da dieser nur auf statistische (Tabellen-)Löhne und nicht (wie vorliegend) auf reale, bisher erzielte Löhne angewendet werden darf. Mit einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % resultiert beim oben Dargelegten Status (vgl. vorstehende E. II/7.1) somit ein Invaliditätsgrad von 100 %, was die Beschwerdeführerin zum Bezug einer dauerhaften ganzen Invalidenrente auch über den 31. März 2021 hinaus berechtigt.

 

Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde. Die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 31. März 2023 ist dahingehend anzupassen, als dass die Beschwerdeführerin ab dem 1. März 2020 Anspruch auf eine ganze Rente hat. Die Sache ist zur Festlegung der Rentenhöhe an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

 

8.

Hinzuweisen bleibt darauf, dass auch bei Annahme einer 60%igen Arbeitsunfähigkeit die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit von 40 % aufgrund des Alters der Beschwerdeführerin (vgl. Philipp Egli/Martina Filippo/Thomas Gächter/Michael E. Meier, Grundprobleme der Invaliditätsbemessung in der Invalidenversicherung, Winterthur/Zürich, 2021, Rn. 125), der Rückmeldungen aus der durch den Anbieter abgebrochenen beruflichen Massnahme sowie ihrer gesundheitlichen Beschwerden und den daraus resultierenden Einschränkungen für einen allfälligen Arbeitsplatz, namentlich bezüglich Teamarbeit, Stress und Absenzen (vgl. obenstehende E. II/5.1), fraglich erscheint. Aufgrund der fehlenden Restarbeitsfähigkeit erübrigen sich jedoch Weiterungen hierzu.

 

III.

1.

Nach Art. 134 Abs. 1 lit. c des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Mai 1986 (VRG) i.V.m. Art. 69 Abs. 1bis IVG hat die Partei, welche im Beschwerdeverfahren unterliegt, die amtlichen Kosten zu tragen. Die Gerichtskosten von pauschal Fr. 600.- sind dementsprechend der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Sie ist überdies zu verpflichten, der Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung in der Höhe von pauschal Fr. 1'500.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen (Art. 1 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 61 lit. g ATSG).

 

2.

2.1 Die Beschwerdeführerin beantragt die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung. Gemäss Art. 139 Abs. 1 VRG befreit die Behörde eine Partei, der die Mittel fehlen, um neben dem Lebensunterhalt für sich und ihre Familie die Verfahrenskosten aufzubringen, auf Gesuch hin ganz teilweise von der Kosten- und Vorschusspflicht, sofern das Verfahren nicht aussichtslos ist. Unter denselben Voraussetzungen weisen die kantonalen Behörden der Partei auf Gesuch hin von Amtes wegen einen Anwalt als Rechtsbeistand zu, sofern ein solcher für die gehörige Interessenwahrung erforderlich ist (Art. 139 Abs. 2 VRG). Der Nachweis der Bedürftigkeit obliegt der gesuchstellenden Partei (Art. 139 Abs. 3 VRG).

 

2.2 Da die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen sind, ist das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

 

2.3 Die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin erscheint aufgrund der Aktenlage als gegeben. Zudem können ihre Begehren beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens nicht als aussichtslos qualifiziert werden. Da sie auf eine rechtliche Vertretung angewiesen war, ist ihr Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung gutzuheissen und es ist ihr in der Person von Rechtsanwalt Prof. Dr. Hardy Landolt ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen. Dieser ist mit Fr. 1'500.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen. Daran anzurechnen ist die Parteientschädigung seitens der Beschwerdegegnerin in gleicher Höhe.

Demgemäss beschliesst die Kammer:

1.

Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

2.

Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung wird gutgeheissen. Ihr wird in der Person von Rechtsanwalt Prof. Dr. Hardy Landolt ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.

3.

Der Rechtsbeistand wird zu Lasten der Gerichtskasse mit Fr. 1'500.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) entschädigt. Daran angerechnet wird die Parteientschädigung seitens der Beschwerdegegnerin in gleicher Höhe.

und erkennt sodann:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 31. März 2023 wird dahingehend angepasst, als dass die Beschwerdeführerin ab dem 1. März 2020 Anspruch auf eine ganze Rente hat. Die Sache ist zur Festlegung der Rentenhöhe an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.

Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer innert 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Entscheids eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.

Schriftliche Eröffnung und Mitteilung an:

 

[…]

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch
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