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Urteil Verwaltungsgericht (GL - OG.2023.00016)

Zusammenfassung des Urteils OG.2023.00016: Verwaltungsgericht

Zusammenfassung: In dem vorliegenden Fall geht es um den Vorwurf der Veruntreuung von Vermögenswerten in Höhe von CHF 85.000.-. Der Beschuldigte, der über Zugriff auf das Bankkonto des Privatklägers verfügte, hatte das Geld auf sein eigenes Konto überwiesen und bar abgehoben. Die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass der Beschuldigte die Vermögenswerte unrechtmässig für eigene Zwecke verwendet habe, während die Verteidigung behauptet, dass das Geld vertragsgemäss investiert wurde. Das Gericht muss klären, ob die Vermögenswerte dem Beschuldigten anvertraut waren und ob er sie in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht verwendet hat. Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft vertreten unterschiedliche Ansichten darüber, ob der Tatbestand der Veruntreuung erfüllt ist. Der Beschuldigte hatte Zugriff auf das Bankkonto des Privatklägers, was als anvertrauter Vermögenswert betrachtet wird, unabhängig davon, ob der Kontoinhaber selbst auch noch darüber verfügen kann. Es wird geprüft, ob der Beschuldigte die Vermögenswerte unrechtmässig für eigene Zwecke verwendet hat. Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft haben unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung des Tatbestands der Veruntreuung. Das Gericht muss entscheiden, ob der Beschuldigte die CHF 85.000.- in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht verwendet hat.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts OG.2023.00016

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2023.00016
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid OG.2023.00016 vom 02.02.2024 (GL)
Datum:02.02.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Beschuldigte; Privatkläger; Apos; Beschuldigten; Privatklägers; Urteil; Konto; Veruntreuung; Recht; Staats; Bundesgericht; Bundesgerichts; Berufung; Verteidigung; Staatsanwaltschaft; Vermögenswert; Aussage; Verfahren; Akten; Tagessätze; Vorinstanz; Vermögenswerte; Geldstrafe; Bezug; Täter; Glarus; Sachverhalt
Rechtsnorm: Art. 105 StGB ;Art. 106 StGB ;Art. 138 StGB ;Art. 146 StGB ;Art. 34 StGB ;Art. 398 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 429 StPO ;Art. 47 StGB ;
Referenz BGE:109 IV 27; 119 IV 127; 133 IV 21; 134 IV 60; 134 IV 82; 141 IV 61; 142 IV 265; 143 IV 297; 144 III 388; 144 IV 217; 146 IV 145;
Kommentar:
Keller, Hans, Basler Kommentar Strafrecht, Art. 47 StGB OR, 2019

Entscheid des Verwaltungsgerichts OG.2023.00016

Geschäftsnummer: OG.2023.00016 (OGS.2024.169)
Instanz: OG2
Entscheiddatum: 02.02.2024
Publiziert am: 14.08.2024
Aktualisiert am: 14.08.2024
Titel: Gewerbsmässiger Betrug etc.

Resümee:

 

 

Kanton Glarus

 

Obergericht

 

 

 

Es wirken mit: Obergerichtsvizepräsidentin MLaw Sarina Dreyer, Oberrichterin
Monika Trümpi, Oberrichterin Brigitte Müller, Oberrichter MLaw Mario Marti und Oberrichter Martin Ilg
sowie Gerichtsschreiberin MLaw Jennifer Zbinden.

 

 

Urteil vom 2. Februar 2024

 

 

Verfahren OG.2023.00016

 

 

1. Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus

Postgasse 29, 8750 Glarus

Anklägerin und

Berufungsklägerin

 

 

 

2. A.______

Privatkläger

 

 

gegen

 

 

B.______

Beschuldigter und

Berufungsbeklagter

 

verteidigt durch lic. iur. Bettina Dürst, Rechtsanwältin

 

 

Gegenstand

 

Veruntreuung

 

Anträge der Staatsanwaltschaft (gemäss Berufungserklärung vom 21. März 2023, act. 36, sowie gestellt anlässlich der Berufungsverhandlung vom 10. November 2023, act. 49):

 

1.

Unter teilweiser Aufhebung von Dispositivziffer 1 des Urteils des Kantons­gerichts Glarus vom 1. März 2023 sei der Beschuldigte der Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 StGB; bezogen auf die dem Beschuldigten zur Last gelegten Handlungen vom 30. Dezember 2008 [Anklageziffer 2, Sachverhalt P] schuldig zu sprechen.

 

 

2.

In Ergänzung des angefochtenen Urteils des Kantonsgerichts Glarus sei der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, bedingt aufgeschoben unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren, zu bestrafen.

 

 

3.

In Abänderung von Dispositivziffer 5 des angefochtenen Urteils des Kantonsgerichts Glarus seien die Kosten des Verfahrens im Umfang eines Fünftels dem Beschuldigten aufzuerlegen.

 

 

4.

Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.

 

Anträge des Beschuldigten (gestellt anlässlich der Berufungsverhandlung vom 10. November 2023, act. 50):

 

1.

Es sei das Urteil des Kantonsgerichts Glarus vom 1. März 2023 in sämtlichen Punkten zu bestätigen und der Beschuldigte im Punkt der Veruntreuung gegenüber A.______ freizusprechen.

 

 

2.

Es sei dem Beschuldigten die amtliche Verteidigung durch Rechtsanwältin lic. iur. Bettina Dürst-Hunziker auch für das Verfahren vor Obergericht zu gewähren.

 

 

3.

Dies alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Staates.

____________________

 

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I. Prozessgeschichte

1.  

1.1. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus erhob am 4. März 2022 Anklage gegen B.______ (nachfolgend Beschuldigter) wegen gewerbsmässigen Betruges sowie Veruntreuung zu Lasten von 27 Geschädigten (act. 1 und act. 3).

 

1.2. Mit Urteil vom 1. März 2023 sprach das Kantonsgericht Glarus den Beschuldigten sowohl vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betruges als auch vom Vorwurf der Veruntreuung frei (act. 29 S. 54 Dispositivziffer 1). Das Kantonsgericht Glarus verfügte zudem, dass die sichergestellten Gegenstände dem Beschuldigten herauszugeben seien und merkte vor, dass der Beschuldigte sämtliche (unbezifferten) Zivilforderungen der Privatkläger im Grundsatz anerkannt habe (act. 29 S. 54 Dispositiv­ziffern 2-3). Die Gerichtsgebühr setzte das Kantonsgericht auf CHF 6'000.— fest und nahm diese zusammen mit den weiteren Verfahrenskosten von insgesamt CHF 39'074.20 auf die Staatskasse (act. 29 S. 43 Dispositivziffern 4-5).

 

2.  

Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft am 21. März 2023 fristgerecht Berufung beim Obergericht des Kantons Glarus und beantragte, dass die Dispositiv­ziffer 1 des vorinstanzlichen Urteils teilweise aufzuheben und der Beschuldigte der Veruntreuung (begangen am 30. Dezember 2008, Anklageziffer 2, Sachverhalt P) schuldig zu sprechen sei. Ergänzend beantragte die Staatsanwaltschaft, dass der Beschuldigte hierfür mit einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, bedingt aufgeschoben unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren zu bestrafen sei und ihm die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens und des Untersuchungsverfahrens zu
einem Fünftel aufzuerlegen seien (vgl. zum Ganzen act. 36 S. 2). Die Verteidigung beantragte dagegen die vollumfängliche Abweisung der Berufung (act. 50 S. 1).

 

3.  

Die mündliche Berufungsverhandlung fand am 10. November 2023 statt (act. 46).

 

4.  

Am 2. Februar 2024 fällte das Obergericht seinen Entscheid (act. 52). Der Entscheid wird schriftlich eröffnet, nachdem die Parteien auf eine mündliche Urteilseröffnung ausdrücklich verzichtet haben (Art. 84 Abs. 3 StPO; act. 46 S. 6).

 

II. Prozessuales

1.  

Das hier angefochtene Strafurteil der Vorinstanz (act. 29) ist der Berufung zugänglich (Art. 398 Abs. 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft ist zur Berufung legitimiert (Art. 381 Abs. 1 StPO), hat die Rechtsmittelfrist gewahrt und erhebt zulässige
Rügen (Art. 398 Abs. 3 StPO; vgl. act. 36 und act. 49). Das Obergericht ist als Rechtsmittelinstanz in Strafsachen für die Behandlung der Berufung zuständig (Art. 17 Abs. 1 lit. a GOG GL [GS III A/2]). Auf die Berufung ist einzutreten (Art. 398 ff. StPO).

 

2.  

2.1. Mit Berufung kann gemäss Art. 398 Abs. 3 StPO geltend gemacht werden, die Vorinstanz habe das Recht verletzt, den Sachverhalt unvollständig unrichtig festgestellt und/oder unangemessen entschieden.

 

2.2. Im vorliegenden Fall macht die Staatsanwaltschaft sowohl eine unvollständige und unrichtige Sachverhaltsfeststellung als auch eine falsche Rechtsanwendung geltend (act. 49 S. 3 ff.).

 

3.  

3.1. Die Berufungsinstanz überprüft das Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO). Lediglich in diesen Punkten hat das Urteil aufschiebende Wirkung (Art. 402 StPO). Wird gegen einzelne Punkte eines Urteils kein Rechtsmittel ergriffen, erwachsen die unangefochtenen Urteilspunkte rückwirkend auf den Tag der Entscheidung in Rechtskraft (Art. 437 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 StPO). Diese rechtskräftigen Punkte sind im Dispositiv des Berufungsentscheids vorab aufzuführen (Niklaus Schmid/Daniel Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung,
Praxiskommentar, 4. Aufl., Zürich/St. Gallen 2023, N. 1 f. zu Art. 408 StPO).

 

3.2. Die Staatsanwaltschaft hat das vorinstanzliche Urteil nur teilweise angefochten (vgl. act. 36). Nicht angefochten hat sie den Freispruch des Beschuldigten in Bezug auf den (gewerbsmässigen) Betrug, die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände sowie die Vormerkung, dass der Beschuldigte sämtliche Zivilforderungen der Privatkläger im Grundsatz anerkannt hat (vgl. act. 29 S. 54 Dispositivziffern 1-3 im Vergleich zu act. 36). Diese Urteilspunkte sind somit rechtskräftig, was vorzumerken ist.

 

4.  

Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens SG.2022.00019 (act. 1-35) wurden beigezogen. Die Strafuntersuchungsakten (Verfahren SA.2014.00428) bilden integrierender Bestandteil dieser Akten (act. 2/1.1.01 ff.). Die Akten des Berufungs­verfahrens werden im gleichen Dossier geführt (ab act. 36).

 

 

III. Sachverhalt

1.  

1.1. Der Beschuldigte schloss sich im Jahr 2007 mit C.______ und D.______ zusammen, um Kundengelder anzulegen (vgl. act. 2/10.1.01 Fragen 3 und 20). Ihr Geschäftsmodell basierte dabei darauf, dass C.______ und D.______ dem Beschuldigten die Kunden vermittelten und er deren investierten Gelder nach seinem System anlegte (act. 2/10.1.01 Fragen 3-4). Finanziert wurde der Beschuldigte dabei durch seinen ehemaligen Geschäftspartner E.______ (act. 2/10.1.01 Fragen 181-182).

 

1.2. Im Rahmen dieses Geschäftsmodells stellte D.______ anfangs 2008
unter anderem den Kontakt zwischen dem Beschuldigten und A.______ (nachfolgend Privatkläger) her (vgl. act. 2/10.1.03 N. 51 f.). Der Privatkläger war am Anlagesystem des Beschuldigten interessiert und unterzeichnete deshalb am 4. März 2008 eine Lizenzvereinbarung mit der F.______ GmbH (vertreten durch den Beschuldigten), wonach er sich verpflichtete, sein Kapital gemäss den Empfehlungen und Vorgaben des Beschuldigten einzusetzen (act. 2/10.2.21 Frage 3; Kopien aus sichergestellten Akten S. 41 f.). Am 30. Januar 2008 hatte er hierfür bereits ein Konto bei der G.______ Bank eröffnet und am 20. Februar 2008 EUR 269'995.66 darauf einbezahlt (act. 2/6.1.00b S. 504 und S. 508 f.).

 

1.3. Der Beschuldigte verfolgte neben diesem Anlagegeschäft ein weiteres Projekt im Bereich der Solarenergie. Konkret bestand die Idee des Beschuldigten darin, durch eine Emission in Deutschland 25 Millionen Euro zu sammeln, um damit den Bau von Solaranlagen in der Schweiz zu finanzieren (act. 2/10.1.01 Fragen 3 und 108; act. 48 Fragen 43-44). Zu diesem Zweck gründete er am 23. Januar 2008 die Einzelunternehmung «X.______» (act. 2/8.1.08).

 

2.  

Dem Beschuldigten wird nun vorgeworfen, er habe am 30. Dezember 2008 ab dem G.______ Bankkonto des Privatklägers CHF 85'000.— auf das Y.______-Konto seines Einzelunternehmens «X.______» überwiesen. Anschliessend habe er CHF 84'560.— bar abgehoben und für eigene Bedürfnisse verwendet. Er habe zwar über eine Vollmacht für das G.______ Bankkonto des Privatklägers verfügt, sei aber lediglich bevollmächtigt gewesen, die Gelder gemäss Lizenzvereinbarung vom 4. März 2008 anzulegen, d.h. Börsentitel zu kaufen und zu verkaufen. Die Staatsanwaltschaft klagte den Beschuldigten deshalb wegen Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 StGB an (vgl. zum Ganzen act. 1 S. 8).

 

3.  

Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten von diesem Vorwurf frei (act. 29 S. 54 Dispositivziffer 1). Dies mit der Begründung, dass die Aussagen des Beschuldigten und die des Privatklägers sich zum Teil widersprechen würden. Während der Beschuldigte aussage, der Bezug der CHF 85'000.— sei vorgängig mit dem Privatkläger abgesprochen gewesen, bestreite dies der Privatkläger. Die Aussagen des Beschuldigten seien dabei widerspruchsfrei und detailreich. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte gutgläubig bzw. basierend auf einem Missverständnis gehandelt habe. Aufgrund dieser Sachlage könne nicht die Rede davon sein, dass unüberwindliche Zweifel an der Böswilligkeit des Beschuldigten bestehen, zumal mindestens zwei Sachverhaltsvarianten möglich seien. Auch sei nicht erweisen, dass der Beschuldigte das bezogene Geld für eigene Bedürfnisse verwendet habe (vgl. zum Ganzen act. 29 S. 43 f. E. II.3.2.).

 

4.  

Die Staatsanwaltschaft argumentiert dagegen, dass die von der Vorinstanz erwähnten Sachverhaltsvarianten nicht gleichwertig seien. Es sei deshalb nicht korrekt, einfach von der für den Beschuldigten günstigeren Variante auszugehen (act. 49 S. 4). Entgegen der Vorinstanz seien die Aussagen des Beschuldigten nicht detailreich und nicht ohne Widersprüche und deshalb auch nicht glaubhaft (act. 49 S. 4 ff.). Daneben sei zu beachten, dass die Vorinstanz in ihrer Sachverhaltserstellung nicht alle einschlägigen Beweismittel berücksichtigt habe. Insbesondere nicht berücksichtigt habe die Vorinstanz die Aussage der Ehefrau des Privatklägers sowie die in den Akten liegende Lizenzvereinbarung (act. 49 S. 6 f.). Die CHF 85'000.— seien anders verwendet worden, als es in der Lizenzvereinbarung vereinbart worden sei (act. 49 S. 8). Glaubhafte Erklärungen hierfür habe der Beschuldigte nicht geben können. Von einem Missverständnis könne deshalb keine Rede sein (act. 49 S. 8). Es sei zudem erwiesen, dass der Beschuldigte das Geld für eigene Bedürfnisse verwendet habe (act. 49 S. 8 f.).

 

5.  

5.1. Die Verteidigung argumentiert dagegen, dass die Vorinstanz korrekt vorgegangen sei. Es sei zu Gunsten des Beschuldigten zu entscheiden, wenn es Aussage gegen Aussage stehe, die Glaubwürdigkeit des Privatklägers stark zu bezweifeln sei und zwei Sachverhaltsvarianten bestehen würden (act. 46 S. 3; act. 50 S. 5). Es seien keine Widersprüche in den Aussagen des Beschuldigten ersichtlich; seine Aussagen seien vielmehr konsistent, widerspruchsfrei und detailreich (act. 50 S. 5). Grund für gewisse Erinnerungslücken sei die lange Verfahrensdauer (act. 46 S. 3). Die CHF 85'000.— seien vertragskonform in die X.______ investiert worden (act. 50 S. 2 und S. 5). Es habe keine Vereinbarung gegeben, wonach der Beschuldigte den Privatkläger vor nach Tätigung der Anlage hätte informieren müssen (act. 50 S. 2). Dies auch deshalb, da der Privatkläger ohnehin jederzeit den Zugriff und die Kontrolle über sein eigenes Konto gehabt habe und ihm der Bezug durch die G.______ Bank angezeigt worden sei (act. 50 S. 2).

 

5.2. Etwas speziell sei einzig der Umstand, dass es sich bei der X.______ um ein Projekt des Beschuldigten selbst gehandelt habe. Dies sei für den Privatkläger aus der Belastungsanzeige jedoch ersichtlich gewesen. Der Privatkläger habe selbst ausgesagt, dass der Beschuldigte ihm erklärt habe, eine bessere Anlagemöglichkeit im Bereich von Solaranlagen zu haben. Er habe somit Kenntnis davon gehabt, wie sein Geld angelegt werden sollte. Der Privatkläger habe sich an seinen Einvernahmen eigentlich an gar nichts mehr konkret erinnern können. Seine Aussage, dass er verärgert über den Bezug der CHF 85'000.— gewesen sei, sei angesichts der unterzeichneten Lizenzvereinbarung zur Investition seines Geldes merkwürdig. Der Beschuldigte habe sein Geld ja gerade investieren sollen, um einen möglichen Gewinn zu erwirtschaften (vgl. zum Ganzen act. 50 S. 3 f.).

 

6.  

6.1. Basierend auf diesen Vorbringen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung ist im Folgenden die Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz zu überprüfen. Zu beachten ist dabei, dass der angeklagte Sachverhalt dem Beschuldigten nur dann zur Last gelegt werden kann, wenn er nach Überzeugung des Gerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erstellt ist (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.3).

6.2. Vorliegend ist unbestritten, dass der Beschuldigte am 30. Dezember 2008 CHF 85'000.— vom G.______ Konto des Privatklägers auf das Y.______-Konto der
X.______ überwiesen und von diesem Konto noch am selben Tag CHF 84'560.— in bar bezogen hat (vgl. act. 29 S. 43 E. II.3.2.; act. 49 S. 2; act. 50 S. 1 f.; act. 2/6.1.00b S. 496 und S. 498; Beilage zu act. 2/10.1.03). Für diese Transaktion wurden dem Privatkläger CHF 15.— als Bankspesen verrechnet (act. 2/6.1.00b S. 496). Ebenfalls unbestritten und aufgrund der Akten erstellt ist, dass die CHF 85'000.— am 16. März 2009 von der X.______ wieder zurück auf das G.______ Konto des Privatklägers überwiesen wurden (act. 29 S. 43 E. II.3.2.; act. 49 S. 2; act. 50 S. 1 f.; act. 2/6.1.00b S. 497 f.; act. 2/6.3.03-16). Der Beschuldigte hatte dabei jederzeit Zugriff auf das G.______ Konto des Privatklägers, da er über den Codierschlüssel mit den Sicherheitsbestimmungen verfügte (act. 48 Fragen 28-29). Auch der Privatkläger selbst hatte jederzeit Zugriff auf sein G.______ Konto (act. 48 Frage 32). Als wirtschaftlich Berechtigter gegenüber der G.______ war der Privatkläger gemeldet (vgl. act. 2/6.1.00b S. 509).

 

6.3. Strittig ist dagegen, ob diese Überweisung der CHF 85'000.— und der anschliessende Barbezug der CHF 84'560.— im Rahmen der vertraglich vereinbarten Vermögensverwaltung des Privatklägers erfolgte bzw. im Vorfeld mit dem Privat­kläger abgesprochen war nicht. Schliesslich ist umstritten, ob der Beschuldigte die CHF 85'000.— für eigene Bedürfnisse verwendet hat. Diese strittigen Punkte sind im Folgenden zu klären (E. III.7.-III.9.).

 

7. Vereinbarung zwischen dem Privatkläger und dem Beschuldigten

 

7.1. Der Privatkläger und der Beschuldigte (handelnd als Vertreter der F.______ GmbH) schlossen am 4. März 2008 eine Lizenzvereinbarung ab (vgl. Kopien aus sichergestellten Akten S. 41 f.). Diese stellte die Grundlage dafür dar, dass der Beschuldigte das Vermögen des Privatklägers verwalten konnte. Einen schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag schloss der Privatkläger (anders als die meisten anderen Kunden des Beschuldigten, vgl. Kopien aus sichergestellten Akten S. 53 ff.) nicht ab (vgl. act. 2/10.1.03 N. 54 ff.; act. 48 Frage 26).

 

7.2. In der Lizenzvereinbarung hielten die Parteien fest, dass die F.______ GmbH (Unternehmen des Beschuldigten) die Finanzmarkttools vertreibe. Dabei handle es sich um ein Finanzmarkttool, welches die Anlageform in Trendaktien mit begleitenden Optionsscheinen in Form eines ausgewogenen Depots nutze. Die F.______ GmbH gewährte dem Privatkläger anschliessend das Recht, diese beiden Finanzmarkttools zu nutzen. Der Privatkläger verpflichtet sich im Gegenzug, sein eingesetztes Kapital gemäss den Empfehlungen und Vorgaben der F.______ GmbH einzusetzen. Vereinbart war ein Investitionszeitraum von mindestens drei Jahren. Der Privatkläger war zudem verpflichtet, der F.______ GmbH eine Lizenzgebühr zu bezahlen (vgl. zum Ganzen Kopien aus sichergestellten Akten S. 41 f.).

 

7.3. Um was es sich genau bei den Finanzmarkttools des Beschuldigten handelt, ist im Dokument «XX» des Beschuldigten weiter ausgeführt (Kopien aus sichergestellten Akten S. 191 ff.; vgl. auch act. 2/8.1.01 S. 59). Darin beschreibt der Beschuldigte sein Anlageprodukt als Direktanlage in Aktien und begleitende Optionsscheine (Kopien aus sichergestellten Akten S. 193). Investiert werde ausschliesslich in Aktien, die einem langfristigen Trend folgen (Kopien aus sichergestellten Akten S. 193). Um die Depotperformance zu steigern, würden die Trend-Aktien zudem mit Optionsscheinen begleitet (Kopien aus sichergestellten Akten S. 201).

 

7.4. Weder in der Lizenzvereinbarung noch im Dokument «XX» ist eine mögliche Investition der Gelder in ein Solarprojekt erwähnt (vgl. Kopien aus sichergestellten Akten S. 41 f. und S. 191 ff.). Beide erwähnen als Anlageprodukte ausschliesslich Aktien und Optionsscheine (vgl. Kopien aus sichergestellten Akten S. 41 f. und S. 191 ff.). Diese beiden Dokumente stellen somit entsprechend den Ausführungen der Staatsanwaltschaft (vgl. act. 49 S. 6 f.) ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die ursprüngliche Vereinbarung zwischen dem Beschuldigten und dem Privatkläger nur die Vermögensanlage in Aktien und Optionsscheine umfasste.

 

7.5. Dasselbe Bild ergibt sich entgegen der Verteidigung (vgl. act. 50 S. 2 und S. 5) auch aus den Einvernahmen des Beschuldigten und des Privatklägers. So gab der Beschuldigte an seiner polizeilichen Einvernahme vom 17. Juni 2015 an, dass es bei seinem Geschäftsmodell um Anlagen gegangen sei, welche getätigt werden sollten. Es sei ein ganz simples System. Es brauche immer 30 Titel (20 Aktien und 10 Optionsscheine). Er habe diese gekauft und verkauft (act. 2/10.1.01 Frage 3). Sein System habe auf dem von Herrn H.______ basiert. Er habe dessen System eingekauft und dieses so weitergegeben (act. 2/10.1.01 Frage 7). Auf die Frage, was für Titel in diesem Produkt enthalten gewesen seien, antwortete der Beschuldigte, dass dies Aktien und Optionsscheine gewesen seien (act. 2/10.1.01 Frage 8). Auch an der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme bestätigte der Beschuldigte, dass er die Gelder seiner Kunden nach dem System H.______ eingesetzt habe (act. 2/10.1.02 N. 212 ff.).

 

7.6. Aus den Akten ergibt sich, dass es sich bei diesem erwähnten System von Herrn H.______ um einen gebührenpflichtigen Börsendienst handelt, wobei Herr H.______ für seine Kunden Trendaktien und Optionsscheine identifiziert, in welche diese anlegen können (vgl. act. 2/8.1.01 S. 57 f.; vgl. auch Kopien aus sichergestellten Akten S. 176 ff. und S. 203 ff.). Der Beschuldigte hat diesen Börsendienst von Herrn H.______ nachweislich abonniert (vgl. Kopien von sichergestellten Akten S. 203 ff.).

 

7.7. Der Privatkläger bestätigte an seiner polizeilichen Einvernahme vom 16. Januar 2015, dass er im Jahr 2007 bzw. 2008 sein Geld dem Beschuldigten für Börsenanlagen übergeben habe (act. 2/10.2.21 Frage 9).

 

7.8. Es ist somit entgegen den Ausführungen der Verteidigung erstellt, dass die ursprüngliche Vereinbarung zwischen den Parteien zur Vermögensverwaltung des Privatklägers einzig eine Anlage in Aktien und Optionsscheine umfasste.

 

8. Vorgängige Absprache des Bezugs

 

8.1. Zu prüfen bleibt, ob der Beschuldigte den Bezug der CHF 85'000.— vorgängig im konkreten Einzelfall mit dem Privatkläger abgesprochen hatte. Wie die
Vorinstanz zu Recht festhält (act. 29 S. 43 E. II.3.2.), widersprechen sich die Aussagen des Beschuldigten und des Privatklägers in diesem Punkt. So führt der Beschuldigte an der polizeilichen Einvernahme aus, dass die Überweisung mit dem Privatkläger abgesprochen gewesen sei (act. 2/10.1.01 Fragen 65 und 68-69). Er sei hierfür bei ihm zu Hause in [...] gewesen (act. 2/10.1.01 Frage 65). Der Privatkläger sei sowohl über den Bezug als auch die Rückzahlung informiert worden durch ihn (act. 2/10.1.01 Frage 72). Der Privatkläger habe gewusst, dass das Geld in das Energieprojekt geflossen sei. Er habe mit ihm schon über das Energieprojekt gesprochen, bevor die Anlage gemacht worden sei (act. 2/10.1.01 Frage 77).

 

8.2. Der Privatkläger führt dagegen aus, dass diese Überweisung nicht mit ihm abgesprochen und er damit nicht einverstanden gewesen sei (act. 2/10.2.21a Fragen 93-94). Der Beschuldigte sei irgendwann bei ihnen gewesen und habe gesagt, dass er Geld von seinem G.______ Konto für etwas anderes genommen und gebraucht habe (act. 2/10.2.21a Frage 82). Dies habe er ihm erst gesagt, nachdem er den Bezug schon getätigt habe (act. 2/10.2.21a Frage 83). Er sei verärgert gewesen, woraufhin der Beschuldigte versprochen habe, dass das richtiggestellt werde (act. 2/10.2.21a Frage 85). Der Beschuldigte habe ihm nicht gesagt, wofür er das Geld gebraucht habe (act. 2/10.2.21a Frage 86). Das Geld sei wieder ersetzt worden (act. 2/10.2.21a Frage 89). Er wisse aber nicht mehr wann (act. 2/10.2.21a Frage 90). Er bestätigte zwar, dass der Beschuldigte anlässlich der Geldanlage von seinem Energiekonzept erzählt habe. Es seien aber nie konkrete Gespräche geführt worden; er sei gar nicht interessiert gewesen, in dieses Konzept zu investieren (act. 2/10.2.21a Frage 95).

 

8.3. An die weiteren Umstände konnte sich der Privatkläger an der polizeilichen Einvernahme nicht mehr erinnern. So konnte er insbesondere nicht aussagen, wie viel und wann das Geld gefehlt habe (act. 2/10.2.21a Fragen 79-81). Er konnte sich nur erinnern, dass es ein grösserer Betrag gewesen sei (act. 2/10.2.21a Frage 80). Wer und wie das Fehlen des Geldes bemerkt worden sei, wisse er auch nicht mehr (act. 2/10.2.21a Frage 82). Auch an der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 3. November 2021 erinnerte sich der Privatkläger an vieles nicht mehr und konnte entsprechende Fragen nicht mehr beantworten. Namentlich verneinte er die Frage, ob er mehr dazu berichten könne, dass ein Betrag von CHF 85'000.— von seinem G.______ Konto auf das Konto der X.______ überwiesen wurde (act. 2/10.2.21b N. 205 ff.). Er gab einzig an, dass der Bezug der CHF 85'000.— seiner Meinung nach nicht zulässig gewesen sei (act. 2/10.2.21b N. 218 ff.).

 

8.4. Die Verteidigung bringt somit zwar zu Recht vor, dass der Privatkläger sich an vieles nicht mehr erinnern konnte (act. 50 S. 4). Entgegen der Verteidigung (act. 50 S. 5) kann jedoch daraus noch nicht abgeleitet werden, dass die Aussage des Beschuldigten zur Frage, ob der Bezug der CHF 85'000.— mit ihm abgesprochen worden war unglaubhaft ist. So ist zu berücksichtigen, dass der Privatkläger in seiner Einvernahme nachvollziehbar die von ihm damals erlebten Emotionen (Ärgernis) schilderte. Zudem ist zu beachten, dass sich seine Aussage mit denen seiner Ehefrau, I.______, deckt. Die Verteidigung geht dabei selbst davon aus, dass die Ehefrau des Privatklägers und nicht der Privatkläger selbst federführend bei ihren Finanzen gewesen sei (act. 50 S. 4).

 

8.5. I.______ wies an ihrer Einvernahme vom 16. Januar 2015 erstmals auf den Bezug der CHF 85'000.— hin. So sagte sie aus, dass sie mittels der Logindaten ab und zu mitverfolgt habe, was auf den Konten gelaufen sei. Irgendwann habe sie festgestellt, dass bei ihrem Mann 100'000.— Euro bzw. Schweizer Franken auf dem Konto fehlen würden. Sie habe das ihrem Mann mitgeteilt und sie hätten D.______ informiert. D.______ habe sich das angeschaut und bestätigt, dass CHF 100'000.— fehlen würden. Daraufhin habe D.______ in ihrer Anwesenheit den Beschuldigten damit konfrontiert. Dieser habe gesagt, dass er das Geld gerade gebraucht habe. Er habe nicht gesagt, für was genau. Ein Angestellter der G.______ sei ihm dabei behilflich gewesen. Damit diesem nichts passiere, solle man hier nichts machen. Er würde dafür besorgt sein, dass der Betrag zurückbezahlt werde. Der Betrag sei dann innert ca. vier Wochen zurückbezahlt worden (vgl. zum Ganzen act. 2/10.2.22 Frage 3).

 

8.6. Die Staatsanwaltschaft bringt dabei zu Recht vor (act. 49 S. 6 f.), dass die Aussage von I.______ – auch wenn sie die Ehefrau des Privatklägers ist – als sehr glaubhaft zu beurteilen ist. So schilderte sie den Sachverhalt spontan bei ihrer Einvernahme, welche eigentlich den gewerbsmässigen Betrug des Beschuldigten betraf. Dabei war sie die erste, welche diesen Sachverhalt vorbrachte. Wie sich aus den nachfolgenden Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft ergab, deckte sich der von ihr geschilderte Sachverhalt auch mit den vorhandenen Akten (vgl. Beilage zu act. 2/10.1.03; act. 2/6.1.00b S. 496 ff.; act. 2/6.3.03-16). In ihrer Aussage sind zudem Detailschilderungen enthalten.

 

8.7. Die Aussage des Privatklägers und seiner Ehefrau, I.______, stellen gemeinsam somit ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Überweisung der CHF 85'000.— und der anschliessende Barbezug der CHF 84'560.— nicht mit dem Privatkläger abgesprochen worden und nicht von seinem Einverständnis gedeckt war.

 

8.8. Die Aussagen des Beschuldigten, wonach die Überweisung sehr wohl mit dem Privatkläger abgesprochen gewesen sei (vgl. act. 2/10.1.01 Fragen 65 und 68-69), erweist sich dagegen nicht als glaubhaft. Wie die Staatsanwaltschaft nämlich zu Recht vorbringt (act. 49 S. 4), sind die Aussagen des Beschuldigten entgegen der Feststellung der Vorinstanz (act. 29 S. 44 E. II.3.2.) teilweise widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. So sagte der Beschuldigte an seiner polizeilichen Einvernahme vom 17. Juni 2015 zunächst aus, dass die CHF 85'0000.— auf ein Konto der Z.______-Bank von der X.______ geflossen (act. 2/10.1.01 Frage 61) und von dort aus nach Deutschland überwiesen worden seien (act. 2/10.1.01 Frage 64). Diese Aussage des Beschuldigten ist mit den vorhandenen Kontoauszügen aus den Akten widerlegt. Die CHF 85'000.— wurden zunächst auf ein Y.______-Konto der X.______ überwiesen und anschliessend vom Beschuldigten bar abgehoben (vgl. Beilage zu act. 2/10.1.03). Die vom Beschuldigten angeführte Begründung, was mit den CHF 85'000.— genau geschehen ist, kann somit nicht stimmen. Weshalb das Geld bar abgehoben wurde, konnte der Beschuldigte auch als er damit konfrontiert wurde, nicht beantworten (vgl. act. 2/10.1.03 N. 114).

 

8.9. In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 24. August 2021 antwortete der Beschuldigte auf die Frage, ob der Privatkläger von der Transaktion gewusst habe, dass sie einfach gesagt hätten, dass die Gelder nur über die Emission komplett abgewickelt werden könnten. Wenn die Investoren die ursprüngliche Summe wollten, dann hätten sie das dorthin überwiesen (act. 2/10.1.02 N. 302 ff.). Auch an der zweiten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 3. November 2021 sagte er aus, dass er nicht wisse, was im Detail mit den CHF 85'000.— passiert sei, nachdem der Betrag auf das Konto der X.______ überwiesen worden seien. Sie seien ins Projekt geflossen (act. 2/10.1.03 N. 88 f.). Er wisse nur, dass alle diese Gelder ins Projekt vom Solarpark geflossen seien. Nur über die Emission sei es möglich gewesen, die Gelder zurückzugeben, nicht über Finanzprodukte (act. 2/10.1.03 N. 91 ff.).

 

8.10. Der Beschuldigte sprach an diesen Einvernahmen in plural von «Geldern» und «Investoren». Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschuldigte den Bezug der CHF 85'000.— vom Konto des Privatklägers im Jahr 2008 mit der Investition der Restguthaben seiner Kunden (hier Geschädigte) im Jahr 2010 in das Solarprojekt verwechselte. So unterbreitete er im Jahr 2010 allen seinen Kunden ein Angebot zur Vertragsauflösung bzw. zur Kontosaldierung (Kopien aus sichergestellten Akten S. 89 ff.), um die Restguthaben auf deren G.______ Konten in sein Solarprojekt investieren zu können (vgl. act. 2/10.1.01 Frage 102). Aus diesen Aussagen des Beschuldigten kann somit nichts zu seinen Gunsten abgeleitet werden, da sie gar nicht den hier strittigen Bezug der CHF 85'000.— vom Konto des Privatklägers im Jahr 2008 betrafen.

 

8.11. Auch in Bezug auf die Rückzahlung der CHF 85'000.— sind die Aussagen des Beschuldigten widersprüchlich. So gab er zunächst an, die CHF 85'000.— seien nicht zurückbezahlt worden, sondern befänden sich weiter im Projekt (act. 2/10.1.01 Frage 67). Erst als die Polizistin den Beschuldigten an der Einvernahme darauf hinwies, dass am 16. März 2009 CHF 85'000.— zurück auf das Konto des Privatklägers geflossen seien, bestätigte der Beschuldigte die Rückzahlung (vgl. act. 2/10.1.01 Frage 70). In Bezug auf die Rückzahlung gab der Beschuldigte zudem an, dass er diese ausgelöst habe, da sein mittlerweile verstorbener Geschäftspartner E.______ nicht wollte, dass Geld vom Privatkläger im Projekt sei (act. 2/10.1.01 Frage 72). E.______ habe deshalb den Betrag an die X.______ bezahlt, damit der Beschuldigte die CHF 85'000.— wieder an den Privatkläger zurückzahlen könne (act. 2/10.1.01 Frage 70).

 

8.12. Es erscheint zwar glaubhaft, dass E.______ dem Beschuldigten die CHF 85'000.— übergeben hat, um diese dem Privatkläger zurückzuzahlen. So finanzierte E.______ in den Jahren 2008 bis 2011 den Lebensunterhalt des Beschuldigten mit (act. 2/10.1.03 N. 131 f.). Der Beschuldigte vermutete zudem, dass E.______ im gleichen Zeitpunkt Firmenanteile ausbezahlt worden seien und diese im Zusammenhang mit diesem Geldfluss stehen würden (act. 48 Frage 39). Dies würde somit erklären, woher E.______ das Geld für die Rückzahlung aufbringen konnte.

 

8.13. Die Aussage, dass der Beschuldigte die CHF 85'000.— zurücküberwiesen hatte, weil E.______ kein Geld des Privatklägers im Energieprojekt wollte, erscheint dagegen nicht glaubhaft. So ist nicht ersichtlich, weshalb es eine Rolle spielen sollte, von wem das investierte Geld genau stammt. Zudem wäre zu erwarten, dass der Beschuldigte vorgängig mit seinem Geschäftspartner abgesprochen hätte, bevor er Kundengelder in das Solarprojekt investiert. In diesem Fall hätte sein Geschäftspartner die Investition vorgängig ablehnen können und nicht erst nachdem das Geld bereits investiert worden war. Genau dies scheint auch geschehen zu sein: So gab der Beschuldigte an seiner Befragung vom 3. November 2021 an, dass er nur im Zusammenhang mit E.______, wenn es ums Projekt gegangen sei, mit so viel Bargeld zu tun gehabt hätte (act. 2/10.1.03 N. 122 f.). E.______ scheint somit tatsächlich bereits von Beginn weg über den Barbezug der CHF 84’560.— informiert und direkt involviert gewesen zu sein. Weshalb er sich dann 2.5 Monate später plötzlich daran gestört haben soll, dass das investierte Geld vom Privatkläger stammte, erschliesst sich nicht. Viel wahrscheinlicher erscheint deshalb, dass der Beschuldigte das Geld auf Druck des Privatklägers und seiner Ehefrau zurückzahlten, wie dies der Privatkläger und seine Ehefrau übereinstimmend schilderten (vgl. act. 2/10.2.22 Frage 3; act. 2/10.2.21a Frage 85).

 

8.14. Es ist somit festzuhalten, dass sich der Beschuldigte sowohl in Bezug auf die Verwendung der CHF 85'000.—, die vorgängige Aufklärung des Privatklägers als auch auf die Rückzahlung der CHF 85'000.— widersprochen hat. Mehrere relevante Aussagen von ihm wurden durch die vorhandenen Akten widerlegt (vgl. oben E. III.8.8.-8.13.). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, weshalb für ein Solarprojekt derart viel Bargeld benötigt würde. Die Aussage der Vorinstanz, die Aussagen des Beschuldigten seien widerspruchsfrei und detailreich, ist somit unzutreffend. Die Aussage des Beschuldigten den Privatkläger vor dem Bezug der CHF 85'000.— informiert zu haben, ist vielmehr als unglaubhaft zu erachten.

 

8.15. Auch zu Lasten des Beschuldigten zu beachten ist, dass gemäss Lizenzvereinbarung Änderungen und Ergänzungen dieser der Schriftform bedürfen (Kopien aus sichergestellten Akten S. 42). Der Beschuldigte hätte somit, wenn er sich vertragskonform verhalten hätte, nicht nur eine mündliche, sondern eine schriftliche Einwilligung des Privatklägers zum Bezug der CHF 85'000.— einholen müssen. Dies hat er jedoch nachweislich nicht getan. Insofern hätte er ohnehin entgegen der Lizenzvereinbarung gehandelt. Darüber hinaus vertrat der Beschuldigte auf der
einen Seite sein eigenes Einzelunternehmen die X.______ und auf der anderen Seite agierte er als Vertreter des Privatklägers. Er befand sich somit in einer Interessenkollision zwischen den Interessen seines Einzelunternehmens an möglichst tiefen Kosten und denen des Privatklägers an einem möglichst hohen Gewinn. Dass dies «etwas speziell» sei, anerkennt sogar die Verteidigung (vgl. act. 50 S. 3).

 

8.16. Entgegen der Vorinstanz (act. 29 S. 44 E. II.3.2.) und der Verteidigung (act. 46 S. 3) bestehen somit nicht zwei gleichwertige Sachverhaltsvarianten. Vielmehr bestehen aufgrund der verschiedenen vorhandenen Indizien keine unüberwindlichen Zweifel daran, dass der Beschuldigte den Bezug der CHF 85'000.— vorgängig nicht mit dem Privatkläger abgesprochen hat. Dies insbesondere aufgrund der glaubhaften Aussage von I.______, welche sich mit der des Privatklägers und den vorhandenen Akten deckt. Es ist somit aufgrund der vorhandenen Indizien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschuldigte die CHF 85'000.— vom Konto des Privatklägers entgegen ihrer Vereinbarung und ohne Einverständnis des Privatklägers bezogen hat.

 

9. Verwendung für eigene Bedürfnisse

 

9.1. Schliesslich ist zu klären, ob der Beschuldigte – entsprechend der Anklage – die CHF 85'000.— des Privatklägers für eigene Bedürfnisse verwendet hatte nicht. Dabei ist zu beachten, dass der Beschuldigte die CHF 85'000.— des Privatklägers zunächst auf ein Konto seines Einzelunternehmens X.______ überwies. Anschliessend hob er CHF 84'560.— bar ab (act. 2/6.1.00b S. 496; Beilage zu act. 2/10.1.03). Was danach mit dem Geld genau passierte, ist unklar. Die Version des Beschuldigten, dass das Geld nach Deutschland für die Emission überwiesen worden sei, ist aufgrund der Akten widerlegt (act. 2/10.1.01 Frage 64 im Vergleich zu Beilage zu act. 2/10.1.03). Auch als der Beschuldigte darauf angesprochen wurde, dass CHF 84'560.— bar vom Konto abgehoben worden seien, konnte er dazu nichts näher ausführen (vgl. act. 2/10.1.03 N. 108 ff.). Er sagte lediglich aus, dass er nur im Zusammenhang mit E.______, wenn es ums Projekt gegangen sei, mit so viel Bargeld zu tun gehabt hätte (act. 2/10.1.03 N. 122 f.).

 

9.2. Ob die CHF 85'000.— somit tatsächlich in das Energieprojekt des Beschuldigten flossen sonst seinem Geschäftspartner E.______ übergeben wurden, ist somit nicht klar. In beiden Fällen ist jedoch davon auszugehen, dass der Beschuldigte das Geld für eigene Bedürfnisse verwendete, da er es entweder – ohne Einwilligung des Privatklägers – für sein Energieprojekt verwendete seinem Geschäftspartner E.______ übergeben hat, welcher in den Jahren 2008 bis 2011 wiederum seinen Lebensunterhalt finanzierte (vgl. act. 2/10.1.03 N. 131 f.). Der Beschuldigte gibt dabei an, dass er die CHF 85'000.— dem Privatkläger nicht jederzeit hätte zurückzahlen können (act. 2/10.1.01 Frage 77).

 

 

IV. Rechtliche Würdigung

1.  

Zu prüfen bleibt, ob der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt rechtlich als Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 StGB zu qualifizieren ist.

 

2.  

2.1. Die Vorinstanz ging in ihrem Urteil davon aus, dass eine Veruntreuung von Vermögenswerten nur dann vorliege, wenn die Vermögenswerte wirtschaftlich fremd seien. Dies sei nur der Fall, wenn der Täter verpflichtet sei, die Vermögenswerte ständig zur Verfügung des Treugebers zu halten. Entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei eine Veruntreuung zudem nur möglich, wenn der Täter die ausschliessliche Verfügungsgewalt über die Vermögenswerte erlange (vgl. zum Ganzen act. 29 S. 48 f. E. III.2.1.).

 

2.2. In Bezug auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt hielt die Vorinstanz entsprechend fest, dass der Tatbestand der Veruntreuung schon deshalb nicht erfüllt sei, da der Privatkläger selbst Zugriff auf sein G.______ Konto gehabt habe. Darüber hinaus sei zu Gunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass er gutgläubig agiert und das Geld des Privatklägers wie vorher besprochen investiert habe. Allenfalls sei ein Missverständnis vorgelegen. Die Investition sei im Interesse des Privatklägers erfolgt und nicht zu Gunsten des Beschuldigten einer Drittperson. Im Ergebnis liege somit keine strafbare Handlung vor (vgl. zum Ganzen act. 29 S. 52 E. III.4.).

 

3.  

Die Staatsanwaltschaft geht dagegen davon aus, dass der Beschuldigte alle Tatbestandselemente der Veruntreuung erfüllt habe. So habe der Privatkläger den Beschuldigten ermächtigt, mit seinen Zugangsdaten online sein G.______ Konto zu verwalten und Finanzmarkttitel zu kaufen und zu verkaufen. Diese Übergabe der Verfügungsmacht bzw. des Zugriffs auf das Buchgeld stelle ein Anvertrautsein im Sinne der Rechtsprechung dar. Der Privatkläger sei vertraglich verpflichtet gewesen, das Geld auf seinem Konto zu belassen. Der Beschuldigte habe die CHF 85'000.— ohne Rechtsgrundlage vom Konto des Privatklägers abgehoben, auf sein eigenes Konto überwiesen und nach seinem eigenen Gutdünken verwendet. Der Tatbestand der unrechtmässigen Verwendung in seinem Nutzen sei somit erfüllt. Hinzukomme, dass es sich wohl sogar finanziell bereichert habe (vgl. zum Ganzen act. 49 S. 10).

 

4.  

Die Verteidigung argumentierte dagegen, dass die Vorinstanz das Verhalten des Beschuldigten korrekt qualifiziert habe. Der Tatbestand der Veruntreuung sei vorliegend nicht erfüllt. Der Beschuldigte habe das Geld vertragsgemäss investiert und für Projektkosten verwendet. Der Beschuldigte sei nicht dazu verpflichtet gewesen, die Vermögenswerte ständig zur Verfügung des Privatklägers zu halten. Die Vorinstanz habe zudem zu Recht festgehalten, dass das Geld dem Beschuldigten zur Tätigung von Anlagen übergeben worden sei. Das Geld könne deshalb nicht mehr als fremde Sache im rechtlichen Sinne bezeichnet werden und stelle somit kein taugliches Objekt für eine Veruntreuung dar. Es könne auch nicht davon gesprochen werden, dass die Gelder im strafrechtlichen Sinne anvertraut gewesen seien und der Beschuldigte die ausschliessliche Verfügungsgewalt darüber gehabt habe. So hätte der Privatkläger das Geld jederzeit beziehen können (vgl. zum Ganzen act. 50 S. 5).

 

5.  

5.1. Nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB macht sich der Veruntreuung strafbar, wer ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig in seinem eines anderen Nutzen verwendet.

 

5.2. Vorausgesetzt für das Vorliegen einer Veruntreuung ist, dass der Treugeber dem Täter einen Vermögenswert anvertraut hat (vgl. Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; Urteil des Bundesgerichts 6B_1422/2019 vom 28. Mai 2021 E. 4.4.1). Damit zusammenhängend ist vorausgesetzt, dass die fraglichen Vermögenswerte für den Treuhänder wirtschaftlich fremd sind, weshalb der Treuhänder verpflichtet ist, dem Treugeber den Wert des Empfangenen ständig zu erhalten (sog. Werterhaltungspflicht; vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1422/2019 vom 28. Mai 2021 E. 4.4.1). Die tatbestandsmässige Handlung besteht bei der Veruntreuung von Vermögenswerten sodann in einem Verhalten, durch welches der Täter eindeutig seinen Willen bekundet, den obligatorischen Anspruch des Treugebers zu vereiteln (BGE 133 IV 21 E. 6.1.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_209/2022 vom 18. August 2023 E. 1.4.2). Erforderlich ist, dass dem Treugeber daraus einen Vermögensschaden erwächst (Urteil des Bundesgerichts 6B_291/2022 vom 4. Mai 2022 E. 3.3.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_1090/2022 vom 5. Dezember 2022 E. 2.1.1; Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. Aufl., Basel 2019, N. 38 zu Art. 138 StGB, je m.w.H.). Der subjektive Tatbestand setzt schliesslich Vorsatz und ein Handeln in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht voraus (BGE 133 IV 21 E. 6.1.2, m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 6B_1183/2020 vom 16. August 2020 E. 1.3.1).

 

6.  

Vorliegend ist unbestritten, dass es sich bei den vom G.______ Bankkonto bezogenen CHF 85'000.— um Vermögenswerte nach Abs. 2 von Art. 138 Ziff. 1 StGB handelt (vgl. act. 22 S. 16; act. 49 S. 9; Urteil des Bundesgerichts 6B_128/2008 vom 19. Juni 2008 E. 3.3.1; Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo, a.a.O., N. 29 zu Art. 138 StGB). Zu prüfen ist im Folgenden jedoch, ob der Beschuldigte auch die restlichen Tatbestandsmerkmale von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfüllte, insbesondere, ob die Vermögenswerte anvertraut waren, den Beschuldigten eine Werterhaltungspflicht traf und der Beschuldigte die CHF 85'000.— in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht in seinem eigenen Nutzen verwendet hat.

 

7. Anvertrauter Vermögenswert

 

7.1. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt als anvertraut, was jemand mit der Verpflichtung empfängt, es in bestimmter Weise im Interesse des Treugebers zu verwenden, insbesondere es zu verwahren, zu verwalten einem anderen abzuliefern. Gemäss einer anderen Umschreibung ist anvertraut, was jemand mit der besonderen Verpflichtung empfängt, es dem Treugeber zurückzugeben es für diesen einem Dritten weiterzuleiten, wobei der Treugeber seine Verfügungsmacht über das Anvertraute aufgibt (BGE 143 IV 297 E. 1.3). Dabei genügt, dass der Täter ohne Mitwirkung des Treugebers über die Werte verfügen kann, ihm mithin Zugriff auf das fremde Vermögen eingeräumt worden ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_1422/2019 vom 28. Mai 2021 E. 4.4.1). Dementsprechend gilt auch ein Bankkonto, für welches dem Täter eine Vollmacht erteilt wurde, nach der Rechtsprechung als anvertrauter Vermögenswert – unabhängig davon, ob der Kontoinhaber selbst auch noch darüber verfügen kann nicht (vgl. BGE 119 IV 127 E. 2; Urteil des Bundesgerichts 6B_199/2011 vom 10. April 2012 E. 5.3.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_128/2008 vom 19. Juni 2008 E. 3.3.1).

 

7.2. Vorliegend verfügte der Beschuldigte über den Codierschlüssel mit den Sicherheitsbestimmungen für das G.______ Bankkonto des Privatklägers. Er hatte somit jederzeit Zugriff auf das Konto und konnte ohne Mitwirkung des Privatklägers über das vorhandene Kontoguthaben verfügen (vgl. oben E. III.6.2.). Unabhängig davon, dass der Privatkläger selbst auch Zugriff auf sein G.______ Konto hatte, waren die darauf vorhandenen Vermögenswerte dem Beschuldigten somit anvertraut im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.

 

7.3. Die Vorinstanz hatte in ihrem Urteil im Gegensatz hierzu ausgeführt, dass Vermögenswerte nur anvertraut seien, wenn der Täter die ausschliessliche Verfügungsmacht darüber erlange. Dies mit der Begründung, dass der Treugeber nur in dieser Konstellation Vertrauen in den Treuhänder brauche und ansonsten der Tatbestand von Art. 158 StGB (ungetreue Geschäftsbesorgung; Missbrauchstatbestand) ungebührlich eingeschränkt würde (vgl. zum Ganzen act. 29 S. 49 E. III.2.1.).

 

7.4. Diese Ausführungen der Vorinstanz überzeugen nicht (vgl. act. 29 S. 49 E. III.2.1.). Solange der Treuhänder nämlich ohne Mitwirkung des Treugebers über die Vermögenswerte verfügen kann, kann der Treugeber ungewünschte Transaktionen auch dann nicht verhindern, wenn er selbst noch Zugang zu den Vermögenswerten hat. Der Treugeber braucht somit unabhängig davon, ob er selbst noch Zugriff auf die Vermögenswerte hat, Vertrauen in den Treuhänder. Darüber hinaus ergibt sich aus der Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 24. April 1991, dass Art. 158 Ziff. 2 StGB (ungetreue Geschäftsbesorgung; Missbrauchstatbestand) deshalb eingeführt wurde, um eine Ausdehnung von Art. 158 Ziff. 1 StGB (ungetreue Geschäftsbesorgung; Treuebruchtatbestand) verhindern zu können. Dabei wurde in der Botschaft selbst festgehalten, dass die Anwendungsfälle des neuen Art. 158 Ziff. 2 StGB relativ selten seien (vgl. Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes vom 24. April 1991, BBl 1991 II 969, S. 1047). Nicht beabsichtigt war dagegen, den Anwendungsbereich der Veruntreuung einzuschränken, welcher bereits zuvor Konstellationen wie die vorliegende erfasste (vgl. hierzu BGE 109 IV 27 E. 2c und E. 3; vgl. auch Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes vom 24. April 1991, BBl 1991 II 969, S. 1001 f.).

 

8. Werterhaltungspflicht

 

8.1. Weiter ist vorausgesetzt, dass die fraglichen Vermögenswerte für den Treuhänder wirtschaftlich fremd sind, weshalb der Treuhänder verpflichtet ist, dem Treugeber den Wert des Empfangenen ständig zu erhalten (sog. Werterhaltungspflicht; vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1422/2019 vom 28. Mai 2021 E. 4.4.1). Eine Werterhaltungspflicht liegt in der Regel vor, wenn die verabredungswidrige Verwendung zu einem Schaden führen kann und mit dem vereinbarten Verwendungszweck dem Risiko einer Schädigung entgegengewirkt werden soll. Die Rechtsprechung bejaht eine Verletzung der Werterhaltungspflicht beispielsweise bei der vertragswidrigen Verwendung eines Darlehens im Hinblick auf einen Grundstückkauf eines Baukredits. Eine Werterhaltungspflicht besteht auch bei einer Investition anvertrauter Gelder in eine Kapitalanlage, sofern die Gelder dazu bestimmt sind, später wieder – allenfalls mit einer bestimmten Rendite – an den Anleger zurückzufliessen (Urteil des Bundesgerichts 6B_308/2012 vom 4. Februar 2013 E. 2.2; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6B_511/2020 vom 10. März 2021 E. 2.3.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_936/2019 vom 20. Mai 2020 E. 4.3).

 

8.2. Vorliegend ist erwiesen, dass die auf dem Konto vorhandenen Vermögenswerte des Privatklägers für den Beschuldigten wirtschaftlich fremd waren (vgl. oben E. III.6.2.). Daneben ist der Verteidigung zwar zuzustimmen, dass nicht eine Werterhaltungspflicht in dem Sinne bestand, dass das G.______ Konto des Privatklägers jederzeit ein gewisser Saldo aufzuweisen hätte. Wie die Verteidigung vorbringt (act. 50 S. 5), wäre dies aufgrund von Kursschwankungen gar nicht möglich. Dem Beschuldigten oblag jedoch eine Werterhaltungspflicht in dem Sinne als er vertraglich verpflichtet war, das vom Privatkläger einbezahlte Geld während der gesamten Vertragslaufzeit von mindestens drei Jahren möglichst gewinnbringend in Aktien und Optionsscheine anzulegen. Insofern oblag ihm nicht nur eine Rückzahlungspflicht am Ende der Laufzeit der Lizenzvereinbarung, wie dies etwa bei einem Darlehen der Fall wäre. Der Beschuldigte war somit während der gesamten Vertragslaufzeit nur befugt, das Geld des Privatklägers in Aktien- und Optionsscheine anzulegen. Die Geldeinlage des Privatklägers auf das G.______ Konto und der dem Beschuldigten eingeräumte Zugriff darauf waren somit zweckgebunden. Hierfür bezahlte der Privatkläger dem Beschuldigten im Gegenzug eine (relativ hohe) Lizenzgebühr.

 

8.3. Für den Privatkläger bestand bei einer verabredungswidrigen Verwendung
seines Kontoguthabens die latente Gefahr einer Schädigung. Dies zeigt sich vorliegend namentlich daran, dass der Beschuldigte das Geld des Privatklägers auf das Konto seines eigenen Einzelunternehmens überwiesen und von dort aus bar abgehoben hat (vgl. E. III.6.2.). Der Beschuldigte handelte ab diesem Zeitpunkt somit sowohl als Vertreter des Privatklägers als auch als Inhaber seines Einzelunternehmens (sog. Selbstkontrahieren). Er befand sich somit in einer Interessenkollision zwischen seinen Interessen als Inhaber des Einzelunternehmens an einer möglichst günstigen Kapitalbeschaffung und den Interessen des Privatklägers an einer möglichst gewinnbringenden Investition. Das Bundesgericht erachtet das Selbstkontrahieren gerade aufgrund dieser regelmässig auftretenden Interessenkollisionen als grundsätzlich unzulässig (BGE 144 III 388 E. 5.1, m.w.H.).

 

8.4. Entsprechend oblag dem Beschuldigten vorliegend eine Werterhaltungspflicht im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.

 

9. Unrechtmässige Verwendung und Eintritt eines Vermögensschadens

 

9.1. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Täter die ihm anvertrauten Vermögenswerte unrechtmässig verwendet. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist dies gegeben, wenn der Täter die Vermögenswerte entgegen den erteilten Instruktionen gebraucht, sich mithin über den festgelegten Verwendungszweck hinwegsetzt (Urteil des Bundesgerichts 6B_701/2020 vom 11. Juni 2021 E. 4.3.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_894/2018 vom 23. Oktober 2019 E. 1.1.1). Hierbei kann bereits die pflichtwidrige Abbuchung vom Konto als unrechtmässiges Verwenden zählen (Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo, a.a.O., N. 108 zu Art. 138 StGB). Erforderlich ist zudem, dass dem Treugeber daraus einen Vermögensschaden erwächst (Urteil des Bundesgerichts 6B_291/2022 vom 4. Mai 2022 E. 3.3.1, m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 6B_1090/2022 vom 5. Dezember 2022 E. 2.1.1, m.w.H.; Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo, a.a.O., N. 38 zu Art. 138 StGB).

 

9.2. Der Beschuldigte war gemäss Vereinbarung mit dem Privatkläger nur berechtigt, die Vermögenswerte des Privatklägers in Aktien und Optionsscheine zu investieren (vgl. oben E. III.7.). Indem er CHF 85'000.— auf das Konto seines Einzelunternehmens überwies und in der Folge CHF 84'560.— bar abhob, setzte er sich über diesen vereinbarten Verwendungszweck hinweg. Mit anderen Worten hat er die ihm anvertrauten Vermögenswerte des Privatklägers somit unrechtmässig verwendet (vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6B_251/2012 vom 2. Oktober 2012 E. 1.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_308/2012 vom 4. Februar 2013 E. 2.3). Dem Privatkläger fehlten somit vom 30. Dezember 2008 bis zur Rückzahlung des Geldes am 16. März 2009 CHF 85'000.—. Zudem wurden dem Konto des Privatklägers CHF 15.— als Bankspesen für die Transaktion belastet (vgl. E. III.6.2.).

 

9.3. Der Beschuldigte war dabei nicht in der Lage, die CHF 85'000.— dem Privatkläger jederzeit zurückzahlen zu können (act. 2/10.1.01 Frage 77). Wenn der Beschuldigte aussagt, dies sei auch keine Bedingung zwischen dem Privatkläger und ihm gewesen (act. 2/10.1.01 Frage 77), übersieht er, dass es sehr wohl Bedingung zwischen ihm und dem Privatkläger gewesen ist, dass das vom Privatkläger angelegte Geld jederzeit auf seinem G.______ Konto liegt bzw. in Aktien und Optionsscheine angelegt ist. Gerade hierfür zahlte der Privatkläger dem Beschuldigten nämlich eine (relativ hohe) Lizenzgebühr (vgl. E. III.7.2.). Diese Pflicht hat der Beschuldigte vorliegend verletzt, weshalb dem Privatkläger im Umfang von CHF 85'015.— ein Vermögensschaden entstanden ist.

 

10. Vorsatz und Absicht unrechtmässiger Bereicherung

 

10.1. Der Tatbestand der Veruntreuung erfordert schliesslich in subjektiver Hinsicht Vorsatz und ein Handeln in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht (vgl. Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB i.V.m. Art. 12 Abs. 1 StGB; BGE 133 IV 21 E. 6.1.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_1422/2019 vom 28. Mai 2021 E. 4.4.2; Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo, a.a.O., N. 114 zu Art. 138 StGB). Nach der Rechtsprechung bereichert sich bei der Veruntreuung von Vermögenswerten unrechtmässig, wer die Vermögenswerte, die er dem Berechtigten jederzeit zur Verfügung zu halten hat, in seinem Nutzen verwendet, ohne fähig und gewillt zu sein, sie jederzeit sofort zu ersetzen (BGE 133 IV 21 E. 6.1.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_1474/2020 vom 29. April 2021 E. 1.3.3). Ist der Täter fähig und gewillt, das Gut zu einem späteren Zeitpunkt zu ersetzen, dann beabsichtigt er eine vorübergehende Bereicherung, was zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands genügt (Urteil des Bundesgerichts 6B_1474/2020 vom 29. April 2021 E. 1.3.3). Wenn der Täter dagegen Ersatzwillen und Ersatzfähigkeit hat, fehlt es an der Absicht unrechtmässiger Bereicherung
(Urteil des Bundesgerichts 6B_508/2010 vom 13. September 2010 E. 5.3).

 

10.2. Der Beschuldigte überwies die CHF 85'000.— vom Konto des Privatklägers wissentlich und willentlich auf das Konto seines eigenen Einzelunternehmens (vgl. E. III.6.2.). Einzelunternehmen sind kein von ihrem Inhaber getrenntes Rechtssubjekt (Martina Altenpohl, in: Basler Kommentar Obligationenrecht II, 6. Aufl., Basel 2024, N. 1 zu Art. 945 OR). Der Inhaber einer Einzelunternehmung haftet für deren Verbindlichkeiten vielmehr mit seinem gesamten Vermögen (Arthur Meier-Hayoz/Peter Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 13. Aufl., Bern 2023, § 26 N. 2). Die CHF 85'000.— des Privatklägers kamen somit im Ergebnis dem Beschuldigten zu Gute, welcher ansonsten mit seinem privaten Vermögen für die Verbindlichkeiten seiner Einzelunternehmung gehaftet hätte. Der Beschuldigte hat das Geld des Privatklägers somit wissentlich und willentlich für eigene Bedürfnisse verwendet und war somit bereits im Zeitpunkt als er das Geld auf das Konto seines Einzelunternehmens überwiesen hat, unrechtmässig bereichert. Erst recht manifestierte sich dies, als er das Geld anschliessend bar abgehoben hat. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Teil des Bargeldes zu seinem Geschäftspartner E.______ geflossen sein sollte. So finanzierte E.______ in den Jahren 2008 bis 2011 wiederum den Lebensunterhalt des Beschuldigten mit (act. 2/10.1.03 N. 131 f.).

 

10.3. Gemäss Vereinbarung mit dem Privatkläger hätten die CHF 85'000.— jederzeit und ohne Unterbruch über das G.______ Konto des Privatklägers in Aktien und Optionsscheine angelegt werden sollen (vgl. oben E. III.7.). Mit anderen Worten war vereinbart, dass das Geld ständig im Interesse des Privatklägers verwendet wird. Der Beschuldigte zahlte vorliegend die CHF 85'000.— erst 2.5 Monate später zurück. Der Beschuldigte gab selbst an, dass er zuvor nicht in der Lage gewesen sei, die CHF 85'000.— dem Privatkläger jederzeit zurückzahlen zu können (act. 2/10.1.01 Frage 77). Der Beschuldigte war somit nicht fähig, fristgerecht Ersatz zu leisten (vgl. Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo, a.a.O., N. 119 zu Art. 138 StGB). Auch der subjektive Tatbestand der Veruntreuung ist vorliegend somit erfüllt.

 

11. Fazit

 

Entgegen der Verteidigung (act. 50 S. 5) und der Vorinstanz (act. 29 S. 52 E. III.4.) erfüllte der Beschuldigte mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten alle Tatbestandsmerkmale der Veruntreuung. Der Beschuldigte ist somit wegen Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen.

 

 

V. Strafzumessung und Vollzug

1.  

Die Staatsanwaltschaft beantragt in ihrer Berufung, dass der Beschuldigte mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten zu bestrafen sei, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Strafe scheine angesichts des Deliktsbetrages von CHF 85'000.— sowie des eigennützigen Motivs des Beschuldigten und unter Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer als angemessen (vgl. act. 49 S. 11).

 

2.  

Die Verteidigung weist für den Fall, dass der Beschuldigte entgegen ihrem Antrag schuldig gesprochen werden sollte, darauf hin, dass der Beschuldigte weder verwerflich noch eigennützig gehandelt habe. Sein Ziel sei gewesen, die Emission der X.______ zu ermöglichen. Strafmildernd sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte von Anfang an eingestanden habe, den Betrag von CHF 85'000.— auf das Konto der X.______ überwiesen zu haben und das Beschleunigungsgebot verletzt worden sei. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die CHF 85'000.— dem Privatkläger innert drei Monaten zurücküberwiesen habe (vgl. zum Ganzen act. 50 S. 6 f.). Vor der Vorinstanz hat die Verteidigung noch beantragt, dass der Beschuldigte mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten und einer Busse von CHF 1'000.— zu bestrafen sei (act. 22 S. 1).

 

3.  

3.1. Bevor das für den vorliegenden Fall angemessene Strafmass festzulegen ist, ist zunächst die Art der Strafe (Geld- Freiheitsstrafe) festzulegen. Hierfür hat das Gericht nebst dem Verschulden des Täters, der Angemessenheit der Strafe, ihren Auswirkungen auf den Täter und auf seine soziale Situation sowie ihrer Wirksamkeit unter dem Gesichtswinkel der Prävention Rechnung zu tragen. Kommen sowohl
eine Geldstrafe als auch eine Freiheitsstrafe in Betracht, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit in der Regel der Geldstrafe den Vorrang einzuräumen (BGE 147 IV 241 E. 3.2, m.w.H.).

 

3.2. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Sanktionenrecht per 1. Januar 2018 revidiert worden ist (vgl. Art. 34 StGB; Botschaft zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes [Änderung des Sanktionenrechts] vom 4. April 2012, BBl 2012 4721). Da der Beschuldigte die hier zu beurteilende Veruntreuung zuvor begangen hat, ist das für ihn mildere Recht anzuwenden (vgl. Art. 2 Abs. 2 StGB; Urteil des Bundesgerichts 6B_243/2022 vom 18. Januar 2023 E. 2.4). Um zu bestimmen, welches das für den Beschuldigten mildere Recht ist, sind sich das alte und das neue Recht einander gegenüberzustellen, und zwar in ihrer Auswirkung auf den konkreten Fall (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_243/2022 vom 18. Januar 2023 E. 2.5.1, m.w.H.).

 

3.3. Der Tatbestand der Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sah sowohl unter dem zur Tatzeit als auch zum Urteilszeitpunkt geltenden Recht als Sanktion eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren eine Geldstrafe vor. Nach dem bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Art. 34 Abs. 1 aStGB betrug die Geldstrafe, soweit es das Gesetz nicht anders bestimmte, höchstens 360 Tagessätze. Nach dem neuen Art. 34 Abs. 1 StGB beträgt die Geldstrafe höchstens 180 Tagessätze.

 

3.4. Wie nachfolgend aufgezeigt wird (E. V.5.), beträgt die vorliegend schuldangemessene Strafe nach Berücksichtigung der Täterkomponenten 250 Tagessätze. Nach dem alten Recht kann der Beschuldigte hierfür alternativ mit einer Geld- einer Freiheitsstrafe sanktioniert werden, während unter dem neuen Recht zwingend eine Freiheitsstrafe auszusprechen wäre. Demnach ist das alte Recht im Vergleich zum neuen Recht für den Beschuldigten milder, weshalb vorliegend das alte Recht Anwendung findet. Gemessen am Verschulden des Beschuldigten sowie in Anbetracht dessen, dass eine Freiheitsstrafe vorliegend nicht notwendig erscheint, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten, ist der Beschuldigte vorliegend nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit mit einer Geldstrafe zu sanktionieren (vgl. BGE 134 IV 97 E. 4.2.2).

 

4.  

4.1. Im Folgenden ist nun die konkrete Geldstrafe festzusetzen. Dies erfolgt in zwei Schritten: Zunächst ist die dem Verschulden des Täters angemessene Anzahl
Tagessätze zu bestimmen (Art. 34 Abs. 1 StGB). Danach ist die Höhe des Tagessatzes betraglich festzulegen; dabei kommt es nicht mehr auf das Verschulden des Täters an, sondern einzig auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Urteils (Art. 34 Abs. 2 StGB).

 

4.2. Zu beachten ist dabei, dass der Beschuldigte von der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus bereits am 9. Dezember 2013 wegen einem Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 30.— verurteilt wurde (act. 45). Die vorliegend zu beurteilende Straftat liegt zeitlich weiter zurück als die eben genannte Verurteilung durch die Staatsanwaltschaft. Wie sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft vorbringen (vgl. act. 49 S. 11; act. 22 S. 19), ist deshalb vorliegend eine Zusatzstrafe zu dieser Verurteilung zu bestimmen. Der Beschuldigte darf dabei im Ergebnis nicht schwerer bestraft werden, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären (vgl. Art. 49 Abs. 2 StGB; BGE 142 IV 265 E. 2.3.1, m.w.H.).

 

4.3. Dabei ist wie folgt vorzugehen: Zunächst ist eine hypothetische Einsatzstrafe für die vorliegend zu beurteilende Veruntreuung vom 30. Dezember 2008 als das schwere Geldstrafen-Delikt festzulegen (vgl. Art. 138 Ziff. 1 StGB im Vergleich zu Art. 87 AHVG). Hierfür sind die Tatschwere der begangenen Veruntreuung aus objektiver und subjektiver Sicht zu bewerten sowie die persönlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen (vgl. zum konkreten Vorgehen BGE 141 IV 61 E. 6.1.1, m.w.H.; Hans Wiprächtiger/Stefan Keller, in Basler Kommentar Strafrecht, 4. Aufl., Basel 2019, N. 85 zu Art. 47 StGB). Anschliessend ist diese hypothetische Einsatzstrafe für die vorliegende Veruntreuung unter Einbezug der Verurteilung des Beschuldigten vom 9. Dezember 2013 wegen des Vergehens gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung angemessen zu erhöhen und eine Gesamt-Geldstrafe zu bilden (Art. 49 Abs. 1 StGB; BGE 142 IV 265 E. 2.3.3). Um die auszusprechende Zusatzstrafe zu bestimmen, ist schliesslich die im Ersturteil ausgesprochenen Grundstrafe von der Gesamtstrafe wiederum abzuziehen (vgl. BGE 142 IV 265 E. 2.4.4).

 

5.  

5.1. Die Veruntreuung eines anvertrauten Vermögenswertes ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren einer Geldstrafe zu bestrafen (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Geschütztes Rechtsgut ist das Vermögen der geschädigten Person (Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo, a.a.O., N. 7 zu Art. 138 StGB). Die hiermit zu beurteilende Veruntreuung war auf ein Vermögen von CHF 85'000.— gerichtet. Das Vermögen des Privatklägers wurde somit massgeblich beeinträchtigt. Der Beschuldigte war für den Privatkläger nicht einfach eine unbekannte Person, sondern als sein Vermögensverwalter tätig. Im Rahmen dessen hatte der Beschuldigte unbeschränkt Zugriff auf sein G.______ Konto (vgl. oben E. III.6.2.). Der Beschuldigte genoss beim Privatkläger somit eine hohe Vertrauensstellung, welche dieser gezielt ausnutzte. Es sind somit sowohl leichtere als auch erheblich schwere Tatvarianten denkbar. Innerhalb des Strafrahmens von 3 Tagen bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe ist die Tat noch im unteren Bereich einzuordnen und entsprechend für die objektive Tatschwere von einer hypothetischen Einsatzstrafe von 540 Tagessätzen (entsprechend 1.5 Jahren) auszugehen.

 

5.2. In subjektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte vorab ein eigennütziges Ziel verfolgte, so verwendete er das Geld des Privatklägers für sein eigenes Einzelunternehmen (vgl. oben E. III.9.). Da dies bereits im Tatbestand der Veruntreuung selbst vorausgesetzt wird, ist dies nicht zusätzlich verschuldenserhöhend zu gewichten (vgl. Hans Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl., Basel 2019, N. 145). Auch sonst liegen aus subjektiver Sicht weder Straferhöhungs- noch Strafminderungsgründe vor, weshalb auch nach Bewertung des subjektiven Tatverschuldens von einer hypothetischen Einsatzstrafe von 540 Tagessätzen auszugehen ist.

 

5.3. Im Tatzeitpunkt war der Beschuldigte nicht vorbestraft (vgl. act. 45), so wurde der Beschuldigte erst im Jahr 2013 wegen einem Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt (act. 45). Eine besondere Strafempfindlichkeit liegt nicht vor. Diese beiden Umstände sind beide neutral zu gewichten (vgl. Hans Mathys, a.a.O., N. 328 und N. 351 f.). Zu berücksichtigen ist dagegen, dass der Beschuldigte die CHF 85‘000.— dem Privatkläger am 16. März 2009 wieder zurücküberwiesen hat (vgl. oben E. III.6.2.). Auch wenn der Beschuldigte in Bezug auf den Veruntreuungstatbestand nicht geständig ist und somit keine aufrichtige Reue im Sinne von Art. 48 lit. d StGB vorliegt, ist diese Rückzahlung als Schadensdeckung strafmindernd zu berücksichtigen (Hans Mathys, a.a.O., N. 334 ff.). Die hypothetische Einsatzstrafe ist somit um 80 Tagessätze auf 460 Tagessätze zu kürzen.

 

5.4. Wie die Verteidigerin zu Recht vorbringt (act. 50 S. 7) ist zudem strafmildernd zu berücksichtigen, dass das vorliegende Verfahren insgesamt zu lange gedauert hat und somit das Beschleunigungsgebot verletzt wurde (vgl. Art. 5 Abs. 1 StPO). Insbesondere ist zu beachten, dass es nach der Strafanzeige der Kantonspolizei Glarus vom 20. Juli 2015 über sechs Jahre dauerte, bis die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten selbst einvernommen hatte (vgl. act. 2/8.1.01 im Vergleich zu act. 2/10.1.02). Als Folge der langen Verfahrensdauer sowie im Lichte von Art. 48 lit. e StGB ist die schuldangemessene Strafe von 460 Tagessätzen hier deutlich um 200 Tagessätze herabzusetzen, womit die auszufällende Strafe noch 260 Tages­sätze beträgt (vgl. Hans Mathys, a.a.O., N. 339 ff.).

 

5.5. Diese hypothetische Einsatzstrafe für die vorliegend zu beurteilende Veruntreuung ist nun aufgrund der Verurteilung des Beschuldigten vom 9. Dezember 2013 wegen des Vergehens gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung angemessen zu einer Gesamtstrafe zu erhöhen. Dabei dürfen die zuvor festgesetzten Einzelstrafen nicht einfach addiert werden, sondern nur anteilsmässig ins Gewicht fallen (BGE 144 IV 217 E. 3.5.2).

 

5.6. Für das Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung hat die Staatsanwaltschaft Glarus eine Geldstrafe von 30 Tages­sätzen ausgesprochen (vgl. act. 45). Dieses Delikt weist weder einen sachlichen noch einen zeitlichen Zusammenhang zur vorliegend zu beurteilenden Veruntreuung auf. Das Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung ist vorliegend somit mit 20 Tagessätzen zu berücksichtigen (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichts 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.3.4). Dies führt zu einer Gesamtstrafe von 280 Tagessätzen.

 

5.7. Da der Beschuldigte bereits rechtskräftig zu einer Geldstrafe zu 30 Tagessätzen verurteilt wurde, ist die im Ersturteil ausgesprochene Grundstrafe von der Gesamtstrafe wiederum abzuziehen (vgl. BGE 142 IV 265 E. 2.4.4). Es resultiert somit
eine Zusatzstrafe von 250 Tagessätzen.

 

5.8. Diese Zusatzstrafe von 250 Tagessätzen fällt in das früher mögliche Maximum von 360 Tagessätzen (vgl. Art. 34 Abs. 1 aStGB). Das heutige gültige Maximum von 180 Tagessätzen ist vorliegend nicht anzuwenden, da die gleichzeitige Anwendung von altem und neuem Recht auf ein und dieselbe Tat nicht möglich ist (BGE 134 IV 82 E. 6.2.3, m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 6B_1293/2020 vom 31. März 2022 E. 1.3.2). Ansonsten würde der Beschuldigte im Ergebnis zwei Mal begünstigt behandelt, was mit dem Strafzumessungsgrundsatz von Art. 47 StGB und allgemein den (Präventions-)Zwecken des Strafrechts nicht mehr vereinbar wäre. Im Ergebnis bleibt es somit bei einer Zusatzstrafe von 250 Tagessätzen.

 

6.  

6.1. Zur Festsetzung der Geldstrafe ist nun noch die Tagessatzhöhe zu bestimmen. Ausgangspunkt hierfür bildet in der Regel das vom Täter erzielte Nettoeinkommen (BGE 134 IV 60 E. 6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_744/2020 vom 26. Oktober 2020 vom E. 2.2.2; Hans Mathys, a.a.O., N. 439). Verdient der Täter jedoch weniger, als er in zumutbarer Weise erzielen könnte, so ist von einem potentiellen bzw. hypothetischen Einkommen auszugehen (BGE 134 IV 60 E. 6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_610/2009 vom 13. Juli 2010 E. 1.3; Hans Mathys, a.a.O., N. 441;
Anette Dolge, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. Aufl., Basel 2019, N. 55 zu Art. 34 StGB).

 

6.2. Der Beschuldigte ist mittlerweile 62-jährig, geschieden und hat vier erwachsene Kinder, für welche keine Unterhaltsverpflichtungen mehr bestehen (act. 2/1.1.06; act. 48 Fragen 5-10). Er hat eine Lehre als Maschinenzeichner gemacht und nachfolgend ein Wirtschaftsstudium (act. 48 Frage 7). Er erzielt als Selbständigerwerbender im Finanzbereich gemäss eigenen Angaben ein monatliches Einkommen von ca. CHF 500.— (act. 48 Fragen 14-15). In der eingeholten Steuererklärung aus dem Jahr 2022 ist gar ein steuerbares Einkommen von CHF 0.— angegeben (act. 44). Gegen den Beschuldigten sind zahlreiche Betreibungen eingeleitet worden und bestehen mehrere offene Verlustscheine (vgl. act. 2/1.1.03 und act. 2/1.1.05). Im Jahr 2019 betrug sein Einkommen dagegen noch CHF 25'000.— im Jahr, d.h. ca. CHF 2'080.— im Monat (vgl. act. 2/1.1.02a). Aufgrund der Ausbildung des Beschuldigten muss davon ausgegangen werden, dass es dem Beschuldigten weiterhin möglich ist, ein Einkommen von mindestens CHF 2'000.— pro Monat zu erzielen. Es ist dem Beschuldigten vorliegend zur Bestimmung der Tagessatzhöhe somit weiterhin ein Einkommen von CHF 2'000.— monatlich anzurechnen.

 

6.3. Von diesem Nettoeinkommen sind die laufenden Steuern, die Beiträge an die obligatorische Kranken- und Unfallversicherung sowie die notwendigen Berufsauslagen bzw. bei Selbständigerwerbenden die branchenüblichen Geschäftsunkosten in Abzug zu bringen. Das Nettoprinzip verlangt, dass bei den ermittelten Einkünften – innerhalb der Grenzen des Rechtsmissbrauchs – nur der Überschuss der Einnahmen über die damit verbundenen Aufwendungen zu berücksichtigen sind. Bei Täter, welche nahe am unter dem Existenzminimum leben, ist der Tagessatz in dem Masse herabzusetzen, dass einerseits die Ernsthaftigkeit der Sanktion durch den Eingriff in die gewohnte Lebensführung erkennbar ist und andererseits der Eingriff nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen als zumutbar erscheint. Als Richtwert lässt sich festhalten, dass eine Herabsetzung des Nettoeinkommens um mindestens die Hälfte geboten ist. Bei einer hohen Anzahl Tagessätze – namentlich bei Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen – ist eine Reduktion um weitere 10-30% angebracht, da mit zunehmender Dauer die wirtschaftliche Bedrängnis und damit das Strafleiden progressiv ansteigt (vgl. zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_744/2020 vom 26. Oktober 2020 vom E. 2.2.2, m.w.H.).

 

6.4. Der Beschuldigte wohnt bei seiner Mutter (act. 48 Frage 9). Nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) ist ihm für seinen Lebensunterhalt im Zweipersonenhaushalt CHF 789.— als Existenzminimum anzurechnen (SKOS-Richtlinien vom 1. Januar 2021 C.3.1). Dies ist von seinem Nettoeinkommen von CHF 2'000.— vorab abzuziehen, womit noch ein Betrag von gerundet CHF 1'200.— verbleibt. Für die weiteren Auslagen des Beschuldigten (wie laufende Steuern, Beiträge an die obligatorische Kranken- und Unfallversicherung und notwendigen Berufsauslagen) sowie unter Berücksichtigung, dass der Beschuldigte mit einer sehr hohen Anzahl an Tagessätzen sanktioniert wird, ist das ihm verbleibende Einkommen von CHF 1'200.— nochmals um einen Pauschalbetrag von 30 % zu reduzieren. Gerundet resultiert daraus ein Tagessatz von CHF 30.—, welcher im Hinblick auf die finanzielle Situation des Beschuldigten als angemessen erscheint.

 

7.  

7.1. Der Beschuldigte ist somit vorliegend mit einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen zu je CHF 30.— (entsprechend CHF 7'500.—) zu bestrafen. Die Strafe ist bedingt aufzuschieben, da eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Beschuldigten von der Begehung weiteren Verbrechen und Vergehen abzuhalten (vgl. Art. 42 Abs. 1 StGB). Wie von der Staatsanwaltschaft vorgebracht (act. 49 S. 11), ist die Probezeit dabei auf zwei Jahre festzusetzen (vgl. Art. 44 Abs. 1 StGB).

 

7.2. Gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB kann eine bedingte Strafe mit einer Busse nach Art. 106 StGB verbunden werden (sog. Verbindungsbusse). Mit der Verbindungsbusse soll im Bereich der Massendelinquenz die Möglichkeit geschaffen werden,
eine spürbare Sanktion zu verhängen. Die Bestimmung dient in erster Linie dazu, die Schnittstellenproblematik zwischen der gemäss Art. 105 Abs. 1 StGB stets unbedingten Busse für Übertretungen und der bedingten Geldstrafe für Vergehen zu entschärfen. Die Verbindungsbusse trägt ferner dazu bei, das unter spezial- und generalpräventiven Gesichtspunkten eher geringe Drohpotential der bedingten Geldstrafe zu erhöhen (BGE 146 IV 145 E. 2.2, m.w.H.).

 

7.3. Von einer Verbindungsbusse ist vorliegend abzusehen, da die zu beurteilende Veruntreuung nicht dem Bereich der Massendelinquenz zuzuordnen ist und somit keine Schnittstellenproblematik besteht. Zudem erscheint die Aussprechung einer Verbindungsbusse vorliegend auch unter spezial- und generalpräventiven Gesichtspunkten nicht notwendig; zumal das vorliegend zu beurteilende Delikt bereits 15 Jahre her ist und sich der Beschuldigte seit über 10 Jahren nichts mehr zuschulden kommen lassen hat (vgl. act. 45).

 

7.4. Der Beschuldigte hat die vorliegend zu beurteilende Veruntreuung vor der Verurteilung wegen des Vergehens gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung begangen (vgl. act. 45). Wie die Verteidigung zu Recht festhält (act. 22 S. 19), kann die Geldstrafe wegen des Vergehens gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung somit nicht widerrufen werden (vgl. Art. 46 StGB).

 

 

VI. Kosten- und Entschädigungsfolgen

1.  

1.1. Aus alldem folgt, dass die Berufung der Staatsanwaltschaft grösstenteils gutzuheissen ist. So ist der Beschuldigte wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, wegen Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen. Im Vergleich zu den Berufungsanträgen der Staatsanwaltschaft ist der Beschuldigte jedoch etwas milder zu bestrafen (bedingte Geldstrafe von 250 Tagessätzen zu CHF 30.— anstatt bedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten). Insgesamt obsiegt die Staatsanwaltschaft mit ihren Anträgen somit ca. zu 90 %.

 

1.2. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf CHF 3’000.— festzusetzen (Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung des Kantons Glarus; GS III A/5). Dem Verfahrensausgang entsprechend ist diese Gerichtsgebühr im Umfang von CHF 2'700.— dem Beschuldigten aufzuerlegen (entsprechend neun Zehnteln) und im Umfang von CHF 300.— (entsprechend einem Zehntel) auf die Staatskasse zu nehmen (vgl. Art. 428 Abs. 1 StPO).

 

1.3. Rechtsanwältin lic. iur. Bettina Dürst ist für ihre Bemühungen im Berufungsverfahren als amtliche Verteidigung des Beschuldigten aus der Gerichtskasse mit CHF 3'600.63 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen (act. 51). Der Beschuldigte hat der Gerichtskasse diese Auslagen im Umfang von CHF 3'240.60 (entsprechend neun Zehnteln) zurückzuerstatten, wenn es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 428 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO und Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).

 

1.4. Beim vorliegenden Ausgang des Berufungsverfahrens hat der Beschuldigte keinen Anspruch auf eine Entschädigung (Art. 429 Abs. 1 StPO e contrario). Dem Privatkläger ist im Berufungsverfahren ebenfalls keine Entschädigung zuzusprechen, da weder ein entsprechender Antrag gestellt wurde, noch notwendige Aufwendungen ersichtlich sind (Art. 433 StPO e contrario).

 

2.  

2.1. Da das Obergericht als Rechtsmittelinstanz vorliegend einen neuen Entscheid fällt, ist auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung zu befinden.

 

2.2. Die Vorinstanz setzte für das erstinstanzliche Verfahren eine Gerichtsgebühr von CHF 6'000.— fest (act. 29 S. 54 Dispositivziffer 4). Die Kosten für das Untersuchungsverfahren bezifferte die Staatsanwaltschaft auf CHF 20'000.— (act. 1). Diese Gebühren erscheinen im Lichte von Art. 6, 7 und 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung des Kantons Glarus als gerechtfertigt und sind folglich zu bestätigen.

 

2.3. Im vorinstanzlichen Verfahren sowie im Untersuchungsverfahren waren nicht nur die vorliegend zu beurteilende Veruntreuung zum Nachteil des Privatklägers zu untersuchen. Hauptgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens sowie des Untersuchungsverfahrens war vielmehr der Vorwurf des gewerbsmässigen Betruges zu Lasten von 27 Geschädigten (vgl. act. 1 und act. 2/8.1.01). Der Vorwurf der Veruntreuung verursachte nur einen Teil der entstandenen Kosten. Auch in Bezug auf die Veruntreuung entstand im Untersuchungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren jedoch ein nicht unerheblicher Aufwand. So wurden der Beschuldigte hierzu drei Mal, der Privatkläger zwei Mal sowie I.______ einmal befragt (vgl. act. 2/10.1.02; act. 2/10.1.03; act. 2/10.2.21a; act. 2/10.2.21b; act. 2/10.2.22; act. 23). Zudem mussten die Kontobelege ediert und ausgewertet sowie das Anlagesystem des Beschuldigten analysiert werden (vgl. z.B. act. 2/8.1.01).

 

2.4. Angesichts dieses nicht unerheblichen Zeitaufwandes erscheint es als angemessen, die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens sowie des Untersuchungsverfahrens dem Beschuldigten antragsgemäss im Umfang von einem Fünftel (entsprechend CHF 5'200.—) aufzuerlegen.

 

2.5. Die Vorinstanz sprach der amtlichen Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren SG.2022.00019 und das Untersuchungsverfahren SA.2014.00428 ein Honorar von insgesamt CHF 19'074.20 zu (act. 29 S. 54 Dispositivziffer 4). Die Höhe dieser Entschädigung ist unbestritten und wurde der amtlichen Verteidigung von der Gerichtskasse bereits vollumfänglich ausgerichtet. Im Umfang von CHF 3'814.80.— (entsprechend einem Fünftel) sind die Kosten für die amtliche Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren und das Untersuchungsverfahren vom Beschuldigten zu beziehen, sobald es dessen wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 428 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO und Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).

 

____________________

 

 

 

Das Gericht erkennt:

 

1.

Es wird vorgemerkt, dass die nachfolgenden Dispositivziffern des Urteils des Kantonsgerichts Glarus vom 1. März 2023 im Verfahren SG.2022.00019 unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind und nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens bildeten:

 

«1.

B.______ wird freigesprochen vom Vorwurf des (gewerbsmässigen) Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB.

 

 

2.

Die bei B.______ sichergestellten Gegenstände (vgl. act. 2 / 5.1.04 und 5.1.04-1) werden diesem herausgegeben.

 

 

3.

Es wird vorgemerkt, dass B.______ sämtliche (unbezifferten) Zivilforderungen der Privatkläger im Grundsatz anerkannt hat.»

 

2.

B.______ ist schuldig der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB begangen am 30. Dezember 2008 (Anklagesachverhalt Ziffer 2).

 

 

3.

B.______ wird bestraft mit einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen zu je CHF 30.— (entsprechend CHF 7'500.—). Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit wird auf zwei Jahre festgesetzt.

 

 

4.

Die Gerichtsgebühr für das erstinstanzliche Verfahren SG.2022.00019 wird auf insgesamt CHF 6'000.— festgesetzt.

 

Die weiteren Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens betragen:

CHF 20'000.—  Untersuchungsgebühr (SA.2014.00428)

CHF 19'074.20 amtliche Verteidigung

CHF 39'074.20 TOTAL

 

5.

Die Gebühren für das erstinstanzliche Verfahren SG.2022.00019 und das Untersuchungsverfahren SA.2014.00428 werden B.______ im Umfang von einem Fünftel (entsprechend CHF 5'200.—) auferlegt und von ihm bezogen. Im restlichen Umfang von CHF 20'800.— werden die Kosten auf die Staatskasse genommen.

 

 

6.

Es wird vorgemerkt, dass die Gerichtskasse die Entschädigung für die amtliche Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren SG.2022.00019 und das Untersuchungsverfahren SA.2014.00428 bereits vollumfänglich ausbezahlt hat.

 

 

7.

Die Kosten der amtlichen Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren und das Untersuchungsverfahren werden im Umfang von CHF 3'814.80.— von B.______ bezogen, wenn es dessen wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Die wirtschaftlichen Verhältnisse von B.______ werden spätestens im Januar 2027 überprüft.

 

 

8.

Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf CHF 3'000.—. Diese Gebühr wird B.______ im Umfang von CHF 2'700.— auferlegt und von ihm bezogen, im Umfang von CHF 300.— wird diese Gebühr auf die Staatskasse genommen.

 

 

9.

Rechtsanwältin lic. iur. Bettina Dürst wird für das Berufungsverfahren als amtliche Verteidigung von B.______ aus der Gerichtskasse mit insgesamt CHF 3'600.63 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) entschädigt. B.______ wird verpflichtet, der Gerichtskasse die Kosten der amtlichen Verteidigung für das Berufungsverfahren im Umfang von CHF 3'240.60 zurückzuerstatten, wenn es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

 

 

10.

Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

 

 

11.

Schriftliche Mitteilung an:

 

[...]

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch
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