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Urteil Verwaltungsgericht (GL - OG.2023.00015)

Zusammenfassung des Urteils OG.2023.00015: Verwaltungsgericht

Der Beschuldigte hat mehrfach falsche Angaben gemacht, um Führerausweise zu erschleichen. Das Strassenverkehrsamt hat dies nicht bemerkt und die Ausweise ausgestellt. Der Beschuldigte wurde deshalb schuldig gesprochen. Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz subsumieren das Verhalten des Beschuldigten unter Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG. Der Beschuldigte argumentiert, dass er unschuldig sei und keine Täuschungsabsicht hatte. Er behauptet, dass die falschen Angaben nicht kausal für die Ausstellung der Ausweise waren. Das Gericht entschied jedoch, dass der Beschuldigte vorsätzlich gehandelt hat und somit schuldig ist.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts OG.2023.00015

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2023.00015
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid OG.2023.00015 vom 08.12.2023 (GL)
Datum:08.12.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Beschuldigte; Beschuldigten; Gesuch; Führerausweis; Kategorie; Gesuchsformular; Strassenverkehr; Strassenverkehrs; Lernfahr; Drogen; Strassenverkehrsamt; Glarus; Weises; Ausweis; Lernfahrausweis; Staats; Apos; Ausweise; Kanton; Staatsanwalt; Berufung; Geldstrafe; Vorinstanz; Staatsanwaltschaft; Tagessätze; Lernfahrausweise; Urteil; Erschleichen; Frage
Rechtsnorm: Art. 14 SVG ;Art. 34 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 69 StGB ;
Referenz BGE:136 IV 332; 140 IV 145; 141 IV 61; 142 IV 315; 144 IV 198; 144 IV 217; 146 IV 145; 146 IV 332; 147 IV 439; 147 IV 534;
Kommentar:
Keller, Hans, Basler Kommentar Strafrecht, 1900

Entscheid des Verwaltungsgerichts OG.2023.00015

Geschäftsnummer: OG.2023.00015 (OGS.2024.165)
Instanz: OG2
Entscheiddatum: 08.12.2023
Publiziert am: 12.03.2024
Aktualisiert am: 12.03.2024
Titel: Mehrfachen Erschleichens eines Ausweises und / einer Bewilligung (Strassenverkehr)

Resümee:

 

 

Kanton Glarus

 

Obergericht

 

 

 

Es wirken mit: Obergerichtsvizepräsidentin MLaw Sarina Dreyer, Oberrichterin
Monika Trümpi, Oberrichterin Brigitte Müller, Oberrichter MLaw Mario Marti und Oberrichterin Ruth Hefti
sowie Gerichtsschreiberin MLaw Jennifer Zbinden.

 

 

Urteil vom 8. Dezember 2023

 

 

Verfahren OG.2023.00015

 

 

A.______

Beschuldigter und

Berufungskläger

 

verteidigt durch lic. iur. Erich Leuzinger

 

 

gegen

 

 

Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus

Anklägerin und

Berufungsbeklagte

 

vertreten durch Staatsanwalt lic. iur. Patrick Fluri

 

 

Gegenstand

 

 

 

Mehrfaches Erschleichen eines Ausweises

 

 

Anträge des Beschuldigten (gemäss Berufungserklärung vom 13. März 2023, act. 15, sowie gestellt anlässlich der Berufungsverhandlung vom 1. September 2023, act. 28 S. 2):

 

1.

Es sei das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts Glarus vom 16. Februar 2023 vollumfänglich aufzuheben und der Beschuldigte von Schuld und Strafe freizusprechen.

 

 

2.

Es sei dem Beschuldigten eine Parteientschädigung von CHF 6'000.— zuzusprechen.

 

 

3.

Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.

 

Anträge der Staatsanwaltschaft (gestellt anlässlich der Berufungsverhandlung vom 1. September 2023, act. 28 S. 2):

 

1.

Es sei die Berufung des Beschuldigten abzuweisen und das Urteil des Kantonsgerichts vom 16. Februar 2023 zu bestätigen.

 

 

2.

Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.

____________________

 

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I. Prozessgeschichte

1.  

1.1. Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend Staatsanwaltschaft) führte gegen A.______ (nachfolgend Beschuldigter) eine Strafuntersuchung wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen mehrfacher Erschleichung eines Ausweises (act. 2/9.1.01 und act. 2/9.1.07).

 

1.2. Am 2. Mai 2022 erliess die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen den Beschuldigten und sprach ihn darin des mehrfachen Erschleichens eines Ausweises im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG schuldig. Die Staatsanwaltschaft verurteilte den Beschuldigten hierfür zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je CHF 130.—, bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von CHF 3'900.—, bei schuldhafter Nichtbezahlung umgewandelt in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen. Zudem hob sie die Beschlagnahme des auf den Beschuldigten lautenden Führerausweises der Kategorie B sowie der auf den Beschuldigten lautenden Lernfahrausweise der Kategorien A und BE auf und überliess diese Ausweise dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Glarus (nachfolgend Strassenverkehrsamt Glarus; vgl. zum Ganzen act. 3).

 

1.3. In Bezug auf die untersuchten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz stellte die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 2. Mai 2022 das Strafverfahren gegen den Beschuldigten – mittlerweile rechtskräftig – ein (act. 2/0.1.01).

 

2.  

Gegen den Strafbefehl erhob der Beschuldigte am 6. Mai 2022 fristgerecht Einsprache (act. 2/14.1.02). Die Staatsanwaltschaft ergänzte daraufhin die Untersuchung (act. 2/10.1.02 und act. 2/10.2.01) und überwies die Angelegenheit dem Kantonsgericht Glarus zur gerichtlichen Beurteilung (act. 1).

 

3.  

Mit Urteil vom 16. Februar 2023 bestätigte das Kantonsgericht Glarus den Schuldspruch des Beschuldigten in Bezug auf das mehrfache Erschleichen eines Ausweises im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG. Im Vergleich zum Strafbefehl reduzierte das Kantonsgericht die hierfür ausgesprochene Sanktion jedoch und verurteilte den Beschuldigten zu einer bedingten Geldstrafe von 72 Tagessätzen zu je CHF 130.—, bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von CHF 2'340.—, wobei die Busse bei schuldhafter Nichtbezahlung in eine unbedingt vollziehbare Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen umzuwandeln sei. Daneben hob das Kantonsgericht die Beschlagnahme über den auf den Beschuldigten lautenden Führerausweis der Kategorie B sowie über die auf den Beschuldigten lautenden Lernfahrausweise der Kategorien A und BE auf und überliess die Ausweise dem Strassenverkehrsamt Glarus. Die Gerichtsgebühr setzte das Kantonsgericht auf CHF 2'600.— fest und auferlegte diese zusammen mit einem Teil der Strafuntersuchungskosten dem Beschuldigten (vgl. zum Ganzen act. 12 S. 17 f. Dispositivziffern 1-5).

 

4.  

Gegen dieses Urteil des Kantonsgerichts erhob der Beschuldigte am 13. März 2023 fristgerecht Berufung beim Obergericht des Kantons Glarus mit den eingangs wiedergegeben Anträgen (act. 15). Die Staatsanwaltschaft erhob weder Berufung noch Anschlussberufung (act. 18).

 

5.  

Die Berufungsverhandlung fand am 1. September 2023 statt (act. 28-29). Am 8. Dezember 2023 fällte das Obergericht seinen Entscheid (act. 30). Der Entscheid wird schriftlich eröffnet, nachdem die Parteien auf eine mündliche Urteilseröffnung ausdrücklich verzichtet haben (Art. 84 Abs. 3 StPO, act. 28 S. 16).

 

 

II. Prozessuales

1.  

Das hier angefochtene Strafurteil der Vorinstanz (act. 12) ist der Berufung zugänglich (Art. 398 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte ist zur Berufung legitimiert (Art. 382 Abs. 1 StPO), hat die Rechtsmittelfrist gewahrt und erhebt zulässige Rügen (Art. 398 Abs. 3 StPO; vgl. act. 14-15 und act. 28). Das Obergericht ist als Rechtsmittelinstanz in Strafsachen für die Behandlung der Berufung zuständig (Art. 17 Abs. 1 lit. a GOG [GS III A/2]). Auf die Berufung ist einzutreten (Art. 398 ff. StPO).

 

2.  

2.1. Mit Berufung kann gemäss Art. 398 Abs. 3 StPO geltend gemacht werden, die Vorinstanz habe das Recht verletzt, den Sachverhalt unvollständig unrichtig festgestellt und/oder unangemessen gehandelt.

 

2.2. Im vorliegenden Fall macht der Beschuldigte sowohl eine falsche Sachverhaltsfeststellung als auch eine falsche Rechtsanwendung geltend (vgl. act. 28 S. 3 ff.).

 

3.  

Die Berufung hat im Umfang der Anfechtung des vorinstanzlichen Urteils aufschiebende Wirkung (Art. 402 StPO). Vorliegend wendet sich der Beschuldigte vollumfänglich gegen das Urteil des Kantonsgerichts (vgl. act. 15 und act. 28 S. 2). Somit hat das Obergericht die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung (Schuld- und Strafpunkt), die Aufhebung der Beschlagnahme über die auf den Beschuldigten lautenden Ausweise sowie die vorinstanzliche Kostenregelung zu überprüfen (Art. 428 Abs. 3 StPO), wobei es am Ende ein neues Urteil fällt (Art. 408 StPO).

 

4.  

Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens SG.2022.00076 (act. 1-14) wurden beigezogen. Die Strafuntersuchungsakten (Verfahren SA.2019.00201) bilden integrierenden Bestandteil dieser Akten (act. 2/0.1.01 ff.). Die Akten des Berufungsverfahrens werden im vorinstanzlichen Dossier geführt (ab act. 15).

 

 

III. Sachverhalt

1.  

Dem Beschuldigten wird vorliegend vorgeworfen, er habe am 30. August 2017, am 27. November 2017 sowie am 26. Juli 2018 beim Strassenverkehrsamt Glarus das Gesuchsformular zur Erteilung eines Lernfahr- bzw. eines Führerausweises teilweise wahrheitswidrig ausgefüllt und dadurch Lernfahrausweise der Kategorien B, BE und A sowie einen Führerausweis der Kategorie B erschlichen. So habe er im Gesuchsformular wahrheitswidrig angegeben, bis anhin keinen Führerausweis besessen sowie in der Vergangenheit nie Probleme mit Betäubungsmitteln gehabt zu haben (siehe zum Ganzen act. 3).

 

2.  

Die Vorinstanz ging in ihrem Urteil davon aus, dass der dem Beschuldigten vorgeworfene Sachverhalt erstellt sei. Es sei durch die in den Akten liegenden Kopien der Gesuchsformulare erwiesen, dass der Beschuldigte die Fragen, ob er jemals Probleme mit Alkohol Betäubungsmitteln gehabt habe und ob er jemals im Besitz eines Führer-/Lernfahrausweises gewesen sei, jeweils mit `Nein` beantwortet habe. Dies obwohl er nachweislich unter einer Betäubungsmittel-Problematik gelitten habe und ihm mit rechtskräftiger Verfügung der Führerausweis entzogen worden sei. Aufgrund der falschen Angaben seien dem Beschuldigten die beantragten Lernfahrausweise ohne umfangreichere Abklärungen ausgestellt worden. Die Beanstandung des Beschuldigten, er habe die Formulare nicht komplett eigenhändig ausgefüllt, sei durch die Aussage der involvierten Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamtes Glarus widerlegt. So komme der Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamtes Glarus aufgrund ihrer Funktion eine höhere Glaubwürdigkeit als dem Beschuldigten zu. Der Beschuldigte habe die Gesuchsformulare eigenhändig unterzeichnet und sei somit ohnehin verantwortlich für deren Inhalt (vgl. zum Ganzen act. 12 S. 5 f. E. II.3.).

3.  

Der Beschuldigte bestreitet diese Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz (vgl. act. 28 S. 3 ff.). Insbesondere argumentiert er, keine Täuschungsabsicht gehabt zu haben (act. 28 S. 6 f.). Er habe nichts erschleichen wollen (act. 28 S. 5). Er habe dem Strassenverkehrsamt Glarus von Anfang an offengelegt, dass er seinen Führerausweis wiedererlangen wolle (act. 28 S. 5). Da das Strassenverkehrsamt Glarus somit bereits über die erforderlichen Informationen verfügt habe, habe er es auch nicht täuschen können (act. 28 S. 7). Der Beschuldigte habe dabei nicht gewusst, dass er im Register doppelt erfasst sei (act. 28 S. 7). Die Aussagen des Beschuldigten seien dabei entgegen der Vorinstanz als glaubhaft zu erachten (act. 28 S. 5). Die Zeugin sei zu spät befragt worden, weshalb sie kein Detailwissen mehr habe (act. 28 S. 7). Dem Beschuldigten werde im Ergebnis ein Fehler einer Behörde angelastet (act. 28 S. 8).

 

4.  

Die Staatsanwaltschaft ihrerseits verweist auf die ihrer Ansicht nach zutreffende Begründung der Vorinstanz und beantragt die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (act. 28 S. 11). Ergänzend brachte sie vor, dass das Motiv des Beschuldigten für die gemachten Falschangaben auf der Hand liege. So hätte der Beschuldigte sich bei korrektem Ausfüllen des Formulars aufwendigen und teuren verkehrsmedizinischen Untersuchungen unterziehen müssen, was ihm aufgrund der Falschangaben zunächst erspart geblieben sei (act. 28 S. 12).

 

5.  

Basierend auf den Vorbringen des Beschuldigten ist im Folgenden die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz zu überprüfen. Zu beachten ist dabei, dass der Sachverhalt keineswegs so unbestritten ist, wie die Vorinstanz dies suggeriert. So ist insbesondere die Aussage der Zeugin nicht so eindeutig, wie sie die Vorinstanz zitiert hat (vgl. act. 2/10.2.01 N. 88 ff. im Vergleich zu act. 12 S. 6 E. II.3.). Zudem ist entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen bei der Aussagewürdigung nicht auf die Glaubwürdigkeit der Person an sich, sondern auf die Glaubhaftigkeit der einzelnen Aussagen abzustellen (BGE 147 IV 534 E. 2.3.3, m.w.H.; Hans Walder/ Thomas Hansjakob/Thomas E. Gundlach/Peter Straub, Kriminalistisches Denken, 11. Aufl., Heidelberg 2020, S. 24). Die Aussage der Vorinstanz, dass der Sachverhalt aufgrund der höheren Glaubwürdigkeit der Zeugin erstellt sei, ist deshalb zu korrigieren. Um den Sachverhalt zu erstellen, sind im Folgenden vielmehr die vorhandenen Beweise für die einzelnen drei Tatvorwürfe separat zu untersuchen (E. III.6.-III.8.), und anschliessend im Gesamten zu würdigen (E. III.9.).

 

6. Erstes Gesuch vom 30. August 2017 (Lernfahr-/Führerausweis der Kategorie B)

 

6.1. Der Beschuldigte entschied sich im Jahr 2017 den Führerausweis der Kategorie B wiederzuerlangen, da sein damaliger Arbeitgeber dies von ihm verlangte (act. 2/8.1.03 Frage 48; vgl. auch act. 9 Frage 9). Auf Anraten seines Fahrlehrers begab er sich auf das Strassenverkehrsamt Glarus und erkundigte sich dort, was er hierfür tun müsse (act. 2/8.1.03 Fragen 12, 48 und 52; act. 2/10.1.02 N. 36 ff. und N. 178 f.; act. 9 Frage 10; act. 29 Fragen 47-48). Eine Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamtes Glarus prüfte seinen Namen im internen System und teilte ihm mit, dass er die Prüfung neu machen müsse (act. 2/10.1.02 N. 38 f., N. 179 f. und N. 185; act. 9 Frage 10; act. 29 Frage 53). Anschliessend übergab sie ihm das Gesuchsformular zur Erteilung eines Lernfahr- bzw. eines Führerausweises (act. 2/10.1.02 N. 44), welches der Beschuldigte sogleich ausfüllte (act. 2/8.1.04 S. 7; act. 2/10.1.02 N. 45 ff.). Dabei kreuzte der Beschuldigte auf dem Gesuchsformular unter der Ziffer 2.2 auf die Frage `Leiden litten Sie jemals an Süchten (Alkohol, Rauschgift, Medikamente)?` die Antwort `Nein` an. Auch die Frage `Besitzen besassen Sie schon einmal einen Führer-/Lernfahrausweis?` beantwortete er mit `Nein` (act. 2/8.1.04 S. 7).

 

6.2. Nachdem der Beschuldigte zudem einen Augentest sowie den Nachweis, dass er den Nothelfer sowie die Verkehrskunde absolviert hat, einreichte, stellte das Strassenverkehrsamt Glarus ihm einen Lernfahrausweis der Kategorie B aus (act. 2/10.1.02 N. 46 f.). Nach erfolgreichem Absolvieren der praktischen Prüfung (act. 2/8.1.04 S. 11) wurde dem Beschuldigten anschliessend der Führerausweis der Kategorie B ausgestellt (act. 2/8.1.04 S. 13-15). Dies ist soweit unstrittig.

 

6.3. Ebenfalls unstrittig ist, dass der Beschuldigte die Frage nach einem früheren Führer- bzw. Lernfahrausweis wahrheitswidrig verneint hat. So ergibt sich aus den vorhandenen Akten sowie den Aussagen des Beschuldigten, dass der Beschuldigte den Führerausweis der Kategorie B bereits einmal im Jahr 2008 erworben hat. Insofern ist erstellt, dass er bereits früher einen Führerausweis der Kategorie B besessen hat (act. 2/8.1.05 S. 2 und S. 26; act. 2/10.1.02 N. 56 f., N. 78 ff.).

 

6.4. Strittig ist hingegen, ob der Beschuldigte die Frage nach einem früheren Führerausweis bewusst wahrheitswidrig beantwortet hat. So führt der Beschuldigte hierzu aus, es sei ein Irrtum bzw. ein Fehler von ihm gewesen, dass er auf dem Gesuchsformular angegeben habe, noch nie einen Führerausweis besessen zu haben (act. 2/10.1.02 N. 80 ff. und N. 191 f.). Dies tue ihm leid (act. 2/10.1.02 N. 56 f. und N. 76 f.). Er habe die Gesundheitsfragen angeschaut und das übersehen (act. 2/10.1.02 N. 82 f.). Es sei reine Routine beim Durchkreuzen gewesen; er habe das Formular zu wenig genau gelesen (act. 2/10.1.02 N. 76 ff.; act. 29 Frage 30).

 

6.5. Hierzu ist anzumerken, dass die Frage nach einem früheren Führerausweis auf dem Formular optisch von den oberen Fragen zum Gesundheitszustand getrennt und unter einer neuen Ziffer aufgeführt ist (vgl. act. 2/8.1.04 S. 7). Hätte der Beschuldigte die Frage mit `Ja` beantwortet, hätte er zudem zwei zusätzliche Fragen beantworten müssen. Auf den anderen zwei Formularen hat er dies auch gemacht und jeweils angegeben, welche Führerausweiskategorie er bereits in welchem Kanton erlangt hat (vgl. act. 2/8.1.04 S. 16 und S. 18). Es erscheint somit wenig glaubhaft, dass der Beschuldigte diese Frage überlesen haben will.

 

6.6. Der Beschuldigte hatte bereits im Jahr 2005 ein Gesuch um Erteilung eines Lernfahrausweises der Kategorie B gestellt (act. 2/8.1.04 S. 2; act. 2/8.1.01 S. 3). Auf diesem Gesuchsformular hatte seine Mutter für ihn die Frage `Leiden litten Sie jemals an Süchten (Alkohol, Rauschgift, Medikamente)?` mit `Ja` beantwortet (act. 2/8.1.04 S. 2; act. 2/10.1.02 N. 90 f.; act. 9 Frage 12). Der Beschuldigte musste anschliessend mit einem Urintest nachweisen, dass er nicht unter einer Drogensucht leidet (vgl. act. 2/8.1.04 S. 3 f.; act. 2/10.1.02 N. 87 f.  und N. 127 ff.). Er wusste somit, welche Bedeutung das Setzen von Kreuzen auf dem ihm vorgelegten Formular hatte. Auf dem Formular wurde zudem explizit auf die Strafbarkeit von Falschangaben hingewiesen (act. 2/8.1.04 S. 7). Auch daher musste dem Beschuldigten die Bedeutung von Falschangaben bewusst sein.

 

6.7. Der Beschuldigte wusste zudem, wie er einen neuen Führerausweis korrekt hätte erlangen müssen. So hat er bereits im Jahr 2011 ein Gesuch um Wiedererteilung des Führerausweises im Kanton Solothurn gestellt (act. 2/8.1.05 S. 3). Das Departement des Innern des Kantons Solothurn wies das damals vom Beschuldigten gestellte Gesuch ab, da seine Fahreignung im Gutachten vom 14. März 2011 negativ beurteilt wurde (act. 2/8.1.05 S. 3). Zudem wies es den Beschuldigten darauf hin, dass seine Fahreignung erst erneut abgeklärt würde, wenn er eine mindestens 6-monatige Drogenabstinenz nachweise, alle 3-4 Wochen Urinproben auf Cannabis abgebe, eine wöchentliche, kurzfristig angesetzte Urinprobe auf LSD sowie eine verkehrsmedizinische Untersuchung inkl. Drogen- und Ethylglucuronid-Haaranalyse absolviere (act. 2/8.1.05 S. 3 f.).

 

6.8. Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass der Beschuldigte mit seinem Hintergrundwissen zumindest in Kauf genommen hat, das Gesuchsformular wahrheitswidrig auszufüllen.

 

6.9. Darüber hinaus ist strittig, ob der Beschuldigte die Frage `Leiden litten Sie jemals an Süchten (Alkohol, Rauschgift, Medikamente)?` auf dem Gesuchsformular wahrheitsgetreu beantwortet hat nicht.

 

6.10. Der Beschuldigte führt hierzu aus, dass er nur wegen zwei positiven Drogentests noch nicht als Süchtiger dargestellt werden könne (act. 2/8.1.03 Fragen 14 und 49). Er bestreitet deshalb, falsche Angaben auf dem Gesuchsformular gemacht zu haben (act. 2/10.1.02 N. 152). Die Drogen seien nur in seiner Kindheit ein Problem gewesen (act. 2/10.1.02 N. 57). Seit dem Vorfall, aufgrund dessen ihm sein Führerausweis entzogen worden war, habe er keine Probleme mit Drogen mehr gehabt (act. 2/10.1.02 N. 58 f. und N. 62 f.). Er habe mittlerweile zwei Ausbildungen absolviert und sein Leben in den Griff bekommen (act. 2/10.1.02 N. 59 f.). Er habe weiter mittels Abstinenzkontrolle, bei welcher er zwei Jahre lang Proben habe abgeben müssen, bewiesen, dass er keine Drogen mehr nehme (act. 2/10.1.02 N. 63 ff.).

 

6.11. Hierzu ist Folgendes anzumerken: Der Beschuldigte wurde im Jahr 2009 wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, wegen Verletzung der Verkehrsregeln sowie wegen mehrfachem Fahren in fahrunfähigem Zustand verurteilt (act. 2/1.1.01). Dies weil er am 4. Mai 2009 sowie am 2. August 2009 ein Motorfahrzeug unter Drogeneinfluss lenkte (act. 2/8.1.05 S. 13). Aufgrund dieser Vorfälle wurde dem Beschuldigten sein Führerausweis entzogen (act. 2/1.1.11; act. 2/8.1.05 S. 12 f.). Zudem wurde sein Urin und Blut von den rechtsmedizinischen Instituten St.Gallen, Bern und Basel auf Drogen getestet. Die durchgeführten Tests fielen alle positiv auf die Substanzen Amphetamin, Cannabis und LSD aus (act. 2/8.1.05 S. 17 ff., S. 45 f. und S. 59). Das Institut für Rechtsmedizin St.Gallen hielt zudem fest, dass sich aufgrund des gleichzeitigen Nachweises mehrerer fahrleistungsrelevanter Substanzen die Frage nach einer Suchtmittelproblematik und damit der Fahreignung stelle (act. 2/8.1.05 S. 18). Zudem spreche die hohe Konzentration an THC-Carbonsäure im Blut des Beschuldigten für einen regelmässigen bzw. gewohnheitsmässigen Cannabis-Konsum (act. 2/8.1.05 S. 17 f.).

 

6.12. Dem Beschuldigten wurde somit nicht nur ein zweimaliger Drogenkonsum nachgewiesen, sondern es ergaben sich Hinweise darauf, dass er in der Vergangenheit regelmässig bzw. gewohnheitsmässig Cannabis konsumierte (vgl. act. 2/8.1.05 S. 17 f. und S. 21). Der Beschuldigte bestätigte in seiner polizeilichen Befragung vom 2. August 2009 selbst, wöchentlich zwei bis drei Mal Cannabis zu konsumieren (act. 2/8.1.05 S. 36). Im Jahr 2009 war der Beschuldigte zudem bereits 23-jährig (vgl. act. 2/1.1.10). Es kann somit nicht gesagt werden, Drogen seien nur ein Kindheitsproblem des Beschuldigten gewesen.

 

6.13. Die Frage auf dem Gesuchsformular beim Strassenverkehrsamt Glarus lautete: `Leiden litten Sie jemals an Süchten (Alkohol, Rauschgift, Medikamente)?`. Anzugeben war somit nicht nur ein aktueller, sondern auch eine ehemalige Drogensucht. Entgegen der Argumentation des Beschuldigten, hätte er somit aufgrund seinem vergangenen regelmässigen Cannabiskonsum und seinem weiteren Drogenkonsum die Frage bejahen müssen, wie dies seine Mutter auf dem Gesuchsformular aus dem Jahr 2005 korrekterweise gemacht hat (vgl. act. 2/8.1.04 S. 2).

 

6.14. Darüber hinaus ist erstellt, dass der Beschuldigte auch in der näheren Vergangenheit Drogen konsumierte. So wurde im Rahmen dieser Strafuntersuchung beim Beschuldigten am 29. März 2019 eine Hausdurchsuchung durchgeführt (vgl. act. 2/5.1.03). Dabei wurden 1-2 Gramm Haschisch, ca. 30 Gramm Marihuana, Marihuana Schnittreste, gerauchte Jointresten, 46 THC-haltige Setzlinge sowie deren Mutterpflanzen gefunden (act. 2/5.1.03; act. 2/5.1.05; act. 2/9.1.08; act. 2/8.1.01 S. 4; act. 2/8.2.01 S. 3). Die Ex-Freundin des Beschuldigten sagte in ihrer Befragung vom 21. März 2019 aus, dass der Beschuldigte ca. 1-3 Joints pro Tag konsumieren würde (act. 2/8.1.02 Frage 16). Auch der Beschuldigte gab in seiner polizeilichen Befragung vom 3. April 2019 an, dass er ab und zu Marihuana konsumiere und im gemeinsamen Haus mit seiner Ex-Freundin Marihuana für den Eigenkonsum angebaut habe (act. 2/10.1.01 Fragen 12, 40 und 74).

 

6.15. Indem der Beschuldigte auf dem ersten Gesuchsformular vom 30. August 2017 angab, weder aktuell noch in der Vergangenheit an einer Drogensucht gelitten zu haben, hat der Beschuldigte das Gesuch somit bewusst wahrheitswidrig ausgefüllt.

 

7. Zweites Gesuch vom 27. November 2017 (Lernfahrausweis der Kategorie BE)

 

7.1. Nachdem der Beschuldigte am 22. November 2017 seinen Führerausweis der Kategorie B erhalten hat (act. 2/8.1.04 S. 13), stellte er am 27. November 2017 auch ein Gesuch um Erteilung des Lernfahrausweises der Kategorie BE (act. 2/8.1.04 S. 16). Auch hierfür ging er auf das Strassenverkehrsamt Glarus (act. 29 Frage 31). Die Frage im Gesuchsformular unter der Ziffer 2.2 `Haben Sie heute hatten Sie jemals Probleme mit Alkohol, Betäubungsmitteln?` wurde wiederum mit `Nein` beantwortet (vgl. act. 2/8.1.04 S. 16). Dem Beschuldigten wurde anschliessend der Lernfahrausweis der Kategorie BE erteilt (vgl. act. 2/8.1.04 S. 1).

 

7.2. Strittig ist dabei, ob der Beschuldigte dieses Gesuchsformular vollständig eigenhändig ausgefüllt hat nicht. So gab der Beschuldigte bei der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme an, beim zweiten Gesuchsformular die Gesundheitsfragen eigenhändig ausgefüllt zu haben (act. 2/10.1.02 N. 97 f. und N. 121 ff.). Vor Obergericht sagte er jedoch abweichend hierzu aus, die Kreuze bei den Gesundheitsfragen nicht selbst gesetzt zu haben (act. 29 Frage 31).

 

7.3. Bei der Befragung durch den Staatsanwalt wurde dem Beschuldigten das Gesuchsformular vom 27. November 2017 während der Befragung vorgelegt (act. 2/10.1.02 N. 92). Zudem wurde er zwei Mal gefragt, ob er die Kreuze bei den Gesundheitsfragen in diesem Gesuch selbst gesetzt habe (vgl. act. 2/10.1.02 N. 97 f. und N. 121 ff.). Die Befragung der Staatsanwaltschaft lag zeitlich näher am Vorfall als diese durch das Obergericht. Das Schriftbild auf dem zweiten Gesuch gleicht dem des ersten Gesuches (act. 2/8.1.04 S. 7 und S. 16). Zudem unterscheidet sie sich klar von der Schrift der Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamtes (vgl. act. 2/8.1.04 S. 16 Ziffer 4). In Würdigung dieser Umstände ist entsprechend davon auszugehen, dass der Beschuldigte entsprechend seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft die Kreuze bei den Gesundheitsfragen im zweiten Formular selbst gesetzt hat.

 

7.4. Dabei wird dem Beschuldigten vorgeworfen, auch auf dem zweiten Gesuchsformular bewusst wahrheitswidrig angegeben zu haben, in der Vergangenheit nie Probleme mit Alkohol Betäubungsmitteln gehabt zu haben (act. 3 S. 2).

 

7.5. Der Beschuldigte gibt hierzu an, dass er die Frage nach Probleme mit Drogen mit `Nein` beantwortet habe, da er kein Drogenproblem habe (act. 2/10.1.02 N. 102). Der Beschuldigte verweist hierfür auf dem von ihm eingereichten Arztbericht von Herrn Dr. med. [...] (act. 2/10.1.02 N. 102 f. und act. 2/10.1.02-1). Dieser bestätigt in einem Schreiben, dass er den Beschuldigten seit 2001 als Hausarzt betreuen würde und sich in diesem Zeitraum nie eine Situation mit Verdacht auf Alkohol- Drogenabhängigkeit ergeben habe. Eine gelegentliche Cannabis-Einnahme habe zeitweilig vorgelegen, jedoch ohne dass dadurch eine Abhängigkeitssituation entstanden sei aktuell vorliege (act. 2/10.1.02-1).

 

7.6. Die in den Akten liegenden Urin- und Blutproben des Beschuldigten von den rechtsmedizinischen Instituten St.Gallen, Bern und Basel aus dem Jahr 2009 weisen einen anderen Befund auf. So fielen diese alle positiv auf die Substanzen Amphetamin, Cannabis und LSD aus (act. 2/8.1.05 S. 17 ff., S. 45 f. und S. 59). Das Institut für Rechtsmedizin St.Gallen hielt zudem fest, dass sich aufgrund des gleichzeitigen Nachweises mehrerer fahrleistungsrelevanter Substanzen die Frage nach einer Suchtmittelproblematik und damit der Fahreignung stelle (act. 2/8.1.05 S. 18). Die hohe Konzentration an THC-Carbonsäure im Blut des Beschuldigten spreche dabei für einen regelmässigen bzw. gewohnheitsmässigen Cannabis-Konsum (act. 2/8.1.05 S. 17 f.).

 

7.7. Entgegen den Ausführungen des Hausarztes des Beschuldigten ist somit erwiesen, dass der Beschuldigte früher regelmässig bzw. gewohnheitsmässig Cannabis konsumierte (vgl. act. 2/8.1.05 S. 17 f. und S. 21). Dies bestätigte der Beschuldigte in seiner polizeilichen Befragung vom 2. August 2009 selbst, als er angab, wöchentlich zwei bis drei Mal Cannabis zu konsumieren (act. 2/8.1.05 S. 36). Aus diesen Akten ergibt sich weiter, dass der Beschuldigte damals nicht mehr in der Lage war, den Drogenkonsum und das Autofahren sauber zu trennen. So wurde er innert drei Monaten gleich zwei Mal unter Drogeneinfluss am Steuer erwischt (vgl. act. 2/8.1.05 S. 13). Der Beschuldigte wurde deshalb rechtskräftig wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, Verletzung der Verkehrsregeln sowie mehrfachem Fahren in fahrunfähigem Zustand verurteilt (act. 2/1.1.01).

 

7.8. Auf dem Gesuchsformular zur Erteilung eines Lernfahr- bzw. Führerausweises waren nicht nur aktuelle, sondern auch frühere Probleme mit Drogen offenzulegen. Entgegen der Argumentation des Beschuldigten, hätte er somit die Frage nach Problemen mit Drogen aufgrund seinem vergangenen regelmässigen Cannabiskonsum und seinem weiteren Drogenkonsum bejahen müssen. Indem der Beschuldigte auf dem Formular angab, weder aktuell noch in der Vergangenheit Probleme mit Drogen gehabt zu haben, hat der Beschuldigte das Gesuch somit bewusst wahrheitswidrig ausgefüllt.

 

8. Drittes Gesuch vom 26. Juli 2018 (Lernfahrausweis der Kategorie A)

 

8.1. Der Beschuldigte stellte am 26. Juli 2018 schliesslich ein Gesuch um Erteilung des Lernfahrausweises der Kategorie A (act. 2/8.1.04 S. 18; act. 29 Frage 32). Die Frage im Gesuchsformular unter der Ziffer 2.2 `Haben Sie heute hatten Sie jemals Probleme mit Alkohol, Betäubungsmitteln?` wurde wiederum verneint (vgl. act. 2/8.1.04 S. 18). Dem Beschuldigten wurde am nächsten Tag der Lernfahrausweis der Kategorie A erteilt (vgl. act. 2/8.1.04 S.1).

 

8.2. Strittig ist dabei, ob der Beschuldigte die Frage zu früheren Drogenproblemen selbst beantwortet hat nicht. Der Beschuldigte sagte hierzu aus, beim dritten Gesuch nur den oberen Teil, d.h. die Personalien, sowie das Datum und die Unterschrift selbst ausgefüllt zu haben (act. 2/10.1.02 N. 107; act. 29 Fragen 32-37). Den Rest habe das Strassenverkehrsamt ausgefüllt (act. 2/10.1.02 N. 107). Insbesondere bestreitet der Beschuldigte, bei diesem Gesuch die Gesundheitsfragen selbst ausgefüllt zu haben (act. 2/10.1.02 N. 109 ff.; act. 29 Fragen 32-34). Diese seien direkt übernommen worden (act. 2/10.1.02 N. 110). Die Kreuze seien vom Strassenverkehrsamt nachträglich gesetzt worden, nachdem er das Formular bereits unterschrieben habe (act. 2/10.1.02 N. 113 und N. 121 ff.; act. 29 Frage 49). Auch die Fragen nach einem früheren Führerausweis habe er auf diesem Formular nicht selbst beantwortet (act. 2/10.1.02 N. 115 ff.; act. 29 Frage 35). Man sehe das an der Handschrift, dass dies nicht seine Schrift sei (act. 2/10.1.02 N. 117; act. 29 Frage 34).

 

8.3. Die Zeugin gab an ihrer Einvernahme dagegen an, dass die Kunden das Formular vor allem wegen den Gesundheitsfragen selbst ausfüllen müssten (act. 2/10.2.01 N. 93 f.). Sie hoffe deshalb schwer, dass nicht Mitarbeiter des Strassenverkehrsamtes für Kunden das Formular ausfüllen würden (act. 2/10.2.01 N. 93). Sie selbst habe dies auch nie so gemacht (act. 2/10.2.01 N. 97 ff.). Ausschliessen, dass dies andere Mitarbeiter des Strassenverkehrsamtes machen würden, könne sie jedoch nicht (act. 2/10.2.01 N. 96).

 

8.4. Entgegen der Vorinstanz (act. 12 S. 6 E. II.3.) ist alleine aufgrund dieser Aussagen der Zeugin nicht erstellt, dass der Beschuldigte die Gesundheitsfragen auch auf dem dritten Gesuchsformular eigenhändig ausgefüllt hat. Die Aussagen der Zeugin stellen lediglich ein Indiz dafür dar, dass die Ausführungen des Beschuldigten eher unwahrscheinlich sind und im Normalfall nicht davon auszugehen ist, dass die Mitarbeitenden des Strassenverkehrsamtes die Gesundheitsfragen für die Gesuchsteller ausfüllen.

 

8.5. Zur Klärung der Frage, ob der Beschuldigte auch auf dem dritten Gesuchsformular die Gesundheitsfragen eigenhändig ausfüllte nicht, ist deshalb zusätzlich die Schrift auf den jeweiligen Gesuchsformularen zu vergleichen. Dabei fällt auf, dass die Schrift bei der Frage nach einem früheren Führerausweis auf dem dritten Gesuchsformular entgegen dem Beschuldigten (act. 2/10.1.02 N. 117; act. 29 Frage 34) identisch aussieht wie die Schrift im oberen Teil dieses Gesuches (vgl. act. 2/8.1.04 S. 18). Auch sieht die Schrift identisch aus mit der auf dem ersten und dem zweiten Gesuchsformular (vgl. act. 2/8.1.04 S. 7 und S. 16 im Vergleich zu act. 2/8.1.04 S. 18). Zudem sehen auch die auf den Formularen gesetzten Kreuze so aus, als würden sie alle von derselben Person stammen (vgl. act. 2/8.1.04 S. 7, S. 16 und S. 18). [...]

 

8.6. Beim Teil des Gesuchsformulars zum Sehtest und zur Gesuchskontrolle, welcher unstrittig eine Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamts ausfüllte, ist klar ersichtlich, dass es sich hierbei um eine andere Schrift handelt (vgl. act. 2/8.1.04 S. 18; act. 2/10.2.01 N. 151 ff.). Es macht auch Sinn, dass dieser Teil von einer Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamts ausgefüllt wird, da es sich dabei um Angaben zur Gesuchskontrolle handelt bzw. der Beschuldigte vom Nachweis eines Augentests befreit wird, da er bereits einen absolviert hat (vgl. act. 2/8.1.04 S. 7). Wie die Zeugin vorbringt (act. 2/10.2.01 N. 93 f.), konnte die Mitarbeitende des Strassenverkehrsamtes Glarus dagegen nicht wissen, wie der Beschuldigte die einzelnen Gesundheitsfragen zu beantworten hat.

 

8.7. Insgesamt ist somit mit der Vorinstanz und der Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass der Beschuldigte auch auf dem dritten Gesuchsformular die Kreuze selbst gesetzt hat. Die anderslautenden Ausführungen des Beschuldigten sind nicht als glaubhaft zu erachten. Auch wenn der Beschuldigte, die Kreuze nicht selbst gesetzt hätte, wäre er dennoch für den Inhalt auf dem Gesuch verantwortlich. So hätte er dem Strassenverkehrsamt in diesem Fall mindestens angeben müssen, dass die Fragen gleich wie beim letzten Gesuch zu beantworten seien. Auch in diesem Fall wäre der Beschuldigte somit für den Inhalt der beantworteten Fragen verantwortlich; zumal der Beschuldigte nicht behauptet, die Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamtes hätte die Kreuze anders gesetzt, als von ihm gewollt.

 

8.8. Der Beschuldigte hat somit auch auf dem dritten Gesuchsformular bewusst wahrheitswidrig angegeben bzw. bewusst verschwiegen, in der Vergangenheit nie Probleme mit Drogen gehabt zu haben (vgl. act. 2/8.1.04 S. 18). Dies obwohl er in der Vergangenheit regelmässig Cannabis konsumierte (act. 2/8.1.05 S. 17 f., S. 21 und S. 36), im Jahr 2009 von den rechtsmedizinischen Instituten St.Gallen, Bern und Basel positiv auf die Substanzen Amphetamin, Cannabis und LSD getestet (act. 2/8.1.05 S. 17 ff., S. 45 f. und S. 59) und wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, wegen Verletzung der Verkehrsregeln sowie wegen mehrfachem Fahren in fahrunfähigem Zustand verurteilt wurde (act. 2/1.1.01).

 

9. Fazit

 

9.1. Der Beschuldigte hat am 30. August 2017 auf dem Gesuch um Erteilung eines Lernfahrausweises für die Kategorie B bewusst wahrheitswidrig angegeben, noch nie einen Führerausweis besessen zu haben und in der Vergangenheit an keiner Drogensucht gelitten zu haben. Daneben hat er sowohl am 27. November 2017 als auch am 26. Juli 2018 auf dem Gesuch um Erteilung eines Lernfahrausweises für die Kategorie BE bzw. A bewusst wahrheitswidrig angegeben, in der Vergangenheit noch nie Probleme mit Drogen gehabt zu haben.

 

9.2. Das Strassenverkehrsamt Glarus stellte dem Beschuldigten die Lernfahrausweise bzw. den Führerausweis dabei nur aus, da es im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht gemerkt hat, dass die Angaben des Beschuldigten auf dem Gesuchsformular falsch waren. So war der Beschuldigte irrtümlicherweise doppelt im System erfasst; einmal im Kanton Glarus unter dem FABER Pin Nr. [...] und einmal im Kanton Solothurn unter dem FABER Pin Nr. [...] (act. 2/8.1.04 S. 20 und S. 24). Entsprechend hat das Strassenverkehrsamt Glarus damals nicht gemerkt, dass der Beschuldigte bereits einmal einen Führerausweis besessen hat und gegen ihn mehrere Administrativmassnahmen inklusive Sicherheitsentzug verfügt worden sind (vgl. act. 2/8.1.04 S. 21). Dass der Beschuldigte über zwei Einträge im FABER System verfügte, wurde erst anlässlich einer Verkehrskontrolle im Jahr 2019 bemerkt (act. 2/8.1.01 S. 2).

 

9.3. Hätte der Beschuldigte auf dem ersten Gesuchsformular korrekt angegeben, bereits einmal einen Führerausweis besessen zu haben, wären vom Strassenverkehrsamt von Anfang an weitere Abklärungen zu Beschuldigten getätigt worden (act. 2/10.2.01 N. 111 ff.). So wäre er in diesem Fall schweizweit im System und nicht nur im System des Kantons Glarus gesucht worden (act. 2/10.2.01 N. 111 ff.). Entsprechend ist davon auszugehen, dass diesfalls auch der Eintrag aus dem Kanton Solothurn gefunden worden wäre (vgl. act. 2/10.2.01 N. 156 ff.). Somit hätte das Strassenverkehrsamt Glarus bereits bei Gesuchseinreichung des Beschuldigten bemerkt, dass gegen ihn im Kanton Solothurn ein Sicherheitsentzug auf unbestimmte Zeit verfügt worden ist. Dem Beschuldigten wäre der Lernfahr- bzw. der Führerausweis entsprechend nicht ohne Nachweis einer mindestens 6-monatigen Drogenabstinenz erteilt worden (vgl. act. 2/8.1.05 S. 3 f.). Indem der Beschuldigte das Gesuchsformular bewusst wahrheitswidrig ausgefüllt hat, hat er sich diesen aufwändigen Nachweis, dass er mittlerweile drogenabstinent ist, erspart.

 

 

IV. Rechtliche Würdigung

1.  

Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten aufgrund des ihm angelasteten Sachverhaltes des mehrfachen Erschleichens von Ausweisen im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG schuldig (vgl. act. 12 S. 6 ff. E. III.). Auch die Staatsanwaltschaft subsumiert das Verhalten des Beschuldigten unter Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG (vgl. act. 3 und act. 28 S. 11 f.).

 

2.  

Der Beschuldigte argumentiert dagegen, dass er unschuldig und deshalb freizusprechen sei (act. 28 S. 10). Erschleichen im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG setze eine Täuschungsabsicht voraus (act. 28 S. 6). Der Beschuldigte habe jedoch keine Täuschungsabsicht gehabt, sondern einzig die Absicht sich dem Problem zu stellen (act. 28 S. 6 f.). Die Falschangabe auf dem Formular des Beschuldigten seien darüber hinaus nicht kausal dafür gewesen, dass ihm der Führerausweis erteilt worden sei (act. 28 S. 6 und S. 8). So hätte er diesen nach Ansicht des Beschuldigten auch erhalten, wenn er angegeben hätte, bereits einmal einen Führerausweis gehabt zu haben, da dies aus dem System nicht ersichtlich gewesen sei (act. 28 S. 6). Zudem sei der Ausweisentzug des Kantons Solothurn aus dem Jahr 2009 nichtig, da dieser örtlich unzuständig gewesen sei (act. 28 S. 9). Wenn der Ausweisentzug nichtig sei, gebe es auch keine falschen Antworten – so könne die Nichtigkeit jederzeit geltend gemacht werden (act. 28 S. 9). Darüber hinaus seien die Frage nach einem früheren Führerausweis und einem früheren Drogenkonsum unzulässig gewesen (act. 28 S. 10). Der Beschuldigte habe sich in einem Aussagedilemma in einem parallelen Verfahren befunden. Er müsse sich nicht selbst belasten. Anders zu entscheiden würde bedeuten, die Rechte aus der EMRK auszuschalten (act. 28 S. 10).

 

3.  

3.1. Gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich durch unrichtige Angaben, Verschweigen erheblicher Tatsachen Vorlage von falschen Bescheinigungen einen Ausweis eine Bewilligung erschleicht.

 

3.2. Im angefochtenen Urteil wurden die massgeblichen rechtlichen Grundlagen zu diesem Tatbestand zutreffend wiedergegeben (vgl. act. 12 S. 7 E. III.1.2.). Darauf wird grundsätzlich verwiesen (vgl. Art. 82 Abs. 4 StPO). Hervorzuheben bzw. zu ergänzen ist, dass bereits das eventualvorsätzliche Erschleichen von Ausweisen unter Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG fällt (Jürg Bähler, in: Basler Kommentar Strassenverkehrsgesetz, Basel 2014, N. 22 zu Art. 97 SVG). Eventualvorsatz liegt dabei vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs beziehungsweise die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 2 StGB; BGE 147 IV 439 E. 7.3.1; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3, je m.w.H.). Wie die Staatsanwaltschaft zu Recht vorbringt (act. 28 S. 12), ist dabei nicht erforderlich, dass der Täter arglistig handelt (vgl. Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG; Jürg Bähler, a.a.O., N. 20 ff. zu Art. 97 SVG).

 

4.  

4.1. Der Beschuldigte hat am 30. August 2017 auf dem ersten Gesuchsformular zur Erlangung des Führerausweises der Kategorie B wahrheitswidrig angegeben, noch nie einen Führerausweis besessen sowie weder aktuell noch in der Vergangenheit an einer Drogensucht gelitten zu haben (vgl. oben E. III.6.). Am 27. November 2017 und am 26. Juli 2018 hat der Beschuldigte auf den Gesuchsformularen zur Erlangung der Lernfahrausweise der Kategorien BE und A zudem jeweils wahrheitswidrig angegeben, in der Vergangenheit nie Probleme mit Drogen gehabt zu haben (vgl. E. III.7.-III.8.). Der Beschuldigte hat somit auf allen drei Gesuchsformularen unrichtige Angaben gemacht bzw. zumindest erhebliche Tatsachen verschwiegen. Insofern hat er den objektiven Tatbestand von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG drei Mal erfüllt.

 

4.2. Nicht gefragt wurde auf den Gesuchsformularen dagegen, ob ein früher erteilter Führerausweis in der Zwischenzeit entzogen worden ist nicht. Die Ausführungen der Verteidigung, dass der gegen den Beschuldigten ausgesprochene Führerausweisentzug aus dem Jahr 2010 durch die Solothurner Behörden nichtig sei (act. 28 S. 8 f.), gehen somit an der Sache vorbei. Von dem geht richtigerweise auch die Staatsanwaltschaft aus (vgl. act. 28 S. 12). Der Verteidiger kann somit aus seinen Ausführungen zur Nichtigkeit des verfügten Führerausweisentzuges nichts zu Gunsten seines Klienten ableiten, weshalb nicht weiter darauf einzugehen ist.

 

4.3. Auch die Ausführungen der Verteidigung zur Kausalität verfangen nicht (vgl. act. 28 S. 6 und S. 8). So ist erstellt, dass das Strassenverkehrsamt Glarus dem Beschuldigten bei korrekter Beantwortung der Fragen auf dem Gesuchsformular den Lernfahrausweis nicht direkt ausgestellt hätte (vgl. oben E. III.9.). Vielmehr hätte es in diesem Fall gemäss der glaubhaften Aussage der Zeugin vertieftere Abklärungen im nationalen und nicht nur im kantonalen System zum Beschuldigten getroffen (vgl. act. 2/10.2.01 N. 113 ff. und N. 156 ff.). In diesem Fall wäre schon bei der Gesuchseinreichung aufgefallen, dass der Beschuldigte bereits einmal einen Führerausweis besessen hat und gegen den Beschuldigten einen Sicherungsentzug verfügt worden ist. Das Strassenverkehrsamt Glarus hätte dem Beschuldigten den Führerausweis somit erst bei Nachweis einer mindestens 6-monatigen Drogenabstinenz wiedererteilt (vgl. act. 2/8.1.05 S. 3 f.). Nicht entlasten kann sich der Beschuldigte schliesslich damit, dass er vor dem Ausfüllen des Gesuches der Mitarbeiterin des Strassenverkehrsamtes gesagt haben will, dass er seinen Ausweis wiedererlangen möchte und somit implizit bereits zu Beginn offengelegt habe, bereits einmal über einen Ausweis verfügt zu haben (vgl. act. 28 S. 5). So entbindet ihn dies nicht davon, das ihm anschliessend übergebene Formular wahrheitsgetreu auszufüllen.

 

4.4. Entgegen den Ausführungen des Beschuldigten (act. 28 S. 6 und S. 8) haben seine Falschangaben auf den Gesuchsformularen somit sehr wohl kausal zur fälschlicherweise Ausstellung der Lernfahr- und des Führerausweises geführt (vgl. hierzu auch act. 12 S. 10 E. III.2.2.2.).

 

4.5. Der Beschuldigte wusste dabei, welche Bedeutung das Setzen der Kreuze auf dem Formular hatte (vgl. oben E. III.6.6.). Zudem wusste er, wie er richtigerweise hätte vorgehen müssen, um den Führerausweis wiederzuerlangen. So hat er bereits im Jahr 2011 im Kanton Solothurn ein Gesuch um Wiedererlangung des Führerausweises gestellt (vgl. act. 2/8.1.05 S. 3). Der Beschuldigte kann sich entgegen seiner Argumentation (act. 28 S. 14) somit nicht dadurch entlasten, dass er nichts von seinem doppelten Eintrag im System des Strassenverkehrsamtes gewusst hat. Wie oben ausgeführt (E. III.6-III.8.), nahm der Beschuldigte mit seinen Falschangaben zumindest in Kauf, unrechtmässig Lernfahrausweise der Kategorien B, BE und A bzw. einen Führerausweis der Kategorie B ausgestellt zu erhalten. Entsprechend hat er auch den subjektiven Tatbestand von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG drei Mal erfüllt.

 

5.  

5.1. Entgegen den Ausführungen des Beschuldigten (act. 28 S. 10), verfügen die Fragen auf dem Gesuchsformular des Strassenverkehrsamtes Glarus schliesslich über eine gesetzliche Grundlage, liegen im öffentlichen Interesse der Verkehrssicherheit und sind verhältnismässig (vgl. hierzu auch act. 12 S. 8 E. III.2.1.). So ist in Art. 14 Abs. 1 SVG festgehalten, dass Motofahrzeugführer über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen müssen. Über Fahreignung verfügt, wer das Mindestalter erreicht hat; die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen hat; frei von einer Sucht ist, die das sichere Führen von Motorfahrzeugen beeinträchtigt, und nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr bietet, als Motorfahrzeugführer die Vorschriften zu beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen (Art. 14 Abs. 2 SVG). Der Nachweis über die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen ist dabei nach Art. 14a Abs. 2 SVG durch einen behördlich anerkannten Sehtest und durch eine Selbstdeklaration über den Gesundheitszustand zu erbringen. Dabei enthält der Anhang 4 der Verkehrszulassungsverordnung sogar eine Vorlage für das von den Strassenverkehrsämtern konkret zu verwendende Gesuchsformular. Diese Vorlage wurde vom Strassenverkehrsamt Glarus verwendet (vgl. act. 2/8.1.04 S. 7, S. 16 und S. 18). Die auf dem Gesuchsformular vorhandenen Fragen sind somit als zulässig zu erachten.

 

5.2. Wie die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft (act. 12 S. 8 E. III.2.1.; act. 28 S. 13) zu Recht festhalten, geht es vorliegend entgegen der Verteidigung (act. 28 S. 10) auch nicht um die Thematik von parallelen Verfahren. Zum Zeitpunkt, als der Beschuldigte sein Gesuch um die Erteilung eines Lernfahr- bzw. eines Führerausweises einreichte, lief kein Strafverfahren gegen ihn. Er hat sich somit rein in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren betreffend Erteilung eines Führerausweises befunden. Hätte er damals korrekterweise angegeben, bereits über einen Führerausweis zu verfügen, wäre kein Strafverfahren gegen ihn eröffnet worden. Das Strafverfahren wurde nur deshalb eröffnet, weil der Beschuldigte das Gesuch wahrheitswidrig ausfüllte. Das Strafverfahren wurde zudem erst im Jahr 2019 eröffnet, als bei einer Verkehrskontrolle zufälligerweise aufgefallen ist, dass der Beschuldigte im System doppelt erfasst ist und gegen ihn eigentlich einen Sicherungsentzug verfügt worden ist (vgl. act. 2/8.1.01 S. 2). Dem Strafverfahren liegt somit ein anderer Sachverhalt zugrunde als dem ursprünglichen Verwaltungsverfahren um Erteilung eines Führerausweises. Der Beschuldigte war somit im Verwaltungsverfahren betreffend Erteilung eines Lernfahr- bzw. Führerausweises ohne Weiteres verpflichtet, an der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes mitzuwirken (vgl. Art. 39 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Glarus [GS III G/1]). Auch aus dieser Perspektive waren die auf dem Gesuchsformular vorhandenen Fragen somit zulässig.

 

6.  

6.1. Der Beschuldigte hat insgesamt drei Gesuchsformulare beim Strassenverkehrsamt Glarus bewusst wahrheitswidrig ausgefüllt und dadurch sowohl der Führerausweis der Kategorie B als auch die Lernfahrausweise der Kategorien B, BE und A erschlichen. Zwischen den Gesuchen des Beschuldigten lagen drei bzw. acht Monate (vgl. act. 2/8.1.04 S. 7, S. 16 und S. 18). Zwischen den Delikten bestand somit keine zeitliche Nähe. Wie die Vorinstanz zu Recht festhielt (act. 12 S. 7 E. III.1.1.), kann das Verhalten des Beschuldigten somit nicht als natürliche Handlungseinheit qualifiziert werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1349/2017 vom 2. Oktober 2018 E. 2.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_543/2016 vom 22. September 2016 E. 4.4).

 

6.2. Der Beschuldigte ist somit wegen mehrfachen Erschleichens eines Ausweises im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG, begangen am 30. August 2017, am 27. November 2017 und am 26. Juli 2018, schuldig zu sprechen (vgl. auch act. 3 und act. 12 S. 11 E. III.3.).

 

 

V. Strafzumessung und Vollzug

1.  

Die Vorinstanz verurteilte den Beschuldigten für das mehrfache Erschleichen von Ausweisen zu einer bedingten Geldstrafe von 72 Tagessätzen zu je CHF 130.— sowie zu einer Verbindungsbusse von CHF 2'340.—, bei schuldhafter Nichtbezahlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen umgewandelt (act. 12 S. 17 Dispositivziffer 2). Weil vorliegend einzig der Beschuldigte Berufung erhoben hat, kann das Obergericht von vornherein nicht über dieses Strafmass hinausgehen (Art. 391 Abs. 2 StPO).

 

2.  

2.1. Vorliegend ist der Beschuldigte wegen mehrfacher Tatbegehung schuldig zu sprechen (vgl. oben E. IV.6.2.). Entsprechend ist zunächst die Einsatzstrafe für die schwerste Straftat festzulegen und diese anschliessend aufgrund der weiteren Straftaten angemessen zu erhöhen (Art. 49 Abs. 1 StGB; BGE 144 IV 217 E. 2.1 und E. 3.5.2).

 

2.2. Die Vorinstanz hat im Widerspruch hierzu direkt eine Gesamtstrafe festgelegt, wobei im Einzelnen nicht ersichtlich ist, wie schwer sie die einzelnen Tatvorwürfe qualifizierte (vgl. act. 12 S. 11 ff. E. IV.). Da dieses Vorgehen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung widerspricht (vgl. BGE 144 IV 217 E. 2.1 und E. 3.5.2), ist die Strafzumessung vorliegend neu vorzunehmen, auch wenn der Beschuldigte die Strafzumessung im Berufungsverfahren nicht beanstandet hat (vgl. act. 15 und act. 28).

 

3.  

Vorliegend ist der Beschuldigte für alle drei Taten mit einer Geldstrafe zu bestrafen (vgl. act. 12 S. 12 E. IV.2.; Art. 391 Abs. 2 StPO). Die Festlegung einer Geldstrafe erfolgt dabei in zwei Schritten: Zunächst ist die dem Verschulden des Täters angemessene Anzahl Tagessätze zu bestimmen (Art. 34 Abs. 1 StGB). Zu berücksichtigen sind dabei sowohl die objektiven und subjektiven Tatkomponenten als auch die Täterkomponenten (vgl. BGE 141 IV 61 E. 6.1.1., m.w.H.; Hans Wiprächtiger/Stefan Keller, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. Aufl., Basel 2019, N. 85 zu Art. 47 StGB). Anschliessend ist die Höhe des Tagessatzes entsprechend den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten im Zeitpunkt des Urteils festzulegen (Art. 34 Abs. 2 StGB). Relevant sind namentlich Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfällige Familien- und Unterstützungspflichten sowie das Existenzminimum des Beschuldigten (Art. 34 Abs. 2 StGB).

 

4.  

4.1. Der Beschuldigte erschlich sich vorliegend am 30. August 2017 einen Lernfahr- und anschliessend einen Führerausweis der Kategorie B. Dies indem er auf dem Gesuchsformular des Strassenverkehrsamtes Glarus wahrheitswidrig angab, bis anhin keinen Führerausweis besessen sowie in der Vergangenheit nie an einer Drogensucht gelitten zu haben (vgl. oben E. III.6.). Da der Beschuldigte doppelt im System erfasst war, merkte das Strassenverkehrsamt im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht, dass es sich bei den Antworten des Beschuldigten um Falschangaben handelte. Es merkte somit auch nicht, dass dem Beschuldigten sein Führerausweis der Kategorie B im Jahr 2009 entzogen worden war, da er zwei Mal innert kürzester Zeit unter Drogeneinfluss ein Motorfahrzeug lenkte (vgl. oben E. III.9.2.). Der Beschuldigte hat mittlerweile nachgewiesen, dass er nicht mehr an einer Drogensucht leidet (vgl. act. 28 S. 3).

 

4.2. Der Strafrahmen von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG reicht bis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Gemessen an diesem Strafrahmen ist die Tat des Beschuldigten im unteren Bereich zu verordnen. So sind erheblich schwerere Tatvarianten, etwa unter Verwendung gefälschter Dokumente, denkbar. Von dem ging im Ergebnis auch die Vorinstanz aus (vgl. act. 12 S. 13 E. IV.3.1.). Aufgrund der objektiven Tatkomponenten ist vorliegend konkret von einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen auszugehen.

 

4.3. In subjektiver Hinsicht ist zu Lasten des Beschuldigten zu berücksichtigen, dass er eigentlich gewusst hätte, wie er den Führerausweis korrekterweise hätte wiedererlangen können (vgl. oben E. III.6.7.). So hat er bereits im Jahr 2011 im Kanton Solothurn ein Gesuch um Wiedererteilung des Führerausweises gestellt (act. 2/8.1.05 S. 3). Damals wurde ihm mitgeteilt, dass seine Fahreignung erst erneut überprüft werde, wenn er eine mindestens 6-monatige Drogenabstinenz inkl. Cannabis und LSD nachweise, alle 3-4 Wochen Urinproben auf Cannabis abgebe, eine wöchentliche, kurzfristig angesetzte Urinprobe auf LSD sowie eine verkehrsmedizinische Untersuchung inkl. Drogen- und Ethylglucuronid-Haaranalyse absolviere (act. 2/8.1.05 S. 3 f.). Mit seinen Falschangaben auf dem Gesuchsformular versuchte der Beschuldigte dieses aufwendige Verfahren zu umgehen (vgl. oben E. III.9.3.). Die kriminelle Energie des Beschuldigten ist mit der Vorinstanz dabei als eher leicht einzustufen (vgl. act. 12 S. 13 E. IV.3.1.). So hat er seine Tat nicht in aufwendiger Art und Weise vorbereitet bzw. geplant. Vielmehr hat er unter Ausnützung eines Versehens des Strassenverkehrsamtes vor Ort gehandelt, indem er das Gesuchsformular falsch ausfüllte. Zudem wollte der Beschuldigte den Führerausweis der Kategorie B aufgrund seines damaligen Arbeitgebers wiedererlangen (vgl. act. 2/8.1.03 Frage 48). Die hypothetische Einsatzstrafe für das Erschleichen des Lernfahr- bzw. Führerausweises der Kategorie B ist in Anbetracht dieser subjektiven Tatkomponenten entsprechend auf 80 Tagessätze zu erhöhen.

 

4.4. Am 27. November 2017 erschlich sich der Beschuldigte zudem einen Lernfahrausweis der Kategorie BE. Dies indem er im entsprechenden Gesuchsformular des Strassenverkehrsamtes Glarus wahrheitswidrig angab, in der Vergangenheit nie Probleme mit Drogen gehabt zu haben (vgl. oben E. III.7.). Da der Beschuldigte doppelt im System erfasst war, merkte das Strassenverkehrsamt Glarus im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht, dass es sich hierbei um eine falsche Angabe des Beschuldigten handelte (vgl. oben E. III.9.2.).

 

4.5. Im Vergleich zum ersten Erschleichen des Ausweises vom 30. August 2017 wiegt diese Tat weniger schwer. So hat der Beschuldigte einerseits nur den Lernfahr- und nicht auch den Führerausweis erschlichen (vgl. act. 2/8.1.04 S. 1). Zudem hat er nur eine Falschangabe zu seinem früheren Drogenkonsum und nicht zusätzlich eine zum früheren Führerausweis gemacht (vgl. act. 2/8.1.04 S. 16). Der Beschuldigte hat zudem mittlerweile nachgewiesen, dass er keine Drogen mehr konsumiert (vgl. act. 28 S. 3). Auch diese Tat ist gemessen am Strafrahmen von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG somit im unteren Bereich zu verordnen. Konkret ist aufgrund der objektiven Tatkomponenten für das Erschleichen des Lernfahrausweises der Kategorie BE somit von einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen auszugehen.

 

4.6. Auch hierbei ist zu Lasten des Beschuldigten in subjektiver Hinsicht zu berücksichtigen, dass er eigentlich gewusst hätte, wie er den Lernfahrausweis korrekterweise hätte erlangen können (vgl. hierzu oben E. III.6.7.). Mit seinen Falschangaben auf dem Gesuchsformular versuchte der Beschuldigte dieses aufwendige Verfahren zu umgehen (vgl. oben E. III.9.3.). Die kriminelle Energie des Beschuldigten ist mit der Vorinstanz dabei als eher leicht einzustufen (vgl. act. 12 S. 13 E. IV.3.1.). So hat er seine Tat nicht in aufwendiger Art und Weise vorbereitet bzw. geplant. Vielmehr hat er als er den Führerausweis der Kategorie B erhalten hat, entschieden auch den Führerausweis der Kategorie BE zu erlangen (vgl. act. 29 Frage 31). Die hypothetische Einsatzstrafe für das Erschleichen des Lernfahrausweises der Kategorie BE ist in Anbetracht dieser subjektiven Tatkomponenten entsprechend auf 60 Tagessätze zu erhöhen.

 

4.7. Am 26. Juli 2018 erschlich sich der Beschuldigte schliesslich einen Lernfahrausweis der Kategorie A. Dies indem er im entsprechenden Gesuchsformular des Strassenverkehrsamtes Glarus wahrheitswidrig angab, in der Vergangenheit nie Probleme mit Drogen gehabt zu haben (vgl. oben E. III.8.). Die Tatumstände waren gleich wie beim Gesuch vom 27. November 2017. Auch hier ist aufgrund der objektiven Tatkomponenten deshalb von einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen auszugehen und diese aufgrund der subjektiven Umstände auf 60 Tagessätze zu erhöhen (vgl. oben E. V.4.4.-4.6.).

 

5.  

5.1. Die soeben ermittelten hypothetischen Einzelstrafen sind nun zu einer Gesamtstrafe zusammenzuführen. Da alle drei Straftaten denselben Strafrahmen aufweisen, ist vorliegend vom Erschleichen des Ausweises der Kategorie B vom 30. August 2017 als schwerstes Delikt auszugehen, für welche eine hypothetische Geldstrafe von 80 Tagessätzen festgesetzt wurde (vgl. E. V.4.1.-V.4.3. vorstehend). Aufgrund der beiden weiteren Delikten ist diese angemessen zu erhöhen. Dabei dürfen die zuvor festgesetzten Einzelstrafen nicht einfach addiert werden, sondern nur anteilsmässig ins Gewicht fallen (BGE 144 IV 217 E. 3.5.2). Die genannten Straftatbestände schützen alle die Verkehrssicherheit. Sie stehen zudem in einem engen sachlichen Zusammenhang, da der Beschuldigte in allen drei Fällen einen Ausweis erschleichen wollte. Zeitlich weisen die einzelnen Taten dagegen keinen engen Zusammenhang auf, liegen doch drei bzw. acht Monate zwischen den Taten (vgl. act. 2/8.1.04 S. 7, S. 16 und S. 18). Das Erschleichen des Ausweises der Kategorie BE vom 27. November 2017 und das Erschleichen des Ausweises der Kategorie A vom 26. Juli 2018 sind vorliegend deshalb im Umfang von je 35 Tagessätzen anzurechnen (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichts 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.3.4). Dies führt zu einer Gesamtstrafe von 150 Tagessätzen.

 

5.2. Die soeben festgelegte Gesamtstrafe ist schliesslich den Täterkomponenten anzupassen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.3.2, m.w.H.). Die Vorinstanz hat das Vorleben des Beschuldigten dabei zutreffend zusammengefasst. Auf die entsprechenden Ausführungen kann im Sinne von Art. 82 Abs. 4 StPO verwiesen werden (vgl. act. 12 S. 13 f. E. IV.3.2.). Vorliegend ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte über mehrere Vorstrafen verfügt (vgl. Botschaft zum Strafregistergesetz vom 20. Juni 2014 BBl 2014 5713 S. 5724 und S. 5778, wonach Vorstrafen neu auch noch zu berücksichtigen sind, wenn sie im Strafregister gelöscht worden sind). So wurde er am 9. November 2009 vom Bezirksamt Zofingen wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln sowie wegen mehrfachem Fahren in fahrunfähigem Zustand schuldig gesprochen (act. 2/1.1.01 S. 1). Zudem wurde er am 3. August 2011 von der Staatsanwaltschaft Glarus wegen eines Vergehens gegen das Bundesgesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz verurteilt (act. 2/1.1.01 S. 2). Die erste Vorstrafe weist dabei einen engen Zusammenhang zum vorliegenden Verfahren auf, die zweite nicht. Da beide Vorstrafen jedoch bereits lange zurückliegen, sind sie ohnehin nur noch leicht straferhöhend zu berücksichtigen und die Gesamtstrafe auf 160 Tagessätze zu erhöhen.

 

5.3. Der Beschuldigte sagte vor der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht zwar aus, dass es ihm leidtue, das Formular nicht richtig durchgelesen und einfach Kreuze gesetzt zu haben (act. 2/10.1.02 N. 56 f.; act. 28 S. 16; act. 29 Frage 30). Ansonsten zeigte der Beschuldigte im vorliegenden Verfahren jedoch keine Einsicht aufrichtige Reue. So sah er beispielsweise nicht ein, weshalb sein früherer Drogenkonsum für die Wiedererlangung des Ausweises von Bedeutung sein sollte und weshalb er die erlangten Ausweise abgeben müsse (vgl. act. 2/10.1.02 N. 191 f. und N. 226; act. 2/8.1.03 Fragen 8 und 56). Eine besondere Strafempfindlichkeit liegt nicht vor (vgl. hierzu bereits act. 12 S. 14 E. IV.3.2.). Diese beiden Umstände sind neutral zu werten (vgl. Günter Stratenwerth/Felix Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II: Strafen und Massnahmen, 3. Aufl., Bern 2020, § 5 N. 54; Hans Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl., Basel 2019, N. 315 ff.; N. 351 ff.). Auch die Tatsache, dass sich der Beschuldigte seit der Tat wohlverhalten hat, ist neutral zu gewichten (vgl. Art. 48 lit. e StGB i.V.m. Art. 97 Abs. 1 lit. d StGB; BGE 140 IV 145 E. 3.1; Hans Mathys, a.a.O., N. 339 und N. 392).

 

5.4. Wie der Verteidiger zu Recht vorbringt (act. 28 S. 11) ist schliesslich jedoch strafmildernd zu berücksichtigen, dass das vorliegende Verfahren insgesamt zu lange gedauert hat und somit das Beschleunigungsgebot verletzt wurde (vgl. Art. 5 Abs. 1 StPO). Insbesondere ist zu beachten, dass es nach Ausdehnung der Untersuchung auf den vorliegenden Tatvorwurf über 2.5 Jahre dauerte bis die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erliess, ohne dass dazwischen massgebliche Verfahrenshandlungen vorgenommen wurden (vgl. act. 2/9.1.07 und act. 3). Entsprechend ist die Gesamtstrafe um 40 Tagessätze auf 120 Tagessätze zu reduzieren. Dies hat bereits die Vorinstanz festgehalten (vgl. act. 12 S. 14 E. IV.3.3.) und ist auch von der Staatsanwaltschaft unbestritten (vgl. act. 28 S. 13).

 

6.  

6.1. Zur Bestimmung der Tagessatzhöhe ist zu beachten, dass der Beschuldigte während dem Berufungsverfahren seine frühere Arbeitsstelle verloren hat (act. 29 Frage 16). Nach seiner Aussage verdiene er deshalb momentan als Selbständiger maximal CHF 2'500.— pro Monat (act. 29 Fragen 19 und 22). Mit der Jobsuche werde er bis zum Abschluss dieses Verfahrens zuwarten (act. 29 Frage 19). Er habe jedoch keine Angst, einen Job zu finden. Er habe genügend Angebote, bei denen er zusagen könnte (act. 29 Frage 19).

 

6.2. Der Beschuldigte ist gelernter [...] (act. 9 Frage 7; act. 27 Frage 9). Im Jahr 2021 erzielte er ein monatliches Nettoeinkommen von ca. CHF 5'960.— (vgl. act. 26). Dies entspricht auch etwa dem statistischen Durchschnittslohn eines [...] in der Region Ostschweiz. Aufgrund der Angaben des Beschuldigten kann davon ausgegangen werden, dass er nach Abschluss des Strafverfahrens wieder eine ähnliche Stelle mit einem ähnlichen Lohn annehmen wird (vgl. act. 29 Frage 19). Für die Berechnung der Tagessatzhöhe der Geldstrafe ist deshalb grundsätzlich weiterhin auf ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von CHF 5'960.— abzustellen (vgl. act. 26; BGE 142 IV 315 E. 5.3.2; Hans Mathys, a.a.O., N. 441). Die Schuldenabzahlungen des Beschuldigten sind bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe nicht zu berücksichtigen (vgl. Hans Mathys, a.a.O., N. 445).

 

6.3. Wird der Tagessatz basierend auf diesen Angaben nach dem von der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz empfohlenen Berechnungsformular ausgerechnet, ergibt sich ein Tagessatz von CHF 140.—.

 

6.4. Insgesamt würde für den Beschuldigten somit für das mehrfache Erschleichen eines Ausweises nach Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu CHF 140.— (entsprechend CHF 16'800.—) resultieren. Da vorliegend nur der Beschuldigte Berufung gegen den erstinstanzlichen Entscheid erhoben hat, bleibt es aufgrund des Verschlechterungsverbotes nach Art. 391 Abs. 2 StPO diesbezüglich jedoch bei der im vorinstanzlichen Entscheid festgelegten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu CHF 130.— (entsprechend CHF 11'700.—; vgl. BGE 144 IV 198 E. 5.3). Die Geldstrafe ist dabei, wie von der Vorinstanz festgehalten (act. 12 S. 15 E. IV.3.5.) und von der Staatsanwaltschaft nicht angefochten, bedingt auszusprechen bei einer Probezeit von zwei Jahren (vgl. Art. 391 Abs. 2 StPO; Urteil des Bundesgerichts 6B_1309/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.3.3.).

 

7.  

7.1. Vorliegend rechtfertigt es sich aufgrund der zu beurteilenden Tat und insbesondere im Hinblick auf spezialpräventive Gesichtspunkte den Beschuldigten nebst der bedingten Geldstrafe mit einer unbedingten Verbindungsbusse zu bestrafen (vgl. Art. 42 Abs. 4 StGB). Dabei darf die Verbindungsbusse maximal 20 % der bedingten Geldstrafe betragen (vgl. BGE 146 IV 145 E. 2.2, m.w.H.). Entsprechend ist vorliegend die oben erwähnte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu CHF 130.— (entsprechend CHF 11'700.—) mit einer Busse von CHF 2'340.— (entspricht 20 % der Geldstrafe; CHF 11'700.— : 5 = CHF 2'340.—) zu verbinden.

 

7.2. Da die Strafe in ihrer Gesamtheit schuldangemessen zu sein hat und demzufolge ein Teil der Sanktion mit einer Verbindungsbusse abzugelten ist (vgl. E. V.7.1.), rechtfertigt es sich, die Geldstrafe des Beschuldigten in einem der Bussenhöhe gleichkommenden Umfang zu reduzieren. Die oben festgelegte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je CHF 130.— ist entsprechend um 18 Tagessätze (entspricht dem Umfang der Bussenhöhe von CHF 2'340.— [18 x CHF 130.—]) zu reduzieren.

 

7.3. Die Verbindungsbusse ist zu bezahlen (Art. 105 Abs. 1 StGB). Für den Fall, dass der Beschuldigte diese Busse schuldhaft nicht bezahlt, ist eine Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen (Art. 106 Abs. 2 StGB). Als Umrechnungsschlüssel für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe ist die Höhe des Tagessatzes einer parallel ausgefällten Geldstrafe heranzuziehen, indem die Busse durch den betreffenden Tagessatz zu dividieren ist (BGE 134 IV 60 E. 7.3.3, m.w.H.). Dies ergibt vorliegend eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen (CHF 2'340.— : 130).

 

8.  

Der Beschuldigte ist somit für das mehrfache Erschleichen von Ausweisen mit einer bedingten Geldstrafe von 72 Tagessätzen zu je CHF 130.— (entsprechend CHF 9'360.—) und einer Verbindungsbusse von CHF 2'340.— zu bestrafen. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit wird auf zwei Jahre festgesetzt. Die Verbindungsbusse von CHF 2'340.— ist dagegen zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse nicht, tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen.

 

 

VI. Sicherungseinziehung der Ausweise

1.  

1.1. Die Vorinstanz hielt in ihrem Urteil fest, dass der auf den Beschuldigten lautende beschlagnahmte Führerausweis der Kategorie B sowie die auf den Beschuldigten lautenden beschlagnahmten Lernfahrausweise der Kategorien A und BE durch eine Straftat hervorgebracht worden seien. Der Beschuldigte habe sie nicht ordnungsgemäss erlangt und könnte deshalb die Sicherheit von Menschen im Strassenverkehr gefährden, wenn sie in seinem Besitz verbleiben würden. Die Ausweise seien deshalb einzuziehen und dem Strassenverkehrsamt Glarus zur Verwendung zu überlassen (vgl. zum Ganzen act. 12 S. 16 E. V.).

 

1.2. Bereits die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Strafbefehl festgehalten, dass die Beschlagnahme über den auf den Beschuldigten lautenden Führerausweises der Kategorie B und über die auf den Beschuldigten lautenden Lernfahrausweise der Kategorien A und BE aufzuheben sei und die Ausweise dem Strassenverkehrsamt Glarus zu überlassen seien (act. 3 S. 3).

 

1.3. Der Beschuldigte äusserte sich hierzu nicht (vgl. act. 15 und act. 28).

 

2.  

Nach Art. 69 Abs. 1 StGB verfügt das Gericht die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben bestimmt waren die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit die öffentliche Ordnung gefährden. Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht vernichtet werden (Abs. 2).

 

3.  

3.1. Vorliegend hat die Polizei den auf den Beschuldigten lautenden Führerausweis der Kategorie B sowie die auf den Beschuldigten lautenden Lernfahrausweise der Kategorien A und BE am 2. April 2019 sichergestellt (act. 2/5.1.04). Anschliessend hat die Staatsanwaltschaft diese am 26. September 2019 beschlagnahmt (act. 2/5.1.10).

 

3.2. Der Beschuldigte hat sich den Führerausweis der Kategorie B sowie die Lernfahrausweise der Kategorien A und BE mit dem hier zu beurteilenden Tatvorgehen erschlichen (vgl. oben E. III.6.-III.9.). Insofern wurden sie durch eine Straftat hervorgebracht. Der Beschuldigte hat keine legalen Verwendungsmöglichkeiten für die drei beschlagnahmten Ausweise aufgezeigt (vgl. act. 28). Solche sind denn auch nicht ersichtlich. Der Beschuldigte hat mittlerweile einen neuen Führerausweis der Kategorie B erworben (vgl. act. 28 S. 3). Er hat somit kein ersichtliches Interesse daran, die damals unrechtmässig erlangten Ausweise zurückzuerhalten. Vielmehr bestünde bei einer Rückgabe die Gefahr, dass diese unzulässig verwendet würden, beispielsweise durch Weitergabe an unberechtigte Personen bei einem allfälligen Entzug des legal erworbenen Führerausweises.

 

3.3. Der auf den Beschuldigten lautende Führerausweis der Kategorie B (SN 069/19, Position Nr. 1) sowie die auf den Beschuldigten lautenden Lernfahrausweise der Kategorien A und BE (SN 069/19, Positionen Nr. 2 und 3) werden deshalb eingezogen und vernichtet.

 

VII. Kosten- und Entschädigungsfolgen

1.  

1.1. Aus alldem folgt, dass die Berufung des Beschuldigten abzuweisen und das vorinstanzliche Urteil zu bestätigen ist. In formaler Hinsicht fällt das Obergericht ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche ersetzt (Art. 408 StPO).

 

1.2. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf CHF 2'600.— festzusetzen (Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung; GS III A/5). Bei diesem Verfahrensausgang ist die Gerichtsgebühr von CHF 2'600.— für das Berufungsverfahren dem Beschuldigten aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Eine Parteientschädigung ist dem Beschuldigten keine zuzusprechen (vgl. Art. 429 Abs. 1 StPO e contrario).

 

2.  

2.1. Zusätzlich ist über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung zu befinden (Art. 428 Abs. 3 StPO). Erstinstanzlich sind dem Beschuldigten Verfahrenskosten von insgesamt CHF 4'600.— (vorinstanzliche Gerichtsgebühr von CHF 2'600.— plus Strafuntersuchungskosten im Umfang von CHF 2'000.—) überbunden worden. Im Umfang von CHF 1'700.— wurden die Strafuntersuchungskosten auf die Staatskasse genommen, da das Verfahren in Bezug auf die untersuchten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz durch die Staatsanwaltschaft eingestellt worden ist (act. 12 S. 17 f. Dispositivziffer 5 sowie E. VI.; vgl. auch act. 2/0.1.01). Da der Beschuldigte schuldig gesprochen wurde, wurde ihm für das vorinstanzliche Verfahren auch keine Entschädigung im Sinne von Art. 429 StPO zugesprochen (act. 12 S. 17 f. Dispositivziffer 6 sowie E. VI.). Im Rahmen der Untersuchung betreffend Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz hat der Beschuldigte keinen Entschädigungsantrag gestellt, weshalb die Staatsanwaltschaft in ihrer Einstellungsverfügung zu Recht von einem Verzicht ausging (act. 2/0.1.01 S. 4; act. 2/15.1.01; vgl. BGE 136 IV 332 E. 1.3). Eine Entschädigung für die Aufwendungen im Untersuchungsverfahren betreffend die Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz kann im vorliegenden Strafverfahren, in welchem es um das Erschleichen von Ausweisen geht, nicht mehr verlangt werden (vgl. BGE 146 IV 332 E. 1.4).

 

2.2. Es ist im Lichte von Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 7 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 und Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 der kantonalen Zivil- und Strafprozesskostenverordnung kein sachlicher Grund ersichtlich, welcher eine Änderung an dieser Kostenregelung nahelegen würde, zumal auch der Beschuldigte gegen die Gebührenbemessung keine konkreten Einwände vorgebracht hat (vgl. act. 15 und act. 28 S. 3 ff.).

 

____________________

 

 

Das Gericht erkennt:

 

1.

A.______ ist schuldig des mehrfachen Erschleichens eines Ausweises im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. d SVG.

 

 

2.

A.______ wird bestraft mit einer bedingten Geldstrafe von 72 Tagessätzen zu je CHF 130.— (entsprechend CHF 9'360.—) sowie zu einer Busse von CHF 2'340.—.

 

Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit wird auf zwei Jahre festgesetzt.

 

Die Busse von CHF 2'340.— ist zu bezahlen. Bezahlt A.______ die Busse nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen.

 

 

3.

Der auf A.______ lautende, beschlagnahmte Führerausweis der Kategorie B (Ausweisnummer 005476901006; Lagernummer SN 069/19, Position Nr. 1) sowie die auf A.______ lautenden, beschlagnahmten Lernfahrausweise der Kategorien A und BE (Lagernummer SN 069/19, Positionen Nr. 2 und 3) werden eingezogen und vernichtet.

 

 

4.

Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf CHF 2'600.—; sie wird A.______ zusammen mit den Gebühren für das vorinstanzliche Verfahren und die Strafuntersuchung von insgesamt CHF 4'600.— auferlegt und von ihm bezogen. Im Umfang von CHF 1'700.— werden die Strafuntersuchungskosten auf die Staatskasse genommen.

 

 

5.

Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

 

 

6.

Schriftliche Mitteilung an:

 

[...]

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch
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