Kanton: | BS |
Fallnummer: | VD.2020.143 (AG.2021.167) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 16.03.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländern vom 3. September 2008 (BGer-Nr. 2C_303/2021 vom 5. Mai 2021) |
Schlagwörter: | Rekurrent; Seiner; Werden; Rekurrenten; Schweiz; Entscheid; Vorinstanz; Rekurs; Gemäss; Könne; Aufenthalt; Härtefall; Februar; Vorläufig; Aufgrund; Verfahren; Psychiatrisch; Stellt; Gesuch; Arbeit; Integration; Massnahme; Bereits; Behandlung; Bereich; Erteilung; Vorläufige; Aufnahme; Februar; Aufenthaltsbewilligung |
Rechtsnorm: | Art. 113 BGG ; Art. 19 StGB ; Art. 42 BGG ; Art. 59 StGB ; Art. 63 StGB ; Art. 83 AIG ; |
Referenz BGE: | 128 II 200; 144 I 266; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht Dreiergericht |
VD.2020.143
URTEIL
vom 16.März 2021
Mitwirkende
Dr. Stephan Wullschleger, lic. iur. André Equey, Dr. Andreas Traub
und a.o. Gerichtsschreiberin MLaw Leandra Rubin
Beteiligte
A____ Rekurrent
c/o [...]
vertreten durch B____ (Schwester),
[...]
gegen
Migrationsamt Basel-Stadt
Spiegelgasse 12, 4001 Basel
Gegenstand
Rekurs gegen einen Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements
vom 26. Juni 2020
betreffend Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländern
Sachverhalt
Der irakische Staatsangehörige A____ (Rekurrent), geboren [...] 1971, reiste am 15.Mai1998 zusammen mit seiner Mutter in die Schweiz ein und stellte einen Antrag um Asylgewährung im Rahmen der Familienvereinigung, da sein Vater bereits in der Schweiz wohnhaft war. Da der Rekurrent zu diesem Zeitpunkt bereits 27Jahre alt und damit nicht mehr minderjährig war, wurde sein Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft seines Vaters abgelehnt und er wurde aus der Schweiz weggewiesen. Der Vollzug dieser Wegweisung wurde allerdings zu Gunsten einer vorläufigen Aufnahme aufgeschoben (act. 5/1, S. 7e). Seit dem 1.April 1999 wird der Rekurrent, abgesehen von einem dreijährigen Unterbruch, von der Sozialhilfe Basel-Stadt unterstützt.
Aufgrund diverser Vorfälle beantragte der Bereich Bevölkerungsdienste und Migration (Bereich BdM) des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt (JSD) am 24.April2007 beim Staatssekretariat für Migration (SEM; damals Bundesamt für Migration, BfM) erstmals die Überprüfung der vorläufigen Aufnahme des Rekurrenten (act. 5/1, S. 73a f.). Die Einleitung eines Verfahrens zur Aufhebung der vorläufigen Aufnahme erachtete das SEM zu diesem Zeitpunkt als nicht angebracht (act. 5/1, S.76a). Am 11.Dezember 2007 beantragte der Bereich BdM abermals die Überprüfung der vorläufigen Aufnahme (act. 5/1, S. 84a) und das SEM teilte dem Rekurrenten mit, dass es aufgrund diverser Festnahme- und Polizeirapporte sowie eines laufenden Strafverfahrens erwäge, die vorläufige Aufnahme aufzuheben und den Vollzug der Wegweisung anzuordnen (act.5/1, S. 88a).
Mit Urteil vom 4.April 2008 sprach das Strafgericht Basel-Stadt den Rekurrenten von der Anklage der versuchten vorsätzlichen Tötung sowie der einfachen Körperverletzung wegen Schuldunfähigkeit vollumfänglich frei, ordnete aber gleichzeitig eine ambulante psychiatrische Behandlung an (act.5/1, S. 93a f.). Bereits im November 2008 musste diese Behandlung wegen Aussichtslosigkeit aufgehoben werden (act.5/1, S.116c).
Am 3.Dezember2008 stellte der Rekurrent, nun vertreten durch Rechtsanwalt [...], beim Bereich BdM ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, welches aufgrund des bereits hängigen ausländerrechtlichen Verfahrens betreffend die Überprüfung der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme nicht an das SEM weitergeleitet werden konnte (act.5/1, S. 119a ff., 120).
Mit Beschluss des Strafgerichts Basel-Stadt vom 20.Februar2009 wurde eine stationäre psychiatrische Behandlung angeordnet, weshalb das Verfahren bezüglich Aufhebung der vorläufigen Aufnahme in der Schweiz zuerst sistiert und später eingestellt wurde (act.5/1, S. 121h, 137a und 141b). Auf Gesuch des Rekurrenten hin, das Anfang Dezember2008 eingereichte Gesuch um Aufenthaltsbewilligung nun zu prüfen, erklärte der Bereich BdM, dass das Verfahren nach wie vor sistiert sei und die Voraussetzungen für eine Härtefallregelung aufgrund des Massnahmenvollzugs nicht erfüllt wären (act.5/1, S. 141a, 143a f.).
Mitte 2012 wurde dem Rekurrenten Rückkehrhilfe angeboten, welche dieser am 24.August2012 aus gesundheitlichen Gründen ablehnte (act.5/1, S. 152a, 158a). Gleichzeitig machte der Rekurrent auf das nach wie vor hängige Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aufmerksam (act.5/1, S. 158a). Der Bereich BdM wies mit Schreiben vom 27.August2012 darauf hin, dass das Verfahren betreffend die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme noch immer sistiert sei, weshalb über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht befunden werden könne (vgl. act.5/1, S.160). Der Rekurrent verwies in der Folge auf die Verfahrenseinstellung des SEM und forderte die Prüfung des Gesuchs vom 3.Dezember2008, welche vom Bereich BdM unter Hinweis auf den aktuellen Massnahmevollzug abermals abgelehnt wurde (act.5/1, nicht paginiert). Am 12.Juni2013 kam das SEM in einer Mitteilung an den Bereich BdM zum Schluss, dass die vorläufige Aufnahme in der Schweiz aktuell nicht aufgehoben werden könne.
Mit Beschluss des Strafgerichts Basel-Stadt vom 16.September2013 wurde die am 20.Februar2009 angeordnete stationäre psychiatrische Behandlung des Rekurrenten um 5Jahre verlängert.
Mitte 2014 forderte der Rekurrent den Bereich BdM zum wiederholten Male auf, das am 3.Dezember2008 gestellte Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nun, da das SEM abschlägig über die Beendigung der vorläufigen Aufnahme entschieden hatte, zu behandeln. Am 19.Februar2015 verfügte der Bereich BdM die Nichtunterbreitung des Gesuchs gegenüber dem SEM, wogegen der Rekurrent am 25.Februar2015 fristgerecht rekurrierte. Der Rekurs wurde vom JSD am 10.August2016 aufgrund einer schweren Gehörsverletzung gutgeheissen und die Angelegenheit zum Erlass einer neuen Verfügung an den Bereich BdM zurückgewiesen.
Am 2.Oktober2017 verfügte der Bereich BdM erneut, nun jedoch nach Gewährung des rechtlichen Gehörs, dass dem Gesuch des Rekurrenten um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht entsprochen und dieses somit auch nicht dem SEM unterbreitet werde. Dagegen erhob der Rekurrent am 16.Oktober2017 beim JSD Rekurs, worauf ein Schriftenwechsel erfolgte, in dem der Bereich BdM die Abweisung des Rekurses beantragte und der Rekurrent an seinem Rekurs vollumfänglich festhielt (act.5/3, nicht paginiert).
Mit Beschluss des Strafgerichts Basel-Stadt vom 19.März2019 wurde die am 20.Februar2009 angeordnete und am 16.September2013 verlängerte stationäre psychiatrische Behandlung um ein weiteres Jahr verlängert (act.5/4, nicht paginiert). Am 12.Februar2020 (Entscheid vom 5.Februar2020) wurde der Rekurrent schliesslich bedingt aus dem stationären Massnahmenvollzug entlassen, wobei Bewährungshilfe angeordnet und diverse Weisungen erteilt wurden.
Im Juni 2020 liess B____, die Schwester des Rekurrenten, das JSD wissen, dass der Rechtsanwalt [...] das Mandat ihres Bruders niedergelegt habe und sie nun selbst die Vertretung ihres Bruders im Rekursverfahren übernehmen werde (act.5/3).
Den am 16.Oktober2017 erhobenen Rekurs gegen die Verfügung des Bereichs BdM vom 2.Oktober2017 wies das JSD mit Entscheid vom 26.Juni2020 ab, wobei es dem Rekurrenten gleichzeitig die unentgeltliche Rechtspflege für jenes Verfahren gewährte, keine Kosten erhob und den ehemaligen Rechtsvertreter für seine Aufwendungen entschädigte.
Gegen diesen Entscheid richtet sich der Rekurs vom 3.Juli2020 an den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, mit dem der Rekurrent die Berücksichtigung des Härtefallantrags mit Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung B sowie die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung beantragt. Das Präsidialdepartement hat diesen Rekurs mit Schreiben vom 23.Juli2020 dem Verwaltungsgericht zum Entscheid überwiesen. Mit Eingabe vom 31.August2020 beantragt das JSD unter Hinweis auf seinen Entscheid vom 26.Juni2020, dass der Rekurs abzuweisen und die Kosten dem Rekurrenten aufzuerlegen seien. Der Rekurrent hat mit Eingabe vom 7.September2020 repliziert und dabei an seinem Rekurs festgehalten.
Die weiteren Tatsachen und die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für das Urteil von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen. Das vorliegende Urteil erging auf dem Zirkulationsweg.
Erwägungen
1.
1.1 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Beurteilung des vorliegenden Rekurses ergibt sich aus dem Überweisungsbeschluss des Präsidialdepartements vom 23.Juli2020 sowie aus §42 des Organisationsgesetzes (OG, SG153.100) in Verbindung mit §12 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG, SG270.100). Zum Entscheid ist nach §§88 Abs. 2 und 92 Abs. 1 Ziff. 11 des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, SG154.100) das Dreiergericht berufen. Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des VRPG.
1.2 Als Adressat des angefochtenen Entscheids ist der Rekurrent von diesem unmittelbar berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Abänderung, weshalb er gemäss § 13 Abs. 1 VRPG zum Rekurs legitimiert ist. Auf den rechtzeitig angemeldeten und innert Frist begründeten Rekurs ist somit einzutreten.
1.3 Die Kognition des Verwaltungsgerichts richtet sich nach der allgemeinen Vorschrift von §8VRPG. Demnach hat das Verwaltungsgericht zu prüfen, ob die Vorinstanz den Sachverhalt unrichtig festgestellt, wesentliche Form- oder Verfahrensvorschriften verletzt, öffentliches Recht nicht oder nicht richtig angewendet oder von dem ihr zustehenden Ermessen unzulässigen Gebrauch gemacht hat (vgl. statt vieler: VGEVD.2020.95 vom 8. Januar 2021 E. 1.2). Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift im Ausländerrecht ist das Verwaltungsgericht nicht befugt, über die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung zu entscheiden (VGE VD.2016.207 vom 21. Juni 2017 E. 1.2; VD.2015.135 vom 8. Juni 2016 E. 1.2; VD.2012.243 vom 21. Mai 2013 E.1.2). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung und in Anwendung von Art.110 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG, SR 173.110) sind bei der Prüfung der materiellen Rechtmässigkeit eines ausländerrechtlichen Entscheids durch das kantonale Gericht die tatsächlichen Verhältnisse massgebend, wie sie im Zeitpunkt des Gerichtsentscheids vorherrschen (vgl. BGE 127II60 E.1b S.63; BGer 2C_42/2011 vom 23.August 2012 E.5.3; VGE VD.2017.183 vom 17.Oktober 2017 E. 1.2; VD.2015.240 vom 19.September 2016 E.1.2; VD.2015.151 vom 24. Februar 2016 E. 1). Noven sind deshalb in diesem Fall zulässig, obwohl das Verwaltungsgericht nach kantonalem Recht grundsätzlich bloss eine nachträgliche Verwaltungskontrolle ausübt (vgl. zum Ganzen VGE VD.2017.168 vom 9. Februar 2018 E. 1.2 m.w.H.).
1.4
1.4.1 Das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) wurde am 16.Dezember 2016 revidiert. Dabei wurde es in «Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration» (AIG, SR142.20) umbenannt. Nachdem einige geänderte Bestimmungen bereits ab dem 1.Januar2018 sowie ab dem 1.Juli2018 galten, traten die übrigen geänderten Bestimmungen einschliesslich des geänderten Titels am 1.Januar 2019 in Kraft. Damit stellt sich die Frage, ob im vorliegenden hängigen Verfahren das alte oder das neue Recht anwendbar ist (VGE VD.2019.236 vom 7. Juni 2020 E.1.3.1).
1.4.2 Das anwendbare materielle Recht bestimmt sich nach Art.126 Abs.1 AuG bzw. AIG. Gemäss dieser allgemeinen Übergangsbestimmung bleibt auf Gesuche, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingereicht worden sind, das bisherige Recht anwendbar (VGE VD.2019.236 vom 7.Juni 2020 E.1.3.2 mit Nachweisen). Betreffend das Verfahrensrecht legen die allgemeinen Übergangsbestimmungen des AuG bzw. AIG (Art.126 Abs.2) fest, dass sich das Verfahren nach dem neuen Recht richtet. Dies entspricht dem allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsatz, wonach neue Verfahrensbestimmungen ab ihrem Inkrafttreten grundsätzlich von allen Instanzen sofort anzuwenden sind (VGEVD.2019.236 vom 7.Juni 2020 E.1.3.3 mit Nachweisen).
1.4.3 Das Verfahren wurde mit dem Gesuch um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung vom 3.Dezember 2008 eingeleitet. Folglich beurteilt sich der vorliegende Fall nach den materiellen Bestimmungen des alten Rechts. Es wird deshalb im Folgenden weiterhin die Bezeichnung AuG verwendet. Entsprechend sind die Art.58aAbs.1 AIG und Art.77a-77f der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE, SR142.201) nicht anwendbar. Folgerichtig ist hingegen die bis am 31. Dezember 2017 geltende Fassung von Art.31Abs. 1 VZAE (nachfolgend: aVZAE) massgebend.
2.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Gesuch des vorläufig aufgenommenen Rekurrenten um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.
2.1 Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, verfügt das SEM gemäss Art.83Abs.1AuG oder gemäss Art. 44 des Asylgesetzes (AsylG, SR142.31) i.V.m. Art.83Abs.1AuG die vorläufige Aufnahme, wenn der Vollzug der Wegweisung eines Ausländers, der nicht im Besitz einer ausländerrechtlichen Bewilligung ist, nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist. Halten sich vorläufig aufgenommene Personen seit mehr als fünf Jahren in der Schweiz auf, haben die zuständigen Behörden gemäss Art. 84 Abs. 5 AuG deren Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter Berücksichtigung der Integration, der familiären Verhältnisse und der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat vertieft zu prüfen. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles sind gemäss Art. 31 Abs. 1 aVZAE die Integration der gesuchstellenden Person, ihre Familienverhältnisse, ihre finanziellen Verhältnisse, ihr Wille zur Teilhabe am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung, die Dauer ihrer Anwesenheit in der Schweiz, ihr Gesundheitszustand sowie die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, müssen diese Kriterien nicht kumulativ erfüllt sein. Es kann für die Erteilung einer Härtefallbewilligung genügen, dass eines oder einige der genannten Kriterien erfüllt sind (VGer St.Gallen B 2018/218 vom 6. April 2019 E. 2). Bei ihrer Ermessensausübung haben die Migrationsbehörden die öffentlichen Interessen, die persönlichen Verhältnisse sowie die Integration der Ausländerinnen und Ausländer zu berücksichtigen (Art. 96 Abs. 1 AuG). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung verleiht Art.84Abs.5AuG einer vorläufig aufgenommenen Person im Rahmen der Prüfung der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aber keinen Rechtsanspruch auf eine solche (vgl. BGer 2D_34/2019 vom 21. August 2019 E. 3.1 und 2C_689/2017 vom 1.Februar 2018 E. 1.2.1 m.w.H.; VGer St.Gallen B 2018/218 vom 6. April 2019 E. 2 m.H. auf Illes, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Stämpflis Handkommentar, Bern 2010, N 1 und 27 zu Art.84 AuG). Das Verwaltungsgericht hat sich bei der Überprüfung des angefochtenen Entscheids daher darauf zu beschränken, über die Einhaltung des Ermessensspielraums zu wachen, und darf nur einschreiten, wenn die Vorinstanz das ihr zustehende Ermessen unter- oder überschritten oder missbraucht hat (VGer St.Gallen B 2018/218 vom 6. April 2019 E. 2 m.H. auf Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, 2. Aufl. 2003, Rz. 740; Art. 61 Abs. 1 VRP).
2.2 Die Vorinstanz zog in Erwägung, dass der Rekurrent am 15. Mai 1998 in die Schweiz eingereist sei und sich somit seit 22 Jahren in der Schweiz aufhalte, weshalb sein Gesuch gemäss Art. 84 Abs. 5 AuG vertieft zu prüfen sei (Entscheid der Vorinstanz E.7). Auch ein Aufenthalt von zehn oder mehr Jahren in der Schweiz führe gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aber nicht per se zur Bejahung eines persönlichen Härtefalls, wobei es in diesen Fällen für eine Aufenthaltsbeendigung besonderer Gründe bedürfe (BGE 144 I 266 E. 3.9 S. 278 f.; BGer 2C_244/2019 vom 5. Dezember 2019 E. 3.2; Entscheid der Vorinstanz E.8).
Mit Bezug auf die Integration stellte die Vorinstanz fest, dass der Rekurrent einfache Gespräche führen könne und daher sprachlich genügend integriert sei. Es fehle aber an einer genügenden sozialen Integration und Respektierung der Rechtsordnung durch den Rekurrenten. Die Vorinstanz verwies dabei auf die am 15. Oktober 2007 verübte Tat (versuchte vorsätzliche Tötung und einfache Körperverletzung) sowie auf diverse weitere, der Polizei bekannte Vorfälle aus dem Zeitraum von Februar 2002 bis zu seiner Verhaftung im Oktober 2007. So habe die Polizei unter anderem ausrücken müssen, weil der Rekurrent einen Kiosk mit Steinen beworfen und häusliche Gewalt zum Nachteil seiner damaligen Ehefrau ausgeübt habe (Entscheid der Vorinstanz E.9 ff.). Diese Vorfälle dürften ohne Verletzung der Unschuldsvermutung auch dann berücksichtigt werden, wenn sie nicht zu einer Verurteilung geführt hätten (BGer 2C_795/2010 vom 1. März 2011 E. 4.3). Dies gelte trotz dem Freispruch infolge vollständiger Schuldunfähigkeit auch für die Tat vom 15. Oktober 2007, aufgrund welcher sich der Rekurrent seit dem 20.Februar2009 im stationären Massnahmenvollzug gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB befunden habe und erst kürzlich, nach insgesamt 11Jahren, mit Entscheid des Straf- und Massnahmenvollzugs vom 5. Februar 2020 bedingt entlassen worden sei. Er sei zwar seither nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten, was aber vor dem Hintergrund des geschützten Rahmens des betreuten Wohnens, der geschützten Arbeitsstelle und der engen psychotherapeutischen Begleitung unter einer strengen Kontrolle und Führung zu bewerten sei. Aus diesem Grund könne ihm eine Respektierung der hiesigen Rechtsordnung noch nicht attestiert werden (Entscheid der Vorinstanz E.11f.).
Der Rekurrent scheine auch wenig mit den hiesigen Werten und Gesetzen vertraut zu sein, habe er bei seiner Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft am 28.März2003 doch seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, das Recht zu haben, seine Ehefrau auch mit Schlägen zu züchtigen, obwohl er die hiesigen Gesetze nicht kennen würde. Auch wenn diese Aussagen vor langer Zeit getätigt worden seien, seien sie zusammen mit der mehrfachen Äusserung, wieder in den Irak zurückkehren zu wollen, geeignet, den Integrationswillen des Rekurrenten stark in Frage zu stellen. Eine soziale Integration und Verwurzelung in hiesige Verhältnisse müsse somit zusammenfassend verneint werden (Entscheid der Vorinstanz E.13).
Weiter erwog die Vorinstanz, dass der Rekurrent zwar eine enge familiäre Beziehung zu seiner Mutter und zu seiner Schwester in der Schweiz pflege, es sich dabei aber nicht um eine kernfamiliäre Beziehung handle und auch kein Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Verwandten bestehe. Die beiden engen Beziehungen des Rekurrenten seien bei der Beurteilung seines Härtefallgesuches zwar zu berücksichtigen, diesen könne jedoch nicht dasselbe Gewicht beigemessen werden, wie dies bei Beziehungen zu einem Ehepartner oder Kindern der Fall wäre (Entscheid der Vorinstanz E.14).
In Bezug auf die berufliche und finanzielle Integration des Rekurrenten erwog die Vorinstanz, dass aufgrund seiner Erkrankung keine zu hohen Ansprüche an seine berufliche Integration gestellt werden dürften. Er habe erstmals am 7. Oktober 2014 im Rahmen des Arbeitsexternats eine geschützte Arbeitsstelle mit einem Pensum von 25-30% bei der Arbeitsstätte «[...]» antreten können, welche ihm wegen Verspätungen und Arbeitsverweigerungen bereits am 15. Oktober 2014 wieder gekündigt worden sei. Die vom 6. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2017 bei der Gesellschaft C____ ausgeübte geschützte Arbeitstätigkeit in der [...] habe er infolge Schliessung der [...] verloren. Seine ebenfalls über die C____ ab Juli 2017 mit einem Arbeitspensum von 50% in der [...] ermöglichte Anstellung sei ihm aufgrund von Tätlichkeiten und Beschimpfungen gegenüber einem anderen Mitarbeiter am 25. Oktober2018 fristlos gekündigt worden. Die daraufhin ab dem 2. Mai 2019 in der [...] ausgeübte geschützte Arbeitsstelle sei ihm per 31.März 2020 gekündigt worden. Er sei somit zwar immer wieder im Rahmen von geschützten Arbeitsstellen im zweiten Arbeitsmarkt tätig gewesen, allerdings habe er sich diese Arbeitsplätze nie durch eigene Bemühungen selbst beschafft, sondern diese jeweils aufgrund einer Massnahme erhalten. Darüber hinaus habe er sich dabei nie um den dauernden und langfristigen Erhalt der Stelle bemüht - was auch bei einer psychischen Erkrankung erwartet werden könne - sondern vielmehr ein Verhalten an den Tag gelegt, das mehrfach zu Kündigungen geführt habe. Es könne ihm daher zum aktuellen Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung seiner psychischen Erkrankung keine ausreichende berufliche Integration attestiert werden (Entscheid der Vorinstanz E.15f.). Weiter sei der Rekurrent mit Unterbrüchen seit April 1999 von der Sozialhilfe abhängig und habe per 6.Mai2020 Leistungen im Gesamtbetrag von CHF254513.35 bezogen. Ein Anspruch auf eine IV-Rente stehe ihm gemäss Verfügung der IV vom 26.November2016 allerdings nicht zu. Ausserdem bestehe ein Verlustschein in Höhe von CHF2784.40 (Stand: 17.April2020). Folglich müsse zusammengefasst eine genügende berufliche und finanzielle Integration des Rekurrenten auch unter angemessener Berücksichtigung seiner psychischen Erkrankung verneint werden (Entscheid der Vorinstanz E.17).
Weiter zog die Vorinstanz in Erwägung, dass der Gesundheitszustand in Verbindung mit anderen Elementen zwar einen schwerwiegenden persönlichen Härtefall begründen könne, wenn die aufgrund einer ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigung notwendige, während einer langen Zeitspanne dauernde ärztliche Behandlung oder punktuelle medizinische Notfallmassnahmen im Herkunftsland nicht erhältlich seien, die gesundheitlichen Gründe für sich alleine aber nicht ausreichten, da sie bereits in erster Linie ein Vollzugshindernis nach Art. 83 Abs. 4 AuG darstellen würden (BVGerC-188/2014 vom 15. März 2016 E. 6.3.4.1 m.w H.). Der Umstand, dass der Rekurrent unbestrittenermassen an einer paranoiden Schizophrenie leide, welche gemäss dem forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 30.März2018 auch zukünftig eine medikamentöse sowie milieu- und psychotherapeutische Behandlung erforderlich mache, könne daher nur im Zusammenhang mit anderen Umständen einen schwerwiegenden Härtefall begründen. Dies müsse umso mehr gelten, als dass der Rekurrent bereits vor seiner Einreise in die Schweiz an dieser psychischen Erkrankung gelitten habe und deswegen schon in seiner Heimat zweimal psychiatrisch hospitalisiert und medikamentös therapiert worden sei (forensisch-psychiatrisches Gutachten vom 11. Dezember 2007, S. 13; BGE 128 II 200 E. 5.3 m.w.H.). Weitere Gründe, die zusammen mit dem Gesundheitszustand einen Härtefall begründen könnten, bestünden vorliegend aber nicht (Entscheid der Vorinstanz E.18 und 20).
Mit Bezug auf die Wiedereingliederungsmöglichkeiten des Rekurrenten in seinem Heimatstaat stellte die Vorinstanz fest, dass der Rekurrent erst im Alter von 27Jahren in die Schweiz eingereist sei; sie erwog, dass dieser somit die lebensprägenden Jahre in seiner Heimat verlebt habe, er die dortige Sprache spreche und auch mit den dortigen sozialen und kulturellen Gepflogenheiten immer noch gut vertraut sein dürfte, was bei der Prüfung dieses Kriteriums im Vordergrund stehe (BVGer C-5042/2014 vom 7. März 2016 E. 6.7 und C-5571/2015 vom 22.Februar2016 E. 8.3 m.w.H.). Er verfüge zudem über Angehörige im Irak, welche sich in der Vergangenheit um ihn gekümmert und ihn unterhalten hätten. Soweit sich der Rekurrent auf die aktuelle Sicherheitslage im Irak beziehe, sei diese im vorliegenden Verfahren nicht massgebend, da bereits der vorläufigen Aufnahme eine entsprechende Schutzfunktion vor Kriegen, Bürgerkriegen oder Missbrauch staatlicher Gewalt zukomme, weshalb der Rekurrent hierfür nicht einer Härtefallbewilligung bedürfe (BVGer C-930/2009 vom 5. Dezember 2012 E. 4.5). Da der Rekurrent in der Schweiz weder sozial noch beruflich ausreichend verankert sei, könne nicht von fehlenden Wiedereingliederungsmöglichkeiten im Irak ausgegangen werden, welche einen Härtefall begründen würden (Entscheid der Vorinstanz E.21ff.).
2.3 Mit seinem Rekurs verweist der Rekurrent zunächst auf seine lange Aufenthaltsdauer und die Situation in seiner Heimat vor seiner Flucht in die Schweiz. Er habe im Irak aufgrund seiner kurdischen Herkunft und der Stellung seines Vaters als Professor für kurdische Literatur an der Universität [...] unter zunehmenden Spannungen und Drohungen gelitten. Er habe aufgrund der ständigen Unterdrückung und der psychischen Stresssituation im Irak Verspannungen, Schlaflosigkeit und Angstzustände entwickelt, welche dort psychiatrisch abgeklärt und erfolgreich ambulant behandelt worden seien, ohne dass aber im Irak eine medikamentöse Therapie, eine psychiatrische Diagnose oder eine Hospitalisierung erfolgt wäre. Während sich seine Familienmitglieder in der Schweiz gut hätten integrieren können, hätten sich seine expliziten psychotischen Symptome erst im Jahr 1999, also anderthalb Jahre nach seiner Ankunft in der Schweiz, wohl aufgrund der ständigen Unsicherheit und der drohenden Repatriierung infolge seines Aufenthaltsstatus, manifestiert. Nach anfänglich unklarer Medikation habe er nun aber aufgrund des seit 2009 verschriebenen Medikaments seit 13Jahren eine deutliche Verhaltensbesserung gezeigt, weshalb keine rechtswidrigen Handlungen mehr erfolgt seien. Der Freispruch wegen Schuldunfähigkeit durch das Urteil des Strafgerichts vom 4. April 2008 unterstreiche die Vermutung, dass das damalige extreme Verhalten einmalig und aufgrund der ungenügend behandelten Grunderkrankung stattgefunden habe. Seither sei er nie mehr grob verhaltensauffällig gewesen und habe die hiesigen Gesetze stets verstanden und respektiert (Rekursbegründung Ziff.1ff.). Weder im stationären Massnahmevollzug noch im Wohnheim [...] sei er trotz täglichem Pendeln zwischen Olten und Basel oder während Wochenendurlauben je negativ aufgefallen. Seit dem 31.August 2019 wohne er in der [...] in Basel, wo er ebenfalls ein regelkonformes Verhalten zeige und all seine Therapietermine einhalte (Rekursbegründung Ziff.4ff.). Mit der aktuellen Medikation habe sich sein Gesundheitszustand deutlich verbessert. Er sei stets freundlich und kooperativ und zeige keine Anzeichen von Gewaltneigung. Obwohl er, entgegen seiner Hoffnung, nicht habe in der Schweiz studieren können, habe er sich stets bemüht, einer Beschäftigung nachzugehen. Seine Arbeitgeber seien mit seinen Leistungen stets zufrieden gewesen. Er kümmere sich auch fürsorglich um seine 82-jährige Mutter. Er fasse wieder Fuss im Leben und werde einzig durch die für ihn aussichtslos wirkende Situation betreffend seine Aufenthaltsbewilligung bedrückt und in seinem Leben spürbar eingeschränkt (Rekursbegründung Ziff.8ff.). Schliesslich macht der Rekurrent geltend, dass sich das Gesundheitssystem im Irak weiterhin in einem deutlich zurückgebliebenen Zustand befinde. Es fehle an sauberem Trinkwasser, Medikamenten und Infrastruktur. Insbesondere bezüglich Erkrankungen des psychiatrischen Formenkreises herrschten prekäre Zustände mit Stigmatisierungen. Deshalb sei die Aussage, er könne sich im Irak psychiatrisch behandeln lassen, nicht nur falsch, sondern er würde schlichtweg gefährdet. Es gäbe ausserdem kein soziales Netz und es könne sich niemand um ihn kümmern, weshalb er auf der Strasse enden würde (Rekursbegründung Ziff.11).
3.
Diese Rügen sind nicht geeignet, eine Verletzung der Grenzen des Ermessens bei der Beurteilung des Gesuchs um Erteilung einer Härtefallbewilligung gemäss Art.84Abs. 5 AuG zu begründen.
3.1 Der Rekurrent leidet gemäss ärztlicher Diagnose an einer paranoiden Schizophrenie und somit an einem ernstlichen Gesundheitsschaden. Ohne dass dies weiter abgeklärt zu werden braucht, kann mit dem Rekurrenten davon ausgegangen werden, dass seine psychische Erkrankung in seiner Heimat kaum adäquat behandelt werden würde. Der Vorinstanz kann allerdings dahingehend gefolgt werden, als dass dieser medizinische Grund allein nicht geeignet ist, einen Härtefall zu begründen.
Die Behandlung des Rekurrenten in der Schweiz ist auch aufgrund seines Status als vorläufig Aufgenommener gemäss Art. 84 Abs. 1 AuG sichergestellt. Dies steht der Bewilligung eines Härtefallgesuchs gemäss Art. 84 Abs. 5 AuG unter Hinweis auf die gesundheitliche Situation aber nicht grundsätzlich entgegen, würde dies doch ansonsten zu einer systematischen Abweisung von medizinisch begründeten Härtefallgesuchen führen. Zu beachten ist aber, dass sich eine ausländische Person, die bereits bei ihrer Einreise in die Schweiz an einem ernstlichen Gesundheitsschaden leidet, nicht einzig auf diesen medizinischen Grund stützen kann, um einen Härtefall zu begründen (vgl. BGE 128 II 200 E. 5.3 sowie 5.3.1 S. 209 f. = Pra 2003 Nr. 25). Vielmehr müssen weitere Gründe, insbesondere eine gute Integration in der Schweiz, zum medizinisch begründeten Härtefall hinzutreten.
Soweit der Rekurrent bestreitet, bereits vor seiner Einreise unter den später in der Schweiz behandelten psychischen Problemen gelitten zu haben, kann ihm nicht gefolgt werden. Wie im forensisch-psychiatrischen Gutachten der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK) vom 11. Dezember 2007 (act. 5/1, S. 103b ff.) im Rahmen der «Eigenanamnese» ausgeführt wird, sei der Rekurrent vor seiner Einreise in die Schweiz, nämlich bereits im Irak «zwei Mal psychiatrisch hospitalisiert gewesen, 1988 etwa drei Monate lang und 1994 etwa einen Monat lang. Er habe Medikamente erhalten, wisse aber deren Name nicht, da im Irak die Ärzte den Patienten die Therapie einfach vorschrieben, ohne sie zu erklären» (act. 5/1, S. 103n).
3.2 Der Rekurrent bestreitet auch die ihm zur Last gelegte mangelnde Integration mit Bezug auf die Beachtung der hiesigen Rechtsordnung. Mit Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt vom 4. April 2008 (act. 5/1, S. 93a ff.) wurde der Rekurrent von der Anklage der versuchten vorsätzlichen Tötung und der einfachen Körperverletzung in Anwendung von Art. 19 Abs. 1 StGB kostenlos freigesprochen und es wurde eine ambulante psychiatrische Behandlung angeordnet, welche durch eine stationäre Behandlung einzuleiten war (act. 5/1, S. 93c; Art. 63 Abs. 1 und 3 StGB). Daraus folgt, dass der Rekurrent mit dem ihm zur Last gelegten Sachverhalt den objektiven Tatbestand der versuchten vorsätzlichen Tötung und der einfachen Körperverletzung verwirklicht hat, er aber nicht strafbar war, da er zur Zeit der Tat nicht fähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln. Gemäss der Anklageschrift vom 28. November 2007 (act. 5/1, S. 81a ff.) hat der Rekurrent einen ihm nicht bekannten Mann am 15. Oktober 2007 auf offener Strasse angegangen. Nachdem dieser einen Stoss des Rekurrenten hatte abwehren können, trat Letzterer erneut auf ihn zu, stach ihm mit einem Taschenmesser gezielt in den Hals und fügte ihm dabei eine wenige Millimeter tiefe Stichwunde zu, wobei es knapp nicht zu einer Verletzung grösserer Blutgefässe gekommen ist. Gleichzeitig schlug der Rekurrent der Begleiterin des Opfers seines Angriffs mit einem Faustschlag gegen die rechte Schläfe. Auch wenn dem Rekurrenten aufgrund seiner psychischen Erkrankung für diese Taten letztlich kein Verschulden angerechnet werden konnte, begründen diese einen erheblichen Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung, was den Widerruf von Bewilligungen gemäss Art.62Abs.1lit.c rechtfertigt. Hierfür wird gerade kein in strafrechtlicher Hinsicht vorwerfbares Verhalten vorausgesetzt (vgl. BGer 2C_74/2011 vom 1. Juli 2011 E. 2.4).
Entgegen der Auffassung des Rekurrenten kann heute auch noch nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass von ihm keine Gefahr für die Rechtsgüter Dritter mehr ausgeht. Mit Entscheid des Strafvollzugs vom 3. November 2008 musste die ambulante Massnahme wegen Aussichtslosigkeit betreffend ihre Fortführung infolge mangelnder Kooperation aufgehoben werden. Es wurde festgestellt, dass der Rekurrent im ambulanten Setting nicht führbar war (act. 5/1, S. 116b). Mit Beschluss des Strafgerichts vom 20. Februar 2009 wurde festgestellt, dass der Rekurrent weder Behandlungsbereitschaft noch Führbarkeit zeige, weshalb die Anordnung einer stationären Massnahme nach Art. 59 Abs. 1 StGB unumgänglich sei (act.5/1, S. 121f). Ein Haftentlassungsgesuch wurde vom Strafgericht mit Verfügung vom 8. Juni 2009 wegen Fortsetzungsgefahr abgelehnt (act. 5/1, S.128a). Mit Beschlüssen vom 16. September 2013 (act. 5/1) resp. 19. März 2019 (act. 5/4) verlängerte das Strafgericht die stationäre Massnahme um 5Jahre resp. um ein weiteres Jahr. Erst mit Entscheid des Straf- und Massnahmenvollzugs vom 5.Februar 2020 (act. 5/4) konnte die bedingte Entlassung des Rekurrenten aus dem Massnahmenvollzug verfügt werden. Dabei wurde unverändert von der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie mit unvollständiger Remission (ICD-10 F20.04) ausgegangen (act.5/4). Die Vollzugsbehörde kam zum Schluss, dass der Rekurrent zwar weiterhin auf Unterstützung bei der Alltagsbewältigung und im Umgang mit seiner Krankheit angewiesen sei, ihm insgesamt aber eine hinreichend günstige Prognose für eine bedingte Entlassung gestellt werden könne. Das mit der diagnostizierten Störung im Zusammenhang stehende Rückfallrisiko für die erneute Begehung schwerer Gewaltdelikte habe durch die langjährig etablierte und vom Rekurrenten akzeptierte Behandlung inkl. Medikation sowie die inzwischen stabilen Verhältnisse bezüglich der Tagesstruktur und der betreuten Wohnsituation in der [...] ausreichend vermindert werden können. Bei lückenloser Fortführung dieser Strukturen könne er als genügend stabil und das Rückfallrisiko als gering eingeschätzt werden (act. 5/4).
Vor diesem Hintergrund und dem längeren Zeitablauf seit der von ihm begangenen, massiven Verletzung von Rechtsgütern Dritter (vgl. auch BGer 2C_55/2018 vom 6.Februar 2019 E. 3.1.4) erscheint fraglich, ob dem Rekurrenten aktuell eine Missachtung der hiesigen Rechtsordnung vorgeworfen werden kann. Mit ihrem forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 30. März 2018 kam Frau Dr. [...] zum Schluss, dass das Deliktsrisiko gering sei, solange der Rekurrent in engmaschiger psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung stehe und eine geeignete neuroleptische Medikation nehme, da er dann frei von Positivsymptomen sei. Legalprognostisch sei durch den bisherigen Vollzugs- und Therapieverlauf das Risiko für schwere Gewaltdelikte erheblich vermindert und das Risiko für sonstige Delikte aktuell nicht sonderlich hoch (Beschluss Strafgericht vom 19. März 2019, S.10, act.5/4). Gleichwohl benötige der Rekurrent im Rahmen seiner bedingten Entlassung aus dem stationären Massnahmenvollzug weiterhin ein engmaschiges Weisungssetting, damit das Deliktsrisiko nicht wieder ansteige (vgl. Entscheid des Straf- und Massnahmenvollzugs vom 5.Februar 2020, S. 8, act. 5/4). Daraus folgt, dass es dem Rekurrenten aufgrund seiner bereits vor seiner Einreise in die Schweiz bestehenden psychiatrischen Grunderkrankung nicht möglich ist, sich selbständig in die schweizerische Gesellschaft zu integrieren.
Dies gilt insbesondere auch in beruflicher Hinsicht. Auch im zweiten Arbeitsmarkt war der Rekurrent bisher nur eingeschränkt arbeitsfähig, dabei auf klare Regeln und Strukturen sowie ein wohlwollendes Umfeld angewiesen und wenig kritikfähig. Die täglich vierstündige Arbeit in seiner Anstellung in der [...] habe ihn jeweils an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gebracht (Beschluss Strafgericht vom 19. März 2019, S.7 und 9, act.5/4). Zweimal verlor er aufgrund von Konflikten mit Dritten seine derzeitigen Anstellungen im zweiten Arbeitsmarkt. Wegen seiner vorbestandenen gesundheitlichen Beeinträchtigung war ihm eine Eingliederung in die Gesellschaft und das Erreichen von Selbständigkeit weder in beruflicher noch in finanzieller Hinsicht möglich, weshalb er bis heute in erheblichem Umfang durch die Sozialhilfe unterstützt werden muss.
Auch seine sozialen Kontakte beschränken sich auf seine engsten, in der Schweiz lebenden Familienangehörigen (vgl. Vollzugs- und Therapieverlaufsberichte der UPK vom 1. Februar 2010 [act. 5/1, S. 138c], vom 31. Januar 2011 [act. 5/1, 145c], vom 16. Januar 2012 [act. 5/1, S. 144c], vom 15. Januar 2013 [act. 5/2]).
Mit der Vorinstanz kann dem Rekurrenten daher insgesamt trotz seiner erheblichen Aufenthaltsdauer keine erfolgreiche Integration in der Schweiz attestiert werden.
3.3 Schliesslich macht der Rekurrent geltend, in seiner Heimat keine Hilfe erhalten zu können. Sieht man von der ärztlich-therapeutischen Betreuung, deren Genügen offenbleiben kann (vgl. hierzu oben E.3.1), ab, bestreitet der Rekurrent die Feststellungen der Vorinstanz zu seinem Vertrautsein mit den heimatlichen Verhältnissen und seinem familiären Netz in der Heimat nicht substantiiert. Es kann daher diesbezüglich auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden.
3.4 Daraus folgt, dass sich ein Härtefall des Rekurrenten allein aus der vorbestandenen Einschränkung seiner psychischen Gesundheit ergibt. Die Behandlung dieser Erkrankung in der Schweiz wird aber bereits durch seine vorläufige Aufnahme gemäss Art. 83 AuG sichergestellt und bleibt dies in jedem Fall auch solange, als dass eine medizinische Notlage in seiner Heimat fortbesteht (vgl. Art. 83 Abs. 4 AIG).
3.5 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Vorinstanzen ihren Ermessenspielraum bei der Beurteilung des Gesuchs um Erteilung einer Härtefallbewilligung gemäss Art. 84 Abs. 5 AuG nicht verletzt haben und auch keine falschen Sachverhaltsfeststellungen oder Rechtsanwendungen erfolgt sind. Eine Verletzung von Form- oder Verfahrensvorschriften ist ebenfalls nicht ersichtlich und wurde vom Rekurrenten auch nicht geltend gemacht.
4.
Der Rekurs ist daher abzuweisen. Aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse kann dem Rekurrenten die unentgeltliche Prozessführung bewilligt werden, weshalb die Kosten des Verfahrens mit einer Gebühr von CHF1200.- zulasten des Staates gehen.
Demgemäss erkennt das Verwaltungsgericht (Dreiergericht):
://: Der Rekurs wird abgewiesen.
Der Rekurrent trägt die Gerichtskosten des verwaltungsgerichtlichen Rekursverfahrens mit einer Gebühr von CHF1200.-, einschliesslich Auslagen. Diese Kosten gehen zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege zu Lasten der Gerichtskasse.
Mitteilung an:
- Rekurrent
- Justiz- und Sicherheitsdepartement Basel-Stadt
- Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt
- Staatssekretariat für Migration (SEM)
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die a.o. Gerichtsschreiberin
MLaw Leandra Rubin
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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