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Urteil Appellationsgericht (BS - SB.2018.91 (AG.2021.123))

Zusammenfassung des Urteils SB.2018.91 (AG.2021.123): Appellationsgericht

Der Beschuldigte wurde des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Er wurde auch zu einer Geldstrafe und Landesverweisung verurteilt, jedoch von einigen Anklagepunkten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte haben Berufung eingelegt. In der zweitinstanzlichen Hauptverhandlung wurden verschiedene Vorfälle bezüglich des Drogenhandels untersucht, wobei die Menge und Verteilung von Kokain im Mittelpunkt standen. Es wurden verschiedene Beweise und Telefonüberwachungen herangezogen, um die Beteiligung des Beschuldigten an den Delikten nachzuweisen. Das Gericht musste die verschiedenen Vorfälle und die involvierten Personen genau prüfen, um ein gerechtes Urteil zu fällen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts SB.2018.91 (AG.2021.123)

Kanton:BS
Fallnummer:SB.2018.91 (AG.2021.123)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid SB.2018.91 (AG.2021.123) vom 10.12.2020 (BS)
Datum:10.12.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen, gewerbs- und bandenmässiges Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Geldwäscherei (schwerer Fall wegen Banden- und Gewerbsmässigkeit) sowie Einführen, Erwerben, Lagern falschen Geldes
Schlagwörter: Beschuldigte; Akten; Kokain; Gramm; Fingerling; Beschuldigten; Fingerlinge; Staat; Gericht; Lieferung; Urteil; Staatsanwaltschaft; Recht; Betäubungsmittel; Kilogramm; Kurier; Menge; Abnehmer; Berufung; Bezeichnung; Verfahren; Vorgang; Schweiz; Telefonüberwachung; Geldwäscherei; Freiheit; Lieferungen
Rechtsnorm: Art. 135 StPO ;Art. 147 StPO ;Art. 163 StPO ;Art. 168 StPO ;Art. 180 StPO ;Art. 19 BetmG;Art. 244 StGB ;Art. 269 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 41 StGB ;Art. 42 BGG ;Art. 42 StGB ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 48 BGG ;Art. 49 StGB ;Art. 66a StGB ;Art. 66d StGB ;Art. 83 StGB ;
Referenz BGE:120 IV 330; 121 IV 202; 122 IV 211; 124 I 139; 124 IV 274; 127 IV 20; 129 IV 188; 133 I 33; 134 IV 17; 134 IV 97; 136 IV 1; 138 IV 120; 139 I 145; 140 IV 40; 141 IV 61; 144 IV 172; 144 IV 362; 144 IV 97;
Kommentar:
Keller, Basler 4. Auflage , Art. 244 StGB, 2019

Entscheid des Verwaltungsgerichts SB.2018.91 (AG.2021.123)

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Kammer


SB.2018.91


URTEIL


vom 10. Dezember 2020



Mitwirkende


lic. iur. Liselotte Henz (Vorsitz), lic. iur. Eva Christ,

Dr. Christoph A. Spenlé, lic. iur. Cla Nett, Prof. Dr. Ramon Mabillard

und Gerichtsschreiber Dr. Beat Jucker




Beteiligte

Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Berufungsklägerin

Binningerstrasse 21, 4001 Basel


und


A____, geb. [...] Berufungskläger

c/o JVA Bostadel, 6313 Menzingen Beschuldigter

vertreten durch B____, Advokatin,

[...]



Gegenstand


Berufung gegen ein Urteil der Kammer des Strafgerichts

vom 14. Juni 2018 (SG.2017.275)


betreffend Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz (grosse Gesundheitsgefährdung, Banden- und Gewerbsmässigkeit), Geldwäscherei (schwerer Fall wegen Banden- und Gewerbsmässigkeit) sowie Einführen, Erwerben, Lagern falschen Geldes


Sachverhalt


Mit Urteil der Kammer des Strafgerichts vom 14. Juni 2018 wurde A____ (Beschuldigter) des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG, SR 812.121) mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen, des bandenmässigen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, der Geldwäscherei (schwerer Fall wegen Bandenmässigkeit) sowie der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts schuldig erklärt und zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren (unter Einrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. des vorzeitigen Strafvollzugs seit dem 9. Januar 2017) sowie zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 20.- (Probezeit vier Jahre) verurteilt. Zudem wurde er für 13 Jahre des Landes verwiesen (mit Eintrag im Schengener Informationssystem). Von der Anklage wegen gewerbsmässigen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, Geldwäscherei (schwerer Fall wegen Gewerbsmässigkeit) sowie Einführens, Erwerbens, Lagerns falschen Geldes wurde der Beschuldigte hingegen freigesprochen. Im Übrigen wurde über die beschlagnahmten Gegenstände verfügt und sind dem Beschuldigten Verfahrenskosten in Höhe von CHF25515.- sowie eine Urteilsgebühr im Betrag von CHF 25000.- auferlegt worden. Ferner ist seine amtliche Verteidigerin unter Rückforderungsvorbehalt aus der Strafgerichtskasse entschädigt worden.


Die Staatsanwaltschaft hat am 18. Juni 2018 Berufung angemeldet, mit Schreiben vom 13. August 2018 Berufung erklärt und dieselbe mit Eingabe vom 15. Oktober 2018 begründet. Es wird beantragt, den Beschuldigten in kostenfälliger Abänderung des Urteils des Strafgerichts wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (grosse Gesundheitsgefährdung, Banden- und Gewerbsmässigkeit), Geldwäscherei (schwerer Fall wegen Banden- und Gewerbsmässigkeit), Einführens, Erwerbens, Lagerns falschen Geldes sowie wegen mehrfacher Vergehen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz schuldig zu sprechen und zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren (unter Einrechnung des bisherigen Freiheitsentzugs) sowie zu einer (unbedingten) Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 30.- zu verurteilen. Darüber hinaus sei A____ für 15 Jahre des Landes zu verweisen (mit Eintrag im Schengener Informationssystem [SIS]). Der Beschuldigte beantragt, die Berufung der Staatsanwaltschaft sei vollumfänglich abzuweisen.


Der Beschuldigte, amtlich verteidigt durch B____, hat am 21. Juni 2018 Berufung angemeldet, mit Eingabe vom 15. August 2018 Berufung erklärt und dieselbe mit Schreiben vom 17. Dezember 2018 begründet. A____ beantragt, er sei in kosten- und entschädigungsfälliger Abänderung des vorinstanzlichen Urteils vom Vorwurf der Geldwäscherei freizusprechen und wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie das Ausländergesetz zu einer Freiheitsstrafe von höchstens drei Jahren zu verurteilen. Eine allfällige Überhaft sei mit CHF 200. pro Hafttag zu entschädigen. Darüber hinaus sei eine Landesverweisung von fünf Jahren auszusprechen. Die Staatsanwaltschaft beantragt die kostenfällige Abweisung der Berufung des Beschuldigten.


In der zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 10. Dezember 2020 wurde der Beschuldigte befragt. Danach gelangten seine Verteidigerin und die Staatsanwaltschaft zum Vortrag. Für sämtliche Ausführungen wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen. Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich soweit für den Entscheid von Relevanz aus dem erstinstanzlichen Urteil und aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

1.1 Nach Art. 398 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) ist die Berufung gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte zulässig, mit denen das Verfahren ganz teilweise abgeschlossen wird, was vorliegend der Fall ist. Zuständiges Berufungsgericht ist nach § 88 Abs. 1 und 91 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, SG 154.100) eine Kammer des Appellationsgerichts. Die Staatsanwaltschaft ist gemäss Art. 381 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO zur Erhebung von Rechtsmitteln berechtigt, sodass sie zur Erklärung der Berufung legitimiert ist. Der Beschuldigte ist vom angefochtenen Urteil berührt und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an dessen Abänderung, sodass er gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO ebenfalls zur Erklärung der Berufung legitimiert ist. Auf die form- und fristgerecht eingereichten Rechtsmittel ist daher einzutreten.


1.2 Gemäss Art. 398 Abs. 3 StPO können mit der Berufung Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, die unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden.


1.3

1.3.1 Im Rechtsmittelverfahren gilt die Dispositionsmaxime. Die Berufung kann demgemäss auf die Anfechtung von Teilen des Urteils beschränkt werden (Art. 399 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 StPO). Erfolgt eine Teilanfechtung, erwachsen die nicht angefochtenen Punkte in Teilrechtskraft.


1.3.2 Die Schuldsprüche wegen rechtswidriger Einreise und rechtswidrigen Aufenthalts, die Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände sowie die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren wurden nicht angefochten und sind somit in Rechtskraft erwachsen. Darüber ist im Berufungsverfahren nicht mehr zu befinden.


2.

2.1 Der Beschuldigte macht hinsichtlich des Formellen zunächst geltend, C____ sei anlässlich ihrer Befragung in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung nicht korrekt über ihre Rechte aufgeklärt und nicht darüber informiert worden, dass sie keine Aussagen machen müsse. Es sei ihr lediglich mitgeteilt worden, dass sie niemanden falsch anschuldigen, die Rechtspflege nicht in die Irre führen und niemanden begünstigen dürfe. Wenn die Vorinstanz in ihrem Urteil ausführe, C____ sei im Verlauf der Verhandlung noch auf ihr Aussageverweigerungsrecht hingewiesen worden, sei dies insofern nicht korrekt, als dass C____ während ihrer gesamten Befragung vor dem Gericht nie mitgeteilt wurde, dass sie grundsätzlich nicht verpflichtet sei, überhaupt Angaben jeglicher Art zu machen. Die Gerichtspräsidentin habe die Befragung eines Richters, der Fragen in Zusammenhang mit den Delikten von Frau C____ gestellt habe, unterbrochen, um sie darauf hinzuweisen, dass sie sich selber nicht belasten müsse. Dass sie als Auskunftsperson grundsätzlich nicht verpflichtet ist, überhaupt Aussagen irgendwelcher Art zu machen, sei ihr indes nie mitgeteilt worden. Die anfängliche Rechtsbelehrung betreffend falsche Anschuldigung etc. sei im Gegenteil insofern irreführend, als dass dies einer Auskunftsperson eben gerade das Gefühl geben könne, sie müsse jetzt wahrheitsgetreue Aussagen machen. Dass C____ grundsätzlich auch als Zeugin hätte einvernommen werden können, sei insofern unerheblich, als dass sie im vorliegenden Verfahren ausdrücklich als Auskunftsperson geladen und befragt worden sei. Dies im Nachhinein ändern zu wollen, sei lediglich ein fehlgeschlagener Versuch, die fehlerhafte Rechtsbelehrung zu rechtfertigen. Damit sei die Rechtsbelehrung von C____ anlässlich ihrer Befragung nicht korrekt erfolgt, womit ihre Aussagen nicht zu Lasten des Beschuldigten verwertbar seien (Akten S. 3121 f.).


2.2 Obwohl den Parteien gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO unabhängig von der Eigenschaft, in welcher die befragte Person einvernommen wird, ein umfassendes Teilnahmerecht zusteht, schützt die zur Diskussion stehende Bestimmung betreffend Auskunftspflicht der Auskunftsperson (Art. 180 Abs. 1 StPO) unmittelbar die in dieser Rolle befragte Person. Der Beschuldigte kann sich demgemäss nicht darauf berufen, dass C____ nicht zu Beginn, sondern erst gegen Schluss der Einvernahme darauf aufmerksam gemacht wurde, dass sie sich selbst nicht belasten müsse. Insofern wären nicht die Verfahrensrechte des Beschuldigten, sondern diejenigen von C____ verletzt worden. Der Beschuldigte kann nicht die (angebliche) Verletzung Rechte Dritter rügen, zumal C____ auch nach dem entsprechenden Hinweis weitere Aussagen tätigte (Akten S. 2858) und der Beschuldigte so anders die Möglichkeit hatte, deren Aussagen in Zweifel zu ziehen und im Sinne des Konfrontationsrechts Fragen zu stellen (vgl. dazu BGE 133 I 33 E. 3.1 S.41, 131 I 476 E. 2.2 S. 480 ff., 129 I 151 E. 3.1 S. 153 f.).


2.3

2.3.1 Die in der vorinstanzlichen Hauptverhandlung seitens C____ gemachten Depositionen sind aber auch aus anderem Grund verwertbar: Das Bundesgericht hat erst kürzlich in einem Leiturteil entschieden, dass eine Person, die in einem getrennten Verfahren für die abzuklärende Tat eine damit im Zusammenhang stehende Straftat rechtskräftig verurteilt wurde, in analoger Anwendung von Art.162 ff. StPO grundsätzlich als Zeuge einzuvernehmen ist. Nur sofern im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Person über ihre Verurteilung hinaus als Täter Teilnehmer der abzuklärenden einer konnexen Straftat nicht ausgeschlossen werden könne, sei sie gestützt auf Art. 178 lit.d StPO als Auskunftsperson einzuvernehmen (BGE 144 IV 97 E. 2 und 3 S. 100 ff.).


2.3.2 Das Strafgericht hat diesbezüglich zutreffend erwogen, dass die anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung gestellten Fragen C____ keinen Anlass gaben, sich über den Transport von zehn Fingerlingen hinaus, für den sie mit Urteil des Strafgerichts vom 18. April 2017 bereits rechtskräftig verurteilt worden ist, zu belasten. Vielmehr beschränkten sich die Fragen auf das damals beschlagnahmte Deliktsgut in Form von zehn Fingerlingen und auf Tatsachen, die aus dem gegen C____ geführten Verfahren bereits bekannt waren (Akten S.2857 ff.; vgl.zu Vorgang 338 nachfolgend E. 4.11). Da damit keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass C____ über ihre bereits erfolgte rechtskräftige Verurteilung hinaus als Täterin Teilnehmerin einer Straftat in Betracht kommt, hätte sie gestützt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auch als Zeugin einvernommen werden können. Da kein Zeugnisverweigerungsrecht besteht bzw. bestand (vgl. insbesondere zu den persönlichen Verhältnissen im Sinne von Art. 168 StPO E. 6.6.1), war A____ demnach zum wahrheitsgemässen Zeugnis verpflichtet (Art. 163 Abs. 2 StPO).


2.4 Im Übrigen schliesst die auf der Vorladung anzugebende Eigenschaft, in welcher die entsprechende Person an der Verfahrenshandlung teilnehmen soll (Art. 201 Abs. 2 lit. b StPO), entgegen der vorzitierten Ansicht des Beschuldigten nicht aus, dass die Person hernach in anderer Eigenschaft einvernommen werden kann (Schmid/Jositsch, StPO Praxiskommentar, 3.Auflage, Zürich 2018, Art. 201 N 6).


3.

3.1 Hinsichtlich des Formellen bringt der Beschuldigte im Weiteren vor, dass abgesehen von seinen rechtmässig überwachten Rufnummern [...], [...], [...] und [...] in den Akten nicht dokumentiert sei, ob für die überwachten Leitungen von Mitbeteiligten eine entsprechende Bewilligung vorgelegen habe. Er könne somit nicht beurteilen, ob diese Telefonüberwachungen ursprünglich rechtmässig erfolgten, weshalb sie nicht ohne Weiteres zu seinen Lasten verwendet werden dürften (Akten S.3122 f., 3167 f.).


3.2 Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die initialen Zufallsfunde, aufgrund welcher die vom Beschuldigten ursprünglich verwendete Rufnummer ([...]) in der Folge überwacht werden konnte, mit Verfügung des Obergerichts Zürich vom 2.Dezember 2016 genehmigt wurden (Akten S. 246 ff.). Dies wurde dem Beschuldigten anlässlich seiner Einvernahme vom 2. März 2017 mitgeteilt (Akten S. 729 ff.). Da hiergegen kein Rechtsmittel ergriffen worden ist, kann die entsprechende Rüge nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in einem späteren Verfahrensabschnitt nicht mehr vorgebracht werden (BGE 140 IV 40 E. 1.1 S. 42 f.; Schmid/Jositsch, a.a.O., Art. 279 N14).


3.3 In Bezug auf nach der Verfügung des Obergerichts Zürich vom 2. Dezember 2016 erfolgte Telefonate bzw. darin nicht erwähnte Beteiligte - insbesondere der von der Verteidigung zur Diskussion gestellte «D____» (Akten S. 3167 f.) - ist darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit der Aktion «WAVE» mehrere dutzend Telefonüberwachungen genehmigt wurden (Akten S. 246, 276, 304, 335). Es besteht kein Zweifel daran, dass solche Massnahmen (inklusive Verwertung von in diesem Zusammenhang bekannt gewordenen Zufallsfunden) im Kontext derart schwerwiegender Vorwürfe zulässig sind (Art. 269 ff. StPO; vgl. dazu bereits vorinstanzliches Urteil S.80 ff.). Demgemäss bestand seitens der Strafbehörden keine Erforderlichkeit, die entsprechenden Akten von Amtes wegen beizuziehen bzw. hätte es eines diesbezüglich rechtzeitigen Antrags des Beschuldigten bedurft.


3.4 Die Verteidigung weiss seit dem Zeitpunkt, in welchem dem Beschuldigten die Ergebnisse der kritisierten Telefonkontrollen in den verschiedenen Einvernahmen vorgehalten wurden, über die entsprechenden Massnahmen Bescheid. Es erscheint - wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat (vorinstanzliches Urteil S. 82 f.) - problematisch, wenn die entsprechende Rüge erst einige Zeit später im erstinstanzlichen Hauptverfahren geltend gemacht wird. Es trifft zwar zu, dass es nicht die Aufgabe der Verteidigung ist, die Akten zu vervollständigen und gegen ihren Mandanten zu ermitteln (Akten S. 3123, 3166 ff.). Indes wird gestützt auf die konstante bundesgerichtliche Rechtsprechung bzw. den auch für Private geltenden Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 5 Abs. 3 der Bundesverfassung [BV, SR101]) verlangt, dass verfahrensrechtliche Einwendungen so früh wie möglich, nach Kenntnisnahme eines Mangels bei erster Gelegenheit, vorzubringen sind. Es verstösst gegen Treu und Glauben, Mängel dieser Art erst in einem späteren Verfahrensstadium geltend zu machen, wenn der Einwand schon vorher hätte gerügt werden können. Wer sich auf das Verfahren einlässt, ohne einen Verfahrensmangel bei erster Gelegenheit vorzubringen, verwirkt in der Regel den Anspruch auf spätere Anrufung der vermeintlich verletzten Verfahrensvorschrift (BGE143 IV 397 E. 3.4.2 S. 405 f., 143 V 66 E. 4.3 S. 69 f.; BGer 6B_205/2018 vom 5. März 2019 E. 1; 6B_1168/2017 vom 10. September 2018 E. 1; AGE SB.2017.92 vom 23. Juni 2020 E. 2.6).


4.

4.1

4.1.1 Der Beschuldigte stellt eine Beteiligung am Betäubungsmittelhandel auch im Berufungsverfahren nicht grundsätzlich in Abrede (Akten S. 3123, 3168, 3177 f.). Das Strafgericht hat in diesem Zusammenhang denn auch überzeugend erwogen, dass die Involvierung des Beschuldigten in den Betäubungsmittelhandel - ganz abgesehen von den belastenden Erkenntnissen aus den diversen Telefonüberwachungen - durch zahlreiche weitere objektive Beweismittel nachgewiesen ist. So habe der Beschuldigte anlässlich seiner Anhaltung vom 9. Januar 2017 diverse Kokainfingerlinge zu jeweils ungefähr zehn Gramm, mit einem Gesamtgewicht von 488.4 Gramm, auf sich getragen. Zudem seien anlässlich einer kurz nach seiner Festnahme in der von ihm während des Tatzeitraums (September 2016 bis Januar 2017) angemieteten Wohnung an der [...] durchgeführten Hausdurchsuchung zahlreiche Fingerlinge mit einem Gewicht von jeweils ca. zehn Gramm, insgesamt 3197.5 Gramm Kokain, beschlagnahmt worden. Darüber hinaus lägen belastende Aussagen einer Abnehmerin (C____) vor, die angebe, vom Beschuldigten Kokainfingerlinge erhalten zu haben (vorinstanzliches Urteil S. 86 ff.), wobei sich Letzteres zufolge Unverwertbarkeit der Aussagen aus der Einvernahme vom 22. Februar 2017 (Akten S. 690 ff.) nur aus deren Depositionen anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung ergeben kann (Akten S. 2857 ff.). Ergänzend bleibt darauf hinzuweisen, dass auch im Fingernagelschmutz, auf der Kleidung und dem beschlagnahten Bargeld des Beschuldigten signifikante Hinweise auf Kontakt mit Kokain gefunden werden konnten (Akten S. 372 ff.).


4.1.2 Gestützt auf die diversen Telefonüberwachungen und die polizeiliche Observation der Liegenschaft «[...]» hat das Strafgericht überdies unwidersprochen festgehalten, dass A____ Mitglied einer [...], als eine Art Generalimporteurin tätige Drogenhändlergruppierung, die von [...] aus insbesondere durch die Personen «E____» und «F____» gesteuert worden sei, gewesen ist und hierin als «G____» bekannt gewesen sei (vorinstanzliches Urteil S.84 ff.; ergänzend bleibt anzumerken, dass der Beschuldigte von C____ in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung als «G____» identifiziert wurde [Akten S.2857 ff.]). Es kam zu Recht zum Schluss, dass G____ die Rolle von H____ übernommen und seither für Letzteren in seiner Depotwohnung an der [...] aus dem Ausland eingereiste Kokainkuriere in Empfang genommen und anhand von seinen Hintermännern übermittelten Listen mit Hilfe mehrerer Fahrer das erhaltene Kokain in der Schweiz verteilt hat (vorinstanzliches Urteil S. 86 ff.).


4.2

4.2.1 Der Beschuldigte bestreitet zu Recht nicht, dass das Kokain in Form von Fingerlingen gehandelt wurde (Akten S. 761). Dies ergibt sich auch aus den Beschlagnahmen anlässlich seiner Festnahme sowie der Hausdurchsuchung (Akten S. 380, 407). Zudem wurde auch bei C____ Kokain in Form von Fingerlingen beschlagnahmt (Akten S. 691 ff.).


4.2.2 Was das Gewicht dieser Fingerlinge anbelangt, geht die Staatsanwaltschaft gemäss Anklageschrift von einer Menge von jeweils zehn Gramm Kokain pro Fingerling aus. Dieses Gewicht ist zunächst aufgrund einschlägiger Erfahrungswerte als gerichtsnotorisch zu bezeichnen. Erfahrungsgemäss sind Fingerlinge zu fünf Gramm eher eine Seltenheit. Zudem wiesen sämtliche Fingerlinge, die in der Wohnung sowie anlässlich der Festnahme des Beschuldigten beschlagnahmt worden sind, ein Gewicht von rund zehn Gramm auf (Akten S. 380, 407). Dasselbe gilt für die bei C____ beschlagnahmten Fingerlinge (Akten S. 697 f.). Darüber hinaus ist mit dem Strafgericht (vorinstanzliches Urteil S. 92) auch festzustellen, dass es weder aus der Telefonüberwachung noch vor dem Hintergrund der darin genannten Preise Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Beschuldigte und seine Mittäter zwei verschiedene Grössen von Fingerlingen im Angebot gehabt hätten. Schliesslich hat der Beschuldigte - obwohl er das angeklagte Gewicht von zehn Gramm pro Fingerling nie explizit bestätigt hat - dieses auch nie in Frage gestellt, obwohl die Vorhalte im Ermittlungsverfahren vielfach auf dieser Prämisse beruhten (Akten S. 734, 778, 791, 795, 855, 886).


4.2.3 Verteidigung und Vorinstanz stimmen darin überein, dass pro geliefertem Fingerling CHF 80.- verlangt worden sind (zuzüglich CHF 100.- Fahrtkosten). CHF 60.- kostete ein Fingerling, wenn er abgeholt wurde (Akten S. 1270, 1331 f., 1991). Wenn der Beschuldigte moniert, aufgrund des tiefen Preises sei in dubio pro reo eher von Fingerlingen zu jeweils fünf Gramm auszugehen (Akten S. 3123, 3168 f.), ist ihm zwar zuzustimmen, dass der in casu verlangte Preis pro zehn Gramm Kokain relativ tief erscheint. Wie das Strafgericht aber zutreffend erwogen hat (vorinstanzliches Urteil S.92), lässt sich dieser Preis zum einen durch die mit dem Auftreten zusätzlicher, vor allem westafrikanischer Händler-Gruppierungen dynamisch gewordenen Marktverhältnisse (vgl. dazu eingehend die Studie von Sucht Schweiz, abrufbar unter: https://www.suchtschweiz.ch/aktuell/medienmitteilungen/article/drogenmarkt-kokain-und-andere-stimulanzien-unter-der-lupe/, zuletzt besucht am 12. Januar 2021) und zum anderen mit der Tatsache, dass die Preise im «Grosshandel» - die Bande figurierte quasi als Generalimporteurin (vgl. dazu schon E. 4.1.2) - um ein Vielfaches günstiger sind als im «Detailhandel», wo die Ware vor dem Verkauf noch um ein Vielfaches gestreckt wird, erklären. Wenn des Weiteren angeführt wird, ein Fingerling könne nur fünf Gramm enthalten haben, da der «ältere Herr» 163 Fingerlinge inkorporiert haben solle (Akten S.3123, 3168 ff.), ist mit dem Strafgericht (vorinstanzliches Urteil S. 92) festzuhalten, dass ein Bodypacker, der 1.63 Kilogramm Kokain inkorporiert transportiert, tatsächlich eher die Ausnahme als die Regel darstellen dürfte. Das Ausscheiden dieser Fingerlinge war denn aber auch mit Komplikationen verbunden, gestaltete sich dies doch offenbar schwierig, da der Kurier zunächst nur einen Teil der Fingerlinge (90+) hervorbrachte und in der Folge aufgefordert wurde, Öl zu trinken (Akten S. 1153, 1258).


4.2.4 Dass es auch Fingerlinge zu fünf Gramm gegeben haben könnte, bleibt nach dem Gesagten eine rein abstrakte Möglichkeit, die als solche nicht geeignet ist, Zweifel an dem von der Staatsanwaltschaft zugrunde gelegten Gewicht von zehn Gramm Kokain pro Fingerling zu wecken. Es ist daher nachfolgend von einem Gewicht von zehn Gramm pro Fingerling auszugehen.


4.3

4.3.1 Gemäss dem forensisch-chemischen Gutachten vom 16. Januar 2017 wies das anlässlich der Festnahme beim Beschuldigten beschlagnahmte Kokain einen Reinheitsgehalt von zwischen 39 % und 84 % auf (Akten S. 434 f.). Bezüglich des bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Kokains konnte sodann ein Reinheitsgehalt von zwischen 30 % und 81 % nachgewiesen werden (Akten S. 562 f.). Das bei C____ beschlagnahmte Kokain hatte einen Reinheitsgehalt von 32% (Akten S. 697 f.).


4.3.2 Bei der Schätzung des Wirkstoffgehalts von Betäubungsmitteln können gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Durchschnittswerte - soweit sie repräsentativ und aussagekräftig sind - zur Orientierung herangezogen werden (BGer6B_504/2019 vom 29. Juli 2019 E. 2.3, 6B_1068/2014 vom 29. September 2015 E. 1.5). Erst wenn keine hinreichenden Feststellungen zum Wirkstoffgehalt getroffen werden können, ist von dem nach den Umständen für die beschuldigte Person in Betracht kommenden niedrigsten Wirkstoffgehalt auszugehen. Das Sachgericht ist insbesondere nicht verpflichtet, von einem durch tragfähige Schätzungen ermittelten Wirkstoffgehalt in Anwendung des Grundsatzes «in dubio pro reo» einen zusätzlichen Sicherheitsabschlag zu machen (BGer 6B_1081/2018 vom 10. September 2019 E. 3.1; Hug-Beeli, Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz, Basel 2016, Art. 19 N 897). Bei grösseren Mengen sichergestellten Betäubungsmitteln reicht es aus, einen repräsentativen Teil stichprobeweise zu untersuchen und im Wege der Schätzung von den gefundenen Ergebnissen auf den Wirkstoffgehalt der gesamten Menge hochzurechnen (Hug-Beeli, a.a.O., Art. 19 N 881).


4.3.3 Es ist nach dem Gesagten nicht zu beanstanden, sondern entgegen seiner Ansicht (Akten S. 3123, 3168) für den Beschuldigten eher noch günstig, wenn das Strafgericht für das gesamte von ihm gehandelte Kokain gestützt auf den errechneten durchschnittlichen Reinheitsgehalt von ca. 65 % von einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 50 % ausgegangen ist. Anzufügen bleibt, dass die genaue Betäubungsmittelmenge und gegebenenfalls ihr Reinheitsgrad im Rahmen der Strafzumessung ohnehin an Bedeutung verlieren, wenn mehrere Qualifikationsgründe gemäss Art. 19 Ziff. 2 BetmG gegeben sind und je deutlicher der Grenzwert im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG überschritten ist (BGE 121 IV 202 E. 2d/cc S. 205 f., 121 IV 193 E. 2b/aa s. 196 f.; vgl.zur Strafzumessung nachfolgend E.6).


4.4

4.4.1 Strittig ist insbesondere die Menge des vom Beschuldigten empfangenen und in der Folge weitergegebenen Kokains. Die Staatsanwaltschaft geht gemäss Anklageschrift davon aus, dass der Beschuldigte von 19 Kurieren besucht wurde und jeder Kurier mindestens ein Kilogramm Kokain mitgebracht hat. Im Berufungsverfahren stellt sie sich auf den Standpunkt, dass diese Menge aus mehreren Gründen nicht zu hoch angesetzt sei: Wären kleinere Mengen zu verteilen gewesen, hätte auf den überwachten Telefonleitungen keine derartige Betriebsamkeit geherrscht, hätten nicht mehrere Inlandkuriere gleichzeitig eingesetzt werden müssen, hätten die Abnehmer keine so hohen Summen entrichtet und wären pro Vorgang nicht derart viele Abnehmer beliefert worden. Im Übrigen hätte der Beschuldigte am 9. Januar 2017 auch nicht urplötzlich rund 5.5 Kilogramm Kokain zur Weiterverteilung geliefert erhalten und wären bei seiner Festnahme nicht 488 Gramm Kokain direkt auf ihm sowie noch weitere 3197.5 Gramm Kokain in seinem Logis beschlagnahmt worden (Akten S. 3134).


4.4.2 Die Verteidigung wendet dagegen hauptsächlich ein, dass diese Schätzung zu hoch sei, da keine Hinweise vorlägen, dass tatsächlich jeder Kurier mindestens ein Kilogramm Kokain abgesetzt hat. Nur weil es Hinweise darauf gäbe, dass einzelne Kuriere grössere Mengen mitgebracht haben könnten, bedeute dies nicht, dass dies immer der Fall gewesen sein müsse, zumal die Zahlen im Drogenhandel nie konstant seien und die Menge des transportierten Kokains auch von der Transportart abhänge, wobei Bodypacker unterschiedlich grosse Mengen zu transportieren in der Lage seien (Akten S. 3123).


4.4.3 Bezüglich der Frage, wie viel Kokain die Kuriere jeweils in die Depotwohnungen gebracht haben, liegen relativ wenige Anhaltspunkte vor. Wie das Strafgericht zutreffend erwogen hat (vorinstanzliches Urteil S. 93 f.), existieren wenige überwachte Telefongespräche, in denen konkrete Mengen genannt wurden. Es kann zwar in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltsanwaltschaft festgehalten werden, dass in denjenigen Fällen, in denen konkrete Zahlen bekannt wurden, diese jeweils deutlich über einem Kilogramm lagen. Da es aber durchaus möglich ist, dass gerade in diesen Fällen aussergewöhnlich hohe Mengen gebracht wurden, kann von diesen nicht auf alle anderen Lieferungen geschlossen werden. Hingegen bestehen bezüglich aller angeklagten Vorfälle punktuelle Anzeichen hinsichtlich der Anzahl der mit Hilfe des Beschuldigten abgegebenen Fingerlinge bzw. bezüglich der eingehenden Geldbeträge, welche die Empfänger der Fingerlinge jeweils zu bezahlen hatten. Es überzeugt daher, wenn das Strafgericht gestützt darauf in Anwendung des Grundsatzes «in dubio pro reo» «nur» diejenigen Mengen, zu welchen aus der Telefonüberwachung konkrete Zahlen zu gelieferten Fingerlingen bzw. entrichteten Geldbeträgen hervorgehen, berücksichtigt hat. Entgegen den Vorbringen des Beschuldigten (Akten S.2894, 3169) ist hierbei davon auszugehen, dass es sich bei Lieferungen aus [...] in die Schweiz jeweils um Kokain handelte und überall dort, wo etwas aus der Schweiz nach [...] gebracht wurde, die Rede von Geldbeträgen ist.


4.4.4 In der Folge (E. 4.5-4.20) ist im Detail auf die einzelnen angeklagten Vorgänge einzugehen und abzuklären, in welche Mengen abgegebenen Kokains der Beschuldigte tatsächlich involviert war.


4.5

4.5.1 Gemäss Anklageschrift wird dem Beschuldigten bezüglich Vorgang 278 vorgeworfen, sich ab dem 25. September 2016 an der schweizweiten Verteilung von einem Kilogramm Kokain, das zuvor in eine nicht bekannt gewordene Depotwohnung geliefert worden sei, beteiligt zu haben. In Bezug auf die Lieferung dieser Betäubungsmittel lässt sich der Telefonüberwachung nichts entnehmen. Indes bestehen Hinweise darauf, wie viel Kokain der Beschuldigte an Abnehmer weitergegeben hat. Folglich muss A____ eine Lieferung erhalten haben. Aus der Telefonüberwachung geht hervor, dass er mit «I____» vereinbart hat, dass er ihm vorerst die Hälfte der Ware zum gleichen Treffpunkt wie letztes Mal bringt. Tags darauf wies «I____» den Beschuldigten telefonisch darauf hin, dass er bei der zweiten Lieferung «zehn Menschen statt elf Menschen» erhalten habe und forderte ihn auf, zu schauen, ob «eine Sache» noch bei ihm liege. Der Beschuldigte teilte «I____» daraufhin mit, die Leute aus [...] hätten ihm nur «21 Sachen statt 22 Sachen» geschickt (Akten S. 1936 ff.). Folglich ist erstellt, dass der Beschuldigte 21 Fingerlinge an «I____» geliefert hat, was nach dem vorstehend Referierten (vgl. E. 4.2) 210 Gramm Kokain entspricht.


4.5.2 Wenn die Staatsanwaltschaft ausführt, dass für die unbefugte Einfuhr und Verteilung von «nur» 210 Gramm Kokain nicht derart viel Aufwand betrieben werde, ist darauf hinzuweisen, dass die Ermittlungen zum Zeitpunkt des Vorgangs 278 erst begonnen und die Telefonkontrolle auf einige wenige überwachte Rufnummern beschränkt war. Mehr Lieferungen - insbesondere die eine von der Staatsanwaltschaft ins Auge gefasste frühere Lieferung (Akten S. 3102) - lassen sich dem Beschuldigten ohne spekulative Momente bzw. Vermutungen aber nicht rechtsgenüglich nachweisen.


4.6

4.6.1 Auch bezüglich des Vorgangs 319/321 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, sich an der Verteilung von einem Kilogramm Kokain beteiligt zu haben, wobei auch dieses Kokain in eine unbekannt gebliebene Wohnung geliefert worden sein soll. Bezüglich der Menge der Lieferung ist nichts Genaueres bekannt. Der Telefonüberwachung lässt sich aber entnehmen, dass der Beschuldigte von «H____» zwecks Vereinbarung einer Lieferadresse aufgefordert worden ist, einen Abnehmer in Zürich anzurufen und diesem später einen Fahrer zu schicken (Akten S. 1942 ff.).


4.6.2 Nach dem Gesagten steht fest, dass sich der Beschuldigte an der Auslieferung des Kokains an den Zürcher Kunden beteiligt hat. Auch wenn aus der Telefonüberwachung keine konkrete Menge gelieferten Kokains eruiert werden kann, geht es nicht an, wenn die Vorinstanz die gelieferte Menge bezüglich des Vorgangs 319/321 mit 0 veranschlagt. Wenngleich nicht davon auszugehen ist, dass eine quasi als «Generalimporteurin» tätige Drogenhändlerbande mit derart geringen Mengen Kokain dealt, ist entgegen der vorinstanzlichen Würdigung bzw. in Nachachtung des Grundsatzes «in dubio pro reo» mit der Staatsanwaltschaft von mindestens einem gelieferten Fingerling, mithin zehn Gramm Kokain, auszugehen.


4.7

4.7.1 Bezüglich Vorgang 323 wird dem Beschuldigten wiederum der Erhalt von einem Kilogramm Kokain in einer unbekannt gebliebenen Depotwohnung und dessen Verteilung vorgeworfen. Erstellt ist, dass «H____» dem Beschuldigten die Adresse des Abnehmers des Fingerlings bzw. der Fingerlinge «Q7» mitteilte, ihn aufforderte, sich mit den Abnehmern von «A1» und «ZZ» zu treffen und ihn anwies, einen Fahrer zum Abnehmer von «H20» zu schicken (Akten S. 1949 ff.).


4.7.2 Es steht somit fest, dass sich der Beschuldigte erneut an der Verteilung einer zuvor in eine Depotwohnung gebrachten Kokainlieferung beteiligt hat. Da die konkreten Liefermengen wiederum unklar sind, ist entgegen der Vorinstanz analog zum Vorgang 319/321 in dubio pro reo von einem Fingerling pro Lieferung (an die Abnehmer von «A1», «ZZ» und «H20») auszugehen. Nicht erstellt ist, ob die Lieferungen von «Q7» und «GT» (nach Lausanne) effektiv erfolgten (Akten S. 1961 f.). Mangels Bezugnahme auf ein Kürzel - was durchaus unüblich ist - steht darüber hinaus nicht mit rechtsgenüglicher Sicherheit fest, dass es sich bei der Bezeichnung «[...]», effektiv um einen weiteren Treffpunkt für eine Kokainlieferung gehandelt hat. Bei den empfangenen Geldern ist zu Gunsten des Beschuldigten in dubio pro reo davon auszugehen, dass Letztere Entgelt aus bereits dem Beschuldigten angerechneten Lieferungen darstellen, zumal aus der Telefonüberwachung nicht hinreichend klar hervorgeht, für welche Fingerling-Bezeichnung jeweils bezahlt wurde. Es müssen daher insgesamt 30 Gramm Kokain addiert werden.


4.8

4.8.1 Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft bezüglich Vorgang 325 beinhaltet erneut die Beteiligung an der Verteilung von einem Kilogramm Kokain. Bezüglich der Menge der erhaltenen Lieferung liegen keine Hinweise vor. Hingegen ist erstellt, dass der Beschuldigte sich mit «J____» über Lieferungen nach Genf und Zürich sowie die Lieferung der Ware «LY» unterhalten hat. Zudem hat «I____» A____ mitgeteilt, dass ihm «11x VG» gehöre. Darüber hinaus geht aus der Telefonüberwachung hervor, dass die Ware an «UN» geliefert werden konnte (Akten S.1989 ff.).


4.8.2 Es ist somit nachgewiesen, dass unter der Mitwirkung des Beschuldigten elf Fingerlinge mit der Bezeichnung «VG» und zudem im Sinne des bereits vorstehend Erwogenen mindestens ein Fingerling mit der Bezeichnung «UN» abgegeben wurden. Ob die Ware «LY» und diejenige nach Genf bzw. Zürich effektiv erfolgreich geliefert wurde, ist mangels Hinweisen in den überwachten Telefongesprächen nicht mit rechtsgenüglicher Sicherheit nachgewiesen. Bei den empfangenen Geldern ist zu Gunsten des Beschuldigten in dubio pro reo wiederum davon auszugehen, dass die Gelder Entgelt aus ihm bereits angerechneten Lieferungen darstellen, zumal aus der Telefonüberwachung nicht hinreichend klar hervorgeht, für welche Fingerling-Bezeichnung jeweils bezahlt wurde. Demgemäss ist von 120 Gramm Kokain auszugehen.


4.9

4.9.1 Auch in Bezug auf Vorgang 329 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, sich an der Verteilung von einem Kilogramm Kokain beteiligt zu haben. Aufgrund der Telefonüberwachung ist erstellt, dass der Beschuldigte bei «H____» «5 IBB» abholte. Zudem ist nachgewiesen, dass er sich um die Übergaben von «ND», «KK» «GW» und der «zweiten Person» kümmern wollte. Sodann wurde der Beschuldigte von «H____» aufgefordert, einen Fahrer anzurufen, damit jener 21 Fingerlinge «H20» nach Genf ausliefere. In der Folge besprachen «H____» und der Beschuldigte, dass der «Mann aus Zürich» «21 Sachen» mitgenommen habe und morgen früh zum Abnehmer fahren werde (Akten S. 2007 ff.).


4.9.2 Es ist demgemäss erstellt, dass der Beschuldigte eine Lieferung erhalten hat, «5 IBB» abholte und 21 «H20» liefern sollte. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den 21 «H20» um die «21 Sachen» handelt, die der Mann aus Zürich mitgenommen hat, ist mit dem Strafgericht in dubio pro reo von einer Menge von insgesamt 26 Fingerlingen, folglich 260 Gramm Kokain auszugehen, die durch den Beschuldigten abgegeben wurden (vgl. bereits vorinstanzliches Urteil S. 96). Die Lieferungen an «ND», «KK», «GW» und die «zweite Person» sind entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht rechtsgenüglich nachgewiesen (Akten S. 3104).


4.10

4.10.1 Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten in Ziffer 1.5.6 der Anklageschrift (Vorgang 330) vor, erstmals in seiner neu bezogenen und eigenständig als Depothalter betriebenen Wohnung ein Kilogramm Kokain in Empfang genommen und dessen Verteilung organisiert zu haben. Erstellt ist, dass der Beschuldigte ab November 2016 die Wohnung an der [...] angemietet hat (Akten S.552 ff.). Weiter ist aufgrund der Telefonkontrolle nachgewiesen, dass sich der Beschuldigte bei «H____» nach der Telefonnummer des Abnehmers von «2 Menschen» erkundigte. Zudem teilte «H____» dem Beschuldigten mit, der Abnehmer von «AS» sei bereits unterwegs und ein anderer Abnehmer habe mitgeteilt, dass ihm «20 Sachen» gehören würden. Sodann teilte der Beschuldigte «H____» mit, dass er einem Abnehmer «die Frau» gebracht und das Geld dafür erhalten habe (Akten S. 2267 ff.).


4.10.2 Es steht somit fest, dass der Beschuldigte in der von ihm bezogenen Wohnung eine Lieferung erhalten hat. Was die Verteilung von Kokain durch den Beschuldigten angeht, ist in mengenmässiger Hinsicht erstellt, dass er «2 Menschen», «AS», «20 Sachen» sowie «eine Frau», folglich 24 Fingerlinge, was 240 Gramm Kokain entspricht, verteilt hat. Zudem ist - wie die Staatsanwaltschaft zutreffend vorbringt (Akten S. 3104) - erstellt, dass «AA» den Preis von CHF 1'200.- bezahlen musste. Davon ausgehend, dass für einen gelieferten Fingerling CHF 80.- zu entrichten waren (vgl. dazu schon E. 4.2.3), entspricht diese Summe zusätzlichen 150 Gramm Kokain. Bei den darüber hinaus empfangenen CHF 1'700.- ist zu Gunsten des Beschuldigten in dubio pro reo davon auszugehen, dass dieser Betrag Entgelt aus ihm bereits angerechneten Lieferungen darstellt, zumal aus der Telefonüberwachung nicht hervorgeht, für welche Bezeichnung bezahlt wurde. Ob tatsächlich eine Lieferung an «LF», erfolgte, ist nicht rechtsgenüglich nachgewiesen. Gesamthaft ist daher von 390 Gramm Kokain auszugehen.


4.11

4.11.1 Auch in Ziffer 1.5.7 (Vorgang 338) der Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten den Empfang und die Organisation der Verteilung von einem Kilogramm Kokain vor. Erstellt ist, dass «H____» dem Beschuldigten ankündigte, dass er einen Kurier empfangen werde, wobei hinsichtlich der Menge an Kokain nichts bekannt geworden ist. Weiter ist erstellt, dass der Beschuldigte in seiner Wohnung C____ empfangen und ihr zehn Fingerlinge mit gesamthaft 98.6 Gramm Kokain übergeben hat. Zudem hat der Beschuldigte - wie die Staatsanwaltschaft zutreffend festgehalten hat (Akten S. 3105) - dem Abnehmer «D____» für CHF 1'700.- (inklusive Wegpauschale von CHF 100.-) Fingerlinge mit der Bezeichnung «TY» geliefert. Abzüglich der Wegpauschale und davon ausgehend, dass ein gelieferter Fingerling zu zehn Gramm Kokain CHF 80.- kostete (vgl.dazu schon E. 4.2.3), ist die Lieferung von weiteren 20 Fingerlingen, mithin 200 Gramm Kokain, erstellt (Akten S. 697 f., 706 ff., 2293 ff., 2857 ff.).


4.11.2 Nicht gefolgt werden kann der Staatsanwaltschaft hingegen bezüglich der weiteren im Zusammenhang mit Vorgang 338 vorgebrachten Rügen (Akten S. 3105): Gestützt auf das Gespräch zwischen dem Beschuldigten und «H____» vom 18.November 2016, 15.50 Uhr, liegt zwar nahe, dass mehrere Tranchen Kokain zu verteilen waren. Indes ist neben der Menge unklar, an wen und wohin solche geliefert werden sollten. Ob die entsprechende Ware erfolgreich abgegeben wurde, ist daher nicht mit rechtsgenüglicher Sicherheit nachgewiesen. Dasselbe gilt für den seitens der Staatsanwaltschaft zur Diskussion gestellten «unbekannten Abnehmer». Bei den darüber hinaus eingezogenen «Guthaben» von CHF 6555.- und CHF6000.- ist zu Gunsten des Beschuldigten in dubio pro reo wiederum davon auszugehen, dass dieser Betrag Entgelt aus ihm bereits angerechneten Lieferungen darstellt, zumal aus der Telefonüberwachung nicht hervorgeht, für welche Bezeichnung bezahlt wurde. Dasselbe gilt für die Lieferung von «S2», da nicht mit hinreichender Sicherheit klar ist, ob es sich beim Begriff «Klamotten» um Geld Kokain handelt. Im Ergebnis ist daher von 298.6 Gramm umgesetzten Kokains auszugehen.


4.12

4.12.1 Bezüglich Vorgang 303/306 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe von einem Kurier 1010 Gramm Kokain erhalten und dieses in der Folge verteilt. Dass ein Kurier beim Beschuldigten eintraf, ist erstellt (Akten S. 845, 848, 851). In Bezug auf die Menge an Kokain ist nachgewiesen, dass der Beschuldigte mit «K____» vereinbarte, dass jener zehn Fingerlinge abholen werde (Akten S. 856). Sodann übergab der Beschuldigte einem Abnehmer 26 Fingerlinge «C12», wobei sich dieser etwas gedulden musste, da Letztere zunächst noch nicht komplett ausgeschieden waren (Akten S. 867, 878, 880, 885, 887). Ferner ist erstellt, dass der Abnehmer von «DJ1» eine unbekannte Anzahl Fingerlinge erhielt, mindestens aber zehn, da der Beschuldigte auf telefonische Nachfrage bei «L____» erfuhr, dass von «DJ1» erst «10» ausgeschieden seien (Akten S. 876, 880). Zudem ist nachgewiesen, dass ein Fahrer einem unbekannten Abnehmer «25 Sachen» geliefert hat (Akten S. 891, 1765). Wie die Staatsanwaltschaft zudem zutreffend vorbringt (Akten S. 3106), wurde der Abnehmer «Homeboy» an zwei Tagen beliefert (Akten S. 859, 928). Demgemäss sind mindestens zwei weitere Fingerlinge, mithin 20 Gramm Kokain, hinzuzählen.


4.12.2 Entgegen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft (Akten S. 3106) ist aber nicht erstellt, dass der Beschuldigte dem «Chinesen» 300 Gramm Kokain übergeben hat, da dies aus der Telefonüberwachung nicht eindeutig hervorgeht. Dieser lässt sich lediglich entnehmen, dass «G____» dem «Chinesen» 300 ersetzen soll, die jener für jemanden vorgeschossen hat (Akten S. 863). Darüber hinaus telefonierte der Beschuldigte mit weiteren Abnehmern («ID», «NI» und «BCE»). Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (Akten S. 3106) ist hierbei aber nicht nachgewiesen, dass diese (mutmasslichen) Abnehmer tatsächlich beliefert worden sind (Akten S.858, 859, 861,862, 867, 869). Die Lieferung an «WAVE-658» entspricht entgegen der strafgerichtlichen Würdigung mit grosser Wahrscheinlichkeit der bereits in Rechnung gestellten Ware von «K____», sodass diese acht Fingerlinge von der vorinstanzlichen Rechnung abzuziehen sind.

4.12.3 Insgesamt ist erstellt, dass der Beschuldigte 73 Fingerlinge (zehn «K____», 26 «C12», zehn «DJ1», 25 an einen unbekannten Abnehmer und zwei an «Homeboy»), folglich 730 Gramm Kokain, verteilt hat.


4.13

4.13.1 In Ziff. 1.5.9 der Anklageschrift (Vorgang 305/306) wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe drei Kuriere in Empfang genommen und die Inlandverteilung von mindestens drei Kilogramm Kokain koordiniert. Erstellt ist, dass der Beschuldigte zunächst zwei von «M____» (Akten S. 939, 943 ff., 955, 1015 ff., 1036) und anschliessend einen von «F____» geschickten Kurier in Empfang nahm (Akten S. 1047 ff.).


4.13.2 Betreffend die Verteilung der erhaltenen Ware steht fest, dass ein Abnehmer in Aarau zehn «A» und fünf «BL» erhalten sollte und einem unbekannten Abnehmer die zehn «langen Reds» und 20 «Blues» gehörten (Akten S. 955, 960, 999). Weiter nahm der Beschuldigte mit einem Kurier Kontakt auf, um bei einem Abnehmer das Geld für «20 Frauen» mit der Bezeichnung «JT» zu holen (Akten S. 956, 958). Erstellt ist weiter, dass der Beschuldigte «1 Stück» nach «L» brachte und von «M____» den Auftrag erhielt, «15 Waren» auszuliefern (Akten S. 1010, 1012). Sodann erhielt der Beschuldigte den Auftrag 6 «FJ» zu übergeben (Akten S. 986), übergab «BB» «20 Stück» (Akten S. 1054) und teilte «F____» mit, dass er «5 Stück» von «B12» habe und noch «2 Stück» von «MM» verteilen müsse, was er in der Folge auch tat (Akten S. 1069, 1071, 1076 f., 1084). Die Staatsanwaltschaft hat zudem zutreffend festgehalten (Akten S. 3107), dass entgegen dem Strafgericht ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den «20 Stück» für «BB» um die «20 Frauen» für «K____» gehandelt hat, sodass diese 200 Gramm zu addieren sind. Sodann steht fest, dass weitere zwölf Stück an einen unbekannten Mann (Akten S. 1067), an «LF» «2 Stück» (Akten S.1081), an «WAVE-785» fünf Fingerlinge (Akten S. 1088) und einem weiteren Abnehmer 50 Gramm Kokain geliefert wurden (Akten S.1089).


4.13.3 Bezüglich der Abnehmer mit den Bezeichnungen «MP», «AM», «IFC», «DJ1», «GN», «WFJ» bzw. der Abnehmer «WAVE-697» und «Maureen» sind zwar keine Angaben hinsichtlich der Menge bekannt geworden, ist aber erstellt, dass die Lieferungen tatsächlich stattfanden (Akten S.1034, 1058 ff., 1074, 1710 ff.). Es geht - wie bereits zuvor erwähnt (vgl. dazu E. 4.6.2, 4.7.2, 4.8.2) - nicht an, die Menge in diesen Fällen mit 0 zu veranschlagen. Vielmehr ist von einem Fingerling pro Lieferung, entsprechend zusätzlichen 80 Gramm, auszugehen. Mangels konkreten Hinweisen in den Telefonkontrollen ist aber nicht klar, ob die Lieferungen «CBO», «B2S», «E1», «OO», «B52», «D112», «WST», «WAVE-1131» und «WAVE-993» effektiv ihren Abnehmer fanden. Bei den von der Staatsanwaltschaft zur Diskussion gestellten Lieferungen nach Aarau (unbekannte Anzahl «Kinder» und «15 Frauen») ist in dubio pro reo davon auszugehen, dass diese Lieferungen diejenigen an «A» und «BL» darstellen. Die Lieferungen von «weiteren 15 Fingerlingen an unbekannt sowie weitere 12 Fingerlinge ohne Bezeichnung sowie zusätzliche 450 Gramm an verschiedene, nicht einzeln aufgeführte Abnehmer» (Akten S. 3107) sind zu unspezifisch und nicht rechtsgenüglich nachgewiesen.


4.13.4 Nach dem Gesagten ist insgesamt die Abgabe von 1660 Gramm Kokain erstellt (10 «A», 5 «BL», 10 «lange Reds», 20 «Blues», 20 «JT», 6 «FJ», 20 «BB», 20 an «K____», 5 «B12», 2 «MM», 2 «LF», «15 Waren», «12 Stück an unbekannt», 50 Gramm, 5 an «WAVE-785» und je 1 für «L», «MP», «AM», «IFC», «DJ1», «GN», «WFJ», «WAVE-697» und «Maureen»).


4.14

4.14.1 Dass der Beschuldigte am 17. Dezember 2016 erneut einen Kurier empfangen hat, ist gestützt auf die Telefonüberwachung und die Observation erstellt (Akten S.1090, 1092, 1094, 1099 ff.). A____ verteilte in der Folge «30 rote Sachen» mit der Bezeichnung «V» an «UM» (Akten S. 1191), kümmerte sich um die Übergabe von 15 «Golf-2» (Akten S. 1219) und liess von einem Inlandkurier «fünf Rote und fünf Blaue» nach Aarau liefern (Akten S. 1192, 1196, 1197, 1199). Im Weiteren ist nachgewiesen, dass die Fingerlinge mit den Kürzeln «UN» und «DJ1» ihren Abnehmer fanden (Akten S. 1205 f., 1208 f., 1211). Nicht rechtsgenüglich erstellt ist hingegen, ob die Fingerlinge «YK», «V6», «B52» und «VC» effektiv geliefert wurden. Selbst wenn der Inlandkurier «N____» einen Erlös von CHF11'000.- aus Aarau zurückgebracht hätte, ist entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (Akten S.3107) nicht erstellt, dass die sich umgerechnet ergebenden 137 Fingerlinge effektiv zeitnah geliefert wurden, zumal bereits diverse Lieferungen nach Aarau als erstellt betrachtet wurden (vgl.dazu E.4.13.2, 4.14.1), indes nicht bekannt ist, ob jeweils unmittelbar bezahlt wurde.


4.14.2 Nach dem Gesagten muss sich der Beschuldigte die Verteilung von 57 Fingerlingen, also 570 Gramm Kokain, anrechnen lassen (30 «V», 5 «Rote», 5 «Blaue», 15 «Golf-2», «DJ1» und «UN»).


4.15

4.15.1 Bezüglich Vorgang 314 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, zwei Kuriere empfangen zu haben, wobei der eine ein Kilogramm und der andere 1.63 Kilogramm Kokain gebracht haben soll. Erstellt ist, dass der Beschuldigte zwei Kuriere empfangen hat, wobei einer dieser Kuriere ursprünglich zu «O____» hätte gehen sollen. Weiter ist nachgewiesen, dass der zweite Kurier, der in den Telefongesprächen als der «ältere Herr» bezeichnet wird, «163» mitgenommen hat (Akten S. 1224, 1225, 1226, 1153, 1227). Es ist folglich erstellt, dass dieser Kurier dem Beschuldigten 1.63 Kilogramm Kokain geliefert hat.


4.15.2 Was die Verteilung des erhaltenen Kokains angeht, ist mit der Vorinstanz (vgl.dazu vorinstanzliches Urteil S. 99 f.) zunächst nachgewiesen, dass es sich um 200 Gramm Kokain mit der Bezeichnung «KPK» (Akten S. 1235), 30 Fingerlinge «SOS» und «NL» (Akten S. 1241, 1285, 1331), «20 Sachen» (Akten S. 1258), 10 Fingerlinge «K» (Akten S. 1260), 12 Fingerlinge «TY» (Akten S. 1237, 1269), 6 Fingerlinge «TO» (Akten S. 1252) und 50 Fingerlinge «ZK» (Akten S. 1307, 1322) handelte. Weiter ist in den überwachten Telefongesprächen die Rede von Lieferungen an «KEY», «AJ-1», «AJ-2», «LF», «BUS-1», «OK», «CNN», «FY», «CC», «ZZ», «F9», «00», «V6», «F1», «CCE», «E1», «APK» und «G1G» sowie mit der Staatsanwaltschaft (Akten S. 3107) von «BOY», «SON», «VIG» und «IBB» (Akten S. 1246 ff.), wobei diesbezüglich in Bezug auf die Mengen keine Angaben gemacht worden sind. Folglich sind in dubio pro reo jeweils ein Fingerling, mithin zehn Gramm Kokain, zu veranschlagen. Die von der Staatsanwaltschaft darüber hinaus angeführten Hinweise für eine (noch) grössere Liefermenge (Akten S. 3107 f.), lassen sich nicht mit Beweisen (aus der Telefonkontrolle) unterlegen, sodass darauf nicht abgestellt werden kann.


4.15.3 Nach dem Gesagten kann dem Beschuldigten die Abgabe von 1700 Gramm Kokain (200g «KPK», 30 «SOS» und «NL», «20 Sachen», 10 «K», 12 «TY», 6 «TO», 50 «ZK», je 1 an «KEY», «AJ-1», «AJ-2», «LF», «BUS-1», «OK», «CNN», «FY», «CC», «ZZ», «F9», «00», «V6», «F1», «CCE», «E1», «APK», «G1G», «BOY», «SON», «VIG» und «IBB») nachgewiesen werden.


4.16

4.16.1 Bezüglich Vorgang 316 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, von einem Kurier mindestens 1.2 Kilogramm Kokain in Empfang genommen zu haben. Dass der Beschuldigte einen Kurier empfangen hat, ist erstellt (Akten S. 1157, 1164, 1167 f.). Fest steht auch, dass der Beschuldigte 15 Fingerlinge «AIT» und «DG» (Akten S.1359), «20 Stück» nach Lausanne (Akten S.1408), 20 «ABS» und «FF2» (Akten S. 1412, 1414) sowie 30 «VGC» (Akten S.1424, 13651) geliefert hat. Bezüglich den in den Telefongesprächen thematisierten Fingerlingen mit den Bezeichnungen «FF2», «CD», «JK», «AG», «AZ5», «GD», «GL», «BB», «UB», «GM», «FF», «JM», WAVE-1057», «WAVE-1058», «K____/F1» und «UD» sind zwar keine Mengenangaben bekannt geworden, ist aber erstellt, dass tatsächlich geliefert wurde (Akten S.1373, 1374, 1378, 1379, 1379, 1381, 1385, 1388, 1389, 1404, 1407, 1410, 1420). Wie bereits mehrfach erwogen (vgl. dazu E. 4.6.2, 4.7.2, 4.8.2, 4.13.3), ist daher in Nachachtung des Grundsatzes «in dubio pro reo» jeweils ein Fingerling dazuzählen. Demgegenüber ist mangels Nachweis aus der Telefonkontrolle nicht erstellt, dass die 15 «RED» effektiv geliefert wurden (Akten S. 3108).


4.16.2 Demgemäss ist bezüglich Vorgang 316 von insgesamt 1010 Gramm Kokain (15 «AIT» und «DG», 20 Stück Lausanne, 20 «ABS» und «FF2», 30 «VGC» sowie je ein Fingerling «FF2», «CD», «JK», «AG», «AZ5», «GD», «GL», «BB», «UB», «GM», «FF», «JM», WAVE-1057», «WAVE-1058», «K____/F1» und «UD») auszugehen.


4.17

4.17.1 Dem Beschuldigten wird betreffend Vorgang 318/320 vorgeworfen, insgesamt mindestens vier Kilogramm Kokain von drei Kurieren entgegengenommen zu haben. Einen ersten Kurier soll er am 31.Dezember 2016 im Auftrag von «M____» mit rund zwei Kilogramm Kokain empfangen haben. Dass dieser Kurier beim Beschuldigten erschienen ist, ist erstellt (Akten S. 1462 ff.). Dass Letzerer zwei Kilogramm Kokain gebracht hat, ist hingegen nicht nachgewiesen. Hinsichtlich der bekannt gewordenen Lieferungen ist erstellt, dass 100 Gramm Kokain mit der Bezeichnung «N» (Akten S.1497, 1511, 1572), 200 Gramm Kokain mit der Bezeichnung «B52» (Akten S.1497, 1508, 1509, 1575), 30 Fingerlinge mit der Bezeichnung «A» (Akten S.1499), zwölf Fingerlinge mit der Bezeichnung «BLACK» und zehn Fingerlinge mit der Bezeichnung «SY» (Akten S. 1499), 15 Fingerlinge mit der Bezeichnung «RED (Akten S. 1499), fünf Fingerlinge mit der Bezeichnung «S» (Akten S. 1499) und fünf Fingerlinge mit der Bezeichnung «RED/BLUE» (Akten S.1537, 1497, 1499) geliefert wurden. Hinsichtlich den in den überwachten Telefongesprächen zur Sprache kommenden Fingerlingen mit den Bezeichnungen «BB», «AKA» und «LA» ist zwar keine Mengenangabe bekannt (Akten S.1553 ff., 1574, 1579). Diese sind indes - wie bereits mehrfach erwogen (vgl. dazu E. 4.6.2, 4.7.2, 4.8.2, 4.13.3, 4.16.1) - mit der Staatsanwaltschaft (Akten S.3108) mit je einem Fingerling, mithin je zehn Gramm Kokain, zu veranschlagen. Insgesamt ist folglich die Verteilung von 1100 Gramm Kokain nachgewiesen.


4.17.2 Tags darauf nahm der Beschuldigte zwei weitere Kuriere in Empfang, was durch die Telefonüberwachung nachgewiesen ist (Akten S. 1606, 1611, 1613, 1614, 1615, 1618). Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigen vor, beide hätten je ein Kilogramm Kokain geliefert, was nicht erstellt ist. Nachgewiesen sind hingegen die folgenden Lieferungen: 110 Gramm mit der Bezeichnung «F6» (Akten S.1622, 1642), 10 Fingerlinge mit der Bezeichnung «ND» (Akten S. 1631, 1695), 400 Gramm mit der Bezeichnung «AA» (Akten S. 1632) und 15 «Sachen» «CY» (Akten S. 1672, 1676). Bezüglich den Fingerlingen mit den Kürzeln «SBB», «SUS», «B45», «AY» und «B62» wurden keine Mengenangaben bekannt (Akten S. 1631, 1644, 1649, 1658, 1660 f., 1665, 1671). Indes ist mit der Staatsanwaltschaft (Akten S.3109) von je einem Fingerling, mithin je zehn Gramm Kokain, auszugehen. Die Fingerlinge mit den Bezeichnungen «BN», «N», «KJ», «A1», «MB», «BN», «SES», «ABL» und «B52» werden in den Telefonkontrollen zwar genannt, indes fehlt es an konkreten Hinweisen, dass sie effektiv geliefert wurden (Akten S. 1619, 1624, 1627, 1629, 1632, 1634, 1638, 1644, 1652 f., 1660, 1680). Der von der Staatsanwaltschaft zur Diskussion gestellte Fingerling «PA» (Akten S. 3109) taucht in keiner Telefonkontrolle auf. Nachgewiesen ist folglich, dass der Beschuldigte 810 Gramm Kokain verteilt hat (110 Gramm «F6», 100 Gramm «ND», 400 Gramm «AA», 150 Gramm «CY» sowie je zehn Gramm «SBB», «SUS», «B45», «AY» und B62»).


4.17.3 Insgesamt war der Beschuldigte in diesem Anklagepunkt an der Verteilung von 1910 Gramm Kokain beteiligt.


4.18

4.18.1 Dem Beschuldigten wird schliesslich vorgeworfen, 5'540 Gramm Kokain entgegengenommen und verteilt zu haben (Vorgang 301). Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei unter anderem auf zwei anlässlich der Hausdurchsuchung vom 9. Januar 2017 - neben zahlreichen Fingerlingen - beschlagnahmte handschriftliche Listen, auf welchen 450 (Liste 1) bzw. 104 (Liste 2) Fingerlinge mit entsprechenden Kürzeln aufgeführt sind (Akten S. 753, 774). Dabei fällt auf, dass fast alle der bei der Festnahme des Beschuldigten und der Durchsuchung seiner Wohnung sichergestellten Fingerlinge Bezeichnungen tragen, die auch in Liste 1 (Akten S.774) erwähnt sind (Akten S. 376 ff., 397 ff.). Hinsichtlich der zweiten beschlagnahmten Liste (Akten S.753), auf welcher 104 Fingerlinge erwähnt werden, bestehen hingegen keine Übereinstimmungen mit Beschlagnahmen anlässlich der Hausdurchsuchung. Es ist nicht ausgeschlossen und demnach mit dem Strafgericht in dubio pro reo davon auszugehen, dass diese Liste nicht die aktuelle, sondern eine vorhergehende Lieferung betrifft. Dies insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass das Führen von zwei Listen für die aus einer einzigen Lieferung stammenden Fingerlinge nicht einleuchtet, zumal aufgrund der Telefonüberwachung «nur» der Empfang eines Kuriers erstellt ist (Akten S. 760).


4.18.2 Es ist folglich entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (Akten S. 3109) nicht von einer Lieferung von 5.54 Kilogramm, sondern einer solchen von «lediglich» 4.5 Kilogramm Kokain auszugehen. Diese Menge ist dem Beschuldigten anzurechnen, wurde er doch mit fast einem halben Kilogramm aus dieser Lieferung stammenden Kokains festgenommen und fanden sich weitere rund drei Kilogramm Kokain aus dieser Lieferung in der von ihm angemieteten Wohnung, in der er seit November 2016 Kuriere empfangen und aus welcher er die Verteilung des Kokains in Auftrag gegeben selber ausgeführt hat. Die rund 80 Fingerlinge der insgesamt 450 auf der Liste aufgeführten Fingerlinge, die nicht beschlagnahmt wurden, muss der Beschuldigte vorgängig verteilt haben.


4.19 Tabellarisch dargestellt erweisen sich zusammenfasend die folgenden Kokain-Lieferungen als erstellt:


Vorgang

Datum

Anklageschrift

Vorinstanz

erstellt

278

25.-27.09.2016

1000 Gramm

210 Gramm

210 Gramm

319/321

16.-17.10.2016

1000 Gramm

-

10 Gramm

323

23.-26.10.2016

1000 Gramm

-

30 Gramm

325

30.10-01.11.2016

1000 Gramm

110 Gramm

120 Gramm

329

06.-09.11.2016

1000 Gramm

260 Gramm

260 Gramm

330

13.-15.11.2016

1000 Gramm

230 Gramm

390 Gramm

338

18.-21.11.2016

1000 Gramm

98.6 Gramm

298.6 Gramm

303/306

03.-06.12.2016

1010 Gramm

790 Gramm

730 Gramm

305/306

10.-13.12.2016

3000 Gramm

1330 Gramm

1660 Gramm

313

16.-19.12.2016

1000 Gramm

550 Gramm

570 Gramm

314

18.-23.12.2016

2630 Gramm

1630 Gramm

1700 Gramm

316

22.-30.12.2016

1200 Gramm

850 Gramm

1010 Gramm

318/320

31.12-05.01.2017

4000 Gramm

1930 Gramm

1910 Gramm

301

06.-09.01.2017

5540 Gramm

4500 Gramm

4500 Gramm

total

25.09.2016-09.01.2017

25370 Gramm

12488.6 Gramm

13398.6 Gramm

4.20 Bezüglich Vorgang 317 wird dem Beschuldigten ein Anstaltentreffen (Art. 19 Abs. 1 lit. g BetmG) in Bezug auf 3.6 Kilogramm Kokain vorgeworfen. So soll er zwei Kuriere mit je 1.8 Kilogramm Kokain erwartet haben, die jedoch an einen anderen Depothalter in Basel umgeleitet worden sein sollen. Dass der Beschuldigte mindestens einen Kurier erwartete, ist durch die Telefonüberwachung erstellt. Es ergibt sich daraus aber nicht eindeutig genug, dass zwei Lieferanten geschickt, dann aber zu einem anderen Depothalter umgeleitet worden sind (Akten S. 1436 ff.). Hinsichtlich der Menge an Kokain steht fest, dass der Kurier «etwa 2» (Akten S.1444) bzw. «eins und acht» (Akten S. 1445, 1447) hätte bringen sollen. Da die Angabe «etwa 2» zu ungenau erscheint, ist dem Beschuldigten mit dem Strafgericht (vgl. vorinstanzliches Urteil S. 100 f.) in mengenmässiger Hinsicht «nur» vorzuwerfen, dass er von einem Kurier 1.8 Kilogramm Kokain hätte erhalten sollen, wobei ohnehin «nur» zwei Kuriere mit je 1.8 Kilogramm Kokain angeklagt worden sind.

5.

5.1 Hinsichtlich des Rechtlichen kann zunächst festgehalten werden, dass der Handel mit Kokain bzw. die (beabsichtigte) Lagerung und Verteilung von solchem den Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 lit. b. c, d und g BetmG erfüllt. Das Strafgericht hat die darüberhinausgehenden Voraussetzungen für die Annahme eines schweren Falls nach Art. 19 Abs. 2 lit.a, b und c BetmG zutreffend referiert, worauf verwiesen werden kann (vorinstanzliches Urteil S.105 ff.).


5.2

5.2.1 Der Beschuldigte hat bereits mit der Lagerung des anlässlich der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Kokains von 3197.5 Gramm (Akten S. 175 f., 181 ff., 397 ff.) die Schwelle zu einem schweren Fall nach Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG um ein Vielfaches überschritten. Hinzu kommen die 488 Gramm Kokain, die er anlässlich seiner Festnahme auf sich trug, der Absatz von 9715.1 Gramm Kokain (13398.6 Gramm abzüglich die anlässlich Hausdurchsuchung beschlagnahmten 3195.5 Gramm sowie die anlässlich Festnahme beschlagnahmten 488 Gramm) sowie das Anstaltentreffen zur Entgegennahme von 1.8 Kilogramm Kokain (Akten S. 1436 ff., 1445, 1447).


5.2.2 Wie das Strafgericht zutreffend ausgeführt hat (vorinstanzliches Urteil S. 105 f.) wusste der Beschuldigte - musste in Anbetracht der grossen Menge gehandelter Betäubungsmittel zumindest annehmen - dass er dadurch mittelbar unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr brachte, womit auch der subjektive Tatbestand von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG erfüllt ist. Es erfolgt somit auch im Berufungsverfahren ein Schuldspruch wegen eines Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen.


5.3 Auch bezüglich der Bandenmässigkeit kann den vorinstanzlichen Erwägungen vorbehaltlos gefolgt werden, zumal diese vom Beschuldigten im Berufungsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen wurden. Aus den in den vorstehenden Erwägungen thematisierten Telefonüberwachungen ergibt sich, dass der Beschuldigte rollenteilig namentlich mit seinen Vorgesetzten in [...] zusammenarbeitete, indem er die Kuriere, welche diese ihm schickten, in Empfang nahm und in der Folge das von diesen gelieferte Kokain weisungsgemäss mit Hilfe von gesondert eingesetzten Inlandkurieren verteilte sowie die ihm mitgeteilten Geldbeträge dafür einsammelte. Darüber hinaus wurden in der vom Beschuldigten bewohnten Unterkunft diverse Mobiltelefone und SIM-Karten, welche auf fiktive Personen registriert waren, sichergestellt, was ebenfalls auf eine gut strukturierte Organisation schliessen lässt (Akten S.175 ff.). Der bandenmässige Betäubungsmittelhandel war nach dem Gesagten minutiös organisiert (vgl.schon vorinstanzliches Urteil S. 106). Es ergeht ein Schuldspruch nach Art. 19 Abs. 2 lit. b BetmG.


5.4

5.4.1 Es kann nicht bezweifelt werden, dass der Beschuldigte mit seinen «Geschäften» nach der Art eines Berufes gehandelt hat. Der Betäubungsmittelhandel war äusserst professionell aufgezogen und ist in den überwachten Telefongesprächen unter den Bandenmitgliedern darüber hinaus auch von «der Firma» die Rede (Akten S.2171, 2230). Auch das intensive Vorgehen bzw. die dem Beschuldigten nachgewiesene Gesamtmenge von gut 15 Kilogramm Kokain sprechen für eine Tätigkeit nach der Art eines Berufes. Für die Subsumtion unter Art. 19 Abs. 2 lit. c BetmG ist jedoch massgeblich, ob ein Umsatz von mindestens CHF 100000.- ein Gewinn von mindestens CHF10000.- erwirtschaftet worden ist (BGE 129 IV 188 E.3 S. 190 ff., 129 IV 253 E.2.2 S. 255 f.; Fingerhuth/Schlegel/Jucker, BetmG Kommentar, 3.Auflage, Zürich 2016, Art. 19 BetmG N 213). Die rund 3.5 Kilogramm Kokain, die anlässlich der Festnahme des Beschuldigten sowie in der von ihm bewohnten Liegenschaft beschlagnahmt wurden, können nicht zum verkauften Kokain dazugezählt werden. Dasselbe gilt für die 1.8 Kilogramm Kokain, hinsichtlich derer dem Beschuldigten «nur» ein Anstaltentreffen zur Entgegennahme und Verteilung vorgeworfen werden kann. Für die Berechnung des Umsatzes können folglich «nur» die knapp zehn Kilogramm, die der Beschuldigte gemäss den obigen Ausführungen tatsächlich verkauft hat, beachtet werden. Der Umsatz liegt dabei selbst bei einem Verkaufspreis von durchgängig CHF80.- deutlich unter dem geforderten Mindestbetrag von CHF100000.-. Der vom Beschuldigten gemäss eigenen Aussagen bezogene Lohn von CHF 500.- pro Woche (Akten S. 1306, 1928, 2856) reicht unter Bezugnahme auf die angeklagten 15 Vorgänge zum Vornherein nicht dazu aus, um von einem grossen Gewinn auszugehen.


5.4.2 Die Voraussetzungen des gewerbsmässigen Betäubungsmittelhandels sind nach dem Gesagten mit dem Strafgericht nicht erfüllt. Dies hätte aber formell nicht zu einem Freispruch von der Anklage wegen gewerbsmässigen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz führen dürfen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung muss der Urteilsspruch den durch die zugelassene Anklage vorgegebenen Prozessgegenstand erschöpfend erledigen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich anhand eines Vergleichs zwischen Dispositiv und zugelassener Anklage. Wird diese durch die Verurteilung nicht ausgeschöpft, hat eine Einstellung ein Freispruch zu ergehen. Kein Freispruch hat aber zu erfolgen, wenn im Falle von Tateinheit (in der Anklage) - wie hier - nicht wegen aller Delikte eine Verurteilung erfolgt. Das Urteil kann bei ein und derselben Tat nur einheitlich auf Verurteilung Freispruch lauten. Würdigt das Gericht den Anklagesachverhalt lediglich rechtlich anders als die Anklagebehörde und behandelt diesen vollständig, erfolgt kein Freispruch. Hingegen hat bei Tatmehrheit (in der Anklage) ein Freispruch zu erfolgen, soweit es nicht zur Verurteilung Einstellung kommt (BGE 144 IV 362 E. 1.3.1 S. 365 f., 142 IV 378 E. 1.3 S. 381; vgl.dazu auch AGE SB.2016.24 vom 23. Mai 2017 E. 1.2).


5.5

5.5.1 Gemäss Art. 305bis Ziff. 1 des Strafgesetzbuches (StGB, SR 311.0) macht sich der Geldwäscherei schuldig, wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss annehmen muss, aus einem Verbrechen einem qualifizierten Steuervergehen herrühren. Tathandlung der Geldwäscherei ist jeder Vorgang, der geeignet ist, die Ermittlung, die Auffindung die Einziehung von kontaminierten Vermögenswerten zu vereiteln, wobei die Vereitelung der Einziehung als «pars pro toto» auch die Ermittlungs- und Auffindungsvereitelung miteinbezieht (BGE 144 IV 172 E. 7.2.2 S.174 ff.). Strafbar ist die Vereitelungshandlung als solche im Sinne eines abstrakten Gefährdungsdelikts, es braucht damit keine konkrete Vereitelungsgefahr gar effektive Vereitelung eingetreten zu sein (BGE 127 IV 20 E.3 S. 25 f.; Isenring, in: Donatsch/Heimgartner/Isenring/Weder [Hrsg.], Kommentar Strafgesetzbuch, 20. Auflage 2018, Art. 305bis N 5 ff.). Den Tatbestand der Geldwäscherei kann auch erfüllen, wer Vermögenswerte wäscht, die er selber durch ein Verbrechen erlangt hat (BGE144 IV 172 E. 7.2 S.174, 128 IV 117 E. 7a S. 131 f.). Ob ein Verhalten vorliegt, welches geeignet ist, die Einziehung verbrecherisch erlangter Vermögenswerte zu vereiteln, ist im Einzelfall zu bestimmen (BGE144 IV 172 E. 7.2.2 S. 174 ff., 129 IV 238 E. 3.3 S. 244).


5.5.2 Es ist erstellt und wird vom Beschuldigten auch nicht bestritten, dass er den eingesammelten Drogenerlös den jeweiligen Kurieren zwecks Rückführung nach [...] ausgehändigt hat (vgl. dazu etwa Akten S. 1098, 1154, 1305, 1326, 1701). Dass er die Gelder vorgängig von CHF in EUR gewechselt hat, wurde vom Beschuldigten zumindest noch im Vorverfahren bestritten (Akten S. 2255; vgl. dann aber später Akten S.2909), ist jedoch aufgrund der Observation sowie der Telefonüberwachung nachgewiesen (vgl. dazu mitunter Akten S. 362 ff., 1034, 1327, 1427, 1669, 2150, 2303). Darüber hinaus spricht auch das beschlagnahmte Geld dafür, dass der Drogenerlös jeweils gewechselt wurde, waren doch die Schweizer Banknoten vollumfänglich kokainkontaminiert und wurden in deliktstypischer Stückelung vorgefunden. Demgegenüber waren die Euro-Banknoten sauber und nicht deliktstypisch gestückelt (Akten S. 372 f.).


5.5.3 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und der herrschenden Lehre gilt bereits der physische Transfer deliktisch erlangter (Bar)Gelder ins Ausland als tatbestandsmässig im Sinne von Art. 305bis Ziff. 1 StGB (BGE 127 IV 20 E. 3 S. 25; Isenring, a.a.O., Art. 305bis N18; Trechsel/Pieth, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art.305bis N 18; Pieth, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 305bis StGB N49), was noch vielmehr für den vorherigen Wechsel des Drogengelds von CHF in EUR gelten muss (BGE 122 IV 211 E. 2c S.215 f.; Trechsel/Pieth, a.a.O., Art.305bis N 18; Pieth, a.a.O., Art. 305bis N 47). Der Beschuldigte hat mit dem referierten Vorgehen die Einziehung der aus einem Verbrechen herrührenden Drogengelder - Letzteres war ihm zweifellos bewusst - durch die Schweizer Behörden vereitelt. Der Tatbestand der Geldwäscherei ist folglich entgegen der Ansicht des Beschuldigten (Akten S. 3170 f.) sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.


5.5.4 Wie bereits ausgeführt, kann dem Beschuldigten eine Beteiligung am internationalen Drogenhandel und der damit verbundenen Geldwäscherei nachgewiesen werden. Er handelte als Mitglied einer Bande, wobei er mitunter die Aufgabe hatte, das Geld einzusammeln, nötigenfalls zu wechseln und den Kurieren zwecks Transports nach [...] zu übergeben. Dabei wurde die Summe, der zu übergebenden Gelder jeweils durch seine Hintermänner bestimmt. Die Kuriere ihrerseits brachten das Geld über die Landesgrenze. Mit diesem rollenteiligen Vorgehen hat der Beschuldigte fraglos als Mitglied einer Bande delinquiert, weshalb die diesbezügliche Qualifikation (Art. 305bis Ziff. 2 lit. b StGB) gegeben ist. Hingegen ist die Qualifikation der Gewerbsmässigkeit nicht erfüllt: Auch hier scheitert ein entsprechender Schuldspruch am Nachweis des grossen Umsatzes bzw. des grossen Gewinns im Sinne der Rechtsprechung (vgl. dazu schon E. 5.4), zumal sich die Qualifikation der Gewerbsmässigkeit bei der Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 2 lit. c StGB) und beim Betäubungsmittelhandel (Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG) nach den gleichen Kriterien beurteilt (BGE 129 IV 188 E. 3.1 S. 190 ff., 122 IV 211 E. 2d S.216 f.).


5.5.5 Nach dem Gesagten ergeht ein Schuldspruch wegen qualifizierter Geldwäscherei gemäss Art. 305bis Ziff. 2 lit. b StGB (Bandenmässigkeit). Hingegen hätte wiederum kein formeller Freispruch vom Vorwurf der gewerbsmässigen Geldwäscherei gemäss Art. 305bis Ziff. 2 lit. c StGB erfolgen dürfen (vgl. dazu schon E. 5.4.2). Zwischen Vortat und Geldwäscherei besteht gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung echte Konkurrenz (BGE 124 IV 274 E.3 S. 276 ff., 122 IV 211 E. 3 S. 217 ff.).


5.6

5.6.1 Es ist unbestritten und belegt, dass der Beschuldigte anlässlich seiner Festnahme vom 9.Januar 2017 - separiert von seinem übrigen Bargeld - im Besitz einer totalgefälschten Banknote war (Akten S.2395 ff., 2398, 2405). A____ macht diesbezüglich geltend, die Banknote auf dem Boden gefunden und aufgehoben zu haben. In subjektiver Hinsicht bestreitet er allerdings, um die Unechtheit der Banknote gewusst zu haben, vielmehr habe er diese aufgehoben, um jemanden nach deren Echtheit zu fragen (Akten S. 2400, 2412, 2855).


5.6.2 Wer falsche verfälschte Banknoten einführt, erwirbt lagert, um sie als echt unverfälscht in Umlauf zu bringen, wird gemäss Art. 244 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft. Art. 244 setzt ausdrücklich voraus, dass die Einfuhr mit der Absicht erfolgt, das Falschgeld in Umlauf zu bringen (Lentjes Meili/Keller, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 244 StGB N 10, 16).


5.6.3 Dem Vorbringen des Beschuldigten, nicht um die Unechtheit der Banknote gewusst zu haben, ist mit dem Strafgericht (vorinstanzliches Urteil S. 110 f.) entgegenzuhalten, dass er angesichts der Tatsache, dass er unter anderem die Aufgabe hatte, den Drogenerlös einzusammeln, genügend Banknoten zwecks Vergleich kannte. Es ist folglich davon auszugehen, dass der Beschuldigte sehr wohl gewusst hat, dass es sich um eine gefälschte Banknote gehandelt hat. Hingegen kann ihm angesichts der Tatsache, dass er diese separiert von seinem Bargeld auf sich trug, keine Absicht, diese in Umlauf zu setzen, nachgewiesen werden. Es erfolgt daher auch im Berufungsverfahren ein Freispruch vom Vorwurf des Einführens, Erwerbens, Lagerns falschen Geldes gemäss Art. 244 Abs. 1 StGB.


6.

6.1 An die Strafzumessung werden drei grundsätzliche Anforderungen gestellt: Sie muss einerseits zu einer verhältnismässigen Strafe führen (Billigkeit), zudem ein Höchstmass an Gleichheit gewähren (Rechtssicherheit) und andererseits transparent sowie überzeugend begründet und dadurch überprüfbar sein (Legitimation durch Verfahren; vgl. dazu Trechsel/Thommen, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 47 N 3). Massgeblich für die Strafzumessung ist gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB das Verschulden des Täters. Dabei zu berücksichtigen sind das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse und seine Strafempfindlichkeit. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 42 Abs.2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Dem Gericht kommt ein Ermessen zu, in welchem Umfang es die einzelnen Kriterien berücksichtigt (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S.19 f.).


6.2 Auszugehen ist vom Strafrahmen für das schwerste Delikt, hier also des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, worauf Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr steht (Art. 19 Abs. 2 BetmG). Sofern für die weiteren Delikte (Geldwäscherei bzw. Widerhandlungen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG, SR 142.20]) nach erfolgter Verschuldensbewertung eine Gesamtstrafe in Frage kommt, ist die Strafe in Anwendung des Asperationsprinzips im Sinne von Art. 49 StGB angemessen zu erhöhen (vgl. dazu nachfolgend E. 6.4, 6.5).


6.3

6.3.1 Zunächst ist zu berücksichtigen, dass mit der «grossen Gesundheitsgefährdung» und der «Bandenmässigkeit» gleich zwei Qualifikationsgründe gemäss Art.19 Abs.2 BetmG erfüllt sind. Das führt zwar nicht zu einer weiteren Verschärfung des Strafrahmens, wirkt sich aber innerhalb des verschärften Strafrahmens straferhöhend aus (vgl. dazu BGE 120 IV 330 E.1c S. 332 ff.; BGer 6B_660/2007 vom 8. Januar 2008 E. 2.2; AGE SB.2020.5 vom 11. September 2020 E. 4.3.1). Weiter ist auch innerhalb des jeweiligen Qualifikationsmerkmals zu differenzieren, ob es in eher leichtem besonders schwerem Mass erfüllt ist. Dies stellt keine unzulässige Doppelverwertung dar: Das Doppelverwertungsverbot untersagt es dem Gericht, Umstände, die zur Anwendung eines höheren tieferen Strafrahmens führen, innerhalb des geänderten Strafrahmens noch einmal als Straferhöhungs- Strafminderungsgrund zu berücksichtigen, ansonsten dem Täter der gleiche Umstand zweimal zur Last gelegt zugutegehalten würde. Dem Gericht ist es aber nicht verwehrt, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, in welchem Ausmass ein qualifizierender privilegierender Tatumstand gegeben ist (BGE 141 IV 61 E. 6.1.3 S. 68, 120 IV 67 E.2b S. 71 f., 118 IV 342 E.2b S. 347 f.; BGer 6B_507/2020 vom 17. August 2020 E. 2.2.2; 6B_1225/2019 vom 8. April 2020 E. 2.3.2; vgl.zum Ganzen auch Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art.47 StGB N 6).


6.3.2 Die objektive Tatschwere beurteilt sich - auch im Vergleich mit anderen denkbaren Tatvarianten - aufgrund des äusseren Erscheinungsbilds der Tat. Sie bestimmt sich insbesondere durch objektive Tatkomponenten: Die Art und Weise des Tatvorgehens (bei mehreren Tätern auch den Umfang der Beteiligung), die Deliktssumme respektive Betäubungsmittelmenge und die Folgen der Tat. Daneben sind aber auch die subjektiven Tatkomponenten (insbesondere die Motivation zur Tat) zu berücksichtigen (AGE SB.2018.118 vom 9. Oktober 2020 E. 4.4, SB.2020.5 vom 11.September 2020 E. 4.3).


6.3.3 Mit Blick auf das Zumessungskriterium des objektiven Tatverschuldens postulieren die Autoren Luzius Eugster und Tom Frischknecht in Fällen organisierten Betäubungsmittelhandels - auch im Sinne der Rechtsgleichheit - die Bildung von Kategorien als Orientierungshilfe. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kommt der Funktion respektive der Stellung des Beschuldigten innerhalb der auf den Handel mit Betäubungsmitteln (Heroin, Kokain, neu auch Methamphetamin) angelegten Organisation im Rahmen der Strafzumessung primäre Bedeutung zu. Zu berücksichtigen sind hier namentlich die hierarchische Stellung, die Aufgaben, die Entscheidbefugnis, die Exposition und der finanzielle Profit des Beschuldigten, welcher mit seiner Stellung in der Organisation korrespondiert. Ausgehend von den genannten Kriterien und gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung haben die Autoren im Bereich der qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz fünf Typologien respektive Hierarchiestufen mit unterschiedlichen Einsatzstrafen für das objektive Tatverschulden herausgebildet (Eugster/Frischknecht, Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel, AJP 2104, S. 327 ff.).


6.3.4 Was die Hierarchiestufe des Beschuldigten anbelangt, ist festzuhalten, dass A____ zum Schluss der Deliktsserie intensiven Kontakt zu seinen Vorgesetzten in [...] pflegte. Ob die in der Telefonüberwachung jeweils in Erscheinung tretenden Hintermänner «F____» und «M____» selber die Spitze der Hierarchie darstell(t)en, ist nicht nachgewiesen, es ist aber davon auszugehen, dass sie dieser zumindest sehr nahestehen. Wie anhand der in Erwägung 4 thematisierten Lieferungen erstellt ist und bereits in Erwägung 5.4 dargelegt wurde, trug das Vorgehen des Beschuldigten eindeutig gewerbsmässige Züge. A____ erarbeitete sich nach und nach das Vertrauen der Hintermänner, bis er im Zusammenhang mit Vorgang 330 (vgl. dazu E. 4.10) die Kokainkuriere in seiner eigenen Wohnung empfangen durfte und spätestens ab diesem Zeitpunkt Mengen im mehrfachen Kilobereich durch seine Hände gingen. Er war innerhalb der bestens strukturierten und international vernetzten Bande zuständig für ein bestimmtes Depot, von welchem aus Betäubungsmittel in die ganze Schweiz verteilt wurden. Seine Aufgabe beschränkte sich dabei nicht nur auf die Anmietung der Wohnung an der [...] und das Zurverfügungstellung Letzterer für die Kuriere zwecks Abladen der Ware, sondern darüber hinaus organisierte der Beschuldigte auch die Weiterverteilung, indem er Inlandkuriere beauftragte, selber Auslieferungen vornahm, wobei er diesbezüglich eigenständig handeln konnte. Er lieferte nur einen kleineren Teil der Ware selber aus, was bedeutet, dass seine überwiegende Tätigkeit im Hintergrund stattfand. Der vom Beschuldigten bezogene Lohn von CHF 500.- pro Woche (Akten S. 1306, 1928, 2856), stellt an sich keine hohe Gewinnbeteiligung dar. Allerdings steht dieser Lohn auch nicht in einem krassen Missverhältnis zum Entdeckungsrisiko, dass der Beschuldigte auf sich nahm. Hingegen ist auch in Erwägung zu ziehen, dass es in Basel noch weitere Depots derselben Organisation gab, der Beschuldigte mithin nicht als Einziger für das «Gebiet Schweiz» zuständig war (vgl. etwa Akten S.2036). Auch konnte der Beschuldigte nicht selbständig bestimmen, welchen Abnehmern er wie viel Kokain und zu welchem Preis abgab, sondern wurde ihm dies von seinen Hintermännern jeweils vorgegeben.


6.3.5 Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte ist der Beschuldigte entgegen der vorinstanzlichen Erwägung am unteren Ende der Hierarchiestufe 2 des gemäss von Eugster/Frischknecht entworfenen Rasters anzusiedeln. Für diese schlagen die beiden Autoren eine Einsatzstrafe von zwischen acht und zwölf Jahren vor. Dieser Bereich entspricht auch dem von Fingerhuth/Schlegel/Jucker (a.a.O., Art.47 StGB N45 ff.) in ihrem von der Betäubungsmittelmenge als Ausgangspunkt erarbeiteten Modell. Die Autoren erachten bei einer Menge von ungefähr 7.6 Kilogramm reinem Kokain (15.2 Kilogramm errechnetes Kokain mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 50 % [vgl. dazu schon E. 4.3]) eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren (dies jeweils für einen nicht geständigen und nicht süchtigen Täter, der die Menge in rund fünf Geschäften umgesetzt hat. Bei deutlich mehr als fünf Geschäften halten sie Zuschläge von 10% bis 20% für angebracht, wobei für das Anstaltentreffen bezüglich 1.8 Kilogramm Kokain-Gemisch wiederum ein Abzug von 30 % zu machen wäre). Die Autoren betonen, dass es sich hierbei nur um grobe Vergleichsgrössen handelt, auf welche nicht schematisch abgestellt werden kann (vgl. auch AGE SB.2020.5 vom 11. September 2020 E.4.3.1, SB.2017.138 vom 29.August 2018 E.7.3.2.2).


6.3.6 In subjektiver Hinsicht fallen weder psychische Auffälligkeiten noch Alkohol- Drogensucht ins Gewicht. Der Beschuldigte handelte aufgrund finanzieller Motive, als reiner «Moneydealer».


6.3.7 Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint - auch unter Berücksichtigung, dass gleich zwei Qualifikationsgründe erfüllt wurden (vgl. dazu E. 6.3.1) - eine Einsatzstrafe von 8½ Jahren (102 Monate) für das Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz (grosse Gesundheitsgefährdung und Bandenmässigkeit) angemessen.


6.

6.4.1 Hinsichtlich der Geldwäscherei wirkt sich belastend aus, dass der Beschuldigte Drogenerlös in beträchtlichem Umfang (ca. CHF 80000.- [vgl. dazu schon E. 5.4]) entgegengenommen und weitergegeben hat, wobei er dies wochenlang und in hoher Frequenz tat. Diesbezüglich ist auch anzumerken, dass der Weiterleitung von Drogenerlös ins Ausland eine zentrale Bedeutung im internationalen Drogenhandel zukommt. Daher ist auch die aktive Rolle des Beschuldigten bei der Sammlung und Rückführung der Abnehmergelder zu seinen Ungunsten zu gewichten. Kommt dazu, dass es sich vorliegend um bandenmässige Geldwäscherei, und somit einen schweren Fall im Sinne von Art.305bis Ziff.2 lit. b StGB mit erhöhtem Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe; mit der Freiheitsstrafe wird eine Geldstrafe bis zu 500 Tagessätzen verbunden) handelt, wobei auch hier keine relevanten subjektiven Tatkomponenten ersichtlich sind. Entlastend ist immerhin zu berücksichtigen, dass es sich bei der Geldwäscherei um ein Folgedelikt des Betäubungsmittelhandels handelt und die zusätzliche Bestrafung im Sinne der echten Konkurrenz nicht unumstritten ist (vgl. Pieth, a.a.O., Art. 305bis StGB N73; Trechsel/Pieth, a.a.O., Art. 305bis N 33).


6.4.2 Isoliert betrachtet erschiene für die qualifizierte Geldwäscherei angesichts eines nicht mehr leichten Verschuldens eine Freiheitsstrafe von 1 ½ Jahren (18 Monate) angemessen. In Anwendung des Asperationsprinzips ist die Einsatzstrafe um zehn Monate, auf 112 Monate, zu erhöhen.


6.4.3 Da für die qualifizierte Geldwäscherei (Bandenmässigkeit) eine Freiheitsstrafe ausgefällt wurde, muss zudem gemäss Art. 305bis Ziff. 2 StGB zwingend eine Geldstrafe (bis zu 500 Tagessätzen) ausgesprochen werden, welche mit Blick auf das Verschulden des Beschuldigten auf 60 Tagessätze festzusetzen ist. Die Tagessatzhöhe wird zufolge seiner angespannten finanziellen Situation auf CHF 20.- festgelegt. Dem vorstrafenlosen Beschuldigten kann als Ersttäter der bedingte Strafvollzug mit einer minimalen Probezeit von zwei Jahren gewährt werden (Art. 42 Abs. 1 StGB).


6.5

6.5.1 Hinsichtlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche wegen rechtswidriger Einreise und rechtswidrigen Aufenthalts (Art. 115 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 lit. a und d sowie 115 Abs. 1 lit. b AIG) ist festzuhalten, dass der Beschuldigte - nachdem auf seine Asylgesuche drei Mal nicht eingetreten wurde - trotz Einreiseverbots (Akten S. 4, 40) erneut in die Schweiz eingereist ist und sich, bis er am 21. Dezember 2016 beim Staatssekretariat für Migration (SEM) zum vierten Mal ein Asylgesuch stellte und im Auffangzentrum für Asylsuchende in der Zivilschutzanlage in [...] untergebracht wurde, unbefugt in der Schweiz aufhielt. Der rechtswidrige Aufenthalt kann bei einer Dauer von mindestens 4 ½ Monaten nicht mehr als kurz bezeichnet werden. Zudem ist es dem Beschuldigten offenbar schlichtweg egal, dass er weder in die Schweiz einreisen noch sich ohne entsprechende Aufenthaltsbewilligung hier aufhalten darf, was ihm aufgrund seiner mehrmaligen Wegweisung mit vorangehender Ausschaffungshaft (Akten S. 4) zweifellos bewusst gewesen ist. Angesichts eines als eher mittelschwer zu bezeichnenden Verschuldens erscheint isoliert betrachtet eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen bzw. eine Freiheitsstrafe von vier Monaten angemessen (der Strafrahmen beträgt gemäss Art. 115 Abs.1 lit. a bzw. Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr Geldstrafe).


6.5.2 Bei der Wahl der Sanktionsart ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit, dass bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige zu wählen ist, die den Betroffenen weniger hart trifft, wobei die Geldstrafe grundsätzlich milder ist als die Freiheitsstrafe (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S.122). Als massgebliches Kriterium für die Wahl der Sanktionsart sind neben den für die Strafzumessung wesentlichen Kriterien wie die Schwere der Rechtsgutsverletzung, das Verschulden des Täters und seine Vorstrafen, auch die Zweckmässigkeit, die Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie die präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.2 S. 100 ff., 134 IV 82 E. 4.1 S. 84 f.).

6.5.3 Im vorliegenden Fall ist auch hinsichtlich der Widerhandlungen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetzes eine Freiheitsstrafe auszufällen: Dem Beschuldigten ist seit seiner Verhaftung vom 9.Januar 2017 die Freiheit entzogen. Er wird - wie nachfolgend zu zeigen sein wird - auch noch eine Weile inhaftiert bleiben. Das während des Strafvollzugs angehäufte Arbeitsentgelt kann gemäss Art. 83 Abs.2 StGB weder gepfändet noch mit Arrest belegt werden und ist auch nicht ersichtlich, mit welchen sonstigen Mitteln der Beschuldigte eine Geldstrafe bezahlen können sollte (vgl. zu den persönlichen Verhältnissen E. 6.6). Unmittelbar nach dem ausgestandenen Freiheitsentzug wird die fünfzehnjährige Landesverweisung (vgl.dazu nachfolgend E. 7) vollzogen werden und der Beschuldigte nach [...] zurückkehren müssen (Italien ist im Sinne von Art.29 Abs. 2 der Verordnung [EU] Nr.604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 [Dublin III-Verordnung] für die Rücküberführung nicht mehr zuständig). Es ist mangels Staatsvertrag nicht zu erwarten, dass der Staat [...] zur Vollstreckung der Geldstrafe Hand bieten würde. Da der Vollzug einer Geldstrafe damit im Sinne der negativen Vollstreckungsprognose voraussichtlich nicht möglich ist, erscheint sie auch im Sinne von Art. 41 Abs. 1 lit. b StGB unzweckmässig bzw. wirkungslos (vgl.zum Ganzen: Mazzuchelli, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 41 StGB N 42a ff.; Trechsel/Keller, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 41 N 3; vgl. auch AGE SB.2017.112 vom 9. Juli 2019 E. 12.5, SB.2017.47 vom 9. Februar 2018 E.3.5). Darüber hinaus scheint es dem mit dem Ziel des Delinquierens erneut in die Schweiz eingereisten Beschuldigten nach dem Gesagten trotz mehrerer Versuche völlig gleichgültig zu sein, dass er in der Schweiz zum Vornherein keine Aufenthaltserlaubnis erlangen kann, weswegen für die Delikte gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz auch aus spezialpräventiven Gründen eine Freiheitsstrafe notwendig erscheint. Im Übrigen erschiene es wenig sachgerecht und könnte die kriminelle Energie in kontraproduktiver Weise fördern, wenn ausgerechnet der als reiner «Moneydealer» tätige Beschuldigte mit einer Geldstrafe sanktionieren würde (BGer 6B_1027/2019 vom 11. Mai 2020 E.1.2.3).


6.5.4 Nach dem Gesagten ist eine Gesamtstrafe auszufällen und die bisher zugemessene Freiheitsstrafe von 112 Monaten in Anwendung des Asperationsprinzips um zwei weitere Monate, auf 114 Monate, zu erhöhen.


6.6

6.6.1 Der heute 38-jährige, ledige und kinderlose Beschuldigte ist in [...] geboren und dort mit mehreren Geschwistern aufgewachsen. Wegen «Problemen», die er anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung nicht zu spezifizieren mochte (Akten S. 3176), habe er im Anschluss an die Schulzeit sein Heimatland aber verlassen müssen, wobei er eigentlich geplant habe, die Universität zu besuchen. Während er im Vorverfahren noch angab, eine von eben dieser Universität zertifizierte Ausbildung als Fussballer zu haben, hat er heute ausgeführt, dass der Clubdirektor das Zertifikat ausgestellt habe (Akten S. 3176 f.). Vor Strafgericht hatte er noch behauptet, dass er Männer-Coiffeur sei (Akten S. 2854). Auf jeden Fall habe er [...] im Jahr 2009 verlassen und sei über Frankreich nach Italien gelangt, wo sein Asylgesuch abgewiesen worden sei. Danach sei er im März 2016, weil er davon ausging, dass das gegen ihn ausgesprochene Einreiseverbot abgelaufen sei, erneut in die Schweiz eingereist, wo auf sein nunmehr viertes Asylgesuch nicht eingetreten und er nach Italien weggewiesen worden sei. Vor seiner Verhaftung habe er während etwa fünf Monaten in der Asylbewerberunterkunft in [...] gelebt. Er habe zwar eine Freundin, die in Italien lebe, sie hätten aber ein angespanntes Verhältnis, wobei sie ohnehin von Turin weggezogen sei (Akten S. 3 ff., 2854 f., 3176 f.). Aus dem Gesagten lassen sich keine strafmildernden Umstände ableiten.


6.6.2 Dem Vollzugsbericht der JVA Bostadel vom 30.November 2020 (Akten S.3144 ff.) ist zwar zu entnehmen, dass sich der bisherige Vollzug problemlos gestaltet hat. Indes ist das Wohlverhalten des Täters im Strafvollzug für die Strafzumessung nicht von Bedeutung, zumal solches vorausgesetzt werden kann (BGer6B_738/2014 vom 25. Februar 2015 E. 3.4, 6B_55/2013 vom 11. April 2013 E.2.4; AGE SB.2019.3 vom 12. März 2020 E. 4.8.4, SB.2016.114 vom 15. September 2017 E.3.8.3; Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Auflage, Basel 2019, N392). Ebenfalls neutral wirkt sich die Vorstrafenlosigkeit des Beschuldigten aus (BGE 136 IV 1 E. 2.6 S. 2 ff.).


6.6.3 Ebenfalls nicht zu einer Strafminderung kann die gerügte Verletzung des Beschleunigungsgebots (Akten S. 3172) führen. Es trifft zwar zu, dass das Berufungsverfahren mit dem Eingang der Akten am Appellationsgericht im August 2018 bis zur heutigen Berufungsverhandlung mehr als zwei Jahre gedauert hat. Indes erscheint diese Dauer angesichts der Tatsache, dass es sich um ein komplexes Verfahren mit einem Aktenumfang von mehr als 3000 Seiten gehandelt hat und sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Beschuldigte selbständig Berufung erhoben haben und dementsprechend beinahe das gesamte erstinstanzliche Urteil, welches nota bene 120 Seiten umfasst, zu überprüfen war, in einer Gesamtschau nicht besonders lang. Dass nach Abschluss des Schriftenwechsels nicht unmittelbar eine Verhandlung angesetzt werden konnte, lag - nachdem das Verfahren zuvor äusserst zügig vorangetrieben worden ist - schliesslich neben der bereits thematisierten Komplexität auch daran, dass aufgrund der Corona-Pandemie im Frühling/Sommer 2020 kaum Verhandlungstage zur Verfügung standen (zum Ganzen: BGE 124 I 139 E. 2c S. 141 ff.; BGer 6B_675/2013/6B_687/2013 vom 9. Januar 2014 E. 8.1; Wohlers, in: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2020, Art.5 N 11).


6.6.4 Zwar müssen die Aussagen des Beschuldigten mit dem Strafgericht (vorinstanzliches Urteil S. 88) insgesamt als wenig glaubhaft bezeichnet werden. Indes bestritt er zumindest in den ersten Befragungen im Untersuchungsverfahren die ihm gemachten Vorhalte - abgesehen von ihm vorgehaltenen konkreten und mengenmässig spezifizierten Übergaben - nicht (Akten S. 566 ff., 610 ff., 706 ff., 746 ff.). Dies darf bei Betäubungsmitteldelikten als eher unüblich bezeichnet werden. Auch wenn er sich hinsichtlich seiner Mittäter und Hintermännern nicht kooperativ zeigte, tat sich der Beschuldigte heute sichtlich schwer über die verübten Delikte zu sprechen und ist aufgrund der Tatsache, dass er sich auch mehrfach aufrichtig entschuldigt hat (Akten S. 3177 f.), zumindest eine gewisse Reue und Einsicht auszumachen. Insgesamt wirkt sich die Täterkomponente leicht strafmildernd aus und es erscheint eine Reduktion der bisher zugemessenen Freiheitsstrafe um sechs Monate, also ungefähr 5 %, angemessen.


6.7 Nach dem Gesagten wird der Beschuldigte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren (der Anrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. des vorzeitigen Strafvollzugs steht nichts entgegen) sowie einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 20.- (Probezeit zwei Jahre) verurteilt.


7.

7.1 Der Beschuldigte ist [...] Staatsangehöriger und hat die zur Diskussion stehenden Delikte zwischen September 2016 und Januar 2017, mithin hauptsächlich nach der am 1. Oktober 2016 in Kraft getretenen und in Art. 66a ff. StGB geregelten Landesverweisung, verübt. Er wird auch zweitinstanzlich wegen Widerhandlungen gegen Art. 19 Abs. 2 BetmG, einer Katalogtat gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB, verurteilt. Somit sind die Voraussetzungen einer obligatorischen Landesverweisung erfüllt.

7.2 Der Beschuldigte ist weder in der Schweiz geboren noch aufgewachsen. Er hat hier schon vier Asylgesuche eingereicht, wobei mangels Zuständigkeit (nach der Dublin-III-Verordnung war jeweils Italien zuständig [vgl. dazu schon E. 6.6]) auf keines eingetreten worden ist. Er hat hier weder Familienangehörige noch Kinder. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht besteht keinerlei Einbindung in die Schweiz, zumal der Beschuldigte hier keiner (legalen) Arbeit nachging. Der Beschuldigte ist somit weder in sozialer und persönlicher noch in kultureller Hinsicht in der Schweiz verwurzelt (vgl.zu den persönlichen Verhältnissen schon E. 6.6). All diese Umstände sprechen eindeutig gegen das Vorliegen eines Härtefalls. Infolgedessen erübrigen sich detaillierte Ausführungen zur Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen. Hinzuweisen bleibt auf die konstante Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechts (EGMR), wonach es bei Betäubungsmitteldelikten, insbesondere in der Form des Handeltreibens, gerechtfertigt sei, dass die Vertragsstaaten gegen Ausländer, die zur Verbreitung dieser «Plage» beziehungsweise «Geissel der Menschheit» beitragen, entschlossen durchgreifen (vgl. Urteile des EGMR Kissiwa Koffi gegen Schweiz vom 15. November 2012, Nr. 38005/07, §§ 65 ff. und 71, Mehemi gegen Frankreich vom 26. September 1997, Nr. 25017/94, § 37; vgl. auch BGE 139 I 145 E. 2.5 S. 149 f.). Auch das Bundesgericht hat sich bei Straftaten von Ausländern gegen das Betäubungsmittelgesetz hinsichtlich der Ausweisung zwecks Verhinderung neuer Straftaten zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit stets rigoros gezeigt. Eine qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz aus rein pekuniären Motiven gilt als schwere Straftat, von welcher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgeht. Das öffentliche Interesse an der Verhinderung von derartigen Taten ist als stark zu gewichten (BGer 6B_1375/2019 vom 19. November 2020 E. 3.3, 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.10). Vollzugshindernisse im Sinne von Art. 66d StGB sind nicht ersichtlich (vgl. dazu schon die Abklärungen des SEM [Akten S. 25 ff.]).


7.3 Da dem Beschuldigten massivste Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelegesetz zur Last fallen und vor dem Hintergrund der soeben zitierten Rechtsprechung des EGMR und des Bundesgerichts ein Hochsicherheitsrisiko darstellt, ist die Aussprechung einer Landesverweisung für die Maximaldauer von 15 Jahren (Art.66a Abs. 1 StGB) angemessen.

7.4 Der Beschuldigte ist als [...] Staatsbürger Drittstaatsangehöriger und somit Angehöriger eines Staates, der nicht der Europäischen Union der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) angehört. Die vorgeschriebene Mindestfrist von einem Jahr Freiheitsstrafe ist erfüllt (Art. 24 Ziff. 2 lit. a der EG-Verordnung Nr. 1987/2006) und sind keinerlei Gründe ersichtlich, inwiefern die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS) aus persönlichen Gründen nicht verhältnismässig wäre (vgl. dazu schon E. 6.6). Die Landesverweisung ist demnach im SIS einzutragen (Art. 20 N-SIS Verordnung [SR 362.0]).

8.

8.1 Die schuldig gesprochene Person hat - sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorliegen - gestützt auf Art. 426 Abs. 1 StPO sämtliche kausalen Verfahrenskosten zu tragen (BGer 6B_811/2014 vom 13. März 2015 E. 1.4). Die Verfahrenskosten werden demnach gemäss Verursacherprinzip verlegt.


8.2 Da der Beschuldigte auch im Berufungsverfahren wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittel (grosse Gesundheitsgefährdung und Bandenmässigkeit) sowie Geldwäscherei (schwerer Fall wegen Bandenmässigkeit) schuldig gesprochen wird (die Schuldsprüche wegen rechtswidriger Einreise sowie rechtswidrigen Aufenthalts sind bekanntlich in Rechtskraft erwachsen) und bezüglich des Freispruchs wegen Einführens, Erwerbens, Lagerns falschen Geldes gemäss Kostenblatt der Staatsanwaltschaft keine Aufwände angefallen sind (betreffend die Qualifikation wegen Gewerbsmässigkeit fielen keine zusätzlichen Kosten an), sind die erstinstanzlichen Verfahrenskosten zu belassen. Demgemäss trägt der Beschuldigte für das erstinstanzliche Verfahren Kosten in Höhe von CHF 25515. und eine Urteilsgebühr von CHF25000..


9.

9.1 Für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens kommt Art. 428 Abs. 1 StPO zum Tragen. Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (BGer 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015 E. 2.4.1).


9.2 Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung vollumfänglich. Er obsiegt «bloss» mit seinen im Rahmen der Berufung der Staatsanwaltschaft gestellten Anträgen, wonach er von der Anklage wegen Einführens, Erwerbens, Lagerns falschen Geldes freizusprechen sei. Auch wenn kein formeller Freispruch erfolgt, wird er auch nicht wegen gewerbsmässigen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz und gewerbsmässiger Geldwäscherei schuldig gesprochen. Es rechtfertigt sich deshalb, ihm die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer um 25 % reduzierten Urteilsgebühr von CHF 3000.- (inklusive Kanzleiauslagen, zuzüglich allfälliger übriger Auslagen) aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Gerichtsgebührenreglements [GGR, SG154.810]).


10.

10.1 Der amtlichen Verteidigerin, B____, wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung gemäss ihrer Aufstellung, zuzüglich 4.5 Stunden für die heutige Berufungsverhandlung, aus der Gerichtskasse ausgerichtet. Für den genauen Betrag wird auf das Urteilsdispositiv verwiesen.


10.2 Da dem Beschuldigten eine um 25 % reduzierte Urteilsgebühr auferlegt wird, umfasst die Rückerstattungspflicht bezüglich des Honorars seiner amtlichen Verteidigerin im Falle seiner wirtschaftlichen Besserstellung 75 % des zugesprochenen Honorars (Art. 135 Abs. 4 StPO).



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Kammer):


://: Es wird festgestellt, dass folgende Punkte des Urteils des Strafgerichts vom 14.Juni 2018 mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sind:

- Schuldsprüche wegen rechtswidriger Einreise und rechtswidrigen Aufenthalts gemäss Art. 115 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 lit. a und d sowie 115 Abs. 1 lit. b des Ausländer- und Integrationsgesetzes;

- Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände;

- Entschädigung der amtlichen Verteidigung.


A____ wird in teilweiser Gutheissung der Berufung der Staatsanwaltschaft bzw. in Abweisung seiner Berufung - nebst den bereits rechtskräftigen Schuldsprüchen - des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (grosse Gesundheitsgefährdung und Bandenmässigkeit) sowie der Geldwäscherei (schwerer Fall wegen Bandenmässigkeit) schuldig erklärt und verurteilt zu 9Jahren Freiheitsstrafe, unter Einrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie des vorzeitigen Strafvollzugs seit dem 9.Januar 2017, sowie zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 20., mit bedingtem Strafvollzug, unter Auferlegung einer Probezeit von 2 Jahren,

in Anwendung von Art. 19 Abs. 1 lit. b, c, d und g und Abs. 2 lit. a und b des Betäubungsmittelgesetzes und Art. 305bis Ziff. 1 und 2 lit. b sowie Art. 42 Abs.1, 44 Abs. 1, 49 Abs.1 und 51 des Strafgesetzbuches.


Von der Anklage wegen Einführens, Erwerbens, Lagerns falschen Geldes wird A____ freigesprochen.


A____ wird in Anwendung von Art. 66a Abs. 1 lit. o des Strafgesetzbuches für 15 Jahre des Landes verwiesen.


Die angeordnete Landesverweisung wird gemäss Art. 20 der N-SIS-Verordnung im Schengener Informationssystem eingetragen.


A____ trägt die Kosten von CHF 25515.- und eine Urteilsgebühr von CHF 25000. für das erstinstanzliche Verfahren sowie die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer reduzierten Urteilsgebühr von CHF 3000. (inklusive Kanzleiauslagen, zuzüglich allfällige übrige Auslagen).


Der amtlichen Verteidigerin, B____, wird für die zweite Instanz ein Honorar in Höhe von CHF 6166.65 und ein Auslagenersatz von CHF 450.15, zuzüglich Mehrwertsteuer von insgesamt CHF 509.50 (7,7 % auf CHF6616.80), somit total CHF 7126.30, aus der Gerichtskasse zugesprochen. Art.135 Abs. 4 der Strafprozessordnung bleibt im Umfang von 75 % vorbehalten.


Mitteilung an:

- Beschuldigter

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

- Strafgericht Basel-Stadt

- Strafregister-Informationssystem VOSTRA

- Justiz- und Sicherheitsdepartement, Abteilung Strafvollzug

- Migrationsamt Basel-Stadt

- Bundesamt für Polizei (fedpol)

- Staatssekretariat für Migration (SEM)


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber


lic. iur. Liselotte Henz Dr. Beat Jucker

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Die amtliche Verteidigung kann gegen den Entscheid betreffend ihre Entschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b der Strafprozessordnung (StPO) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht (Viale Stefano Franscini 7, Postfach 2720, 6501 Bellinzona) erheben (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014).



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