Zusammenfassung des Urteils SB.2018.80 (AG.2021.302): Appellationsgericht
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt entschied am 15. Januar 2021 über eine Berufungsklage in einem Fall von mehrfacher Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Handlungen mit einem Kind. Der Angeklagte, A____, wurde schuldig gesprochen und zu 3 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem wurde er zur Zahlung einer Genugtuung in Höhe von CHF 30'000.- und einer Parteientschädigung von CHF 4'274.85 an das Opfer, B____, verurteilt. Die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung und forderte eine Erhöhung der Freiheitsstrafe auf 6 Jahre. Die Privatklägerin wurde als glaubwürdig eingestuft, während die Aussagen des Angeklagten als unglaubhaft betrachtet wurden. Das Gericht berücksichtigte das jugendliche Alter des Angeklagten zum Tatzeitpunkt und reduzierte die Strafe auf 3 Jahre aufgrund von Verzögerungen im Verfahren und der Tatsache, dass der Angeklagte seit den Vorfällen keine weiteren Straftaten begangen hat. Die Entscheidung wurde vom Richter, lic. iur. Liselotte Henz, gefällt.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | SB.2018.80 (AG.2021.302) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 15.01.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | mehrfache Vergewaltigung, mehrfache sexuelle Nötigung und mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind (Beschwerde beim BG hängig) |
Schlagwörter: | Berufung; Privatklägerin; Berufungskläger; Über; Urteil; Vorinstanz; Aussage; Gericht; Beschuldigte; Übergriff; Übergriffe; Aussagen; Anklage; Handlung; Handlungen; Beschuldigten; Akten; Tatzeit; Gerichts; Vergewaltigung; Nötigung; Einvernahme; Recht; Berufungsklägers; Vorfall; önnen |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 101 StGB ;Art. 189 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 325 StPO ;Art. 381 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;Art. 43 StGB ;Art. 44 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 48 BGG ;Art. 49 StGB ;Art. 97 StGB ; |
Referenz BGE: | 143 IV 63; |
Kommentar: | Keller, Basler Kommentar Strafrecht I, Art. 47, 2019 |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Kammer |
SB.2018.80
URTEIL
vom 15. Januar 2021
Mitwirkende
lic. iur. Liselotte Henz (Vorsitz),
lic. iur. Christian Hoenen, Dr. phil. und MLaw Jacqueline Frossard,
Prof. Dr. Jonas Weber, Dr. Cordula Lötscher
und Gerichtsschreiber lic. iur. Aurel Wandeler
Beteiligte
A____, geb. [...] Berufungskläger
[...] Beschuldigter
vertreten durch [...], Advokatin,
[...]
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Berufungsbeklagte
Binningerstrasse21, 4001 Basel Anschlussberufungsklägerin
Privatklägerin
B____
vertreten durch [...]
Gegenstand
Berufung gegen ein Urteil des Strafgerichts (SG.2018.18)
vom 27. April 2018
betreffend mehrfache Vergewaltigung, mehrfache sexuelle Nötigung und mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind
Sachverhalt
Mit Urteil des Strafgerichts vom 27. April 2018 wurde A____ der mehrfachen sexuellen Nötigung und der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind schuldig erklärt und zu 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bezüglich Tathandlungen, die vor dem [...] 2002 sowie zwischen dem [...] 2003 und dem 27.April 2003 stattgefunden haben sollen, wurde das Verfahren zufolge Verjährung eingestellt. Ebenfalls zufolge Verjährung eingestellt wurde das Verfahren im Anklagepunkt der mehrfachen Nötigung. A____ wurde zur Zahlung einer Genugtuung in Höhe von CHF30'000.-, zuzüglich Zins zu 5 % seit 27. April 2018, sowie einer Parteientschädigung von CHF4'274.85 an B____ verurteilt. Zudem wurden ihm die Verfahrenskosten auferlegt.
Gegen dieses Urteil meldete A____, vertreten durch [...], mit Eingabe vom 4. Mai 2018 Berufung an. Die Berufungserklärung erfolgte mit Eingabe vom 16.Juli2018. Im Hauptpunkt werden ein Freispruch und eine Abweisung der Zivilforderung beantragt. Falls die vorinstanzlichen Schuldsprüche teilweise bestätigt werden sollten, sei eine Geldstrafe auszusprechen. Die Genugtuung sei in diesem Fall auf höchstens CHF 2'000.- festzulegen. Mit Eingabe vom 20.Juli 2018 erhob die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei im Schuldpunkt zu bestätigen, die Freiheitsstrafe sei aber auf 6 Jahre zu erhöhen. Mit Eingabe vom 26. Oktober 2018 erfolgte innert erstreckter Frist die schriftliche Berufungsbegründung. Die Staatsanwaltschaft erklärte innert peremptorisch erstreckter Frist mit Eingabe vom 31. Januar 2019, auf eine schriftliche Begründung ihrer Anschlussberufung zu verzichten bzw. ihr Rechtsmittel vor den Schranken des Gerichts mündlich begründen zu wollen. Die Privatklägerin verzichtete auf eine Berufungsantwort und reichte auch keine Anschlussberufung ein.
Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 15. Januar 2021 wurde der Berufungskläger befragt. Anschliessend kamen seine Verteidigerin, die Staatsanwältin sowie die Rechtsvertreterin der Privatklägerin zum Vortrag. Für sämtliche Ausführungen wird auf das Protokoll verwiesen. Der Anklagesachverhalt wird nachstehend unter Ziff. 2 wiedergegeben. Die Einzelheiten der Standpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachstehenden Erwägungen.
Erwägungen
1.
1.1 Nach Art. 398 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) ist die Berufung gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte zulässig, mit denen das Verfahren ganz teilweise abgeschlossen wird, was vorliegend der Fall ist. Zuständiges Berufungsgericht ist nach § 88 Abs. 1 und 91 Abs. 1 Ziff. 1 des basel-städtischen Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, SG 154.100) eine Kammer des Appellationsgerichts. Die Staatsanwaltschaft ist gestützt auf Art. 381 Abs. 1 StPO zur Erhebung von Rechtsmitteln berechtigt, sodass sie zur Erklärung der Anschlussberufung legitimiert ist. Auf die frist- und formgerecht eingereichten Rechtsmittel ist daher einzutreten.
1.2 Gemäss Art. 398 Abs. 3 StPO können mit der Berufung Rechtsverletzungen einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, die unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden. Im Rechtsmittelverfahren gilt die Dispositionsmaxime. Die Berufung kann beschränkt werden. Wer nur Teile des Urteils anficht, hat in der Berufungserklärung gemäss Art. 399 Abs. 4 StPO verbindlich anzugeben, auf welche Teile sich die Berufung beschränkt (vgl. Art. 399 Abs. 3 lit.a und Abs. 4 StPO). Erfolgt eine Teilanfechtung, erwächst das Urteil hinsichtlich der nicht angefochtenen Punkte in Teilrechtskraft. Von keiner Partei angefochten wird die vorinstanzliche Verfahrenseinstellung hinsichtlich Sachverhalte, für welche der Eintritt der Verjährung festgestellt worden ist. Die Vorinstanz hat den Verjährungseintritt im Übrigen einwandfrei festgestellt und begründet (Ziff. 2.a der Urteilsbegründung; S.7-9). Verjährt sind angeklagte Tathandlungen, die nicht von der Unverjährbarkeitsbestimmung von Art. 101 Abs. 1 lit. e StGB erfasst sind und zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils länger als 15 Jahre zurückliegen. Nicht eingetreten ist die Verjährung für den Zeitraum, in welchem die Unverjährbarkeit greift (Opfer unter 12Jahre und Beschuldigter über 18 Jahre; also [...] 2002 bis [...] 2003) sowie bezüglich angeklagter Tathandlungen, die nach dem 27. April2003 erfolgt sein sollen, weil diesbezüglich die Verjährung nach dem geltenden Art. 97 StGB mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht mehr eintreten konnte.
1.3 Die Verteidigerin rügt eine Verletzung des Akkusationsprinzips. Wie bereits vor der ersten Instanz kritisiert sie, dass die Schilderung der Vorwürfe in zeitlicher und sachlicher Hinsicht den bundesgerichtlichen Anforderungen nicht genügen würde. Der Berufungskläger habe bereits vor erster Instanz dargelegt, dass er seit August 2001 eine Lehre absolviert habe und nicht zu Hause zu Mittag habe essen können. Dies habe er auch belegt, wofür auf den vor erster Instanz eingereichten Lehrvertrag verwiesen wird. Die Frage nach dem Tatzeitraum sei von erheblicher Bedeutung, weil die dem Berufungskläger zur Last gelegten Delikte verjährt wären, wenn sie sich vor dem 18. Geburtstag des Beschuldigten zugetragen hätten. Die Vorinstanz habe diese Frage trotz entsprechender Einwände des Beschuldigten nicht geprüft, bzw. sich mit dessen Einwänden nicht auseinandergesetzt und sei ohne ersichtlichen Grund und entgegen den Angaben der Privatklägerin in deren Einvernahme vom 4. Juni 2014 den Angaben der Anklageschrift gefolgt. Die Privatklägerin habe in der Hauptverhandlung auch bestätigt, dass die heutige Ehefrau ihres Vaters schon eine Weile im Haushalt gelebt habe, als sie im Sommer 2003 zu ihrer Mutter nach Deutschland gezogen sei. Wann die heutige Ehefrau ihres Vaters genau eingezogen sei, könne sie nicht mehr sagen. Dies habe sie gesagt, nachdem der Beschuldigte in der Hauptverhandlung ausgesagt hätte, in der fraglichen Zeit sei die heutige Ehefrau des Vaters der Privatklägerin eingezogen und habe sich um die Kinder gekümmert, weshalb diese (und auch die Privatklägerin) nicht mehr zum Mittagessen gekommen anderweitig durch seine Mutter betreut worden seien.
1.4 Nach dem Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion; Art. 9 und Art. 325 StPO; Art. 29 Abs.2 und Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. a und b EMRK). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 143 IV 63 E. 2.2 S. 65; 141 IV 132 E. 3.4.1 S. 142 f.; je mit Hinweisen). Unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion ist massgebend, dass die beschuldigte Person genau weiss, was ihr angelastet wird, damit sie ihre Verteidigungsrechte angemessen ausüben kann. Ungenauigkeiten in den Zeitangaben sind solange nicht von entscheidender Bedeutung, als für die beschuldigte Person keine Zweifel darüber bestehen, welches Verhalten ihr vorgeworfen wird. Bei gehäuften und regelmässigen Delikten wird dem Anklagegrundsatz Genüge getan, wenn die Handlungen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht lediglich approximativ umschrieben werden. Der Zeitraum ist auf eine bestimmte Dauer einzugrenzen. Nicht entscheidend ist, ob sich der Beschwerdeführer effektiv ein Alibi beschaffen kann sich an den Tatzeitraum erinnert (Urteil BGer 6B_619/2019 vom 11. März 2020 E. 2.3 mit Hinweisen).
Die diesbezüglichen Einwände der Verteidigung vermögen vor diesem Hintergrund nicht zu verfangen. Die approximative Beschreibung in der Anklageschrift ist genügend ausgefallen, wie die Vorinstanz bereits zutreffend festgestellt hat (vgl. Erwägungen der Vorinstanz, Urteil des Strafgerichts S. 5, 6). Es kann nicht zweifelhaft sein, dass der Berufungskläger aufgrund der Anklageschrift wusste, was ihm angelastet wird. Dies behauptet er gar nicht: Er gab lediglich an, erst vor erster Instanz realisiert zu haben, wie viele Vorfälle ihm angelastet werden (Protokoll der Berufungsverhandlung S. 3). Diese Anzahl ergibt sich aber gerade aus der Anklageschrift. Sie lässt sich bereits der Einleitung entnehmen, wenn hierzu auch eine Rechnung erforderlich ist (Anzahl Wochen des Zeitraums multipliziert mit zwei: Anklageschrift Ziff.I., Einleitung, S. 2). Den Aussagen des Berufungsklägers ist zu entnehmen, dass er das volle Gewicht der Vorwürfe psychologisch erst allmählich, teils nach dem Ergehen des erstinstanzlichen Urteils, ermessen konnte, und dass gewisse Einwendungen von ihm vielleicht auch deshalb etwas spät erhoben wurden (Protokoll der Berufungsverhandlung S. 3). Dies mag zutreffen, ändert aber nichts daran, dass der Anklagegrundsatz seitens der Staatsanwaltschaft eingehalten worden ist.
Separat davon zu beurteilen ist, wie die Vorbringen der Verteidigung zu Unsicherheiten bezüglich einzelner Ereigniszeitpunkten beweisrechtlich zu würdigen sind. Soweit inkriminierte Übergriffe, falls sie sich trotz Bestreitens nachweisen lassen sollten, nicht zweifelsfrei einem Zeitraum zugeordnet werden können, für welchen noch keine Verjährung eingetreten ist, wird nach den Grundsätzen von Art. 10 Abs. 3 StPO zu verfahren sein. Nach diesem Grundsatz geht das Gericht bei unüberwindlichen Zweifeln an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus. Ist ein Tatzeitpunkt in der Weise strittig, dass die Annahme des einen Tatzeitpunkts dazu führen würde, dass ein Delikt verjährt wäre, während die Annahme des anderen Tatzeitpunkts eine Verurteilung zulassen würde, und bestehen daran unüberwindliche Zweifel, darf nach den dargelegten Grundsätzen ebenso wenig von der für den Angeklagten ungünstigeren Variante ausgegangen werden.
1.5 Die Verteidigung beantragte, der Vater der Privatklägerin sei in der Berufungsverhandlung über zeitweilige Aufenthalte in Brasilien während des inkriminierten Tatzeitraums zu befragen. In diesen Zeiträumen sei nämlich die Privatklägerin durch ihre Grosseltern betreut gewesen und habe nicht am mutmasslichen Tatort, dem C____ in Basel, logiert. Daher habe es in diesen Zeiträumen schon aus diesem Grund keine Übergriffe im modus operandi gemäss Anklageschrift geben können. Wie es sich mit diesem Vorbringen verhält, ist im Rahmen der Beweiswürdigung darzulegen. Daraus wird sich ergeben, dass auf die Befragung verzichtet werden kann - in Übereinstimmung mit dem während der Berufungsverhandlung eröffneten Zwischenentscheid (Protokoll Berufungsverhandlung S. 4).
2.
Dem Berufungskläger (geb. [...]) wird mit dem vorinstanzlichen Schuldspruch zur Last gelegt, zwischen ca. Mitte 2002 bis Ende November 2003 an der Privatklägerin, B____ (geb. [...]), zweimal wöchentlich nachts sowie verschiedentlich bei weiteren Gelegenheiten sexuelle Handlungen bis hin zu Vergewaltigungen begangen zu haben.
Die Taten haben sich gemäss Anklage und erstinstanzlichem Urteil in folgendem Rahmen ereignet: Die Privatklägerin habe seit 1993 mit ihren Eltern und ihren beiden Brüdern am [...] in Basel gewohnt. Ihre Mutter sei im Jahre 2000 von dort weggezogen. Der Beschuldigte sei seinerseits mit seinen Eltern und seinen [ ] Brüdern im März 2000 in die Nachbarsliegenschaft gezogen. Weil die Väter der beiden Familien im selben Unternehmen tätig gewesen seien, habe zwischen den Familien ein Freundschafts- und Vertrauensverhältnis geherrscht, weshalb der Vater der Privatklägerin einen Schlüssel zu seinem Haus im Haus der Familie des Beschuldigten deponiert habe, damit in seiner Abwesenheit für alle Fälle ein Zugang zu seinen Kindern bestände. Der Vater der Privatklägerin habe zu jener Zeit im Schichtdienst gearbeitet. Er habe zweimal wöchentlich Nachtschicht leisten müssen. Dann waren B____ und ihre Brüder jeweils alleine zuhause. Diesen Umstand habe sich der Beschuldigte zunutze gemacht, bzw. er habe dann die Privatklägerin jeweils bei ihr zuhause aufgesucht und missbraucht. Im Zweifel als verjährt zu erachten sei der unter Ziff. I.1. der Anklageschrift geschilderte Vorfall, wonach sich der Beschuldigte - beim erstmaligen nächtlichen Aufsuchen des Nachbarsmädchens - dem Mädchen gegenüber als Engel ausgegeben habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich dieser Vorfall, der für die Vorinstanz aufgrund der Aussagen der Privatklägerin an sich erstellt war, vor dem 18. Geburtstag des Berufungsklägers am [...] 2002 ereignet habe (Urteil des Strafgerichts S. 19). Jedoch sei es in der Folge, nach dem 18.Geburtstag des Berufungsklägers, zu zahlreichen weiteren Übergriffen gekommen. Der Berufungskläger habe jeweils das Zimmer der Privatklägerin aufgesucht, um an dieser gegen deren Willen und unter Einsatz seiner massiven körperlichen Überlegenheit den Geschlechtsverkehr zu vollziehen und andere sexuelle Handlungen vorzunehmen, wie etwa die Penetration mit dem Finger. Diese Übergriffe hätten im Sommer begonnen (unverjährt ab [...] 2002) und ihr Ende erst gefunden, als die Privatklägerin nach der Trennung ihrer Eltern zu ihrer Mutter nach Deutschland gezogen sei. Dies sei per 1. Dezember 2003 erfolgt, wofür die Vorinstanz auf die Adresshistorie im kantonalen Datenmarkt verweist (Akten S. 302).
Zwei dreimal habe der Berufungskläger die Privatklägerin auch in seinem Haus an seiner Zimmertüre abgefangen und in sein Zimmer gezogen und sich dort von ihr oral befriedigen lassen, wobei er ihren Kopf wieder hinuntergedrückt habe, wenn diese versucht habe, sich ihm zu entwinden.
3.
3.1 Die Vorinstanz stellte fest, dass die in der Anklageschrift geschilderten Übergriffe weitgehend auf den Aussagen der Privatklägerin im Ermittlungsverfahren beruhten, wofür sie auf den Polizeirapport vom 4. Juni 2014 und auf die Einvernahmen vom 4.Juni 2014 und vom 21. Dezember 2016 verwies. Der Berufungskläger habe im Ermittlungsverfahren und anlässlich der Hauptverhandlung eingeräumt, die Privatklägerin "angefasst" zu haben. Es hätten "Doktorspiele" stattgefunden, dies sei jedoch im Einvernehmen mit der Privatklägerin gewesen. Den Vorwurf der Vergewaltigung habe der Berufungskläger anlässlich seiner Einvernahme vom 2.Dezember2016 und auch in der Hauptverhandlung vehement zurückgewiesen. In Ermangelung objektiver Beweismittel komme der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin einerseits und des Berufungsklägers andererseits zentrale Bedeutung zu.
Die Vorinstanz erörterte in ihren Urteilserwägungen sodann die Methodik, nach welcher bei der Glaubhaftigkeitsbeurteilung vorgegangen werden soll. Dabei sei immer davon auszugehen, dass die belastende Aussage nicht realitätsbegründet sein könnte (Unwahr- Nullhypothese). Zu klären sei die Frage, wie wahrscheinlich es sei, dass eine bestimmte Person mit ihren individuellen Voraussetzungen unter den entsprechenden Rahmenbedingungen eine Aussage mit der vorliegenden Qualität ohne Erlebnisgrundlage konstruiert haben könnte. Ergebe eine Prüfung anhand der sogenannten Realkennzeichen Realitätskriterien, dass die Nullhypothese nicht haltbar sei, könne sie verworfen werden und es gelte die Alternativhypothese, nämlich, dass die Aussage also wahr sei (Urteil des Strafgerichts S. 10, mit Verweis auf Volker Dittmann, Zur Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen, in: Plädoyer 2/1997 S.33 ff.; Revital Ludewig/Daphna Tavor/Sonja Baumer, Wie können aussagepolitische Erkenntnisse Richtern, Staatsanwälten und Anwälten helfen?, in: AJP 11/2011 S. 1415 ff., 1423 ff.).
3.2 Die Vorinstanz untersuchte zunächst die Aussagen der Privatklägerin. Sie stellte fest, dass diese die Vorfälle in den Kernpunkten durch mehrere Befragungen hindurch weitgehend gleichbleibend geschildert habe, ohne dass ihre Aussagen dabei auswendig gelernt stereotyp gewirkt hätten. Ihre Aussagen seien detailliert und in sich stimmig. Sie habe die Geschehnisse in einem freien Bericht sprunghaft und nicht chronologisch geordnet wiedergegeben. Ihre Aussagen seien konstant und es fänden sich darin keine wesentlichen Widersprüche. Es seien auch keine suggestiven Einflüsse zu erkennen. In der Hauptverhandlung habe sie einen authentischen Eindruck hinterlassen und es sei angesichts der Vielzahl von gegenständlichen Vorfällen und der seither vergangenen Zeitspanne verständlich, dass sie nicht sämtliche Übergriffe im Einzelnen in jeder Einvernahme habe erwähnen können. Die Aussagen enthielten eine Vielzahl von Realitätskriterien. Sie enthielten zahlreiche Interaktionsschilderungen, raumzeitliche Verknüpfungen, Wiedergabe von Gesprächen, eigene psychische Vorgänge und die Nennung von für das Kerngeschehen unnötigen Nebenumständen.
Detailliert wiedergegeben wird in der erstinstanzlichen Urteilsbegründung die Schilderung der Privatklägerin gemäss Einvernahme vom 4. Juni 2014, in welcher sie zuerst den Vorfall "Engel" schilderte (Ziff. I.1. der Anklageschrift): Eines nachts, als ihr Vater gearbeitet habe, sei eine mit einem weissen T-Shirt bekleidete Person die Treppe zu ihrem Zimmer hoch gekommen. Sie wisse dies noch, als sei es gestern geschehen. Sie habe zu dieser Person gesagt "bist du ein Engel", da sie noch schläfrig gewesen sei. Die Person - wobei es sich gemäss der weiteren Schilderung um den Beschuldigten gehandelt haben muss - habe zu ihr gesagt "ich bin jetzt dein Engel und werde Dir ganz viel Freude bereiten". Dann sei alles sehr schnell gegangen. Der Beschuldigte habe sie am Handgelenk gepackt, mit seinem Unterarm aufs Bett gedrückt und habe ihr die Hose hinunter gezogen. Weiter habe sie zu Protokoll gegeben: "Es ging dann auch mega schnell, bis er nackt war. Er begann dann mich vaginal, sein Schwanz und er hat dann einfach nicht mehr aufgehört. Ich weiss noch, es stank mega nach Fisch, das weiss ich noch. Ich begann zu weinen und wurde lauter. Ich sagte immer, er soll weggehen. Ich sagte auch zu ihm, dass er sich eine Freundin suchen soll. Er meinte nur, ich sei jetzt seine Freundin. Dann hielt er mir das Maul zu, als ich begann zu weinen und hysterisch wurde. Dann kam er und spritzte in mir ab" (Einvernahme vom 4. Juni 2014, Akten S. 157). Diesen Vorfall ordnete die Vorinstanz zwar im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten einem verjährten Zeitpunkt zu, erachtete ihn aber hinsichtlich Realkriterien als ergiebig.
Das Strafgericht untersuchte sodann die weiteren Schilderungen der Privatklägerin. Sie sagte aus, dass der Beschuldigte in der Folge immer, wenn ihr Vater Nachtschicht gehabt habe, was zweimal wöchentlich der Fall gewesen sei, nachts in ihr Zimmer gekommen sei. Der Geschlchtsverkehr sei immer gleich vollzogen worden: Sie habe auf dem Rücken gelegen, der Beschuldigte habe sie mit seinem Unterarm auf das Bett gedrückt und sich auf sie gelegt. Dies habe über ein Jahr angedauert und erst aufgehört, als sie im Jahr 2003 zu ihrer Mutter gezogen sei (aus Einvernahme vom vom 4. Juni 2014, Akten S. 157). Der Vorinstanz schilderte sie, dass sie sich einmal durch Flucht ins Badezimmer habe entwinden können. Sie habe dann in der Badewanne geschlafen und sich mit Tüchern zugedeckt.
Die Berufungsklägerin habe auch geschildert, manchmal mit ihren Brüdern bei der Familie des Beschuldigten zu Mittag gegessen zu haben. Um in das Spielzimmer zu den Geschwistern des Beschuldigten zu gelangen, habe sie an dessen Zimmer vorbeigehen müssen. Bei solchen Gelegenheiten habe der Beschuldigte sie zwei dreimal abgefangen und zu Oralverkehr gezwungen. Sie sei an seinem Zimmer vorbeigelaufen, er sei herausgekommen, habe streng gesagt "komm rein" und habe sie am Arm in sein Zimmer gezogen. Er habe seine Hose runter gezogen. Er habe auf dem Bett gesessen und sie habe ihm jeweils auf den Knien einen blasen müssen. Wenn sie weggewollt habe, habe er ihren Kopf wieder hinunter gedrückt. Dazu habe sie noch ausgeführt: "Ich weiss noch gut, wie es mich gelüpft hatte. Ich fand und finde noch heute diesen Geschmack eklig" (mit Verweis auf Einvernahme vom 4.Juni2014, Akten S. 163 f.). Gegen ihren Willen sei es zu vaginalem Geschlechtsverkehr und Oralverkehr mit dem Beschuldigten gekommen. Dieser sei dabei jedes Mal zum Samenerguss gekommen und habe in ihr auf ihren Bauch ejakuliert, ohne ein Kondom zu verwenden. Danach habe er sie jeweils angegrinst. Geschlagen habe er sie nie, aber er habe sie immer fest gepackt. Der Beschuldigte habe sich jeweils selber ausgezogen und "sich einen runter geholt, bis er steif war". Am Anfang habe sie sich noch gewehrt und versucht zu schreien. Sie habe auch geweint. Der Beschuldigte habe ihr den Mund zugehalten. Sie habe auch versucht, ihn wegzustosssen und seine Arme wegzuschlagen, was ihr aber nicht gelungen sei. Sie habe keine Chance gegen ihn gehabt, da er "ein echter Berg" gewesen sei, bzw. "wie ein Bär" (Akten S.163). Mit der Zeit habe sie es einfach über sich ergehen lassen, weil sie gewusst habe, dass es nur schlimmer werde, sollte sie sich wehren. Sie habe ihm immer wieder gesagt, dass es ihr wehtun würde, aber er habe nur gemeint, sie solle sich nicht so anstellen, es gäbe Schlimmeres. Es habe den Anschein auf sie gemacht, als würde ihn dies zusätzlich erregen, er habe dann immer dieses Grinsen drauf gehabt.
Hinsichtlich des Tatzeitraums gab die Vorinstanz die Aussage der Privatklägerin wieder, wonach die Übergriffe - wie sie genau wisse - ein Jahr lang angedauert hätten. Es habe im Sommer begonnen und bis zu den nächsten Sommerferien gedauert, bis sie weggezogen sei (gemäss Einvernahme vom 4. Juni 2014, Akten S. 158).
Die Vorinstanz zog in Erwägung, dass die Privatklägerin ihre Depositionen in der weiteren Einvernahme vom 21. Dezember 2016 sowie anlässlich der Hauptverhandlung weitestgehend bestätigt habe. Sie habe das Erlebte nochmals umfassend geschildert, ohne sich in gröbere Widersprüche zu begeben. Sie habe die zentralen Punkte ausgeführt und offen und klar zu den gestellten Fragen Stellung genommen (mit Verweis auf das Protokoll der Hauptverhandlung S. 6 ff.). Ihre Aussagen enthielten zahlreiche Realkriterien und ihre Schilderungen seien sehr detailreich. Hierfür führte die Vorinstanz zahlreiche Beispiele an: Die Wiedergabe von verbalen Interaktionen; ihre Aufforderung an den Beschuldigten, er solle sich doch eine Freundin suchen, ihre Flucht ins Badezimmer, räumliche Bedingungen der Begegnungen - das Abgefangen werden auf dem Weg ins Kinderzimmer der Geschwister des Berufungsklägers -, die Wiedergabe von Ekelgefühlen und Angst. Auf das dicht begründete erstinstanzliche Urteil, dessen Erwägungen diesbezüglich weitgehend unangefochten blieben, kann ergänzend verwiesen werden (Urteil des Strafgerichts S. 13). Auf die strittige Frage der Dauer des Tatzeitraums wird sogleich zurückzukommen sein.
Die Vorinstanz würdigte auch Unsicherheiten der Privatklägerin bezüglich der zeitlichen Einordnung der Vorfälle. Diese werden im Berufungsverfahren nach dem Grundsatz von Art. 10 Abs. 2 StPO nicht zu Lasten des Beschuldigten beseitigt werden dürfen. Sie sprechen aber keinesfalls generell gegen die Glaubwürdigkeit der Privatklägerin. Die Vorinstanz hat solche Unsicherheiten überzeugend und naheliegend in den Zusammenhang damit gestellt, dass die Privatklägerin zum Zeit der inkriminierten Übergriffe erst 11 und 12 Jahre alt war und seither - bis zur Verhandlung vor dem Strafgericht - 15 Jahre vergangen sind. Unschärfen in der Erinnerung habe die Privatklägerin auch klar offengelegt. Sie habe nicht versucht, diese zu vertuschen. Sie habe z.B. im Ermittlungsverfahren ausgesagt, die Übergriffe auf sie hätten "im Sommer" begonnen. Vor dem Strafgericht habe sie dazu ausgeführt, sie wisse, dass sie schon 11 Jahre alt und es "ungefähr Sommer" gewesen sei. Der Beschuldigte habe ein T-Shirt getragen, darum sei es "wärmer" gewesen, also jedenfalls nicht Winter. Sie glaube, es sei nach ihrem Geburtstag im April gewesen. Ob es beim ersten Vorfall zu einer Penetration gekommen sei, sei ihr nicht mehr erinnerlich.
Die Vorinstanz hielt fest, dass die Privatklägerin in Bezug auf das Kerngeschehen konstante, logisch konsistente, anschauliche und überzeugende Aussagen gemacht habe. Dem fügte sie in einer weiteren Erwägung an, dass sie auch "zurückhaltend" über das Erlebte berichtet habe. Sie habe zum Beispiel ausgesagt, dass der Beschuldigte nie mehr Gewalt angewendet hätte, als zum Vollzug des Geschlechtsverkehrs nötig gewesen sei: Festes Packen, aber kein Schlagen.
Weiter untersuchte die Vorinstanz die Anzeigesituation. Die Aussagen des Vaters der Privatklägerin D____, ihres Bruders E____ und ihres Ex-Freunds F____ bestätigten, dass sie bereits vor ihrer Anzeige von den Übergriffen durch den Beschuldigten erzählt habe (Urteil des Strafgerichts S. 14 mit Hinweisen auf die Einvernahmen dieser Personen).
Als Indiz wurde auch der Bericht der damaligen Kinderärztin der Privatklägerin, Dr.med. G____, vom 15. April 2015 gewürdigt. Demnach sei die Privatklägerin wegen Ausflusses in ihre Praxis gekommen, wobei ihr Scheideneingang gerötet und leicht mazeriert gewesen sei. Wegen der Persistenz der Beschwerden, der sozialen Situation und des Alters der Patientin habe sie eine gynäkologische Mitbeurteilung eingeholt. Der Bericht der Gynäkologin war diesbezüglich weder in die eine noch in die andere Richtung ausschliessend (Akten S. 257 f.).
Schliesslich fand ein Facebook-Chat Eingang in die Beweiswürdigung der Vorinstanz. Darin thematisierte die Privatklägerin mit der Cousine des Beschuldigten, H____, sexuelle Übergriffe durch den Beschuldigten (Akten S. 185 f.). Und schliesslich liegt noch eine Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten vor, in welchem sie diesen auf die Übergriffe angesprochen hatte (Abschrift Audioaufzeichnung, Akten S.171 f.).
3.3 Auch die Depositionen des Beschuldigten wurden von der ersten Instanz ausführlich gewürdigt. Dieser hatte angegeben, die Privatklägerin im gegenseitigen Einvernehmen "angefasst" zu haben. Sie hätten "Doktorspiele" gemacht (Einvernahme des Beschuldigten vom 2. Dezember 2016, Akten S. 266; Protokoll Hauptverhandlung S. 3). Im Übrigen habe er sämtliche ihm zur Last gelegten Taten von sich gewiesen. Er habe bei seinen Befragungen einsilbig, ausweichend und zögerlich geantwortet. Im Wortlaut wiedergegeben wird seine Antwort auf den Vorhalt im Ermittlungsverfahren, die Privatklägerin missbraucht zu haben: "Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Ich sage noch nichts, bis ich mir überlegt habe, was ich machen soll" (mit Hinweis auf Einvernahme vom 2. Dezember 2016, S. 267). Weiter habe er zu Protokoll gegeben: "Ich kann mich nicht erinnern, was ich genau gemacht habe. Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Ich weiss, dass ich Scheisse gemacht habe. Ich möchte mich nicht selber belasten, aber ich habe Scheisse gebaut. Ich kann nur sagen, dass ich dort eine testosterongesteuerte Jungfrau war und Scheisse gebaut habe. Mehr kann ich im Moment nicht sagen. Aber eines möchte ich betonen, ich habe ihr keine körperliche Gewalt angetan" (mit Hinweis auf Akten S. 269). In Bezug auf den Vorwurf, die Privatklägerin jeweils während der Nachtschichten ihres Vaters, ca. zweimal wöchentlich, sexuell missbraucht zu haben, habe er angegeben, es sei nach seiner Erinnerung lediglich zwei Mal vorgekommen (Akten S. 279). Zum Vorwurf, die Privatklägerin zum Oralsex gezwungen zu haben, habe er angegeben, dass er versucht habe, sie zu überreden, seinen Penis in den Mund zu nehmen. Sie habe aber nicht gewollt, weshalb es beim Berühren geblieben sei (Akten S. 276).
Die Aussagen des Berufungsklägers taxierte das Strafgericht als bagatellisierend. Dafür verwies es auf dessen Aussagen, es sei lediglich zu Berührungen, wahrscheinlich im Vaginalbereich, gekommen, wobei ihn die Privatklägerin nicht weggestossen habe, obschon sie die Möglichkeit dazu gehabt habe. Angefangen habe es, als sie mit seinen Brüdern Doktorspiele gemacht habe. Er habe sie gefragt, ob sie das auch mit ihm mache. Er habe sie schliesslich dazu überredet. Sie habe ihn nie weggestossen. Er habe dann den Punkt nicht mehr erwischt, damit aufzuhören (mit Verweis auf Akten S. 269). Als er die Privatklägerin in deren Zimmer aufgesucht habe, sei wahrscheinlich der Punkt erreicht gewesen, an dem er zu weit gegangen sei. Er habe sie gefragt, ob er sie anfassen dürfe. Er habe sie ein wenig berührt und dann sei sie ins Badezimmer gerannt. Vermutlich habe er masturbiert, als er sie berührt habe. Er glaube schon, dass er zum Samenerguss gekommen sei, da es bei seinen Umständen nicht viel dafür gebraucht habe. Er habe aber nie vaginal in B____ ejakuliert, aber dass er auf ihren Bauch ejakuliert habe, sei gut möglich. Er sei weder mit seinem Penis noch mit seinem Finger in sie eingedrungen, er habe es versucht und sie habe "au" gesagt (Einvernahme des Beschuldigten vom 2. Dezember 2016, Akten S. 279). Der Beschuldigte war laut vorinstanzlicher Auffassung darauf bedacht, möglichst keine konkreten und eindeutigen Antworten zu geben. Hierfür führte sie weitere Beispiele an (Urteil des Strafgerichts S. 16).
Vor Strafgericht war der Berufungskläger auch mit Widersprüchen seiner dortigen Aussagen mit früheren Aussagen konfrontiert worden. So gab er vor Strafgericht an, es sei eigentlich nur ein einziges Mal zu einem sexuellen Übergriff gekommen, und er sei auch nur ein einziges Mal im Zimmer der Privatklägerin aufgetaucht. Ansonsten habe es sich um Streicheln gehandelt, wenn sie etwa auf seinem Schoss gesessen habe. Dies seien aber keine sexuellen Handlungen gewesen. Geschlechtsverkehr habe es nie gegeben, obwohl er es probiert habe (Protokoll der Hauptverhandlung S. 4). Diese Aussagen sind bereits in sich nicht leicht in einen sinnhaften Kontext zu bringen: Wann hätte er denn probiert, Geschlechtsverkehr zu haben, wenn es nur zu einem Vorfall gekommen ist und er die Privatklägerin "an den Geschlechtsteilen und wahrscheinlich der Brust angefasst habe". Wenig Sinn würde auch die Aussage ergeben, er habe vor dem Jahr 2002 "angefangen" und es habe im 2002 "geendet", weil er eingesehen habe, dass er einen Fehler gemacht habe, wenn es doch nur einen einzigen Vorfall gegeben hätte. Vor Strafgericht erklärte er Differenzen mit früheren Aussagen damit, dass er im Vorverfahren nur eine halbe Stunde Zeit zum Überlegen gehabt habe, sich in der Zwischenzeit aber wieder an mehr erinnern könne (Protokoll Hauptverhandlung S. 4).
Die Vorinstanz kam schliesslich anhand vieler in den Urteilserwägungen dargelegter Beispiele von Auffälligkeiten im Aussageverhalten des Berufungsklägers zum Schluss, dass dessen Aussagen unglaubhaft seien (Urteil des Strafgerichts S. 18).
In der Folge legte sie ihrer Beweiswürdigung weitgehend die Aussagen der Privatklägerin als zuverlässiges Zeugnis zugrunde. Lediglich in zeitlicher Hinsicht erachtete sie die Aussagen der Privatklägerin nicht durchwegs als hinreichend zuverlässig. Daher sei der Vorfall gemäss Ziffer 1 der Anklageschrift im Zweifel vor dem [...] 2002 erfolgt und somit verjährt (weil der Berufungskläger damals noch nicht volljährig war und die Unverjährbarkeit deshalb nicht greift). Nicht genau den Aussagen der Privatklägerin gefolgt ist sie auch hinsichtlich des Endes der Zeit der inkriminierten Übergriffe. Die Privatklägerin hatte ausgesagt, dass die Übergriffe im Sommer 2002 begonnen und ein Jahr gedauert hätten. Die Vorinstanz legte in ihrer Beweiswürdigung das Ende der Übergriffe aber auf den 1. Dezember 2003; per dieses Datum wurde die Privatklägerin im kantonalen Datenmarkt der Einwohnerkontrolle nach Deutschland abgemeldet. Hier stellte die Vorinstanz ohne nähere Auseinandersetzung mit der Differenz auf den Datenmarkteintrag ab.
Die Vorinstanz fällte gestützt auf ihr Beweisergebnis Schuldsprüche wegen mehrfacher Vergewaltigung gemäss Art. 190 StGB, mehrfacher sexueller Nötigung gemäss Art. 189 Abs. 1 sowie mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind gemäss Art.187 Ziff. 1 StGB.
4.
Der Berufungskläger bestritt und bestreitet auch in der Berufungsverhandlung, B____ vergewaltigt zu haben. Unter Vergewaltigung verstehe er "Penetration wenigstens etwas einführen", und dies sei nie passiert. Es treffe zu, dass er mit ihr sexuelle Handlungen vorgenommen habe. Er wisse nicht mehr genau was, weil es 20 Jahre her sei. Ab seinem 18. Geburtstag habe er sich aber an das Gesetz gehalten, weil ihm der Kopf gewaschen worden sei. "Alles" sei vor seinem 18.Geburtstag erfolgt und er sei jeweils unter Adrenalin gestanden. Vor der ersten Instanz seien ihm die Worte im Mund umgedreht worden. Erst dort habe er auch realisiert, dass ihm 150 Vorfälle vorgeworfen würden. Im Laufe der seit dem erstinstanzlichen Urteil verstrichenen Zeit habe er in Ruhe nachdenken und sich erinnern können, dass B____ teilweise länger bei ihren Grosseltern - und nicht am C____ - untergebracht war und dass nach der neuen Heirat des Vaters der Privatklägerin dessen Ehefrau, eine Brasilianerin, zu den Kindern, also auch zu B____, geschaut habe. Er habe dann keine Gelegenheit mehr gehabt, in deren Haus zu gehen (Protokoll der Berufungsverhandlung S. 3).
Der Berufungskläger machte in der Berufungsverhandlung eher kurze Ausführungen. Seine Depositionen, auf deren Schwächen die Vorinstanz mit überzeugender Begründung verwiesen hat, verblieben zwiespältig. Auch konnten gewichtige Unstimmigkeiten, etwa die Divergenzen zur Anzahl Vorfälle, nicht einfach mit dem Hinweis darauf, dass ihm seither Genaueres eingefallen sei, aus dem Weg geräumt werden. Auf weitere grobe, nicht auflösbare Widersprüche, wurde oben hingewiesen (etwa dass es nur einen Vorfall gegeben habe, die Vorfälle aber zu einem gewissen Zeitpunkt "aufgehört" hätten). Nach wie vor nicht erklären konnte der Berufungskläger etwa, und zwar nicht einmal ansatzweise, weshalb ihn die Privatklägerin denn eigentlich derart falsch belasten sollte. Solches erweist sich auch in freier Beweiswürdigung als absolut unerfindlich.
Die vorinstanzlichen Erwägungen zur Aussagequalität der Privatklägerin halten demgegenüber einer Überprüfung im Berufungsverfahren weitestgehend, und in allen wesentlichen Punkten, stand. Die Vorinstanz hat die Aussagen der Privatklägerin sehr ausführlich gewürdigt und sorgfältig überprüft. In der Beurteilung der Glaubhaftigkeit sind ihr dabei, vor dem Hintergrund der aussagepsychologischen Standards, keine Fehler unterlaufen. Es ist zu betonen, dass die Aussage des Berufungsklägers vor dem Berufungsgericht, er habe ab seinem 18. Geburtstag mit den Übergriffen aufgehört, angesichts der klaren Aussagen der Privatklägerin, dass die Vorfälle erst mit ihrem Wegzug nach Deutschland aufgehört hätten, als Schutzbehauptung zurückgewiesen werden müssen. Der Wegzug nach Deutschland dürfte in der Erinnerung eine Zäsur darstellen, die der Privatklägerin eine zuverlässige Trennung von "davor" und "danach" erlaubt haben muss. Auch darf die Erinnerung daran, was erst mit dem Umzug aufhörte, aus ähnlichen Gründen als qualifiziert bezeichnet werden.
Eine Abweichung von der vorinstanzlichen Beweiswürdigung muss sich hingegen trotzdem bezüglich des Zeitraums der Übergriffe ergeben, mit entsprechender Folge für die ungefähre Anzahl der Übergriffe, die dem Berufungskläger anzulasten sind. Wie erwähnt betrug der Tatzeitraum laut Privatklägerin ca. 1 Jahr. Der Eintrag im Datenmarkt, wonach sie erst am 1. Dezember 2003 weggezogen sei, steht nicht im Einklang damit. Sie selbst sprach von den "Sommerferien" als Zäsur (Akten S. 158; oben Ziff. 3.2). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Abmeldung bei den Einwohnerdiensten später erfolgt ist - solche Verzögerungen sind notorisch. Jedenfalls kann nach dem dargelegten Grundsatz im Zweifel zu Gunsten des Berufungsklägers und diesbezüglich in Abweichung vom vorinstanzlichen Beweisergebnis nicht von einem überjährigen Tatzeitraum ausgegangen werden.
Auch ist mit der Verteidigung davon auszugehen, dass der verbleibende Tatzeitraum durch gelegentliche ferienbedingte Abwesenheiten des Vaters der Privatklägerin verkürzt wurde: Die behaupteten Reisen nach [ ], die er zur Vorbereitung der Hochzeit mit seiner zweiten Ehepartnerin unternommen habe, entbehren nicht einer gewissen Plausibilität. Es kann auch nicht widerlegt werden, dass die Privatklägerin in dieser Zeit, wie der Berufungskläger sich zu erinnern meint, nicht am C____, sondern bei ihren Grosseltern untergebracht war, mit der Folge, dass in solchen Wochen schon deshalb keine Übergriffe in ihrem Zimmer am C____ stattgefunden haben konnten.
Nicht zu überzeugen vermag hingegen der Einwand, dass ab Ankunft der zweiten Ehefrau des Vaters der Berufungsklägerin in der Schweiz keine Übergriffe hätten stattfinden können. Die zweite Ehefrau war ab dem 16. März 2003 am C____ angemeldet. Ihre Anwesenheit überschneidet sich somit noch kurz mit dem inkriminierten (und hier nachgewiesenen) Zeitraum von "Sommer" 2002 bis "Sommer" 2003. Der Berufungskläger gab aber selbst an, dass die zweite Ehefrau sich nicht richtig um die Kinder (also die Privatklägerin und ihre Geschwister) gekümmert habe, sondern dass diese oft sich selbst überlassen gewesen seien. Das Vorbringen muss daher als untauglich zurückgewiesen werden, beziehungsweise könnte der Berufungskläger trotz Anwesenheit der zweiten Ehefrau das Haus betreten haben. Er liess ich auch nicht von der gelegentlichen Anwesenheit der Brüder der Privatklägerin von seinen Besuchen abhalten.
Auch der dem Strafgericht eingereichte Lehrvertrag vermag den Berufungskläger nicht weiter zu entlasten. Dass er eine Lehre (in Basel) absolvierte, bedeutet noch nicht, dass er über Mittag nicht nach Hause - an den C____, ebenfalls in Basel - zurückkehren konnte: Solches wird weder überzeugend dargelegt, noch ergibt es sich aus dem Dokument. Noch viel weniger liesse sich damit erklären, dass er nicht nachts das Nachbarhaus hätte betreten können.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der Berufungskläger gemäss Beweisergebnis im Berufungsverfahren nach den vorstehenden Erwägungen in ca. 50 Fällen der Vergewaltigung gemäss Art. 190 Abs. 1 StGB und der sexuellen Handlungen mit einem Kind gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB sowie der mehrfachen sexuellen Nötigung gemäss Art. 189 Abs. 1 StGB schuldig gemacht hat. Für die mit der Berufung nicht verworfenen Erwägungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen und Konkurrenzen sowie der Subsumption kann auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urteil des Strafgerichts S. 20, 21; Art.82 Abs. 4 StPO).
5.
5.1 Die Strafzumessung der Vorinstanz wird mit der Berufung für den Fall von Schuldsprüchen angefochten. Die Strafe sei viel zu hoch ausgefallen. Es sei höchstens eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen auszufällen. Die Vorinstanz habe nicht aufgezeigt, von welcher Einsatzstrafe sie ausgegangen sei. Das jugendliche Alter des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt sei zu wenig berücksichtigt worden, ebenso der Umstand, dass er sich vor und nach den (inkriminierten) Taten nichts mehr habe zuschulden kommen lassen. Die Vorinstanz habe sich insgesamt nicht überzeugend mit dem Zeitaublauf und den Auswirkungen der ordentlichen Verjährungsfristen auf die Strafzumessung auseinandergesetzt. Die Staatsanwaltschaft erachtet die Strafe als zu tief: Sie trage dem "sehr schweren Verschulden" des Berufungsklägers nicht angemessen Rechnung. Gefordert werden 6 Jahre Freiheitsstrafe.
5.2 Gemäss Art. 47 StGB misst der Richter die Strafe innerhalb des anzuwendenden Strafrahmens nach dem Verschulden des Täters zu und berücksichtigt dabei sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf sein Leben (Abs. 1). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie nach seinen Möglichkeiten, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden, bemessen (Abs. 2). An eine richtige Strafzumessung werden drei allgemeine Anforderungen gestellt: Sie muss zu einer verhältnismässigen Strafe führen (Billigkeit), ein Höchstmass an Gleichheit gewährleisten (Rechtssicherheit) und transparent, überzeugend begründet und dadurch überprüfbar sein (Legitimation durch Verfahren) (Wiprächtiger/Keller, in: Basler Kommentar Strafrecht I, 4. Auflage 2019, Art. 47 N 10).
5.3 Auszugehen ist vom Strafrahmen der Vergewaltigung gemäss Art. 190 Abs. 1 StGB, welcher Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vorsieht. Strafschärfend ist nach Art. 49 Abs. 1 StGB die Deliktsmehrheit zu beachten (Idealkonkurrenz zu Art.187 Ziff. 1; Realkonkurrenz bezüglich einzelner Akte). Auch die Tatbestände der sexuellen Handlung mit einem Kind und der sexuellen Nötigung sind mit Freiheitsstrafe abzugelten. Der Zusammenhang der Delikte, die durchwegs in Idealkonkurrenz begangen wurden, ist derart eng, dass ein Aussprechen separater Geldstrafen ausscheidet, und zwar auch für die wenigen Fälle, wo bloss Idealkonkurrenz von Tatbeständen vorliegt, welche für sich je eine Geldstrafe zuliessen (i.e. die höchstens drei Vorfälle von Oralsex).
Zunächst ist eine Einsatzstrafe für die schwerste Tat - eine Vergewaltigung - festzulegen. Dabei ist mit Hinblick auf das Beweisergebnis von einem Vorfall auszugehen, der sich in etwa so abgespielt hat wie der von der Privatklägerin am detailliertesten geschilderte. Auch wenn der in Ziff. I.1. der Anklageschrift geschilderte Vorfall ("Engel") verjährt ist, scheint er angesichts der zahlreichen Realkriterien seiner Schilderung doch verlässlich die typischen Merkmale der Übergriffe aufzuzeigen. Als Nachbarsjunge benützte er den in seinem Elternhaus deponierten Schlüssel der Nachbarsfamilie, um sich jeweils abends nachts Zutritt zum Zimmer der Privatklägerin zu verschaffen, die noch keine 12 Jahre alt und kaum imstande war, sich gegen seine Avancen zu wehren. Als Nötigungsmittel zum Sex diente die Körperkraft, das Niederdrücken der Privatklägerin mit dem Arm. Dieses zeitigte keine Verletzungsfolgen. Objektiv gravierend ist das Aufsuchen im Kinderzimmer, wo sich ein Kind normalerweise behütet fühlen darf. Das Mädchen hatte dort, sobald der Berufungskläger im Zimmer war, aus der kindlichen Warte praktisch keine Ausweichmöglichkeit. Die Vorinstanz verwies zu Recht auf den erschwerenden Umstand hin, dass die Privatklägerin ihre erste sexuelle Erfahrung als Vergewaltigung erleben musste. Auch dass der Berufungskläger sich weder von Äusserungen des Schmerzes noch des Ekels davon abhalten liess, sich sexuell an dem Kind zu befriedigen, spricht als Umstand für ein skrupelloses Vorgehen. Dass der Berufungskläger dies heute im Kern auch so sieht, kann in seinem Eingeständnis erkannt werden, er sei damals eine testosterongesteuerte Jungfrau gewesen und habe "Scheisse gebaut". Die Motivation des Berufungsklägers bestand damals offensichtlich darin, sich leicht sexuelle Befriedigung zu holen. Die Einsatzstrafe für eine solche Vergewaltigung muss hinsichtlich der Tatkomponenten, von denen die besondere Schutzlosigkeit sowie das Kindesalter des Opfers imponieren, in einem Bereich deutlich über der Mindeststrafe von einem Jahr zu liegen kommen. Für den ersten solchen Vorfall müsste - noch ohne Berücksichtigung des jugendlichen Alters des damals 18-jährigen Berufungsklägers - eine Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren ausgesprochen werden. Darin mit einem halben Jahr enthalten wäre die in Idealkonkurrenz abzugeltende sexuelle Handlung mit einem Kind.
Gemäss dem gegenüber der Vorinstanz angepassten Beweisergebnis (Verminderung der Anzahl Ereignisse) ist es zu ca. 50 solchen Vorfällen gekommen. Bei der Asperation ist zu berücksichtigen, dass dem Wesen der "angemessenen Straferhöhung" gemäss nicht jeder weitere Vorfall noch einmal im ursprünglichen Ausmass zu Buche schlägt. Weitere 49 Fälle sollen zunächst zu einer rechnerischen Erhöhung der Strafe um 5 ½ Jahre führen, wovon - das obige Verhältnis der Konkurrenzen abbildend - ein Fünftel für die sexuellen Handlungen mit einem Kind angerechnet worden ist. Im Umkehrschluss würde das, bei gleichmässiger rechnerischer Verteilung in der Rückschau, der Erhöhung um je einen weiteren Monat für jede weitere Vergewaltigung und um eine zusätzliche Woche Freiheitsstrafe für jede sexuelle Handlung mit einem Kind entsprechen. Die Gleichmässigkeit der Zunahme der Strafhöhe ist zwar bloss ein behelfsmässiges Instrument, vermag aber die Asperation um 5 ½ Jahren einer Kontrolle zugänglich zu machen (Transparenzfunktion).
Die Folgen der Serie der Taten für das Opfer müssen als schwer bezeichnet werden. Die Privatklägerin leidet aber an einer rezidivierenden depressiven Störung und weist Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf (Konsiliarbericht vom 24.April 2018, Akten S. 424). Auch wenn die Kausalitäten im Einzelnen kaum aufgeschlüsselt werden können, liegt ein Zusammenhang mit dem Erlebten angesichts der Dauer und biografischen Umstände derart nahe, dass kein ernsthafter Zweifel daran bestehen kann. Hier war zu beachten, dass zwar schon ein einzelner Vorfall mitunter schwere Folgen zeitigen kann, vorliegend aber aufgrund der Ausprägung der Übergriffe als regelrechte Tatserie eine einheitliche Straferhörung unter diesem Titel zu erfolgen hat, und zwar um ein weiteres Jahr auf 9 Jahre. Auch dieser Wert ist angesichts der mehrstufigen Methode, mit welcher eine Strafe zu bemessen ist, noch keine endgültige Grösse, sondern die Basis weiterer Zumessungsschritte.
Der Berufungskläger war zur Tatzeit gerade einmal 18 Jahre alt - bei den allerletzten Übergriffen vielleicht knapp 19 Jahre. Damit unterscheidet sich die Schwere seiner Schuld doch massgeblich von der hypothetischen Schwere der Schuld eines Täters, der schon mitten im Erwachsenenalter steht. Das jugendliche Alter, das nicht knapper über der Strafmündigkeit liegend könnte, ist bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (Wohlers, in: Wohlers et al, Handkommentar StGB, 4. Auflage 2020, Art.47 N 17, m.w.H.). Es muss vorliegend zu einer deutlichen Reduktion der Strafe von 9 Jahren um 2½ Jahre auf 6 ½ Jahre führen.
Im vorliegenden Verfahren kam es mehrmals zu Verletzungen des strafprozessualen Beschleunigungsverbots. So verging zu viel Zeit zwischen der Anzeige am 4. Juni 2014 und den weiteren Einvernahmen erst im Jahr 2016. Bis zur Anklageerhebung am 11. Januar 2018 dauerte es wieder deutlich zu lange, und entsprechendes gilt für die Durchführung der Berufungsverhandlung, die erst ca. 2 ¾ Jahre nach dem erstinstanzlichen Urteil erfolgen konnte. Dies ist für alle Beteiligten ein Nachteil und belastend. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots zieht regelmässig und so auch hier eine weitere Strafreduktion nach sich (statt vieler BGer 6B_942/2019 vom 2. Oktober 2020 E.1.2.1). Die Reduktion für die mehrmaligen Verzögerungen ist vorliegend auf ein Jahr zu bemessen.
Die Bestimmung der Unverjährbarkeit gemäss Art. 101 StGB sieht eine Milderung der Strafe weiter vor, wenn die Strafverfolgung bei Anwendung der Art. 97 und 98 StGB - also der ordentlichen Verjährungsbestimmungen - verjährt wäre. Während die Täterschaft der Strafe für unverjährbare Delikte in keinem Fall entkommen soll, wird in dieser Form dem Zeitaspekt dennoch, wenn auch nur in Form einer Milderung der Strafe, Rechnung getragen. Die vorliegenden Taten wären nun - aufgrund der Korrektur gegenüber der ersten Instanz (Tatzeitraum endet im Sommer 2003) - unter Zugrundelegung der ordentlichen Verjährungsbestimmungen, mit Ausnahme des Zeitraums zwischen 27. April 2003 und dem Ende des Tatzeitraums im "Sommer" verjährt.
Kommt nun der von der Verteidigung zutreffend ins Feld geführte Umstand dazu, dass sich der Berufungskläger seither nichts hat zuschulden kommen lassen, führt die dadurch bedingte Reduktion in grosse Nähe zum Bereich, ab welchem ein teilbedingter Strafvollzug in Betracht käme. Diesem Umstand ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wie folgt Rechnung zu tragen: Liegt die ins Auge gefasste Sanktion knapp über den Maximalwerten für den bedingten Vollzug (24 Monate) den teilbedingten Vollzug (36 Monate), so hat sich das Gericht die Frage zu stellen, ob eine Strafe, welche die Grenze nicht überschreitet, noch vertretbar ist. Bejaht es sie, hat es diese Strafe zu verhängen (BGE134 IV 24 f.).
Vorliegend erweist sich, wenn alle diese Erwägungen zusammengetragen werden, eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren für den Berufungskläger, der sich von seinen Taten distanziert hat, sich seither nichts hat zuschulden kommen lassen und heute, abgesehen von moderaten Steuer- und Krankenkassenschulden, ein unauffälliges Leben führt und in einem Malerbetrieb im Lager arbeitet (Prot. Berufungsverhandlung S. 2), als vertretbar. Daher ist eine gegenüber der Vorinstanz reduzierte Freiheitsstrafe von 3 Jahren auszusprechen. Diese kann in Anwendung von Art. 43 Abs. 1 StGB im Umfang von zweieinhalb Jahren bedingt ausgesprochen werden, weil keine Elemente erkennbar sind, welche eine ungünstige Prognose begründen einen höher angesetzten unbedingten Strafanteil fordern würden. Die Probezeit ist auf zwei Jahre anzusetzen (Art. 44 Abs. 1 StGB).
5.4 Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft ist damit nicht durchgedrungen. Die von ihr vorgetragenen Argumente sind bereits in der oben dargelegten Strafzumessung berücksichtigt, etwa das erschwerende Element des Kinderzimmers als Tatort, die Instrumentalisierung des Kindes zur Befriedigung der eigenen sexuellen Bedürfnisse das Potential der Taten, ein Trauma des Opfers herbeizuführen. Entgegen der impliziten Auffassung der Staatsanwaltschaft, welche die Strafe offenbar im obersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt haben will, sind auch Elemente erkennbar, welche die Tat(serie) gegen unten von noch schwereren denkbaren Verschuldensvarianten abhebt, etwa, wenn der Missbrauch zu Verletzungen geführt durch eine Vertrauensperson erfolgt wäre, die eine Obhutspflicht dem Opfer gegenüber innehat schon im fortgeschrittenen Erwachsenenalter gestanden hätte. Auch hinsichtlich der eingesetzten Nötigungsmittel ist der vorliegende Fall innerhalb des infrage kommenden Spektrums nicht im oberen, geschweige obersten, Bereich anzusiedeln. Dass die Reue des Berufungsklägers tief ist, wird von der Staatsanwaltschaft zwar bestritten. Hierfür verweist sie auf einzelne Aussagen des Berufungsklägers - etwa darüber, dass man im Internet über Kinderpornografie "stolpern" könne - die tatsächlich keinen guten Eindruck hinterlassen, jedoch klar ausgedrückte Reue an anderer Stelle nicht völlig auslöschen und auch nicht über Gebühr zu seinen Lasten fallen können. Das Verschulden ist damit insgesamt nicht derart schwer, dass eine Strafe in der von der Staatsanwaltschaft geforderten Höhe auszufällen wäre. Noch dazu kommt, dass die Anzahl der Vorfälle gegenüber der Vorinstanz zu reduzieren war, wovon die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer nicht ausging. Das nun festgelegte Strafmass hält auch dem Vergleich etwa mit BGer 6B_885/2010 vom 7. März 2011 stand, in welchem eine dreijährige teilbedingte Strafe für einen Täter bestätigt wurde, der die 11- bis 14-jährige Tochter seiner Lebenspartnerin während rund 2 ½ Jahren ca. einmal wöchentlich sexuell missbrauchte. Die Schuldsprüche lauteten dort auf mehrfache versuchte Schändung und mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind. Der Fall weist Parallelen wie auch Unterschiede zum vorliegenden auf (genaue Art der Übergriffe, grösseres Altersgefälle, interpersonelle Konstellation, schnellere Ahndung), die sich in etwa die Waage halten dürften, weshalb die Grössenordnung des Strafmasses zumindest zur ungefähren Einordnung herangezogen werden darf.
6.
Über die Genugtuungsforderung ist nicht anders zu entscheiden als vor erster Instanz, welche die Höhe der Forderung korrekt bemessen hat (Urteil des Strafgerichts, S. 23/23). Die Verkürzung des Tatzeitraums führt zu keiner tieferen Bemessung der Genugtuungsforderung, weil die Tatfolgen für das Opfer unverändert dieselben sind, beziehungsweise die erlittene seelische Unbill der Privatklägerin nicht kleiner ausfällt, weil der Tatzeitraum "nur" ein Jahr statt anderthalb betragen hat. Diese Genugtuung lässt sich auch einreihen in Genugtuungssummen, die in vergleichbaren Fällen gesprochen bzw. vom Bundesgericht geschützt worden sind, so etwa in AGE AS.2010.26 vom 21.Juni 2011 (CHF 40'000.- bei Schuldspruch wegen mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfacher Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung und mehrfacher sexuellen Handlungen mit einem Kind im Alter ab 15 Jahren) BGer 6B_891/2009 vom 13. Januar 2010 (Opfer 14-jährig, Eltern in komplizierter Scheidung, Hand zur Masturbation geführt, Schweigegebot als Nötigungsmittel für sexuelle Nötigungen) 6B_885/2010 vom 7. März 2011 (sexuelle Handlungen mit Kind der Partnerin, Schändung, orale sexuelle Handlungen). Auf die entsprechenden Erwägungen des Strafgerichts, welches auch die Parteientschädigung korrekt zugesprochen hat, kann ergänzend verwiesen werden.
7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist der erstinstanzliche Kostenentscheid zu bestätigen und der Berufungskläger trägt die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens unter Einschluss einer reduzierten Urteilsgebühr (Art. 428 Abs. 1 StPO), die auf CHF1'500.- zu bemessen ist. Die amtliche Verteidigerin ist für ihren Aufwand gemäss Kostennote und dem Tarif für die amtliche Verteidigung (CHF 200.-) zu entschädigen. Der Berufungskläger ist verpflichtet, dem Gericht das seiner Verteidigerin entrichtete Honorar zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
Das Appellationsgericht (Kammer) erkennt:
://: Es wird festgehalten, dass folgende Punkte des angefochtenen Urteils in Rechtskraft erwachsen sind:
- Einstellung im Anklagepunkt der mehrfachen Nötigung zufolge Verjährung;
- Einstellung hinsichtlich der Vorwürfe der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind, der mehrfachen sexuellen Nötigung und der mehrfachen Vergewaltigung für Übergriffe, die vor dem [...] 2002 stattgefunden haben (insbesondere Ziff. 1 der Anklageschrift) sowie für Übergriffe, die zwischen dem [...] 2003 und dem 27. April 2003 stattgefunden haben, zufolge Verjährung;
- Entschädigung der amtlichen Verteidigung für die erste Instanz.
A____ wird der mehrfachen Vergewaltigung, der mehrfachen sexuellen Nötigung und der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind schuldig erklärt und, in teilweiser Gutheissung der Berufung, verurteilt zu 3Jahren Freiheitsstrafe, davon 30 Monate mit bedingtem Vollzug, unter Auferlegung einer Probezeit von 2 Jahren,
in Anwendung von Art.187 Ziff. 1, 189 Abs. 1 und 190 sowie Art.48 lit. e, 43Abs. 1, 44 Abs. 1, 49Abs. 1 und 101 Abs. 1 lit. e und 2 des Strafgesetzbuches.
Bezüglich inkriminierter Vorfälle, die nach dem 30. Juni 2003 stattgefunden haben sollen, wird der Angeklagte von der Anklage der Vergewaltigung, sexuellen Nötigung und sexueller Handlungen mit einem Kind freigesprochen.
Der Beurteilte wird zur Zahlung einer Genugtuung in Höhe von CHF30'000.-, zuzüglich Zins zu 5 % seit 27. April 2018, sowie einer Parteientschädigung von CHF4'274.85 für die erste Instanz und von CHF3'138.60 für die zweite Instanz an B____ verurteilt.
Der Beurteilte trägt die Verfahrenskosten im Betrage von CHF2'066.40, die erstinstanzliche Urteilsgebühr von CHF8'000.- sowie die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens unter Einschluss einer reduzierten Urteilsgebühr von CHF1'500.-.
Der amtlichen Verteidigerin, [...], werden für die zweite Instanz ein Honorar von CHF6'700.- und ein Auslagenersatz von CHF75.50, zuzüglich 7,7 % MWST, insgesamt CHF7'297.20, aus der Gerichtskasse ausgerichtet. Art.135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.
Mitteilung an:
- Berufungskläger
- Staatsanwaltschaft
- Privatklägerin
- Strafgericht Basel-Stadt
- Strafregister-Informationssystem VOSTRA
- Justiz- und Sicherheitsdepartement, Abteilung Strafvollzug
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber
lic. iur. Liselotte Henz lic. iur. Aurel Wandeler
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerschaft können gegen einen allfälligen Entscheid betreffend ihre Entschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b der Strafprozessordnung (StPO) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht (Viale Stefano Franscini 7, Postfach 2720, 6501 Bellinzona) erheben (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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