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Urteil Appellationsgericht (BS - SB.2018.8 (AG.2020.229))

Zusammenfassung des Urteils SB.2018.8 (AG.2020.229): Appellationsgericht

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat in einem Urteil vom 6. Februar 2020 entschieden, dass der Berufungskläger des lebensgefährlichen Raubs schuldig ist. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und zur Zahlung einer Genugtuung an den Privatkläger verpflichtet. Das Gericht bestätigte das Urteil des Strafgerichts in allen Punkten und legte dem Berufungskläger die Kosten des Berufungsverfahrens auf. Das Bundesgericht hob jedoch das Urteil auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an das Appellationsgericht zurück. Der Berufungskläger beantragte im Rückweisungsverfahren eine mildere Strafe und eine ambulante psychiatrische Behandlung. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Bestätigung des ursprünglichen Urteils. In einer zweiten Berufungsverhandlung am 6. Februar 2020 wurden die Parteien erneut befragt, und das Gericht berücksichtigte alle relevanten Fakten und Argumente für seine Entscheidung.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts SB.2018.8 (AG.2020.229)

Kanton:BS
Fallnummer:SB.2018.8 (AG.2020.229)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid SB.2018.8 (AG.2020.229) vom 06.02.2020 (BS)
Datum:06.02.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Raub (Lebensgefahr) (BGer 6B_626/2020)
Schlagwörter: Beruf; Berufung; Berufungskläger; Akten; Privatkläger; Opfer; Messer; Gericht; Täter; Urteil; Gutachten; Recht; Verfahren; Berufungsklägers; Verteidiger; Verteidigung; Massnahme; Sinne; Honorar; Höhe; Privatklägers; Aussage; Gericht; Verfahrens; Verfahren; Opfers; Lebens; Freiheitsstrafe
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ;Art. 130 StPO ;Art. 131 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 139 StGB ;Art. 140 StGB ;Art. 143 StPO ;Art. 147 StPO ;Art. 158 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 307 StPO ;Art. 309 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 408 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 42 StGB ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 48 BGG ;Art. 51 StGB ;Art. 56a StGB ;Art. 59 StGB ;Art. 61 StGB ;Art. 63 StGB ;Art. 81 StPO ;
Referenz BGE:117 IV 135; 117 IV 427; 121 IV 67; 133 I 33; 134 IV 17; 136 I 229; 137 IV 1; 137 IV 352; 139 IV 199; 139 IV 25; 141 IV 305; 141 IV 369; 141 V 281; 143 IV 397;
Kommentar:
Donatsch, Hans, Schmid, Hansjakob, Lieber, Jositsch, Kommentar zur StPO, Art. 309 StPO SR, 2014

Entscheid des Verwaltungsgerichts SB.2018.8 (AG.2020.229)

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Kammer


SB.2018.8


URTEIL


vom 6. Februar 2020



Mitwirkende


lic. iur. Liselotte Henz (Vorsitz), lic. iur. Eva Christ,

Dr. Andreas Traub, Prof. Dr. Ramon Mabillard, Dr. Cordula Lötscher

und Gerichtsschreiber Dr. Beat Jucker




Beteiligte


A____, geb. [...] Berufungskläger

c/o JVA St. Johannsen, Beschuldigter

Saint-Jean40, 2525Le Landeron

vertreten durch B____, Advokat,

[...]


gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Berufungsbeklagte

Binningerstrasse21, 4001 Basel



Privatkläger


C____

vertreten durch D____, Advokat,

[...]



Gegenstand


Berufung gegen ein Urteil des Strafgerichts

vom 2. November 2017 (SG 2017.39)


Urteil des Appellationsgerichts vom 13. November 2018

(vom Bundesgericht am 5. Dezember 2019 zurückgewiesen)


betreffend Raub (Lebensgefahr)



Sachverhalt


Mit Urteil der Kammer des Strafgerichts vom 2. November 2017 wurde A____ (Berufungskläger) des lebensgefährlichen Raubs schuldig erklärt und zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt (unter Einrechnung von einem Tag Polizeigewahrsam). Von der Anklage wegen eines Vergehens gegen das Waffengesetz wurde er hingegen freigesprochen. Darüber hinaus wurde für die Dauer von fünf Jahren eine ambulante psychiatrische Behandlung angeordnet (beginnend mit dem Strafvollzug). Des Weiteren wurde über die beschlagnahmten Gegenstände verfügt und der Berufungskläger zu CHF1500.- Genugtuung (zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 1. Juli 2015) an C____(Privatkläger) verurteilt. Die Mehrforderung von CHF2000.- wurde abgewiesen. Dem Berufungskläger wurden ferner Verfahrenskosten im Betrag von CHF 21114.30 sowie eine Urteilsgebühr von CHF 4500.- auferlegt. Das Appellationsgericht bestätigte am 13. November 2018 das vorgenannte Urteil betreffend den Berufungskläger in allen Punkten und auferlegte Letzterem die Kosten des Berufungsverfahrens. Hingegen sprach es seinem amtlichen Verteidiger auf dessen eigenes Rechtsmittel hin eine höhere erstinstanzliche Entschädigung zu. Mit Urteil 6B_234/2019 vom 5. Dezember 2019 hiess das Bundesgericht eine von A____ erhobene Beschwerde gut, hob das Urteil des Appellationsgerichts auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an dieses zurück.


Der Berufungskläger beantragt (im Rückweisungsverfahren), er sei des einfachen Raubs gemäss Art. 140 Ziff. 1 des Strafgesetzbuches (StGB, SR 311.0) schuldig zu sprechen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten zu verurteilen (unter Anrechnung des bisher ausgestandenen Strafvollzugs). Darüber hinaus sei eine ambulante psychiatrische Therapie anzuordnen und die Verurteilung zu einer Genugtuung in Höhe von CHF 1'500.- zu bestätigen. Die erstinstanzlichen Kosten seien auf maximal CHF5000.- zu veranschlagen und die zugesprochene Parteientschädigung definitiv der Staatskasse zu belasten. Die Kosten des Berufungsverfahrens (inklusive amtliche Verteidigung) seien zu Lasten des Staates zu veranschlagen. Die Staatsanwaltschaft verlangt, A____ sei des lebensgefährlichen Raubs schuldig zu sprechen und zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren zu verurteilen. Zudem sei eine haftbegleitende ambulante Massnahme anzuordnen. Der Privatkläger beantragt, das Urteil im Schuldpunkt und bezüglich der Zivilforderung unter o/e-Kostenfolge zu bestätigen.


Am 6. Februar 2020 fand eine zweite Berufungsverhandlung statt, wobei der Berufungskläger zunächst erneut befragt wurde. Anschliessend wurde der Privatkläger als Auskunftsperson einvernommen. Danach gelangten die Staatsanwaltschaft, der Vertreter des Privatklägers und der amtliche Verteidiger des Berufungsklägers zum Vortrag. Für sämtliche Ausführungen wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen. Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich soweit für den Entscheid von Relevanz aus dem erstinstanzlichen Urteil und den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen

1.

1.1 Nach Art. 398 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) ist die Berufung gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte zulässig, mit denen das Verfahren ganz teilweise abgeschlossen wird, was vorliegend der Fall ist. Zuständiges Berufungsgericht ist nach § 88 Abs. 1 und 91 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, SG 154.100) eine Kammer des Appellationsgerichts. Der Berufungskläger ist vom angefochtenen Urteil berührt und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an dessen Aufhebung Änderung, sodass er gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO zur Erklärung der Berufung legitimiert ist. Auf das form- und fristgerecht eingereichte Rechtsmittel ist daher einzutreten.

1.2 Gemäss Art. 398 Abs. 3 StPO können mit der Berufung Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, die unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden.

1.3

1.3.1 Im Rechtsmittelverfahren gilt die Dispositionsmaxime. Die Berufung kann demgemäss auf die Anfechtung von Teilen des Urteils beschränkt werden (Art. 399 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 StPO). Erfolgt eine Teilanfechtung, erwachsen die nicht angefochtenen Punkte in Teilrechtskraft.


1.3.2 Der Freispruch von der Anklage des Vergehens gegen das Waffengesetz, die Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände sowie die Abweisung der Genugtuungsmehrforderung in Höhe von CHF 2000.- wurden nicht angefochten und sind somit in Rechtskraft erwachsen. Darüber ist im Berufungsverfahren nicht mehr zu befinden.


2.

2.1

2.1.1 Nach Art. 309 Abs. 1 StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (lit. a), wenn sie Zwangsmassnahmen anordnet (lit. b) sie im Sinne von Art. 307 Abs. 1 StPO durch die Polizei (bei schweren Straftaten) informiert worden ist (lit. c). Dasselbe gilt bei polizeilichen Massnahmen mit hoher Eingriffsintensität wie beispielsweise bei vorläufiger Festnahme, Hausdurchsuchung sowie Sicherstellung von Gegenständen und Vermögenswerten (Landshut/Bosshard, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2. Auflage 2014, Art. 309 N 10b; vgl. auch Schmid/Jositsch, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Auflage, Zürich 2017, N1228).


2.1.2 Der Berufungskläger wurde am 1. Juli 2015, um 21.47 Uhr, im Auftrag des piketthabenden Kriminalkommissärs von der Polizei wegen Raubs vorläufig festgenommen (Akten S. 30 ff.). Damit gilt die Untersuchung ab diesem Zeitpunkt als eröffnet.

2.2

2.2.1 Der Berufungskläger kritisiert in formeller Hinsicht zunächst, dass ihm kein Verteidiger zur Seite gestellt worden sei, obwohl von Anfang an ein Fall notwendiger Verteidigung vorgelegen habe (Berufungsbegründung Ziff. 2).

2.2.2 Gemäss Art. 130 lit. b StPO muss eine Person (notwendig) verteidigt werden, wenn ihr aufgrund der ihr vorgeworfenen Straftat eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, eine freiheitsentziehende Massnahme eine Landesverweisung droht. Massgebend ist immer die im konkreten Verfahren drohende Strafe und nicht der abstrakte Strafrahmen des vorgeworfenen Tatbestands, wobei nach der Lehre die relativ entfernte Möglichkeit der Verurteilung zu einer Strafe der genannten Höhe genügt (Ruckstuhl, in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 130 StPO N 18). Sind die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung bei Einleitung des Vorverfahrens erfüllt, so ist die Verteidigung nach der ersten Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft, jedenfalls aber vor Eröffnung der Untersuchung, sicherzustellen (Art. 131 Abs. 2 StPO). Wurden in Fällen, in denen die Verteidigung erkennbar notwendig gewesen wäre, Beweise erhoben, bevor ein Verteidiger bestellt worden ist, so ist die Beweiserhebung nur gültig, wenn die beschuldigte Person auf ihre Wiederholung verzichtet (Art. 131 Abs. 3 StPO).

2.2.3 Bereits im Polizeirapport vom 1. Juli 2015 ist von einem Raub unter Messereinsatz, wobei dieses an den Hals des Opfers gehalten worden sei, die Rede (Akten S. 45 ff.). Da damit im Sinne von Art. 140 Ziff. 4 StGB eine Strafe von über zwölf Monaten ernsthaft zu erwarten und die Untersuchung zudem eröffnet war (vgl. dazu E.2.1), hätte von Anfang an eine notwendige Verteidigung bestellt werden müssen (Art. 130 lit. b StPO). Da eine solche erst per 24. November 2016 eingesetzt wurde (Akten S. 17), sind die zuvor vom Berufungskläger gemachten Aussagen (konkret diejenigen in seiner Einvernahme vom 2. Juli 2015; vgl. Akten S. 79 ff.) nicht verwertbar (Art. 131 Abs. 3 StPO).

2.3

2.3.1 Der Berufungskläger kritisiert im Weiteren, dass sein eigenes sowie das Teilnahmerecht seines Verteidigers an den auf seine Festnahme folgenden Einvernahmen verletzt worden sei (Berufungsbegründung Ziff. 2).

2.3.2 Gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Die Anwesenheit der Verteidigung bei polizeilichen Einvernahmen richtet sich nach Artikel 159 StPO. Beweise, die in Verletzung der Bestimmungen von Artikel 147 der Strafprozessordnung erhoben worden sind, dürfen nicht zulasten der Partei verwertet werden, die nicht anwesend war (Art.147 Abs. 4 StPO).

2.3.3 Wie bereits erwähnt (vgl. E. 2.1), war die Strafuntersuchung gegen den Berufungskläger mit seiner Festnahme am 1. Juli 2015, um 21.47 Uhr, eröffnet. Die darauffolgenden Einvernahmen von E____ vom 1. Juli 2015 (Akten S. 72 ff.), des Sohnes des Opfers (F____) vom 2. Juli 2018 (Akten S. 92 ff.) sowie des Opfers selbst vom 28. Juli 2015 (Akten S. 105 ff.) sind damit als Beweisabnahmen im Sinne von Art. 147 StPO zu qualifizieren.

2.3.4 Der Berufungskläger wurde zwar im Rahmen seiner (nicht verwertbaren) ersten Befragung vom 2. Juli 2015 auf sein Teilnahmerecht an Beweiserhebungen hingewiesen und ihm wurde gesagt, dass er dieses bei der Verfahrensleitung schriftlich verlangen zu Protokoll geben müsse, was er nicht getan hat. Ob dieser kurze Hinweis bei einem juristischen Laien genügt, kann offenbleiben, da auch der notwendigen Verteidigung ein Teilnahmerecht hätte eingeräumt werden müssen (vgl.Wohlers, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2. Auflage, Zürich 2014, Art. 147 N 4). Mangels rechtzeitiger Bestellung einer solchen, hat der notwendige Verteidiger auch nicht an den Beweiserhebungen teilnehmen können. Damit ist dessen Teilnahmerecht verletzt worden. Die Einvernahme von E____ vom 1. Juli 2015 (Akten S. 72 ff.), diejenige des Sohnes des Opfers vom 2.Juli 2018 (Akten S. 92 ff.) sowie die Befragung des Opfers selbst vom 28. Juli 2015 (Akten S. 105 ff.) sind damit nicht verwertbar.


2.4 Nach dem Urteil des Bundesgerichts ist auch die im Polizeirapport zitierte Aussage des Berufungsklägers, wonach er die Möglichkeit gehabt hätte, mit dem Messer durchzuziehen (Akten S. 46 ff.), mangels Belehrung im Sinne von Art. 158 Abs. 1 StPO bzw. Protokollierung derselben (Art. 143 Abs. 2 StPO) nicht verwertbar.

2.5

2.5.1 Bezüglich des Formellen wird schliesslich geltend gemacht, der Berufungskläger sei anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung mit den Aussagen des Privatklägers nicht rechtsgenüglich konfrontiert worden. Das angebliche Opfer sei in einem Zug befragt worden, ohne dass der Berufungskläger je Gelegenheit gehabt hätte, zu den Details des vom Opfer geschilderten Ablaufs Stellung zu beziehen. Erst am Schluss der Befragung habe man den Berufungskläger gefragt, ob er dem Opfer noch etwas mitteilen wolle. Sonst sei der Berufungskläger mit keiner einzigen Aussage des Opfers konfrontiert worden. Nachdem das Opfer bereits das Gericht verlassen hatte, habe man den Berufungskläger gefragt, ob sich der Sachverhalt so zugetragen habe wie dies der Privatkläger dargestellt habe. Dieser habe dann geantwortet, dass er dieses nicht habe verletzen wollen und dass alles ungefähr so abgelaufen sei wie vom Opfer geschildert. Mangels gültiger Konfrontation seien somit alle Aussagen des angeblichen Opfers, die von der Darstellung des Berufungsklägers abweichen, nicht verwertbar (Berufungsbegründung Ziff. 4).

2.5.2 Nach den Verfahrensgarantien von Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 der Bundesverfassung (BV, SR 101) sowie Art. 6 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 6 Ziff. 3 lit. d der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK, SR 0.101) hat die beschuldigte Person Anspruch - als Teilgehalt des Rechts auf ein faires Verfahren - dem Belastungszeugen bzw. der sie belastenden Auskunftsperson Fragen zu stellen. Eine belastende Aussage ist grundsätzlich nur dann verwertbar, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, die entsprechende Ausführung in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen bzw. die ihn belastende Auskunftsperson zu stellen. Um sein Fragerecht wirksam ausüben zu können, muss der Beschuldigte in die Lage versetzt werden, die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen bzw. der Auskunftsperson zu prüfen und den Beweiswert der entsprechenden Aussagen zu hinterfragen (BGE 133 I 33 E. 3.1 S. 41 f., 131 I 476 E. 2.2 S. 480 ff., 129 I 151 E. 3.1 S. 153 f.).

2.5.3 Im Rahmen der erstinstanzlichen Hauptverhandlung kam es - nachdem der Berufungskläger zuerst kurz auf die Tat angesprochen wurde - zu einer recht ausführlichen Befragung des Opfers. Dieses schilderte mehrmals, dass ihm das Messer an den Hals gehalten worden sei und er dieses gespürt habe. Er könne nur nicht sagen, welchen Teil des Messers er gespürt habe. Der Berufungskläger war während der ganzen Befragung anwesend. Er hatte Gelegenheit, am Schluss der Befragung Fragen zu stellen (was nur von seinem Anwalt genutzt wurde, wobei es diesem vor allem darum ging herauszufinden, wie gut das Opfer Deutsch spricht und ob es den Täter überhaupt richtig verstehen konnte). Danach erhielt wieder der Berufungskläger das Wort und konnte sich nochmals zum Sachverhalt äussern. Dabei hat er zugestanden, dass der Überfall so abgelaufen sei, wie ihn das Opfer geschildert habe. Allerdings räumte er ein, dass er dieses nicht verletzen wollte (Akten S. 398 ff.).

2.5.4 Die Einwände, die die Verteidigung gegen das Vorgehen des Strafgerichtspräsidenten bei der Befragung von mutmasslichem Täter und Opfer vorbringt, sind nicht stichhaltig. Inwiefern vor dem Hintergrund der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine unverwertbare Konfrontation vorliegen soll, erschliesst sich nicht, zumal Art. 147 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht vorschreibt, in welchem Zeitpunkt das Recht, Fragen zu stellen, zu gewährleisten ist («und einvernommenen Personen Fragen zu stellen»). Wann das Fragerecht ausgeübt werden darf, bestimmt vielmehr die Verfahrensleitung (vgl. BGE 139 IV 25 E. 5.4.1 S. 34; Wohlers, a.a.O., Art. 147 N6). Dementsprechend stand es dem Berufungskläger und seinem Verteidiger frei, nach der Befragung des Privatklägers, Ergänzungsfragen zu stellen bzw. stellen zu lassen. Wäre der Verteidiger effektiv der Auffassung gewesen, sein Klient hätte gleich sofort zu einer Antwort des Opfers Stellung beziehen müssen, hätte er dies unmittelbar verlangen können und müssen. Es verstösst gegen Treu und Glauben, verfahrensrechtliche Mängel erst in einem späteren Verfahrensstadium sogar erst in einem nachfolgenden Verfahren geltend zu machen, wenn der Einwand schon vorher hätte festgestellt und gerügt werden können (BGE 143 IV 397 E. 3.4 S. 404 ff., 143 V 66 E. 4.3 S. 69; BGer 6B_422/2017 vom 12. Dezember 2017 E. 1.4.2, 6B_178/2017 vom 25. Oktober 2017 E. 4; AGE SB.2015.76 vom 29. November 2017 E. 4.4.2).

3.

3.1 Der angeklagte Sachverhalt wurde vom Berufungskläger im erstinstanzlichen Verfahren vor Strafgericht weitestgehend zugestanden. Er wendete dort einzig ein, dass er in Erinnerung habe, dass er das Opfer nicht habe verletzen wollen und ihm das auch gesagt habe (Akten S. 398 ff., 402) sowie, dass er die Klinge des Messers dem Privatkläger zwar an die Seite von dessen Hals gehalten, sie wahrscheinlich aber nicht angedrückt habe, er sei indes nicht sicher (Akten S. 404 f.). Auch an der Berufungsverhandlung vom 13. November 2018 bestritt der Berufungskläger die Tat im Grundsatz nicht, wollte sich indessen nicht mehr im Detail an den Vorfall erinnern (Akten S. 597 ff., 606).


3.2

3.2.1 Der Privatkläger sagte vor Strafgericht aus, er sei am Computer in seinem Laden gesessen und habe plötzlich jemanden hinter sich wahrgenommen. Diese Person habe ihm dann mit ihrer rechten Hand ein Messer an den Hals gesetzt, ihn mit der linken Hand am Kopf festgehalten und auf die Kasse gezeigt, woraufhin er diese geöffnet habe. Der Täter habe alsdann das sich darin befindliche Bargeld behändigt, das Messer habe er ihm währenddessen noch immer an den Hals gehalten. Der Täter habe indes noch mehr Geld als dasjenige, welches in der Kasse gewesen sei, gewollt. Er habe gesagt «ich werde dich töten, wenn du mir nicht mehr gibst» bzw. er werde «schiessen». Da er gedacht habe, er müsse sterben, habe er in einem Moment, in welchem das Messer nicht unmittelbar seinen Hals berührte, mit einer Hand das Messer und mit der anderen Hand die Hand des Täters ergriffen. Es habe ein Gerangel gegeben, im Zuge dessen das Messer zirka einen halben Meter von seinem Bauch weg gewesen sei. Sein ihm aufgrund seiner Schreie zu Hilfe eilender Sohn habe dem Täter sodann das Messer weggenommen und die Polizei avisiert. Er [der Privatkläger] habe den Täter mit Hilfe des Nachbarn E____ solange festgehalten (die Arme seien mit Klebeband fixiert gewesen), bis die Polizei eingetroffen sei. Auf Nachfrage hat der Privatkläger schliesslich ausgeführt, dass der Täter ihn mit einem Messer, welches einen Holzgriff hatte, bedroht habe. Das Messer habe zwar seinen Hals berührt (mit welcher Seite könne er nicht sagen), er habe aber keinen Schmerz verspürt (Akten S. 399 ff.).

3.2.2 Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung gab der Privatkläger zu Protokoll, er sei gerade am Computer gesessen, als der Täter in seinen Laden hineingekommen sei. Dieser habe seinen Kopf fixiert und ihm gleichzeitig ein Messer an den Hals gehalten. Er habe im Fenster (welches in der Nacht spiegle) gesehen, wie das Messer am Hals gewesen sei. Der Täter habe dann gesagt, «öffne deine Kasse». Nachdem er dies getan und der Täter Banknoten und Münz aus der Kasse genommen hatte, habe dieser gesagt: «Ich brauche mehr Geld. Wo hast du mehr Geld». Er [der Privatkläger] habe dann gesagt, er habe nur dieses Geld, woraufhin der Täter erwidert habe: «Wenn du mir nicht mehr Geld gibst, dann schneide ich deinen Hals». Da er gedacht habe, der Täter wolle ihn töten, habe er mit der einen Hand das Messer gehalten, sei aufgestanden und habe mit der anderen Hand diejenige des Täters festgehalten. Er habe dann den Täter ein wenig wegstossen können. Letzterer habe das Messer umgedreht und ihn in den Bauch stechen wollen. Sein ihm zu Hilfe eilender Sohn habe dem Täter alsdann das Messer weggenommen. Er selber habe die Hand des Täters unter der Achsel festgehalten, damit dieser sich nicht bewegen konnte. Aufgrund seiner lauten Schreie sei dann auch sein Nachbar E____ hinzugekommen und habe ihm geholfen, den Täter bis zum Eintreffen der durch den Sohn requirierten Polizei festzuhalten (Akten S. 766 ff.).


Auf Nachfrage der Verfahrensleiterin hin, ob er das Messer am Hals gespürt ob es zwischen Hals und Messer eine Distanz gegeben habe, meinte der Privatkläger, es habe keine Distanz gegeben, er habe schon gespürt, wie das Messer seinen Hals berührte. Er habe im spiegelnden Fenster sehen können, dass nicht der Griff, sondern die Klinge bzw. die Zacken des Messers unter seinem Hals gewesen seien. Es sei so gewesen, wie wenn man mit einem Finger fest auf die Haut drücke. Auf Nachfrage, ob er denn die Zacken gespürt habe, meinte er, es sei schmerzhaft gewesen und dies sei es ja nicht, wenn die gerade Seite an den Hals gehalten werde, also müssten es die Zacken gewesen sein (Akten S. 767 ff.).


3.3 Neben den Aussagen der Beteiligten liegen diverse tatsächliche Gegebenheiten vor, die den Sachverhalt objektivieren. So sind insbesondere das Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte (das Bargeld in Höhe von CHF 130.- befand sich zusammengeknüllt in der rechten Hosentasche des Berufungsklägers; das sichergestellte Messer konnte im Ladenlokal des Privatklägers gefunden werden; zudem wurden ein schwarzes Halstuch und ein weisser Latex-Handschuh sichergestellt; vgl. Akten S. 39 ff.), die diversen Tatort-Fotos (Akten S. 56 ff., 129 ff.), der Pikett-Bericht der Staatsanwaltschaft (Akten S. 66 f.), der Spurensicherungsbericht der KTA mit Fotos (Akten S. 122 f.), die kriminaltechnischen Spurensicherungs- und Untersuchungsberichte betreffend Blutspuren und Klappmesser (Akten S. 139 ff., 178 ff.), das forensisch-toxikologische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin (IRM) betreffend Blut und Urin des Berufungsklägers (der Berufungskläger stand zum Tatzeitpunkt unter der Wirkung von Alkohol [zwischen 1.2 und 2.1 ], Hinweise auf eine zusätzliche Beeinträchtigung durch Betäubungsmittel verordnete Arzneistoffe bestünden nicht; vgl. Akten S. 188 ff.), die rechtsmedizinischen Gutachten des IRM betreffend den Berufungskläger und den Privatkläger (Akten S. 193 ff., 204 ff.) sowie die Unterlagen zur Krankheitsgeschichte des Privatklägers (beim Uni-Spital; vgl. Akten S. 212 ff.) zu erwähnen.


3.4

3.4.1 Nach dem Gesagten ist mit dem Strafgericht (vgl. vorinstanzliches Urteil S. 6 ff.) erstellt, dass der Berufungskläger am 1. Juli 2015 um ca. 21.40 Uhr, mit Halstuch, Sonnenbrille, Latex-Handschuh und einem Messer ausgerüstet sowie erheblich alkoholisiert, das Lebensmittelgeschäft des Privatklägers betrat und diesen mit einem Messer bedrohend aufforderte, Geld herauszugeben. Nachdem der Privatkläger in der Folge die Kasse geöffnet hatte, griff der Berufungskläger - das Messer immer noch im Halsbereich des Opfers haltend - hinein, ergriff das Notengeld und steckte dieses in seine rechte Hosentasche. Mit Unterstützung von E____ und F____, die dem Opfer nach dessen Rufen zu Hilfe geeilt waren, konnte der Berufungskläger danach überwältigt und bis zum Eintreffen der inzwischen requirierten Polizei arretiert werden.


3.4.2 Dass der Berufungskläger dem Privatkläger das Messer an den Hals hielt bzw. dieses zeitweise den Hals des Opfers berührte, ergibt sich aus den im Kern konstanten und glaubhaften Aussagen des Privatklägers. Es ist aber unklar, welche Seite des Messers dem Privatkläger an den Hals gesetzt wurde: Hätte der Berufungskläger dem Privatkläger die gezackte und damit hinsichtlich allfälliger Verletzungen gefährlichere Seite des Messers an den Hals gehalten, hätten mit grosser Wahrscheinlichkeit Verletzungen bzw. Schürfungen am Hals des Opfers festgestellt werden müssen (was indes nicht der Fall war [Akten S.207]). Zudem kann der vom Privatkläger heute beschriebene Schmerz («es sei gewesen, wie wann jemand mit dem Finger fest auf die Haut drücke»), nicht mit der gezackten Seite des Messers in Übereinstimmung gebracht werden. Darüber hinaus ist auch unsicher, ob das Messer - wie heute angetönt - rechtwinklig zum Kehlkopf bzw. zum Adamsapfel (was prima vista gefährlicher erscheint) - wie vor Strafgericht berichtet - «bloss» an die Seite des Halses gehalten worden ist.


3.4.3 Obwohl es nicht der Lebenserfahrung entspräche, hätte der Berufungskläger das Messer verkehrt herum gehalten und diesfalls auch die Gefahr bestanden hätte, dass er sich selbst schneidet, ist im Sinne des Grundsatzes «in dubio pro reo» (Art.10 Abs. 3 StPO) aufgrund der beschriebenen Unsicherheiten nicht auszuschliessen, dass der Berufungskläger dem Privatkläger das Messer «bloss» mit dem stumpfen Teil an die Seite des Halses gesetzt hat. Davon ist als Beweisergebnis im Folgenden auszugehen.


3.4.4 Nachfolgend ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung wurde klar, dass das Opfer über keine guten Deutschkenntnisse verfügt und deshalb wohl nicht ganz genau verstand, was der Berufungskläger sagte (es ist die Rede von «ich werde dich töten», «schiessen» «den Hals schneiden»), zumal es sich auch in einer Stresssituation befand. Entscheidend ist entgegen der Ansicht der Verteidigung (Akten S. 540 f., 582, 770) indes nicht, was der Berufungskläger sagte was das Opfer verstand, sondern vielmehr wie der Berufungskläger handelte. Immerhin war für das Opfer klar, dass Letzterer von ihm Geld verlangte und hatte der Privatkläger eigenen Aussagen zufolge Todesangst, was ihn erst dazu brachte, sich zu wehren (Akten S. 400, 768).


4.

4.1

4.1.1 In rechtlicher Hinsicht macht der Berufungskläger zunächst geltend, er habe zu keinem Zeitpunkt die Macht über das Tatgeschehen gehabt. Er sei physisch unterlegen, betrunken und psychisch stark angeschlagen gewesen. Zudem habe er zuvor auch Drogen konsumiert. Es sei für alle Beteiligten klar gewesen, dass das Vorhaben des Berufungsklägers aufgrund seines desolaten Zustands von Vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen sei und es ihm niemals möglich gewesen wäre, den Laden mit einem allfälligen Diebesgut zu verlassen. Auch habe es im Zusammenhang mit seiner Überwältigung ein Gerangel gegeben, weswegen er nie die Möglichkeit gehabt hätte, unbehelligt davon zu rennen. Damit habe er nie ungehindert auf die Sache einwirken und dadurch die Sachherrschaft ausüben können. Insgesamt sei es ihm nicht gelungen, den Gewahrsam des Privatklägers zu brechen und den ihm vorgeworfenen Raub zu vollenden (Akten S. 420, 537 ff.).


4.1.2 Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 139 Ziff. 1 StGB). Wegnahme bedeutet Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams. Der Gewahrsam besteht in der tatsächlichen Sachherrschaft mit dem Willen, diese auszuüben. Ob Gewahrsam gegeben ist, bestimmt sich nach den allgemeinen Anschauungen und den Regeln des sozialen Lebens (vgl. Stratenwerth/Jenny/Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, Straftaten gegen Individualinteressen, 7. Auflage, Bern 2010, § 13 N 69 ff.; Donatsch, Strafrecht III, 10. Auflage, Zürich 2013, S. 155). Die Wegnahme ist vollendet, wenn an die Stelle des bisherigen Gewahrsamsinhabers ein neuer getreten ist. Damit ist der Wechsel der tatsächlichen Sachherrschaft entscheidend. Befindet sich der Täter mit der Sache noch im Herrschaftsbereich des bisherigen Gewahrsamsinhabers kommt es darauf an, ob die Herrschaftsmöglichkeit des Betroffenen schon aufgehoben ist, was hinsichtlich solcher Sachen, die sich bereits in den Kleidern des Täters befinden, allgemein bejaht wird (Donatsch, a.a.O., S. 161 f.; Niggli/Riedo, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 139 StGB N 65; Stratenwerth/Jenny/Bommer, a.a.O., § 13 N 88).


4.1.3 Der Berufungskläger wurde vom Privatkläger, von dessen Sohn und von E____ im Ladenlokal überwältigt und bis zum Eintreffen der Polizei arretiert. Damit ist erstellt, dass er sich zu diesem Zeitpunkt noch im Herrschaftsbereich des Privatklägers befand. Es ist aufgrund des Beweisergebnisses (vgl. E. 3.4) ebenfalls nachgewiesen, dass sich das aus der Ladenklasse entnommene Geld (Bargeld in Höhe von CHF 130.-) bei der Festnahme zusammengeknüllt in der rechten Hosentasche des Berufungsklägers befand und erst von der Polizei behändigt wurde. Damit war die Herrschaftsmöglichkeit des Privatklägers im Sinne der zitierten Praxis aufgehoben. Der Berufungskläger hat dadurch Gewahrsam gebrochen und neuen begründet. Daran ändert entgegen der Ansicht der Verteidigung (Berufungsbegründung Ziff. 8) nichts, dass der Berufungskläger den Lebensmittelladen noch nicht verlassen hatte, zumal die Banknoten dem Beweisergebnis entsprechend zunächst eingesteckt wurden und erst danach die Überwältigung des Berufungsklägers erfolgte.


4.1.4 Unbehelflich ist schliesslich auch der Einwand der Verteidigung, der Berufungskläger sei sehr leicht zu überwältigen gewesen (Berufungsbegründung Ziff. 7 ff.). Angesichts des Umstands, dass es mit dem Opfer, dessen Sohn und mit E____ drei Personen bedurfte, den Berufungskläger zu arretieren, erhellt, dass es ganz und gar nicht ein Leichtes war, den mit einem Messer ausgerüsteten Täter ruhig zu stellen. Vorsatz, Aneignungs- und Bereicherungsabsicht stehen ausser Frage, womit sämtliche objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale eines vollendeten Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB vorliegen.


4.2

4.2.1 Wer mit Gewalt gegen eine Person unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib Leben nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen bestraft (Art. 140 Ziff. 1 StGB). Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt es grausam behandelt (Art.140 Ziff. 4 StGB). Lebensgefahr setzt voraus, dass der Täter das Opfer vorsätzlich (Eventualvorsatz genügt) in konkrete, naheliegende, unmittelbare, akute und hochgradige Lebensgefahr bringt (BGE 121 IV 67 E. 2 S. 69 ff., 117 IV 419 E. 4 S.423 ff.; BGer 6B_756/2008 vom 20. Januar 2009 E. 1.4, 6B_28/2016 vom 10. Oktober 2016 E. 4.2; Niggli/Riedo, a.a.O., Art. 140 StGB N 143). Konkrete Lebensgefahr besteht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung beispielsweise dann, wenn das Opfer mit einem spitzen, in einem Abstand von 10-20 Zentimeter gegen seinen Hals gehaltenen Dolch bzw. Messer bedroht wird (BGE 117 IV 427 E. 3 S. 428 f., 114 IV 8 E. 2 S. 9 ff., BGer 6B_988/2013 vom 5. Mai 2014 E. 1.3.1, 6B_726/2010 vom 17. Mai 2011 E. 1.5, 6B_339/2009 vom 7. August 2009 E. 2.6; vgl. auch Stratenwerth/Jenny/Bommer, a.a.O., § 13 N 134; Trechsel/Crameri, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 140 N 17 f.).


4.2.2 Gemäss Art. 140 Ziff. 3 StGB wird der Räuber mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Raub begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart. Nach der Rechtsprechung ist diese Qualifikation nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Dies ergibt sich daraus, dass bereits der Grundtatbestand des Raubs einen Angriff auf das Opfer und damit begriffsnotwendig dessen mehr weniger grosse Gefährdung voraussetzt. Die in Art. 140 Ziff. 3 StGB genannte besondere Gefährlichkeit ist nur dann zu bejahen, wenn die konkrete Tat nach ihrem Unrechts- Schuldgehalt besonders schwer wiegt. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich aufgrund der gesamten Tatumstände. Die besondere Gefährlichkeit lässt sich namentlich begründen mit der professionellen Vorbereitung der Tat, dem Überwinden moralischer und technischer Hindernisse sowie der ausgeprägt kühnen, verwegenen, heimtückischen, hinterlistigen skrupellosen Art ihrer Begehung (BGE 117 IV 135 E. 1a S. 137, 116 IV 312 E. 2e S. 317; BGer 6B_988/2013 vom 5.Mai 2014 E. 1.4.1, 6B_658/2013 vom 22. Januar 2014 E. 2.2.2).


Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung genügt es zur Erfüllung der besonderen Gefährlichkeit nach Art. 140 Ziff. 3 StGB, dass der Täter eine konkrete Gefahr für das Opfer schafft, auch wenn es dadurch keine Verletzungen davonträgt. Im Rahmen der Qualifikation der besonderen Gefährlichkeit berücksichtigt die Rechtsprechung auch einen allfälligen Konsum von Alkohol Betäubungsmitteln und die sich daraus ergebende Möglichkeit unkontrollierter Handlungen (BGer 6S.250/2003 vom 28.August 2003 E. 1.2, 6B_658/2013 vom 22. Januar 2014 E. 2.3). Eine besondere Gefährlichkeit wurde beispielsweise in einem Fall bejaht, in welchem der Täter ein Messer an die Kehle des Opfers gehalten und damit Schnittbewegungen ausgeführt hatte. Als das Opfer sich zu entwinden suchte, ging er rückwärts und verlor so die Kontrolle (BGer 6B_55/2013 vom 11. April 2013 E. 1.3 f.; AGE SB.2011.31 vom 6.November 2012 E. 2; Trechsel/Crameri, a.a.O., Art. 140 N 15). In einem anderen Fall hielt der Täter seinem Opfer ein Messer direkt an den Hals und verletzte es geringfügig (OGer ZH SB150107 vom 17. September 2015 E. III.1; Niggli/Riedo, a.a.O., Art. 140 StGB N 87g).


4.3

4.3.1 Da der Berufungskläger dem Privatkläger gemäss Beweisergebnis das Messer mit dem stumpfen Teil an die Seite des Halses gehalten hat (vgl. dazu schon E.3.4) und A____ insofern nicht die Möglichkeit gehabt hat, unmittelbar «durchzuziehen» und sein Opfer so in nahe bzw. hochgradige Lebensgefahr zu bringen, scheidet die Qualifikation gemäss Art. 140 Ziff. 4 StGB aus.


4.3.2 Der Berufungskläger brachte sein Opfer nach dem Referierten zwar (knapp) nicht in eine unmittelbare Lebensgefahr. Indes schuf er für den Privatkläger zumindest eine konkrete Gefahr und offenbarte damit seine besondere Gefährlichkeit im Sinne von Art. 140 Ziff. 3 StGB: Es hätte lediglich einer unbedachten Bewegung des Opfers Stolperns des Berufungsklägers bedurft, um die gezackte Klinge bzw. die Spitze des Messers in den Hals des Privatklägers eindringen zu lassen. Diese Gefahr blieb auch bestehen, als das Geschehen mit dem Verteidigungsversuch des Privatklägers eine für den Berufungskläger nicht kontrollierbare Dynamik annahm. Auch in dieser Phase war die Gefahr von Reflexbewegungen eines der Beteiligten gross und bestand das Potential für schwere Verletzungen, zumal das Opfer - wie bereits erwähnt (vgl. E.3.2) - ausgesagt hat, das Messer habe sich im Zuge des Gerangels zirka einen halben Meter von seinem Bauch entfernt befunden. Dass die gezackte Klinge des Messers als scharf bezeichnet werden muss und von diesem insofern eine wesentliche Gefahr ausging, ergibt sich nur schon aus den Verletzungen, die der Privatkläger erlitt, wurde doch eine Sehne an seinem kleinen Finger durchtrennt (Akten S. 204 ff.). Auch hatte der Berufungskläger reichlich Alkohol konsumiert (Akten S. 188 ff.) und ergab sich daraus umso mehr die Möglichkeit unkontrollierter Handlungen. Darüber hinaus ist auch dem planerischen Vorgehen des Berufungsklägers (Maskierung mit Sonnerbrille und Kopftuch, Tragen von Handschuhen, Aussuchen einer unbelebten Strasse am Abend kurz vor Ladenschluss) Rechnung zu tragen.


4.3.3 Aufgrund der (äusseren) Umstände des Geschehensablaufs muss davon ausgegangen werden, dass der Berufungskläger die von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verlangte konkrete Gefahr für das Opfer zumindest in Kauf genommen hat, zumal eventualvorsätzliches Handeln auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Täter das Opfer - wie vorliegend geltend gemacht (Akten S. 402, 405, 772) - nicht verletzen will (vgl. BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4; BGer6B_55/2013 vom 11. April 2013 E.1.3 f.; AGE SB.2011.31 vom 6. November 2012 E. 2; vgl. auch Trechsel/Crameri, a.a.O., Art. 140 N 15). Es ergeht daher ein Schuldspruch wegen besonders gefährlichen Raubs (Art.140 Ziff. 3 StGB).


5.

5.1

5.1.1 Gemäss Gutachten von G____ vom 3. Juli 2017 leidet der Berufungskläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit ängstlichen (vermeidenden) und unreifen Anteilen (ICD-10 61.0), einer rezidivierenden depressiven Störung, zum Zeitpunkt der Tat remittiert (ICD-10 F33.4), einem schädlichen Gebrauch von Alkohol und Cannabinoiden (ICD-10 F10.1, F12.1) und einer Tabakabhängigkeit mit ständigem Substanzgebrauch (ICD-10 F17.25), wobei die letztgenannte Diagnose keine Relevanz in der forensisch-psychiatrischen Beurteilung habe. Der Konsum von Amphetaminen und Pilzen sei als riskanter Konsum zu klassifizieren, was indes keine psychiatrische Diagnose darstelle. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht stehe die Persönlichkeitsproblematik im Vordergrund und sei in ihrer Ausprägung als zumindest mittelschwer einzuordnen. Nach Analyse des Verhaltens vor, während und nach der Tat und unter Berücksichtigung der diagnostischen Einordnung zum Tatzeitpunkt und der daraus resultierenden psychopathologischen Symptomatik ergebe sich aus gutachterlicher Sicht kein Hinweis für das Vorliegen einer relevanten forensisch-psychiatrischen Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit (vgl.Gutachten S. 30 ff.).

5.1.2 Der Gutachter empfiehlt eine Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB, die haftbegleitend erfolgen könne, jedoch im Anschluss an die Haftentlassung fortgeführt werden sollte. Die ambulante Behandlung könne bei einem ausgebildeten Psychotherapeuten und einem entsprechend etablierten komplementären Setting (soziotherapeutisch, arbeitsrehabilitative Unterstützung, Durchführung Abstinenzkontrollen etc.) durchgeführt werden. Eine Anbindung an eine forensische Ambulanz sei nicht zwingend notwendig. Zudem würden sich keine Anhaltspunkte für die Zweckmässigkeit einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB bzw. die Kombination verschiedener Massnahmen nach Art. 56a StGB ergeben. Im Weiteren zeigten sich in der Biografie des Berufungsklägers zwar Beeinträchtigungen in der Persönlichkeitsentwicklung, es liege jedoch eine abgeschlossene Persönlichkeitsentwicklung vor, die unreife Züge beinhalte. Es sei daher nicht von einer Verzögerung der Persönlichkeitsentwicklung auszugehen, sondern vielmehr von konsolidierten Persönlichkeitsmerkmalen. Eine Massnahme für junge Erwachsene im Sinne von Art. 61 StGB sei aus forensisch-psychiatrischer Sicht deshalb nicht indiziert (vgl. Gutachten S. 52 ff. und ergänzend Akten S. 602 ff.).


5.2

5.2.1 Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 13. November 2018 hat die Verteidigung am in der Berufungserklärung bzw. der Berufungsbegründung gestellten Beweisantrag betreffend Anordnung eines forensisch-psychiatrischen Obergutachtens festgehalten (Akten S. 578 ff., 606). Heute wurde dieser Antrag zwar nicht formell wiederholt, indes wurden trotzdem diesbezügliche Ausführungen gemacht (Akten S.772 f.).


5.2.2 Der Berufungskläger macht geltend, G____ seien bei der Ausarbeitung des Gutachtens nicht verwertbare Aussagen des Berufungsklägers vorgelegen. Zudem habe sich dieser auf die wenig detaillierten Aussagen von A____ stützen müssen und sei die Dauer von zwei Jahren zwischen der Tat und der Befragung durch den Gutachter zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei die Auffassung des Gutachters, wonach die Steuerungsfähigkeit nicht beeinträchtigt gewesen sei, nicht nachvollziehbar. Der Berufungskläger habe sich zum Zeitpunkt der Tat in einer schwierigen Lebenssituation befunden. Er sei arbeitslos gewesen, habe Existenzängste und Probleme in seiner damaligen Beziehung gehabt. Er sei schlicht nicht in der Lage gewesen, seine Probleme selbst zu lösen die entsprechenden Personen aufzusuchen, um ihm aus dieser Situation zu helfen. Nur aus diesem Grund, aus purer Verzweiflung, habe sich der Berufungskläger für die Begehung der Tat vom 1.Juli 2015 entschieden. Im Übrigen sei eine schwere depressive Symptomatik mit Suizidalität während der Tatzeit, wie dies auch die langjährige Therapeutin H____ (beigezogene Berichte vom 31. Oktober 2017 und vom 21. März 2018), bestätige, zu wenig berücksichtigt worden. Insbesondere sei ausser Acht gelassen worden, dass gemäss Bericht H____ vom 31. Oktober 2017 kurz vor der Tat (am 7. April 2015), die Dosis an Medikamenten aufgrund einer depressiven Zustandsverschlechterung erhöht werden musste. Da beim Berufungskläger schwierige Lebensumstände, namentlich Erlebnisse in der Kindheit, vorlägen, habe sich das Obergutachten auch zu einer Massnahme für junge Erwachsene im Sinne von Art.61 StGB zu äussern (Akten S. 497 ff., 541 ff., 578 ff.).


5.3

5.3.1 Gemäss Art. 189 lit. c StPO lässt die Verfahrensleitung ein Gutachten von Amtes wegen auf Antrag einer Partei durch die gleiche sachverständige Person ergänzen verbessern bestimmt weitere Sachverständige, wenn Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens bestehen (vgl. BGer 6B_590/2013 vom 22. Oktober 2014 E. 1.1). Ein Gutachten stellt namentlich dann keine rechtsgenügliche Grundlage dar, wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Das trifft etwa zu, wenn der Sachverständige die an ihn gestellten Fragen nicht beantwortet, seine Erkenntnisse und Schlussfolgerungen nicht begründet diese in sich widersprüchlich sind die Expertise sonst wie an Mängeln krankt, die derart offensichtlich sind, dass sie auch ohne spezielles Fachwissen erkennbar sind (BGE 141 IV 369 E. 6.1 S. 372 f.).


5.3.2 Das Gericht beurteilt die Schlüssigkeit eines Gutachtens frei (Art. 10 Abs. 2 StPO) und ist nicht an den Befund die Stellungnahme des Sachverständigen gebunden. Es hat vielmehr zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Parteivorbringen ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Auch wenn das gerichtlich eingeholte Gutachten grundsätzlich der freien Beweiswürdigung unterliegt, darf das Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von ihm abrücken und muss Abweichungen begründen. Das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen kann gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung verstossen (BGE 141 IV 305 E. 6.6.1 S. 315, 141 IV 369 E. 6.1 S. 372 f.).


5.4 An der Verhandlung vom 13. November 2018 wurde der Gutachter (nachdem er bereits den gesamten Verlauf der Verhandlung, namentlich die Befragung von I____, im Verhandlungsaal mitverfolgt hatte) zum Gutachten und zu seinen Ausführungen (auch von der Verteidigung) einlässlich befragt. Er blieb dabei sowohl in Bezug auf die Diagnose als auch bezüglich der vorgeschlagenen Therapie mit Überzeugung bei seinen im Gutachten ausgeführten Beurteilungen (Akten S. 602 ff.).


5.5 Es ist der Verteidigung zwar zuzustimmen, dass dem Gutachter mit dem Protokoll der Einvernahme des Berufungsklägers vom 2. Juli 2015 (vgl. Akten S. 79 ff.) unverwertbare Akten vorgelegen haben (vgl. dazu schon E. 2.2). Auf Seite 42 des Gutachtens wird bezugnehmend auf die zur Diskussion stehende Einvernahme dann auch erläutert, die Aussage des Berufungsklägers, als er auf entsprechende Frage hin erklärte, an keiner schweren Krankheit zu leiden, aus gutachterlicher Sicht gegen eine relevante Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit spreche. Es ist indes zu beachten, dass das entsprechende Zitat nur ein einzelner Baustein zur Begründung, weshalb die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht beeinträchtigt gewesen ist, darstellt. Der Gutachter begründet seine Schlussfolgerung vielmehr mit einem Bündel von einleuchtenden Argumenten (keine stationäre Behandlung zum Zeitpunkt der Tat, keine Hinweise auf eine schwere depressive Symptomatik mit Suizidalität in den ihm vorliegenden Gerichtsakten [dies wäre aufgefallen bzw. dokumentiert], Unvereinbarkeit einer schweren depressiven Symptomatik mit der Planung der Tat, mit dem Ausführungsgrad [konkrete Bemühungen zur Reduktion der Aufdeckungswahrscheinlichkeit] sowie mit der kriminellen Energie zur Tatausführung). Damit stützt sich das Gutachten lege artis auf eine Vielzahl von objektiven Quellen und hat auch ohne das zur Diskussion stehende Argument Bestand, zumal der Gutachter unter dem Eindruck der Berufungsverhandlung (in Kenntnis der möglichen Unverwertbarkeit) und der seitherigen Entwicklung des Berufungsklägers auch in der Berufungsverhandlung vom 13. November 2018 ausführte, dass keine Psychopathologie offenkundig sei, die eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit der Einsichtsfähigkeit begründen könnte (Akten S. 603). Da der Berufungskläger vor Strafgericht ausführte, dass er am Toben gewesen sei (als er aufgrund des Gerangels am Boden lag), da er nicht mit Gegenwehr rechnete und vielleicht nicht mehr «abhauen» konnte (Akten S. 405), spricht auch das Nachtatverhalten gegen eine Einschränkung der Einsichts- Steuerungsfähigkeit. Dafür, dass der Berufungskläger an einer wahnhaften Störung gelitten haben könnte, ergeben sich schlechterdings keine Hinweise. Inwiefern die nach Ansicht der Verteidigung wenig detaillierten Aussagen des Berufungsklägers bzw. die Dauer von zwei Jahren zwischen der Tat und der Befragung durch den Gutachter gegen eine schlüssige Expertise sprechen, erschliesst sich nicht, zumal die Aussagen des Berufungsklägers nach Auffassung des Gutachters ausreichend valide sind (Akten S. 605).


5.6

5.6.1 Dass die langjährige Therapeutin, Psychologin H____, unter Anwendung der von ihr als richtig angesehenen Beurteilungskriterien zu einem für den Berufungskläger günstigeren Ergebnis gelangt, genügt nicht als Anlass, ein Obergutachten einzuholen, zumal sich der Psychiater G____ in seinem Gutachten einlässlich mit dem von H____ geäusserten Verdacht auf eine schwere depressive Symptomatik mit Suizidalität auseinandergesetzt und mit einleuchtender Begründung (vgl. schon E. 5.5) zum Schluss kam, dass aus gutachterlicher Sicht keine durch eine depressive Störung verursachte Psychopathologie mit relevanter Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit vorliege. Im Übrigen wurde der Gutachter an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung mit dem Bericht H____ vom 31. Oktober 2017 konfrontiert (Akten S. 397) und im Vorfeld der Hauptverhandlung vom 13. November 2018 mit einer Kopie des Berichts vom 21. März 2018 bedient (Verfügung der instruierenden Appellationsgerichtspräsidentin vom 26. März 2018). Indes ist er mit Überzeugung bei seiner Diagnose geblieben (Akten S. 602 ff.). Kommt dazu, dass von Therapierenden stammende Beurteilungen ohnehin keine unabhängige Begutachtung darstellen (BGE 141 V 281 E. 3.7.1 S. 295, 125 IV 351 E. 3b/cc S. 353).


5.6.2 Das soeben Ausgeführte gilt mutatis mutandis auch bezüglich des aktuellen Vollzugsberichts des Amts für Justizvollzugs des Kantons Bern vom 24. Januar 2020, worin die referierenden Psychologinnen in Übereinstimmung mit H____ auf Seite 8 ausführen, es könne ein Zusammenhang zwischen Gewalt und depressiver Störung nicht ausgeschlossen werden, sodass die Remission der depressiven Störung zum Tatzeitpunkt aus ihrer Sicht zu überprüfen sei. Im Übrigen wird im Bericht nicht erläutert, aufgrund welcher wissenschaftlicher Grundlagen diese These vertreten wird, sodass zum vornherein nicht zuverlässig überprüft werden kann, ob sich im Sinne der vorzitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen.


5.7 G____ hat sich in seinem Gutachten mit der Persönlichkeitsentwicklung des Berufungsklägers einlässlich beschäftigt. Er kommt mit stichhaltiger Begründung zum Schluss, dass eine abgeschlossene Persönlichkeitsentwicklung vorliege, die unreife Züge beinhalte, weshalb eine Massnahme für junge Erwachsene im Sinne von Art.61 StGB aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht indiziert sei (vgl. Gutachten S.33 ff.). An der Berufungsverhandlung vom 13. November 2018 wurde der Gutachter vom Gericht nochmals zum Thema einer Massnahme für junge Erwachsene befragt. Er führte dazu aus, dass beim Berufungskläger konsolidierte Verhaltensmuster, die unreif wirkten, beobachtet werden könnten. Auch nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung seien in Sozialem und Beruf (Rückzug in der Wohngemeinschaft, gescheiterte Arbeitsversuche) dieselben Verhaltensmuster ersichtlich. Diese Reaktionsmuster wirkten tradiert bzw. überdauernd. Es könne insgesamt nicht von einer Fehlentwicklung im Sinne von Art. 61 StGB gesprochen werden. Zudem profitiere der mittlerweile 27-jährige Berufungskläger weniger von pädagogischen Massnahmen, sondern vor allem von psychotherapeutischen Massnahmen, welche indes bei einer 61er-Massnahme eine untergeordnete Rolle spielten (Akten S. 604).


5.8 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass G____ im schriftlichen Gutachten und anlässlich der Verhandlung vom 13. November 2018 klar, nachvollziehbar und schlüssig darlegen konnte, weshalb die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit weder eingeschränkt noch aufgehoben waren und weshalb eine ambulante Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB angezeigt ist. Seine Ausführungen brauchen deshalb nicht durch ein Obergutachten ergänzt überprüft zu werden. Ein solches wäre nur dann einzuholen, wenn das Gutachten an Mängeln leiden würde, die derart offensichtlich und auch für Laien erkennbar sind, dass sie das Gericht nicht hätte übersehen dürfen. Dies ist nicht der Fall, wobei es hervorzuheben gilt, dass selbst der amtliche Verteidiger das Gutachten vor erster Instanz noch als schlüssig bezeichnet hatte (Akten S. 408). Dass sich der Berufungskläger - wie von der Verteidigung geltend gemacht - zur Tatzeit in einer schwierigen Lebensphase befand, wird auch vom Appellationsgericht nicht bezweifelt. Indes reicht dieser Fakt alleine nicht aus, um von einer verminderten bzw. aufgehobenen Schuldfähigkeit ausgehen zu können. Insgesamt ist der entsprechende Beweisantrag (auch vom Gesamtgericht) abzuweisen und es kann vollumfänglich auf das Gutachten von G____ vom 3. Juli 2017 abgestellt werden.


6.

6.1 An die Strafzumessung werden drei allgemeine Anforderungen gestellt: Sie muss zu einer verhältnismässigen Strafe führen (Billigkeit), ein Höchstmass an Gleichheit gewähren (Rechtssicherheit) und transparent sowie überzeugend begründet und dadurch überprüfbar sein (Legitimation durch Verfahren; vgl. dazu Trechsel/Thommen, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 47 N 3; Wiprächtiger/Keller, in:Basler Kommentar, 4. Auflage, Basel 2019, Art. 47 StGB N 10; AGE SB.2017.35 vom 30. Juni 2017 E. 2.3.1). Massgeblich für die Strafzumessung ist gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB das Verschulden des Täters. Dabei zu berücksichtigen sind das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse und die Strafempfindlichkeit des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 42 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Dem Richter kommt ein Ermessen zu, in welchem Umfang er die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 19 f.).


6.2 Ausgangspunkt der Strafzumessung bildet das Tatverschulden. Dieses orientiert sich an der Bandbreite möglicher Begehungsweisen innerhalb des fraglichen Tatbestands und ist somit relativ. Auch das Tatverschulden eines Mörders kann innerhalb des Tatbestandes, dessen Strafrahmen mindestens zehn Jahre Freiheitsstrafe vorsieht, vergleichsweise leichter wiegen, was nicht mit einem leichten strafrechtlichen Vorwurf gleichzusetzen ist (AGE SB.2018.27 vom 27. August 2019 E.4.3.1, SB.2016.114 vom 15. September 2017 E. 3.5.1).


6.3

6.3.1 Das Verschulden des Berufungsklägers wiegt innerhalb des qualifizierten Tatbestands von Art. 140 Ziff. 3 StGB in objektiver Hinsicht nicht mehr ganz leicht bis eher mittelschwer. Es handelt sich um einen Grenzfall zum lebensgefährlichen Raub nach Art. 140 Ziff. 4 StGB. Die durch die Abwehrbewegung entstandene (physische) Handverletzung des Opfers (Durchtrennung einer Sehne im kleinen Finger der linken Hand; vgl. dazu Akten S.204 ff.) wiegt auf den ersten Blick relativ geringfügig, indes musste das Opfer zwei Mal deswegen operiert werden und bereitet die Verletzung dem Privatkläger bei seiner Arbeit als [...] heute noch erhebliche Probleme. Zudem sind gewisse Beeinträchtigungen in psychischer Hinsicht nicht ganz ausser Acht zu lassen, zumal der Privatkläger - wie bereits erwähnt (vgl. E. 3.2) - Todesangst erlitt und diese ihn erst dazu brachte, sich zu wehren (vgl. zum Ganzen Akten S. 769 f.).


6.3.2 Subjektive Umstände, welche die objektive Tatschwere zu mindern vermöchten, liegen nicht vor: Das Motiv des Berufungsklägers ist auch im Berufungsverfahren etwas unklar geblieben (vgl. Akten S. 598). Sein Angriff von hinten war aber recht heimtückisch und die Vorgehensweise muss als ziemlich hartnäckig bezeichnet werden. Gemäss dem psychiatrischen Gutachten (auf welches vollumfänglich abgestellt werden kann; vgl. E. 5) und den ergänzenden diesbezüglichen Ausführungen von G____ an der Berufungsverhandlung vom 13. November 2018, lag zum Tatzeitpunkt keine Einschränkung der Einsichts- Steuerungsfähigkeit vor. Die Alkoholisierung des Berufungsklägers (laut forensisch-toxikologischem Gutachten des IRM betreffend Blut und Urin betrug diese zum Tatzeitpunkt zwischen 1.2 und 2.1 ) sei lediglich begünstigender Faktor zur Deliktsbegehung gewesen und ist daher ebenfalls nicht strafmildernd zu berücksichtigen, zumal der Berufungskläger aufgrund seiner persönlichen Umstände (vgl. Akten S. 594 ff.) als gewöhnter Trinker bezeichnet werden muss. Ferner liegen gemäss dem forensisch-toxikologischem Gutachten des IRM keine Hinweise auf eine zusätzliche Beeinträchtigung durch Betäubungsmittel verordnete Arzneistoffe vor (vgl. Akten S. 188 ff.).


6.3.3 Das Gesamtverschulden ist insgesamt als nicht mehr ganz leicht bis eher mittelschwer zu bezeichnen und als Einsatzstrafe eine Freiheitsstrafe von vier Jahren zu veranschlagen (der Strafrahmen für besonders gefährlichen Raub beträgt Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren [Art. 140 Ziff. 3 StGB]).


6.4 Bezüglich der Täterkomponenten liegen mit dem schweren Vorleben ohne stabile familiäre Verhältnisse in [...] und der Schweiz, den damit verbundenen sozialen Integrationsproblemen und der labilen Verfassung einige entlastende Momente vor (Akten S. 4 f., 394, 594 ff., 773). Der Berufungskläger zeigt sowohl Einsicht in das Unrecht seiner Tat als auch Reue, was namentlich dadurch zum Ausdruck kommt, dass er sich anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung spontan beim Privatkläger entschuldigte (Akten S. 402) und auch glaubhaft ausgesagt hat, die Tat zu bereuen (Akten S. 607). Die Vorstrafenlosigkeit ist hingegen neutral zu werten. Es rechtfertigt sich insgesamt, die bisher zugemessene Freiheitsstrafe um sechs Monate zu reduzieren. Eine Freiheitsstrafe von 3 ½ Jahren erscheint dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Berufungsklägers im Ergebnis als angemessen. Bei diesem Strafmass fällt der (teil)bedingte Vollzug schon aus formellen Gründen ausser Betracht. Der Anrechnung der erstandenen Haft steht indes nichts entgegen (Art. 51 StGB).

6.5

6.5.1 Der Berufungskläger ist gemäss forensisch-psychiatrischem Gutachten von G____ behandlungsbedürftig, wobei das begangene Delikt im Zusammenhang mit der Krankheit des Berufungsklägers stehe. Der Gutachter empfiehlt eine ambulante psychiatrische Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB. Damit liesse sich das Risiko für weitere Delikte vermindern. Die ambulante Massnahme kann laut Gutachter haftbegleitend vollzogen werden. Eine Behandlung nach vorherigem Strafvollzug wäre grundsätzlich ebenfalls möglich, jedoch hinsichtlich der therapeutischen Zielsetzung weniger erfolgversprechend. Eine Massnahme für junge Erwachsene (vgl. dazu schon E. 5.7) eine stationäre Massnahme seien aus forensisch-psychiatrischer Sicht nicht indiziert (vgl. Gutachten S. 53 ff.).


6.5.2 Den Ausführungen des Gutachters ist vollumfänglich zu folgen. Der im Verlaufsbericht vom 24. Januar 2020 skizzierte positive Vollzugsverlauf zeigt auch, dass die im Gutachten und anlässlich der Berufungsverhandlung vom 13. November 2018 getätigte Aussage von G____, wonach der Berufungskläger weniger von pädagogischen Massnahmen profitiere, sondern häufigerer und intensiverer psychiatrischer Behandlung bedürfe (Akten S. 604), als zutreffend herausgestellt hat. Es bleibt zu hoffen, dass der Berufungskläger seine Therapiemotivation auch für den Rest des Strafvollzugs aufrechterhalten kann, zumal offenbar eine vertrauensvolle Beziehung zu den Therapierenden aufgebaut werden konnte und er seine Medikamente - wenn auch ungern - regelmässig einnimmt (Akten S. 765). Es wird daher - in Übereinstimmung mit dem Berufungskläger - gemäss Art. 63 Abs. 1 StGB eine ambulante psychiatrische Behandlung (während des Strafvollzugs) angeordnet.


7.

Der Berufungskläger hat anlässlich der heutigen Verhandlung die noch zur Diskussion stehende Genugtuungsforderung in Höhe von CHF 1'500.- akzeptiert (Akten S.773). Dabei wird er behaftet. Es gilt insoweit - anders als grundsätzlich im Strafrecht - die Dispositionsmaxime. Weitere Bemerkungen erübrigen sich daher.


8.

8.1 Die schuldig gesprochene Person hat - sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorliegen - gestützt auf Art. 426 Abs. 1 StPO sämtliche kausalen Verfahrenskosten zu tragen (BGer 6B_811/2014 vom 13. März 2015 E. 1.4). Die Verfahrenskosten werden demnach gemäss Verursacherprinzip verlegt.


8.2 Da der Berufungskläger auch im Rückweisungsverfahren wegen Raubs (anstatt «Lebensgefahr» «besondere Gefährlichkeit») schuldig gesprochen wird und die Intensität sowie Qualität der Ermittlungshandlungen nicht von der entsprechenden Qualifikation abhängen, sind die erstinstanzlichen Verfahrenskosten sowie die erstinstanzliche Urteilsgebühr zu belassen. Demgemäss trägt der Berufungskläger für das erstinstanzliche Verfahren Kosten in Höhe von CHF 21114.30 sowie eine Urteilsgebühr von CHF 4500.-. Für die verlangte Reduktion der Verfahrenskosten aufgrund fehlerhafter Verfahrenshandlungen seitens der Staatsanwaltschaft besteht kein Raum, zumal daraus kein Freispruch resultiert.


9.

9.1 Für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens kommt Art. 428 Abs. 1 StPO zum Tragen. Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (BGer 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015 E. 2.4.1).


9.2 Der Berufungskläger obsiegt insofern, als er nicht wegen lebensgefährlichen Raubs im Sinne von Art.140 Ziff. 4 StGB, sondern «bloss» wegen besonders gefährlichen Raubs (Art. 140 Ziff. 3 StGB) schuldig gesprochen wird. Darüber hinaus erreicht er eine mildere Bestrafung. Es rechtfertigt sich daher, die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens um einen Drittel zu reduzieren. Ausgehend von einer vollen Urteilsgebühr in Höhe von CHF1500.- werden dem Berufungskläger daher die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer reduzierten Urteilsgebühr von CHF 1000.- (inklusive Kanzleiauslagen, zuzüglich der Kosten der Expertise von G____ anlässlich der [ersten] Berufungsverhandlung vom 13. November 2018 in Höhe von CHF 2335.50, zuzüglich allfälliger übriger Auslagen) auferlegt (Art.428 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Gerichtsgebührenreglements [GGR, SG 154.810]).


10.

10.1 Der amtliche Verteidiger, B____, beantragt (in eigenem Namen), es sei ihm für das erstinstanzliche Verfahren ein Honorar von CHF 9'552.20 (zuzüglich Mehrwertsteuer von CHF 764.20) und eine Spesenvergütung von CHF 733.60 (zuzüglich Mehrwertsteuer von CHF 58.70) auszurichten.


10.2 Die amtliche Verteidigung hat Entschädigungsentscheide des erstinstanzlichen Gerichts grundsätzlich bei der Beschwerdeinstanz anzufechten (Art. 135 Abs. 3 lit. a StPO). Ficht eine Partei das erstinstanzliche Urteil (in der Sache) mit Berufung an, fällt das Anfechtungsobjekt des parallelen Beschwerdeverfahrens aufgrund der Rechtsnatur der Berufung als grundsätzlich reformatorisches Rechtsmittel (Art. 408 StPO) dahin. In diesen Fällen sind die Einwände des amtlichen Verteidigers gegen die Höhe seiner Entschädigung mit der Berufung zu behandeln, sodass das Dreiergericht auch zur Beurteilung dieser Rüge zuständig ist (BGE 139 IV 199 E. 5.6 S.205 f.; Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2.Auflage, Zürich 2014, Art. 135 N 15).


10.3

10.3.1 Der amtliche Verteidiger machte im vorinstanzlichen Verfahren mit Leistungsausweis vom 31. Oktober 2017 eine Honorarforderung von insgesamt CHF 9'939.- (inklusive Mehrwertsteuer) geltend. Im Urteil der Vorinstanz wurde ihm indes «bloss» eine Entschädigung in Höhe von CHF 8859.05 (inklusive Mehrwertsteuer) ausgerichtet.


10.3.2 Aus dem erstinstanzlichen Verhandlungsprotokoll (Akten S. 408) ergibt sich, dass dem amtlichen Verteidiger vor der Urteilseröffnung das rechtliche Gehör betreffend seine Honorarnote gewährt wurde. Die Kürzung des geltend gemachten Aufwands wurde offenbar auch mündlich begründet (Berufungsbegründung Ziff. 18). Indes findet sich im schriftlichen Urteil keine Begründung hierfür.


10.4

10.4.1 Art. 29 Abs. 2 BV begründet einen Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser beinhaltet die Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss jedenfalls kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich der Entscheid stützt. Grundsätzlich ist ein Entscheid so zu begründen, dass die betroffene Person sich über dessen Tragweite Rechenschaft geben, ihn in voller Kenntnis der Sache weiterziehen und die obere Instanz überprüfen kann, ob die untere Instanz Recht verletzt hat (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236; BGer 1B_767/2012 vom 23. Januar 2013 E. 2.2; Stohner, in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 81 StPO N 9).


10.4.2 Im vorliegenden Fall ist völlig unklar, welche Aufwandspositionen das Strafgericht konkret bemängelte bzw. kürzte. Es ist ebenso unbestimmt, von welchen Überlegungen sich die Vorinstanz bei ihrem Entscheid leiten liess. Demgemäss konnte sich der amtliche Verteidiger dagegen nicht wirkungsvoll verteidigen bzw. kann das Berufungsgericht nicht überprüfen, ob die Vorinstanz Recht verletzt hat. Da es sich aus prozessökonomischen Gründen nicht rechtfertigt, den Fall deshalb an das Strafgericht zurückzuweisen, wird B____ für die erste Instanz ein Honorar gemäss seiner Aufstellung zu Lasten der Strafgerichtskasse zugesprochen. Für den genauen Betrag wird auf das Urteilsdispositiv verwiesen.


10.5 Da die Entschädigungsfolgen dem Kostenentscheid folgen (BGE 137 IV 352 E. 2.4.2 S. 357 f.; BGer 6B_115/2019 vom 15. Mai 2019 E. 5, 6B_343/2018 vom 25.April 2019 E. 2.3, 6B_398/2018 vom 21. August 2018 E. 2.1; AGE SB.2014.33 vom 25. Juni 2015 E. 3; Griesser, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2. Auflage, Zürich 2014, Art. 430 N 2, 7), umfasst die Rückerstattungspflicht bezüglich des Honorars der amtlichen Verteidigung im Falle der wirtschaftlichen Besserstellung des Berufungsklägers 100 % des zugesprochenen Honorars (Art. 135 Abs. 4 StPO).

11.

11.1 Der amtliche Verteidiger macht mit seinen beiden Honorarnoten vom 12. November 2018 für das (erste) Berufungsverfahren einen Aufwand von insgesamt rund 63 Stunden geltend (teilweise von der Volontärin erbracht).

11.2 Dieser Aufwand fällt klar zu hoch aus und kann nicht vollumfänglich entschädigt werden. Namentlich der Aufwand für die Berufungsbegründung von rund 13.5Stunden erscheint für einen mit dem Fall befassten Advokaten zu hoch. Zudem können die diversen Aufwandposten, die Abklärungen bei der Invalidenversicherung betreffen, im Strafverfahren nicht entschädigt werden, zumal dafür gemäss Auskunft von I____ in der Hauptverhandlung vom 13. November 2018 die Sozialarbeiterin [...] zuständig ist (Akten S. 601).


11.3 Dem amtlichen Verteidiger wurde am Ende der Urteilsberatung vom 13. November 2018 bezüglich seiner Honorarnote das rechtliche Gehör gewährt. Er erklärte sich mit einer pauschalen Kürzung seiner Honorarnote um CHF 2000.- einverstanden (Akten S. 607).


11.4 Für die damalige Berufungsverhandlung (inklusive Nachbesprechung mit seinem Klienten) sind dem Verteidiger zusätzlich fünf Stunden zu vergüten. Die geltend gemachten Auslagen von insgesamt CHF 147.50 werden akzeptiert. Für die Aufwendungen und die Auslagen sind 7,7 % MWST zu entrichten. Bezüglich des genauen Betrags wird auf das Urteilsdispositiv verwiesen.


11.5 Für das Rückweisungsverfahren ist dem amtlichen Verteidiger aus der Gerichtskasse eine Entschädigung gemäss seiner Aufstellung, zuzüglich 2 ½ Stunden für die heutige Hauptverhandlung (inklusive Nachbesprechung), auszurichten (Kopiaturen werden im Rahmen der amtlichen Verteidigung mit bloss CHF 0.25 pro Seite abgegolten [AGE SB.2016.119 vom 19. Juni 2019 E. 11.1, SB.2017.63 vom 28.Mai 2019 E. 8.1]). Für die genauen Beträge wird auf das Urteilsdispositiv verwiesen.


11.6 Da der Berufungskläger mit seiner Berufung im Umfang von einem Drittel obsiegt, umfasst die Rückerstattungspflicht bezüglich des Honorars seines amtlichen Verteidigers (für die beiden Rechtsmittelverfahren) im Falle seiner wirtschaftlichen Besserstellung zwei Drittel des zugesprochenen Honorars (Art. 135 Abs. 4 StPO).


12.

12.1 Der unentgeltliche Vertreter des Privatklägers, D____, macht mit seinem Leistungsnachweis vom 5. Februar 2020 eine Entschädigung in Höhe von insgesamt CHF 2176.90 (inklusive Auslagen und Mehrwertsteuer) geltend. Der Aufwand von zehn Stunden entstand im Zusammenhang mit dem Berufungsverfahren und erscheint insgesamt angemessen. Er ist zusammen mit den für die heutige Berufungsverhandlung zusätzlich ausrichtenden 2 ½ Stunden (inklusive Nachbesprechung) zu entschädigen. Für den genauen Betrag wird auf das Dispositiv verwiesen.


12.2 Da der Berufungskläger in zivilrechtlicher Hinsicht vollumfänglich unterliegt, beträgt die Rückerstattungspflicht bezüglich des Honorars des unentgeltlichen Vertreters des Privatklägers 100 % des zugesprochenen Honorars.



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Kammer):


://: Es wird festgestellt, dass folgende Punkte des Urteils des Strafgerichts vom 2.November 2017 mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sind:

- Freispruch von der Anklage eines Vergehens gegen das Waffengesetz

- Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände

- Abweisung der Genugtuungsmehrforderung in Höhe von CHF 2000.-


A____ wird - in teilweiser Gutheissung seiner Berufung - des Raubs (besondere Gefährlichkeit) schuldig erklärt und verurteilt zu 3 ½ Jahren Freiheitsstrafe, unter Einrechnung des Polizeigewahrsams vom 1. bis zum 2.Juli 2015 (1 Tag) sowie des vorzeitigen Strafvollzugs seit dem 17. Juli 2019,

in Anwendung von Art. 140 Ziff. 1 und 3 sowie 51 des Strafgesetzbuches.


Gemäss Art. 63 Abs. 1 des Strafgesetzbuches wird eine ambulante psychiatrische Behandlung (während des Strafvollzugs) angeordnet.


A____ wird bei der Anerkennung der Genugtuungsforderung von C____ in der Höhe von CHF 1500.- (zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 1. Juli 2015) behaftet.


A____ trägt die Kosten von CHF 21114.30 und eine Urteilsgebühr von CHF 4500.- für das erstinstanzliche Verfahren sowie die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer reduzierten Urteilsgebühr von CHF1000.- (inklusive Kanzleiauslagen, zuzüglich der Kosten der Expertise von G____ anlässlich der Berufungsverhandlung vom 13. November 2018 in Höhe von CHF2335.50, zuzüglich allfälliger übriger Auslagen).


Dem amtlichen Verteidiger, B____, wird für die erste Instanz ein Honorar von CHF 9552.20 und ein Auslagenersatz von CHF 733.60, zuzüglich Mehrwertsteuer von insgesamt CHF 822.90, total also CHF 11108.70, aus der Strafgerichtskasse zugesprochen. Art.135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.


Dem amtlichen Verteidiger, B____, wird für die zweite Instanz ein Honorar von CHF 8970.40 und ein Auslagenersatz von CHF 147.50, zuzüglich Mehrwertsteuer von insgesamt CHF 706.20 (8 % auf CHF 1368.60 sowie 7,7%auf CHF 7749.30), somit total CHF 9824.10, aus der Gerichtskasse zugesprochen. Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt im Umfang von zwei Dritteln vorbehalten.


Dem amtlichen Verteidiger, B____, wird für die Rückweisungsverfahren ein Honorar von CHF 4583.40 und ein Auslagenersatz von CHF 169.40, zuzüglich Mehrwertsteuer von CHF 365.95 (7,7 % auf CHF 4752.80), somit total CHF 5118.75, aus der Gerichtskasse zugesprochen. Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt im Umfang von zwei Dritteln vorbehalten.


Dem Vertreter des Privatklägers im Kostenerlass, D____, werden in Anwendung von Art. 136 in Verbindung mit Art. 426 Abs. 4 der Strafprozessordnung ein Honorar von CHF 2'500.- sowie ein Auslagenersatz von CHF21.25, zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von CHF 194.15 (7,7 % auf CHF2'521.25), insgesamt also CHF 2'715.40, aus der Gerichtskasse ausgerichtet. A____ hat dem Appellationsgericht diesen Betrag zurückzuerstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, in Anwendung von Art. 138 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 Abs. 4 der Strafprozessordnung.


Mitteilung an:

- Berufungskläger

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

- Strafgericht Basel-Stadt

- Privatkläger

- Justiz- und Sicherheitsdepartement, Abteilung Strafvollzug

- Justiz- und Sicherheitsdepartement, Bewährungshilfe

- Strafregister-Informationssystem VOSTRA

- G____, UPK

- Migrationsamt Basel-Stadt


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Liselotte Henz Dr. Beat Jucker

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerschaft können gegen den Entscheid betreffend ihre Entschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b der Strafprozessordnung (StPO) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht (Viale Stefano Franscini 7, Postfach 2720, 6501 Bellinzona) erheben (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014).



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