Zusammenfassung des Urteils SB.2018.53 (AG.2019.649): Appellationsgericht
Eine Person namens A____ wurde wegen verschiedener Vergehen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Ausländerinnen ohne Bewilligung und der Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts verurteilt. Nachdem sie Berufung eingelegt hatte, wurde die Geldstrafe von 90 auf 120 Tagessätze erhöht. Die Vorwürfe basierten hauptsächlich auf Indizien und Beweisen, da die Belastungszeugin nie konfrontiert wurde. Trotz eines Freispruchs für einen Verstoss gegen das Gastgewerbegesetz wurde A____ schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 355.30, und A____ muss zusätzlich eine Urteilgebühr von CHF 1000.- für das erstinstanzliche Verfahren sowie CHF 800.- für das zweitinstanzliche Verfahren tragen.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | SB.2018.53 (AG.2019.649) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 06.06.2019 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | mehrfacher Förderung der rechtswidrigen Ein-, Ausreise oder des rechtswidrigen Aufenthalts, der mehrfachen wiederholten Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung sowie der mehrfachen Übertretung gegen das Gesetz des Gastgewerbes des Kantons Basel-Stadt |
Schlagwörter: | Berufung; Anschlussberufung; Berufungsklägerin; Anschlussberufungsbeklagte; Ausländer; Ausländerinnen; Frauen; Anschlussberufungsbeklagten; Recht; Gericht; Zimmer; Aufenthalt; Ausländern; Geldstrafe; Bewilligung; Basel; Urteil; Verfahren; Beschäftigung; Staatsanwaltschaft; Sachverhalt; Gastgewerbegesetz; Tagessätze; Beschuldigte; Aufenthalts; Gerichts; Urteil; Staatsangehörige; Ausführungen |
Rechtsnorm: | Art. 117 AIG ;Art. 325 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 48 BGG ;Art. 49 StGB ;Art. 49 StPO ; |
Referenz BGE: | 128 IV 170; 137 IV 159; 140 IV 172; |
Kommentar: | - |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Dreiergericht |
SB.2018.53
URTEIL
vom 6. Juni 2019
Mitwirkende
lic. iur. Christian Hoenen (Vorsitz), Dr. Christoph A. Spenlé,
Dr. Cordula Lötscher und Gerichtsschreiberin lic. iur. Barbara Grange
Beteiligte
A____, geb. [ ] Berufungsklägerin
[ ] Anschlussberufungsbeklagte
vertreten durch [ ], Advokat, Beschuldigte
[ ]
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Berufungsbeklagte
Binningerstrasse21, 4001 Basel Anschlussberufungsklägerin
Gegenstand
Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichts in Strafsachen
vom 30. Januar 2018
betreffend die mehrfache Förderung der rechtswidrigen Ein- Ausreise den rechtswidrigen Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern, die mehrfache wiederholte Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung sowie die mehrfache Übertretung des Gastgewerbegesetzes des Kantons Basel-Stadt
Sachverhalt
Mit Strafbefehl vom 26. Mai 2017 wurde A____ der mehrfachen Förderung der rechtswidrigen Ein- Ausreise des rechtswidrigen Aufenthalts von Ausländerinnen und Ausländern, der wiederholten mehrfachen Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung und der mehrfachen Widerhandlung gegen das kantonale Gastgewerbegesetz schuldig erklärt und zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu CHF 240.- sowie zu einer Busse von CHF 300.- verurteilt. Nachdem A____ dagegen Einsprache erhoben hatte, wurde mit Urteil des Einzelgerichts des Strafgerichts vom 30. Januar 2018 der Schuldspruch gemäss Strafbefehl bestätigt und wurde sie zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu CHF 170.- sowie zu einer Busse von CHF 300.- (bei schuldhafter Nichtbezahlung 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt.
A____ hat gegen das Strafurteil rechtzeitig Berufung eingelegt und die vollumfängliche Aufhebung des angefochtenen Entscheids beantragt. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft fristgerecht Anschlussberufung erhoben. Sie beantragt die Erhöhung der Geldstrafe von 90 auf 120 Tagesätze. Mit Berufungsbegründung vom 30. Oktober 2018 beantragt die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte weiterhin die vollumfängliche Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Abweisung der Anschlussberufung. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt sie die Ladung der neun anlässlich der Polizeikontrolle in der [...]-Bar kontrollierten Frauen als Auskunftspersonen an die Berufungsverhandlung. Die Staatsanwaltschaft hat mit Eingabe vom 5. November 2018 auf das Einreichen einer schriftlichen Berufungsantwort verzichtet. Mit Instruktionsverfügung vom 15. März 2019 wurde der Antrag auf Ladung der neun genannten Frauen als Auskunftspersonen an die Berufungsverhandlung vorbehältlich eines anders lautenden Entscheids des Gerichts abgewiesen. Mit Instruktionsverfügung vom 21. März 2019 wurde dieser Entscheid kurz damit begründet, dass ohnehin einzig [...] Belastungszeugin sei, diese aber kaum mehr auffindbar sein dürfte.
An der Berufungsverhandlung ist A____ gefragt worden, ob sie sich zur Sache äussern möchte, was sie verneint hat. Ihr Rechtsvertreter sowie die Staatsanwaltschaft haben je plädiert, wobei der Beweisantrag betreffend die Ladung der genannten Personen als Auskunftspersonen seitens der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten nicht mehr wiederholt worden ist. Die Einzelheiten des Sachverhalts und der Parteiausführungen ergeben sich, soweit für den Entscheid von Relevanz, aus den nachfolgenden Erwägungen.
Erwägungen
1.
Zuständig zur Beurteilung von Berufungen gegen Urteile des Einzelgerichts des Strafgerichts ist das Appellationsgericht als Dreiergericht (§88 Abs.1, 92 Abs.1 Ziff.1 i.V.m. §99 Gerichtsorganisationsgesetz [GOG, SG 154.100]). Auf die form- und fristgerecht erhobene Berufung und Anschlussberufung ist je einzutreten.
2.
2.1 Die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte lässt an der Verhandlung monieren, der vorgeworfene Sachverhalt sei dem Strafbefehl vom 26. Mai 2017 (und damit dem Anklagesachverhalt: Art. 356 Strafprozessordnung [StPO, SR 312.0]) ungenügend zu entnehmen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ihr die mehrfache Förderung der rechtswidrigen Ein- Ausreise des rechtswidrigen Aufenthalts von Ausländerinnen und Ausländern vorgeworfen werde. Der Sachverhalt sei krud und nicht präzise. Er lasse sich nicht unter den vorgeworfenen Tatbestand subsumieren.
2.2 Den notwendigen Inhalt einer Anklageschrift normiert Art. 325 StPO. Die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten müssen möglichst kurz aber genau mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit sowie Art und Folgen der Tatausführung festgehalten sein (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO). In Bezug auf die Strafvorwürfe wird im Strafbefehl vom 26. Mai 2017 festgehalten:
Die Beschuldigte beschäftigte vom 13.10.2016 bis zum 18.11.2016 als verantwortliche Geschäftsführerin der Kontaktbar [ ]-Bar" an der [ ] in Basel 4 Ausländerinnen ([...], Staatsangehörige der Dominikanischen Republik, 13.10.2016 - 18.11.2016; [...], Äthiopische Staatsangehörige, 11.11.2016 - 18.11.2016; [...], Ukrainische Staatsangehörige, 08.11.2016- 18.11.2016; [...], Brasilianische Staatsangehörige, 18.11.2016), indem sie ihnen durch die Vermietung von Zimmern in derselben Liegenschaft Infrastruktur zur Verfügung stellte sowie ihnen ermöglichte in der dazugehörenden [...]-Bar" (Kontaktbar) Kunden anzuwerben und Liebesdienste in den von ihnen angemieteten Zimmern anzubieten, obwohl sie wusste zumindest in Kauf nahm, dass diese über keine gültigen Arbeitsbewilligungen verfügten.
Die Beschuldigte wurde bereits mit dem Urteil des Strafgerichts Basel- Stadt vom 30.10.2012 wegen mehrfacher Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung in der Kontaktbar [...]- Bar" an der [...] in Basel zu einer bedingten Geldstrafe vom 60 Tagessätzen zu CHF200.00 bei einer Probezeit von 2 Jahren sowie zu einer Busse in der Höhe von CHF2'500.00 verurteilt. Somit beschäftigte die Beschuldigte in der vorliegenden Sache wiederholt Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung.
Die Beschuldigte förderte vom 13.10.2016 bis zum 18.11.2016 als verantwortliche Geschäftsführerin der Kontaktbar [...]-Bar" an der [...] in Basel den illegalen Aufenthalt der vorgenannten Ausländerinnen ([...], Staatsangehörige der Dominikanischen Republik, 13.10.2016- 18.11.2016; [...], Äthiopische Staatsangehörige, 11.11.2016 - 18.11.2016; [...], Ukrainische Staatsangehörige, 08.11.2016 - 18.11.2016; [...], Brasilianische Staatsangehörige, 18.11.2016), welche als Drittstaatenangehörige und Angehörige der EU-2-Länder bei Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit unabhängig von der Aufenthaltsdauer eine Bewilligung benötigen, indem sie ihnen durch die Vermietung der Zimmer in der Liegenschlaft [...] in Basel Unterkunft gewährte.
Die Beschuldigte handelte vom 13.10.2016 bis zum 18.11.2016 als verantwortliche Geschäftsführerin der Kontaktbar [...]-Bar" an der [...] in Basel dem Gastgewerbegesetz des Kantons Basel- Stadt zuwider, indem sie die vorgenannten Ausländerinnen dazu anhielt die Gäste in der [...]-Bar" zum Konsum von Getränken zu animieren und ihnen eine Umsatzbeteiligung für die aufgrund ihrer Animation konsumierten Getränke entrichtete.
Der Anklagesachverhalt nennt die einzelnen Zeiträume für jedes vorgeworfene Delikt, führt aus, wo die vorgeworfenen Delikte ausgeübt worden sein sollen und enthält für jedes der angeklagten Delikte eine kurze Beschreibung des vorgeworfenen Sachverhalts. In Bezug auf die Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts wird dargelegt, dass dieser Tatbestand durch die Vermietung von Zimmern mithin die Gewährung von Unterkunft erfüllt worden sein soll. Die Anklageschrift ist offensichtlich genügend, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern sie der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten nicht ermöglicht haben soll, die ihr vorgeworfenen Umstände zu kennen und sich dagegen wehren zu können. So erfolgte die Kritik denn auch pauschal und ohne Angabe konkreter (relevanter) Wissenslücken.
3.
3.1 Ebenfalls nicht als Beweismittel gegen die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte ist gemäss den Ausführungen ihrer Verteidigung das Schreiben des vormaligen Rechtsvertreters der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten vom 27.Dezember 2016 (act. 29) zu verwenden. Was der frühere Rechtsvertreter im Rahmen der Korrespondenz mit einer Verwaltungsbehörde ausgeführt habe, müsse sich die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte nicht persönlich anrechnen lassen.
3.2 Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Beim Schreiben des vormaligen Anwalts der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten vom 27. Dezember2016 handelt es sich um die Antwort auf ein Schreiben des Migrationsamts vom 28. November2016 (act. 75 f.). Gemäss dessen Betreff wurde der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten damit das rechtliche Gehör wegen mehrfacher Beschäftigung von Ausländerinnen ohne Bewilligung, Verletzung der Meldepflicht bei gewerbsmässiger Beherbergung von Ausländerinnen, Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts, mehrfacher Beschäftigung von Ausländerinnen unter Missachtung der Meldepflicht und Verstosses gegen das Animierverbot gewährt. Im Betreff des Schreibens des Migrationsamt aufgelistet sind nebst den genannten Tatbeständen die jeweiligen die Tatbestände normierenden Gesetzesvorschriften sowie die Namen, das Geburtsdatum und die Staatszugehörigkeit der am 18. November 2016 polizeilich kontrollierten Frauen. Im Schreiben wird sodann ausgeführt, dass die Kantonspolizei unter Mithilfe diverser Amtsstellen am Freitag, 18.November 2016, eine gezielte Kontrolle in der Kontaktbar [...]-Bar durchgeführt habe. Die im Betreff genannten Frauen seien durch das Migrationsamt einvernommen worden und die Akten würden mit dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls an die Staatsanwaltschaft überwiesen. Im weiteren Text wird der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten konkret vorgeworfen, als Arbeitgeberin im Sinne des gestützt auf die bundesrechtliche Rechtsprechung erweiterten Arbeitgeberbegriffs im Milieu-Bereich gegen Art. 117 Abs. 1 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG, SR 142.20; vormals Ausländergesetz [AuG, SR 142.20]; Art. 117 Abs. 1 AIG: Beschäftigung von Ausländern und Ausländerinnen ohne Bewilligung) sowie gegen das Animierverbot gemäss kantonalem Gastgewerbegesetz verstossen zu haben. Gleichzeitig wurde der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten unter Fristansetzung die Gelegenheit eingeräumt, sich zur Sache zu äussern, wobei sie unter Hinweis auf die StPO darauf aufmerksam gemacht wurde, dass sie Aussage und Mitwirkung verweigern könne und berechtigt sei, eine Verteidigung zu bestellen. Damit ist erstellt, dass die Ausführungen des vormaligen Rechtsvertreters im Rahmen eines Strafverfahrens erfolgten, in welchem die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte umfassend über den ihr vorgeworfenen Sachverhalt informiert wurde, ihr die relevanten Strafnormen genannt wurden und sie korrekt über ihre Rechte im Strafverfahren belehrt wurde. Unter diesen Umständen hat sich die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte die Ausführungen im Schreiben ihres ehemaligen Rechtsvertreters vom 27. Dezember 2016 umfassend als eigene Angaben im Strafverfahren anrechnen zu lassen.
4.
4.1 Die Berufungsklägerin lässt weiter monieren, entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil würden sich die gegen sie ergangen Schuldsprüche einzig auf die Aussagen der Belastungszeugin [...] abstützen. Da entgegen dem wiederholt gestellten Antrag auf Konfrontation der Belastungszeugin mit der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten eine solche nie stattgefunden habe, dürften die Aussagen der Belastungszeugin nicht gegen sie verwendet werden.
4.2 Im Bundesgerichtsentscheid vom 8. Februar 2019 (6B_128/2018 E. 2.3.3) wird zum Konfrontationsrecht ausgeführt: Der in Art. 6 Ziff. 3 lit. d Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK, SR 0.101) garantierte Anspruch des Beschuldigten, den Belastungszeugen Fragen zu stellen, ist ein besonderer Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen (BGE 140 IV 172 E.1.3 S. 176 mit Hinweisen). Dies gilt auch, wenn die belastende Aussage lediglich eines von mehreren Gliedern einer Indizienkette ist (Urteil 6B_510/2013 vom 3. März 2014 E. 1.3.2 mit Hinweis). Einzig hier nicht interessierende Umstände lassen eine Abweichung vom grundsätzlich zu gewährenden Recht auf Konfrontation mit Belastungszeugen zu (s. dazu BGer 6B_510/2014 vom 3.Mär 2014 E. 1.3.2). Für den vorliegenden Verfahrensablauf ist jedenfalls festzuhalten, dass eine Konfrontation der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten mit der Belastungszeugin [...] nie stattgefunden hat, obwohl dies zumindest zeitnah zu deren Einvernahme am 21. November 2016 wohl ohne weiteres möglich gewesen wäre. Damit haben die Strafverfolgungsbehörden den Verfahrensmangel zu vertreten und es ist festzustellen, dass auf die Aussagen der Belastungszeugin [...] nicht abgestellt werden kann.
5.
5.1 Entgegen den Ausführungen der Verteidigung liegen allerdings für eine Verurteilung wegen mehrfacher Förderung der rechtswidrigen Ein- Ausreise des rechtswidrigen Aufenthalts von Ausländerinnen und Ausländern und wegen der wiederholten mehrfachen Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung weitere belastende Indizien und Beweise vor.
Zwar konnte sich die als Zeugin einvernommene Wachtmeisterin [...] nicht mehr konkret an die Polizeikontrolle wegen Verdachts der Widerhandlungen gegen das AIG vom 18.November2016 erinnern, wohl aber ihr Kollege Feldweibel [...]. Dieser sagte zusammengefasst aus, er könne sich erinnern vor der Kontrolle die Bar zusammen mit einem Kollegen in Zivilkleidung betreten zu haben. Sie hätten an einem Tisch Platz genommen, woraufhin zwei Rumäninnen und eine Brasilianerin in roten, kurzen Kleidern zu ihnen gesessen seien und ihnen sexuelle Dienstleistungen für den Preis von CHF 150.- angeboten hätten. In der Bar seien ausserdem zwischen 5 und 10 leicht bekleidete Damen anwesend gewesen (Prot. HV act. 131 f.). Diese Aussage stimmt im Kern mit den im Polizeirapport vom 18. November2016 festgehalten Feststellungen des als Zeugen einvernommenen Feldweibels überein (act. 55). Zu dieser Zeugenaussage hinzu kommt das Schreiben des vormaligen Rechtsvertreters der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten vom 27. Dezember 2016 (act. 29), in welchem dieser namens und im Auftrag der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten ausführt, dass im Regelfall die Frauen direkt zur Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten kämen und nach einem Zimmer fragen würden. Die Zimmer würden den Frauen für CHF40.- pro Nacht vermietet. Die Frauen würden bei dieser Gelegenheit daraufhin gewiesen, dass die Möglichkeit besteht, unten in der Bar Männer kennenzulernen. Es bestehe allerdings keine Plicht für die Frauen, sich in der Bar aufzuhalten. Die Frauen seien allerdings von sich aus interessiert, sich an einem warmen Ort mit den Männern unterhalten zu können. Die Männer würden eventuell weitere Dienstleistungen der Damen beanspruchen. Dem Polizeirapport vom 18.November 2016 ist zu entnehmen, dass in den an die Frauen vermieteten Zimmern Kondome, Feuchttücher, Reizwäsche und Gleitcreme festgestellt werden konnten (act. 50 f., 53, 55). Sämtliche der betroffenen und kontrollierten Frauen waren ausserdem trotz der winterlichen Jahreszeit nur spärlich und figurbetont bekleidet (vgl. Fotos im Polizeirapport vom 18. November 2016 act. 48 ff.). Vier der am 18. November 2016 kontrollierten Frauen wurden je mit Strafbefehlen vom 22. und 23 November 2016 des rechtswidrigen Aufenhalts- und der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung schuldig gesprochen und mit Geldstrafen und Bussen belegt (act.40 ff.). Fest steht und ist im Übrigen unbestritten, dass die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte die [...]-Bar als Geschäftsführerin leitet.
5.2 Allein daraus lässt sich in Übereinstimmung mit den Feststellungen der Vorinstanz der Schluss ziehen bzw. hat die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte zugegeben, dass sie in der Kontaktbar den Frauen im inkriminierten Zeitraum Zimmer zum Zwecke der Prostitution vermietete und ihnen ermöglichte, in ihrer Bar die Freier anzuwerben.
Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, kommt der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten vor dem Hintergrund des erstellten Sachverhalts in Anwendung der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung die Funktion einer Arbeitgeberin im Sinne des Art. 117 Abs. 1 AIG zu. Dies gilt unabhängig davon, ob die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte einen finanziellen Vorteil aus den einzelnen Geschäften der Prostituierten mit den Freiern generiert hat nicht. Das Bundesgericht hat sich im Entscheid BGE 137 IV 159 ausführlich mit der Thematik auseinandergesetzt und ausgeführt, dass die Rechtsprechung zum früheren Recht (Gesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt von Ausländern, ANAG) unter neuem Recht (AIG bzw. bis zum 1. Januar 2018 AuG) weiterhin Bestand habe. Demgemäss erfülle der Betreiber eines Etablissements, der für dessen Infrastruktur zuständig ist und auch entscheidet, welche Ausländerinnen im Etablissement als Prostituierte arbeiten können, den Tatbestand der Beschäftigung von Ausländerinnen ohne Bewilligung gemäss Art. 23 Abs. 4 ANAG (BGE 137 IV 159 S. 163 E. 1.3 mit Verweis auf BGE 128 IV 170 E. 4.2). Somit ist auch nach neuem Recht von einem weiten, faktischen Arbeitgeberbegriff auszugehen (Nägelin/Schoch, in: Übersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, N. 22.55). Im genannten BGE 137 IV 159 begründete das Bundesgericht die Subsumtion des Sachverhalts unter Art.117 AIG damit, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer des Clubs die Infrastruktur zur Verfügung stellte, in denen Kontakte geknüpft werden konnten, so insbesondere neben Bar und Sauna auch die Zimmer, in welchen sexuelle Handlungen vorgenommen worden seien. Wie der Beschwerdeführer gewusst habe und sich aus der Werbung für den Club ergebe, habe es sich bei den im Club anwesenden Frauen um Prostituierte gehandelt, welche sich zum Zweck der Erbringung sexueller Dienstleistungen gegen Geld im Club aufhielten. Der Beschwerdeführer habe mithin den Frauen eine Infrastruktur zwecks Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt (a.a.O., E. 1.4.1.; s. auch AGE SB.2013.60 vom 5. September 2014 E.4)
Indem die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte den genannten Frauen die über der Bar liegenden Zimmer für einen weit unter einem üblichen Preis für eine Hotelübernachtung von CHF 40.- pro Nacht vermietete und es ihnen ermöglichte, Freier in ihrer Bar anzuwerben, bot sie ihnen die für ihre Arbeit notwendige Infrastruktur zur Benützung an. Dass sie geltend macht, jede und jeder hätte - ungeachtet seiner ihrer Pläne für die Dauer des Aufenthalts - eines ihrer Zimmer mieten können, muss angesichts der Tatsache, dass anlässlich der Polizeikontrolle ausschliesslich jüngere, weibliche und zudem für einen Novemberabend auffallend leicht bekleidete Frauen als Mieterinnen der Zimmer betroffenen wurden, als Schutzbehauptung abgetan werden. Auch ohne die Aussage der Belastungszeugin ist mit der Vorinstanz festzustellen, dass von einem engen Konnex zwischen der Funktion der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten als Geschäftsführerin der [...]-Bar, der Vermietung der Zimmer und der Tätigkeit der Frauen auszugehen ist. Damit hat die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten den Tatbestand des Art. 117 Abs. 1 AIG mehrfach erfüllt und der Schuldspruch ist zu bestätigen.
5.3 Als richtig erweist sich auch die vorinstanzliche Rechtsausführung, wonach sich gemäss Art. 116 Abs. 1 lit. a AIG strafbar macht, wer Ausländern und Ausländerinnen die rechtswidrige Ein- Ausreise den rechtswidrigen Aufenthalt erleichtert vorbereiten hilft und dies auf die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte zutreffe (Strafurteil S. 7). Da die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte entsprechend den Feststellungen zweifelsfrei wusste, dass die Frauen, denen sie die Zimmer vermietete, der Prostitution nachgingen und allesamt sich einzig als Touristinnen nicht aber als Arbeitstätige in der Schweiz aufhalten durften, war deren Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit illegal und die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte förderte deren rechtswidrigen Aufenthalt durch die Vermietung der Zimmer. Auch dieser Schuldspruch ist demnach zu bestätigen.
6.
Hingegen hat ein Freispruch vom Vorwurf der Übertretung des Gastgewerbegesetzes (SG 563.100) zu ergehen. Gegen das Animierverbot verstösst, wer den in einem Restaurationsbetrieb Beschäftigten und den Gästen alkoholhaltige Getränke aufdrängt (§ 32 Gastgewerbegesetz). Dem Schreiben des vormaligen Rechtsvertreters vom 27. Dezember 2016 ist zwar zu entnehmen, dass die in der [...]-Bar tätigen Frauen bei Konsumationen mit ihren Freiern eine Anteil von den einkassierten Getränkepreisen, einen sogenannten Kick-Back, erhalten. Allerdings wird auch ausgeführt, dass keinerlei Pflicht zur Konsumation bestehe, insbesondere nicht für alkoholische Getränke. Gestützt auf die prozessual verwertbare Beweis- und Indizienlage ist damit nicht erstellt, dass ein der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten vorwerfbarer Verstoss gegen das Animierverbot im inkriminierten Zeitraum stattgefunden hat.
7.
7.1 Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Anschlussberufung eine Erhöhung der erstinstanzlich für die Delikte gegen das AIG ausgesprochenen Geldstrafe von 90 auf 120 Tagessätze. Richtig sei zwar, dass die Vorinstanz eine Geldstrafe ausgesprochen und das Verschulden der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten als nicht mehr leicht eingestuft habe. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass aufgrund der einschlägigen Vorstrafe der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten vom 20. Oktober 2012 (Strafregisterauszug vom 3. Mai 2019) Art. 117 Abs. 2 AIG zur Anwendung komme, wonach wer nach einer Verurteilung gestützt auf Art. 117 Abs. 1 AIG innert fünf Jahren erneut eine gleiche Straftat begeht, mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren einer Geldstrafe zu sanktionieren ist und im Falle des Aussprechens einer Freiheitsstrafe zwingend eine Geldstrafe zusätzlich zu verhängen ist. Strafschärfend zu berücksichtigen sei auch die Tatmehrheit (Art. 49 Abs. 1 StPO).
7.2 Von keiner Seite beanstandet wird die Ausfällung einer Geldstrafe und nicht einer Freiheitsstrafe. Es kann deshalb auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden (Strafurteil S. 9 f.). Richtig ist sodann der Hinweis der Staatsanwaltschaft, wonach der erhöhte Strafrahmen des Art. 117 Abs. 2 AIG greift, da die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte mit Strafurteil vom 30. Oktober 2013 aufgrund eines Schuldspruchs wegen mehrfacher Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 200.- verurteilt wurde. In Übereinstimmung mit den Ausführungen der Vorinstanz und der Staatsanwaltschaft kann auch festgestellt werden, dass das Verschulden der Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten als nicht mehr leicht einzustufen ist. Nicht nur hat sie die Tatbestände von Art. 117 Abs. 1 und Art. 116 Abs. 1 lit. a AIG je mehrfach erfüllt, sondern war der seit vielen Jahren im Milieu tätigen und einschlägig vorbestraften Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagten zweifelsfrei bewusst, dass ihr Vorgehen gesetzeswidrig war. Richtigerweise hat die Vorinstanz sie diesbezüglich als unbelehrbar bezeichnet und diesen Umstand als straferhöhend berücksichtigt. Mit Blick auf Vergleichsurteile (s. AGE SB.2013.60) rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der Strafbarkeit nach Art.117 Abs.2 AIG sowie der Tatmehrheit (Art.49 Abs.1 StGB) eine Erhöhung der Strafe auf 140 Tagessätze. Diese Strafe ist allerdings wegen der für einen überschaubaren Sachverhalt etwas langen Verfahrensdauer auf 120 Tagessätze zu reduzieren. Diese kann gestützt auf die Erwägungen der Vorinstanz nicht bedingt ausgesprochen, schliesslich hat sich die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte von der im Jahr 2012 bedingt ausgesprochenen Geldstrafe offensichtlich nicht zu einer Änderung im Verhalten bewegen lassen.
7.3 Aufzuheben ist die im angefochtenen Urteil verhängte Busse von CHF 300.-, da diese einzig den vorinstanzlich noch angenommenen Verstoss gegen das Animierverbot gemäss Gastgewerbegesetz sanktioniert.
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte die gesamten Kosten für das erst- sowie das zweitinstanzliche Verfahren. Zwar hat sie im Berufungsverfahren einen Freispruch vom Vorwurf des Verstosses gegen § 32 Gastgewerbegesetz erwirken können. Dies vermag allerdings nicht aufzuwiegen, dass in teilweiser Gutheissung der Anschlussberufung eine Erhöhung der Geldstrafe um 30 Tagessätze gutgeheissen wird.
Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):
://: In teilweiser Gutheissung der Berufung und teilweiser Gutheissung der Anschlussberufung wird die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte, A____, der mehrfachen Förderung der rechtswidrigen Ein-, Ausreise des rechtwidrigen Aufenthalts und der mehrfachen Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung schuldig erklärt und zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu CHF 170.- verurteilt,
in Anwendung von Art. 116 Abs. 1 lit. a und 117 Abs. 1 und 2 AIG und Art. 49 Abs. 1 StGB.
Vom Vorwurf der mehrfachen Übertretung des Gastgewerbegesetzes wird die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte freigesprochen.
Die Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte trägt die Verfahrenskosten von CHF355.30 sowie eine Urteilgebühr von CHF1000.- für das erstinstanzliche Verfahren und die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer Urteilsgebühr von CHF800.- (inklusive Kanzleiauslagen und zuzüglich allfällige übrige Auslagen).
Mitteilung an:
- Berufungsklägerin/Anschlussberufungsbeklagte
- Staatsanwaltschaft
- Strafgericht
- Strafregister-Informationssystem VOSTRA
- Staatssekretariat für Migration
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
lic. iur. Christian Hoenen lic. iur. Barbara Grange
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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