Geschäftsnummer: | IV.2023.86 (SVG.2024.24) | Instanz: | Sozialversicherungsgericht | Entscheiddatum: | 20.12.2023 | Erstpublikationsdatum: | 16.02.2024 | Aktualisierungsdatum: | 16.02.2024 | | Titel: | Gutachten nicht beweiskräftig; erneute Abklärung notwendig. | | | | |
| Sozialversicherungsgericht | URTEIL vom 20. Dezember 2023 Mitwirkende Dr. G. Thomi (Vorsitz), lic. iur. M. Prack Hoenen, Dr. med. W. Rühl und Gerichtsschreiberin Dr. K. Zimmermann Parteien A____ [...] vertreten durch Dr. B____, [...] Beschwerdeführer IV-Stelle Basel-Stadt Rechtsdienst, Aeschengraben 9, Postfach, 4002 Basel Beschwerdegegnerin Gegenstand IV.2023.86 Verfügung vom 19. Juni 2023 Gutachten nicht beweiskräftig; erneute Abklärung notwendig. Tatsachen I. Der Beschwerdeführer arbeitete zuletzt von 2007 bis 2020 als selbstständiger [...]fahrer (IK-Auszug, IV-Akte 13, S. 5). Nachdem er am 16. Juli 2020 einen epileptischen Anfall erlitten hatte, stand er in der neurologischen Klinik des [...]spitals [...] (nachfolgend [...]) in Behandlung (Bericht vom 22.7.2020, IV-Akte 16, S. 22). Am 2. Dezember 2020 (Posteingang) meldete sich der Beschwerdeführer zum Leistungsbezug an (IV-Akte 2, S. 1 ff.). Der Regionale Ärztliche Dienst (nachfolgend RAD) attestierte ihm eine andauernde Arbeitsunfähigkeit als [...]fahrer (IV-Akte 18, S. 2). Vom 17. August 2021 bis 18. September 2021 befand sich der Beschwerdeführer in der Reha [...] (Bericht vom 20.9.2021, IV-Akte 28, S. 2 ff.). Am 13. Oktober 2022 fand eine Abklärung Selbständigerwerbende statt (IV-Akte 50). Die Beschwerdegegnerin zog die Akten der Krankentaggeldversicherung C____ bei und erhielt dadurch das im Auftrag der Krankentaggeldversicherung erstattete bidisziplinäre neurologisch-psychiatrische Gutachten der D____ AG (nachfolgend D____, aktuell in Liquidation) vom 23. Februar 2022 (IV-Akte 58, S. 41 ff.). Nach einer Stellungnahme des RAD (IV-Akte 63, S. 6) teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit Vorbescheid vom 6. Februar 2023 mit, dass sie beabsichtige, einen Rentenanspruch bei einem rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 30% abzulehnen (IV-Akte 64). Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 9. März 2023 Einwand (IV-Akte 68). In der Folge holte die Beschwerdegegnerin beim RAD (IV-Akte 75), beim Rechtsdienst (IV-Akte 76) sowie beim Bereich Integration (IV-Akte 80) je eine Stellungnahme ein. Gestützt auf diese Abklärungen hielt sie mit Verfügung vom 19. Juni 2023 am Vorbescheid fest (IV-Akte 82). II. Mit Beschwerde vom 22. August 2023 werden beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt folgende Rechtsbegehren gestellt: 1. Es sei die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 19. Juni 2023 aufzuheben. 2. Es sei die Beschwerdegegnerin anzuweisen, ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten in Auftrag zu geben. 3. Weiter sei die Beschwerdegegnerin anzuweisen, für das polydisziplinäre medizinische Gutachten eine Gutachterstelle nach dem Zufallsprinzip auszulosen. Eventualiter sei dem Beschwerdeführer eine volle Invalidenrente zuzusprechen. 4. Alles unter o/e-Kostenfolge. Die Beschwerdegegnerin schliesst mit Beschwerdeantwort vom 27. September 2023 auf Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer hält mit Replik vom 22. November 2023 an den gestellten Rechtsbegehren fest. III. Am 4. September 2023 geht der Kostenvorschuss ein. IV. Am 20. Dezember 2023 findet die Beratung der Sache durch die Kammer des Sozialversicherungsgerichts statt. Entscheidungsgründe 1. 1.1. Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt ist als einzige kantonale Instanz zuständig zum Entscheid über die vorliegende Streitigkeit (§ 82 Abs. 1 des Gesetzes vom 3. Juni 2015 betreffend die Organisation der Gerichte und der Staatsanwaltschaft Gerichtsorganisationsgesetz, GOG; SG 154.100). Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus Art. 69 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG; SR 831.20). 1.2. Da auch die übrigen formellen Beschwerdevoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. 2.1. Die Beschwerdegegnerin ermittelte in der angefochtenen Verfügung einen IV-Grad von 30% und lehnte einen Rentenanspruch ab (IV-Akte 82). In medizinischer Hinsicht stützte sie sich dabei auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten der D____ vom 23. Februar 2022, welches von der Krankentaggeldversicherung C____ in Auftrag gegeben worden war (IV-Akte 58, S. 41 ff.), und die Stellungnahmen des RAD vom 24. Januar 2023 und 28. März 2023 ab (IV-Akten 63 und 76). 2.2. Der Beschwerdeführer rügt, dass die Beschwerdegegnerin trotz Vorliegens eines komplexen Beschwerdebildes keine eigenen medizinischen Abklärungen vorgenommen, sondern lediglich die medizinischen Akten der Krankentaggeldversicherung angefordert habe. Der Beschwerdeführer erachtet die bisherigen Abklärungen als ungenügend und ein polydisziplinäres Gutachten als angezeigt (Beschwerde, Rz. 17 und 30 ff.). 2.3. Zwischen den Parteien ist damit im Wesentlichen umstritten, ob in medizinischer Hinsicht auf das D____-Gutachten abgestellt werden kann. Dies gilt es nachfolgend zu prüfen. 3. 3.1. Art. 43 Abs. 1 ATSG statuiert die Sachverhaltsabklärung von Amtes wegen, wobei es grundsätzlich im Ermessen des Versicherungsträgers – und im Beschwerdefall des Gerichts – liegt, darüber zu befinden, mit welchen Mitteln diese zu erfolgen hat. Was zu beweisen ist, ergibt sich aus der jeweiligen Sach- und Rechtslage. Gestützt auf den Untersuchungsgrundsatz ist der Sachverhalt soweit zu ermitteln, dass über den Leistungsanspruch zumindest mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit entschieden werden kann (vgl. u.a. das Urteil des Bundesgerichts 9C_57/2019 vom 7. März 2019 E. 3.2). 3.2. Um den Gesundheitszustand einer versicherten Person beurteilen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe der ärztlichen Fachperson ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Im Weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der Person noch zugemutet werden können (vgl. BGE 132 V 93, 99 f. E. 4). Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (vgl. BGE 134 V 231, 232 E. 5.1 mit Hinweis). Gutachten externer Spezialärzte, welche von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholt wurden und den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechen, darf das Gericht vollen Beweiswert zuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465, 470 E. 4.4; BGE 125 V 352, 353 E. 3b/bb). 3.3. Im Administrativverfahren nach Art. 43 Abs. 1 ATSG wie auch im kantonalen Sozialversicherungsprozess nach Art. 61 lit. c ATSG gilt der Untersuchungsgrundsatz. Danach haben die Verwaltung und das Sozialversicherungsgericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht. 3.4. Nach dem für das gesamte Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren geltenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsgerichte die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass das Gericht alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruchs gestatten. Insbesondere darf es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt (BGE 125 V 351, 352 E. 3a). 3.5. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Das Gericht hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die es von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigt (BGE 119 V 7 E. 3c/aa, mit Hinweisen). 3.6. Es ist Aufgabe der Ärztin des Arztes, sämtliche Auswirkungen einer Krankheit eines Unfalls auf den Gesundheitszustand der versicherten Person zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, bezüglich welcher konkreten Tätigkeiten und in welchem Umfang sie arbeitsunfähig ist. Die ärztlichen Auskünfte sind sodann eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person im Hinblick auf ihre persönlichen Verhältnisse noch zugemutet werden können (vgl. BGE 132 V 93 E. 4). 3.7. Praxisgemäss spricht der Umstand, dass ein Gutachten im Auftrag eines Krankentaggeldversicherers und somit nicht im Verfahren nach Art. 44 ATSG erstellt wurde, nicht gegen dessen Beweiskraft für die Beurteilung des Rentenanspruchs gegenüber der Invalidenversicherung. Indessen sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit einer solchen Expertise, so sind - wie bei versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen - ergänzende Abklärungen vorzunehmen. Einem "Fremdgutachten" kommt somit nicht von vornherein dieselbe Beweiskraft zu wie einer gerichtlich im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger veranlassten Expertise unabhängiger Sachverständiger (BGer 9C_89/2020 vom 18. Juni 2020 E. 4.2 mit Hinweisen). 4. 4.1. 4.1.1. Im neurologischen Teilgutachten der D____ vom 23. Februar 2022 wird als Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit Folgendes festgehalten (vgl. IV-Akte 58, S. 67): Strukturelle Epilepsie mit Grand mal Anfällen (aktenkundig/anamnestisch 2 Anfallsereignisse), Erstdiagnose 1.6.07.2020, bei Status nach Kraniotomie rechts parietal bei zystischer Enzephalomalazie und Gliose parietal rechts und kleinem Parenchymdefekt frontobasal links (wahrscheinlich Defekte nach Hirnkontusion) Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit werden keine gestellt (a.a.O.). Im psychiatrischen Teilgutachten wird als Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine mittelgradig ausgeprägte depressive Episode (ICD-10: F32.1) attestiert. Ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit bestehe ein zurückliegender Alkoholmissbrauch (ICD-10: F10.1, IV-Akte 58, S. 93). 4.1.2. Die Gutachter kamen übereinstimmend zum Schluss, dass der Beschwerdeführer in der bisherigen Tätigkeit (aus neurologischer und psychiatrischer Sicht) seit dem 16. Juli 2020 vollständig arbeitsunfähig sei (IV-Akte 58, S. 69 und 101). In einer angepassten Tätigkeit beurteilte der neurologische Gutachter den Beschwerdeführer als vollumfänglich arbeitsfähig, dies auch rückblickend (IV-Akte 58, S. 69), während der psychiatrische Gutachter ab März 2021 nur von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit ausging (IV-Akte 58, S. 101). Ferner vermerkten die Gutachter, es könne per Ende Juni 2022 mit einem Wiedererlangen einer vollschichtigen Arbeitsfähigkeit gerechnet werden (IV-Akte 58, S. 41). 4.1.3. Der RAD hielt hierzu in der Stellungnahme vom 24. Januar 2023 fest, auf das bidisziplinäre neurologisch-psychiatrische Gutachten der D____ vom 23. Februar 2022 könne abgestellt werden (IV-Akte 63, S. 6). Einzig die Aussage, dass ab Juni 2021 mit einer vollständigen Arbeitsfähigkeit zu rechnen sei, sei spekulativ und könne so vom RAD nicht übernommen werden (a.a.O.). Der RAD empfahl unter Berücksichtigung einer Schadenminderungsauflage eine Revision in einem Jahr (a.a.O.). An dieser Einschätzung hielt der RAD in seiner zweiten Stellungnahme vom 28. März 2023 fest (IV-Akte 75). 4.2. Wie bereits unter E. 3.7 ausgeführt, sind an die Beweiswürdigung eines Gutachtens, welches im Auftrag eines Krankentaggeldversicherers und somit nicht im Verfahren nach Art. 44 ATSG erstellt wurde, strenge Anforderungen zu stellen und zwar in dem Sinne, dass bei auch nur geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen ergänzende Abklärungen vorzunehmen sind. 4.3. Vorliegend ergeben sich nun in verschiedener Hinsicht Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit des von der Beschwerdegegnerin als massgebend erachteten D____-Gutachtens. 4.4. 4.4.1. Zunächst fällt auf, dass den D____-Gutachtern nicht das ganze IV-Dossier vorlag, weshalb diese das Gutachten in Unkenntnis der vollständigen Aktenlage erstellten. So fehlt in der Aktenaufzählung des D____-Gutachtens der Bericht der [...] Clinic des [...] Spitals vom 4. Februar 2022 betreffend die neuropsychologische Verlaufsuntersuchung vom 5. Januar 2022 (IV-Akte 54). Dies räumt auch die Beschwerdegegnerin ein (Beschwerdeantwort, Rz. 11). Im Bericht des [...] Spitals vom 4. Februar 2022 (IV-Akte 54) werden neben den Diagnosen, welche die D____-Gutachter ebenfalls gestellt haben, zusätzliche Diagnosen aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine leichte bis mittelschwere neuropsychologische Störung sowie ein leichtes sensomotorisches Hemisyndrom links mit zunehmender Gangataxie, ES ca. Sommer 2020, ED 23.03.2021, DD St. n. Schädel-Hirn-Trauma parietal rechts 1980 (IV-Akte 54, S. 1). Es kommt hinzu, dass sich im Rahmen der ausführlichen neuropsychologischen Untersuchung testpsychologisch mittelschwere defizitäre Leistungen der basalen Aufmerksamkeit und der Sprache objektivieren liessen (IV-Akte 54, S. 3), was den Gutachtern ebenfalls nicht bekannt war. Da den Gutachtern dieser Bericht nicht vorlag, konnten sie sich nicht zur durchgeführten Testung sowie deren Ergebnis und Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit äussern, was invalidenversicherungsrechtlich bedeutsam ist. Daran ändert nichts, dass den Gutachtern stattdessen der Bericht des [...]spitals [...] vom 6. August 2021 (IV-Akte 28, S. 7) vorlag, wie die Beschwerdegegnerin geltend macht, da es dort an einer eingehenden Auseinandersetzung mit den Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit fehlt. Darüber hinaus fehlt in der Aktenaufzählung der D____-Gutachter auch der Bericht der [...]-Klinik vom 11. Januar 2022, in welchem unter anderem eine mittelschwere neuropsychologische Störung festgehalten wird (IV-Akte 62, S. 33). 4.4.2. Es kommt vorliegend hinzu, dass auch der Bericht der Neurologischen Klinik des [...] vom 4. März 2022, welcher unmittelbar nach der Begutachtung erstellt wurde, Zweifel an der Einschätzung der D____-Gutachter erweckt. So werden darin Diagnosen aufgeführt, welche im D____-Gutachten nicht enthalten sind: ein beidseitiger Tinnitus, ein St. n. sensomotorischem Hemisyndrom links, ED 23.03.2021, DD bei Status nach Schädel-Hirn-Trauma parietal rechts 1980, ein Status nach Schädel-Hirn-Trauma parietal rechts 1980 und eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion (IV-Akte 59, S. 9). Zudem wurde in der Beurteilung festgehalten, beim Beschwerdeführer bestehe eine eingeschränkte Motilität, insbesondere auf der linken Seite des Körpers und mit Gleichgewichtsstörung. Klinisch imponierten in der Neurologischen Klinik des [...] eine Gangataxie und ein entsprechend unsicheres Gangbild (IV-Akte 59, S. 11), was vom neurologischen D____-Gutachter im Gutachten vom 23. Februar 2022 und damit noch kurz zuvor beides verneint worden war (IV-Akte 58, S. 64). 4.5. Schliesslich fällt auf, dass die D____-Gutachter in der Konsensbeurteilung ohne weitere Begründung davon ausgegangen sind, per Ende Juni 2021 sei eine wieder erlangte Arbeitsfähigkeit von 100% zu erwarten (IV-Akte 58, S. 41). Dabei handelt es sich um eine Prognose, die offensichtlich nicht eingetroffen ist. So haben die Behandler Dr. E____ und Msc F____ im Arztbericht vom 7. Dezember 2022 dem Beschwerdeführer u.a. eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F.32.2) und eine Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit von lediglich zwei Stunden pro Tag attestiert. Zudem hielten sie fest, eine Wiederaufnahme der Arbeit im 1. 2. Arbeitsmarkt sei aufgrund des Alters und des Ausmasses der gesundheitlichen Beschwerden wenig realistisch (IV-Akte 57). Ferner wird der Beschwerdeführer auch von Dr. G____ im IV-Arztbericht vom 1. November 2022 für vollständig arbeitsunfähig beurteilt (IV-Akte 55, S. 5). 4.6. Der RAD-Arzt setzt sich mit den oben genannten abweichenden Auffassungen und Diagnosen der behandelnden Ärzte nicht ausreichend auseinander, wenn er lediglich aus dem PMEDA-Gutachten zitiert und pauschal festhält, gemäss Angaben des Versicherten im Bericht Selbständigerwerbende vom 14. Oktober 2022 habe sich der Tinnitus in der Zwischenzeit verbessert (IV-Akte 75, S. 2), da damit insbesondere die Beschwerden an der linken Körperhälfte und die Gleichgewichtsstörungen nur unzureichend berücksichtigt werden. Wenig nachvollziehbar erscheint auch die Einschätzung des RAD, wonach die neuropsychologischen Einschränkungen von den Gutachtern als Folge der depressiven Störung beurteilt und damit bereits berücksichtigt wurden (IV-Akte 75, S. 3). 4.7. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das D____-Gutachten und die Einschätzung der behandelnden Ärzte grosse Divergenzen nicht nur hinsichtlich einer allfälligen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, sondern auch in Bezug auf die zugrunde zu legenden Diagnosen aufweisen, die nicht entkräftet sind. Eine beweiswertige gutachterliche Beurteilung liegt damit nicht vor und es sind weitere medizinische Abklärungen erforderlich. Die diesbezüglichen Disziplinen, zu welchen der Beschwerdeführer selbst keine Angaben macht (vgl. Beschwerde, Rz. 30 ff.), sind vom RAD festzulegen. 5. 5.1. Aus dem Gesagten folgt, dass die Beschwerde gutzuheissen ist. Die Verfügung vom 19. Juni 2023 ist aufzuheben und die Sache an die Beschwerdegegnerin zur medizinischen Abklärung im Sinne der Erwägungen und zum Erlass einer neuen Verfügung zurückzuweisen. 5.2. Gemäss Art. 69 Abs. 1bis IVG ist das Beschwerdeverfahren bei Streitigkeiten um die Bewilligung die Verweigerung von Leistungen der Invalidenversicherung vor dem kantonalen Versicherungsgericht in Abweichung von Art. 61 lit. a ATSG kostenpflichtig. Dem Verfahrensausgang entsprechend ist der Beschwerdegegnerin die Kostenpauschale von CHF 800.00 aufzuerlegen. 5.3. Der obsiegende Beschwerdeführer hat gegenüber der Beschwerdegegnerin einen Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Das Sozialversicherungsgericht geht bei der Bemessung der Parteientschädigung für anwaltlich vertretene Beschwerdeführende in durchschnittlichen Verfahren im Sinne einer Faustregel von einem Honorar in Höhe von CHF 3‘750.00 (inklusive Auslagen) zuzüglich 7,7% Mehrwertsteuer (CHF 288.75) aus. Bei einfacheren komplizierteren Verfahren kann dieser Ansatz entsprechend erhöht reduziert werden. Der vorliegende Fall ist durchschnittlicher Natur, weshalb ein Honorar und somit eine Parteientschädigung in Höhe von CHF 3‘750.00 zuzüglich Mehrwertsteuer als angemessen erscheint. Demgemäss erkennt das Sozialversicherungsgericht: ://: In Gutheissung der Beschwerde wird die Verfügung vom 19. Juni 2023 aufgehoben und die Sache zur medizinischen Abklärung im Sinne der Erwägungen und zum Erlass einer neuen Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Die Beschwerdegegnerin trägt eine Gebühr von CHF 800.00 und eine Partei-entschädigung von CHF 3'750.00 (inkl. Auslagen) zuzüglich Mehrwertsteuer von CHF 288.75 an den Beschwerdeführer. Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT Der Präsident Die Gerichtsschreiberin Dr. G. Thomi Dr. K. Zimmermann Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt. Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu genügen; zu beachten ist dabei insbesondere: a) Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten; b) in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt; c) die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid. Geht an: – Beschwerdeführer – Beschwerdegegnerin – Bundesamt für Sozialversicherungen Versandt am:
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