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Urteil Appellationsgericht (BS - IV.2023.79)

Zusammenfassung des Urteils IV.2023.79: Appellationsgericht

Die Beschwerdeführerin, eine medizinische Sachbearbeiterin, hat aufgrund von psychischen Problemen eine ganze Rente ab Oktober 2019 bis März 2020 und eine Viertelsrente ab April 2020 bis März 2021 beantragt. Die IV-Stelle Basel-Stadt hat dies abgelehnt. Nach einer umfangreichen medizinischen Untersuchung durch verschiedene Fachpersonen, einschliesslich eines Gutachtens von Prof. Dr. J____, wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine rezidivierende depressive Störung und ADHS hat. Prof. Dr. J____ attestierte eine 30%ige Arbeitsunfähigkeit in ihrer bisherigen Tätigkeit. Die Beschwerdeführerin hat Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt eingereicht, um die Rentenzahlungen zu erhalten. Das Gericht hat die Beschwerde geprüft und entschieden, dass die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Rente hat.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts IV.2023.79

Kanton:BS
Fallnummer:IV.2023.79
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:Appellationsgericht
Appellationsgericht Entscheid IV.2023.79 vom 21.12.2023 (BS)
Datum:21.12.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: IV-Akte; Arbeit; Bericht; Apos; IV-Grad; Gutachten; Recht; Rente; Arbeitsfähigkeit; Person; Diagnose; IV-Stelle; Invalideneinkommen; Haushalt; Invalidität; Pensum; Verfügung; Bereich; Verlauf; Abklärung; Persönlichkeitsstörung; Einschränkung; Gutachtens; Arbeitsunfähigkeit; Valideneinkommen; Bundesgericht; Bezug
Rechtsnorm: Art. 16 ATSG ;Art. 29 ATSG ;Art. 42 BGG ;Art. 44 ATSG ;Art. 47 BGG ;Art. 8 ATSG ;Art. 95 BGG ;
Referenz BGE:125 V 146; 125 V 351; 125 V 352; 132 V 93; 133 V 545; 134 V 231; 134 V 322; 135 V 279; 135 V 297; 135 V 465; 137 V 334; 139 V 225; 141 V 15; 144 I 21; 145 V 97; 148 V 174;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts IV.2023.79



Geschäftsnummer: IV.2023.79 (SVG.2024.50)
Instanz: Sozialversicherungsgericht
Entscheiddatum: 21.12.2023 
Erstpublikationsdatum: 21.03.2024
Aktualisierungsdatum: 21.03.2024
Titel: Rente
 
 

Sozialversicherungsgericht

des Kantons Basel-Stadt

 

 

 

URTEIL

 

vom 21. Dezember 2023

 

 

Mitwirkende

 

lic. iur. R. Schnyder (Vorsitz), MLaw A. Zalad, Dr. med. F. W. Eymann und Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Dreyer

 

 

 

Parteien

 

A____

[...]  

vertreten durch lic. iur. B____, Advokatin,

[...]   

                                                     Beschwerdeführerin

 

 

 

IV-Stelle Basel-Stadt

Rechtsdienst, Aeschengraben 9, Postfach, 4002 Basel   

                                                    Beschwerdegegnerin

 

 

 

Stiftung Auffangeinrichtung BVG

Risikoversicherung, Postfach, 8050 Zürich   

                                                                 Beigeladene

 

 

Gegenstand

 

IV.2023.79

Verfügung vom 6. Juni 2023

Rente

 


Tatsachen

I.         

a)       A____ (Beschwerdeführerin), geboren 1984, schloss im Juli 2003 eine Lehre zur Mediamatikerin ab (vgl. IV-Akte 9, S. 10; vgl. auch IV-Akte 9, S. 7 f.). In der darauffolgenden Zeit war sie an verschiedenen Orten erwerbstätig (vgl. den Auszug aus dem Individuellen Konto [IV-Akte 36]; siehe auch den Lebenslauf [IV-Akte 46, S. 2 ff.]) und bildete sich berufsbegleitend weiter. So erwarb sie im Juni 2006 die Berufsmaturität, gesundheitliche und soziale Richtung (vgl. IV-Akte 9, S. 9). Von August 2008 bis August 2009 besuchte sie die C____schule für Erwachsene [...] (vgl. IV-Akte 9, S. 2). Im September 2010 begann sie eigenen Angaben zufolge ein Bachelorstudium in Englisch und Islamwissenschaften (vgl. den "Lebenslauf" [IV-Akte 46, S. 3]; siehe auch IV-Akte 143, S. 6). Seit Sommer 2012 arbeitete die Beschwerdeführerin in der Fachgruppe Islamwissenschaften der Universität [...] mit (vgl. den "Lebenslauf"; IV-Akte 46, S. 2). Zuletzt arbeitete sie ab dem 1. Juli 2013 für die Genossenschaft D____ als Kassiererin im Stundenlohn (vgl. IV-Akte 9, S. 4 und IV-Akte 11, S. 13). Im Mai 2014 brach die Beschwerdeführerin das Bachelorstudium ab (vgl. IV-Akte 143, S. 6). Per 31. Januar 2018 wurde sie von der Genossenschaft D____ entlassen (vgl. IV-Akte 11, S. 13).

b)       Seit Juli 2018 wurde die Beschwerdeführerin durch Dr. E____, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie resp. die Psychologin MSc F____, behandelt (vgl. IV-Akte 20, S. 2). Ab dem 22. Oktober 2018 wurde die Beschwerdeführerin 100 % arbeitsunfähig geschrieben (vgl. IV-Akte 8, S. 2). Ab dem 2. Januar 2019 bis zum 1. April 2019 war sie stationär in den G____ Kliniken (G____) hospitalisiert (vgl. IV-Akte 8, S. 1).

c)       Im März 2019 meldete sich die Beschwerdeführerin zum Bezug von Leistungen der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) an (vgl. IV-Akte 1). Die IV-Stelle holte in der Folge bei den behandelnden Ärzten Berichte ein (Bericht Dr. H____ vom 31. März 2019 [IV-Akte 13]; am 4. Juni 2019 eingereichte Unterlagen der G____ [IV-Akte 18, S. 2 ff.]; Bericht Dr. E____/MSc F____ vom 15. Juli 2019 [IV-Akte 20]; Bericht MSc F____ vom 1. Oktober 2019 [IV-Akte 25]). Am 20. Januar 2020 äusserte sich der Regionale Ärztliche Dienst (RAD). Es wurde ein Belastbarkeitstraining (mit Pensumssteigerung auf mindestens 50 %) als zumutbar erachtet (vgl. IV-Akte 31). Daraufhin erteilte die IV-Stelle diesbezüglich Kostengutsprache (vgl. IV-Akte 41). Das Training fand vom 1. Februar 2020 bis zum 30. April 2020 statt (vgl. den Bericht vom 14. Mai 2020; IV-Akte 49). Anschliessend erteilte die IV-Stelle Kostengutsprache für ein Aufbautraining (vgl. IV-Akte 51), welches bis zum 25. August 2020 dauerte (vgl. IV-Akte 65) und anschliessend nochmals um drei Monate verlängert wurde (vgl. die neuerliche Kostengutsprache; IV-Akte 67). Gleichzeitig holte die IV-Stelle bei Dr. E____/MSc F____ den Verlaufsbericht vom 7. September 2020 ein (vgl. IV-Akte 70, S. 3). Das Aufbautraining war erfolgreich (vgl. die Aktennotiz zum Standortgespräch vom 19. Oktober 2020 [IV-Akte 73]; siehe auch den Bericht vom 2. November 2020 [IV-Akte 76, S. 2 ff.]). Nach einer letzten Verlängerung um einen Monat (vgl. IV-Akten 77 und 79) leistete die IV-Stelle Kostengutsprache für einen dreimonatigen Arbeitsversuch (vgl. IV-Akte 84). Nach dessen Beendigung (vgl. den Bericht vom 17. März 2021; IV-Akte 98, S. 2 ff.) schloss die IV-Stelle die Arbeitsvermittlung – nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren (vgl. IV-Akte 101) – mit Verfügung vom 27. Mai 2021 ab (vgl. IV-Akte 110). Das Arbeitsintegrationszentrum (AIZ) begleitete die Beschwerdeführerin weiter (vgl. u.a. IV-Akten 108 und 110). Diese absolvierte eine Weiterbildung zur Direktionsassistentin und arbeitete gleichzeitig im Rahmen eines bis Oktober 2021 befristeten Arbeitsverhältnisses 80 % als administrative Assistentin bei I____ (vgl. IV-Akte 122, S. 2).

d)       Die IV-Stelle traf Abklärungen in Bezug auf einen allfälligen (rückwirkenden) Rentenanspruch der Beschwerdeführerin. In diesem Zusammenhang forderte sie MSc F____ zur Verlaufsberichterstattung auf (Bericht vom 30. Juni 2021; IV-Akte 115, S. 3 f.). Am 18. Oktober 2021 nahm sie eine Haushaltsabklärung vor (vgl. IV-Akte 122). Im weiteren Verlauf liess die Beschwerdeführerin der IV-Stelle den Bericht der G____ vom 20. Oktober 2021 betreffend die ADHS-Abklärung zukommen (vgl. IV-Akte 126). Die IV-Stelle forderte MSc F____ erneut zur Verlaufsberichterstattung auf (Bericht vom 3. Januar 2022; IV-Akte 129, S. 2 f.).

e)       Der RAD empfahl schliesslich am 18. Januar 2022 die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bei Prof. Dr. J____ (vgl. IV-Akte 130). Im Juni 2022 wurde die Beschwerdeführerin psychiatrisch begutachtet (vgl. IV-Akte 143, S. 2). Im November 2022 schloss die Beschwerdeführerin die Weiterbildung zur Direktionsassistentin – während des IV-Abklärungsverfahrens – erfolgreich mit dem Fachausweis ab (vgl. Beschwerdebeilage 3). Am 10. Dezember 2022 erstattete Prof. Dr. J____ das psychiatrische Gutachten (vgl. IV-Akte 143). Am 20. Dezember 2022 äusserte sich der RAD zur medizinischen Situation (vgl. IV-Akte 145).

f)        Mit Vorbescheid vom 21. Dezember 2022 stellte die IV-Stelle der Beschwerdeführerin die Ausrichtung einer ganzen Rente ab Oktober 2019 bis März 2020 und die Zusprechung einer Viertelsrente ab April 2020 bis März 2021 in Aussicht. In Bezug auf die Zeit ab April 2021 werde man einen Rentenanspruch verneinen (vgl. IV-Akte 147). Im Januar 2023 nahm die Beschwerdeführerin eine stundenweise Tätigkeit als K____ für den Verein L____ auf (vgl. den Rahmenarbeitsvertrag; Beschwerdebeilage 5). Am 1. Februar 2023 äusserte sie sich zum Vorbescheid. Sie machte im Wesentlichen geltend, der Einkommensvergleich sei nicht korrekt vorgenommen worden. So dürfe zur Bestimmung des Valideneinkommens nicht auf den Lohn einer Kassiererin abgestellt werden. Des Weiteren moniert sie, es sei zu Unrecht keine leidensbedingte Reduktion des Tabellenlohnes vorgenommen worden (vgl. IV-Akte 156). In der Folge äusserte sich am 21. Februar 2023 der Rechtsdienst der IV-Stelle (vgl. IV-Akte 161). Daraufhin erliess die IV-Stelle am 6. Juni 2023 eine dem Vorbescheid entsprechende Verfügung (vgl. IV-Akte 178).

II.        

a)       Hiergegen hat die Beschwerdeführerin am 7. Juli 2023 Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt erhoben. Sie beantragt Folgendes: (1.) Es sei die Verfügung der IV-Stelle Basel-Stadt vom 6. Juni 2023 aufzuheben, und der Beschwerdeführerin seien die gesetzlichen Leistungen der Invalidenversicherung zuzusprechen. (2.) Es sei ein Gerichtsgutachten über ihren psychischen Gesundheitszustand einzuholen. (3.) Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. (4.) Es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mit der Unterzeichnenden als Advokatin zu gewähren. (5.) Unter o/e-Kostenfolge.

b)       Die IV-Stelle (Beschwerdegegnerin) schliesst mit Beschwerdeantwort vom 21. August 2023 auf Abweisung der Beschwerde.

c)       Mit Verfügung der Instruktionsrichterin vom 22. August 2023 wird der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung mit lic. iur. B____, Advokatin, Basel, bewilligt.

d)       Ebenfalls mit Verfügung vom 22. August 2023 wird die Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Risikoversicherung für Arbeitslose, dem Verfahren beigeladen. Diese verzichtet mit Schreiben vom 1. September 2023 auf eine Stellungnahme.

e)       Die Beschwerdeführerin hält mit Replik vom 4. Oktober 2023 an ihrer Beschwerde fest. Der Eingabe hat sie eine Kopie ihrer Anmeldung vom 9. August 2023 betreffend die gewünschte Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Stiftung M____ zur Unterstützung bei der (Wieder-)Eingliederung in die Arbeitswelt beigelegt.

f)        Mit Verfügung der Instruktionsrichterin vom 5. Oktober 2023 wird die Beschwerdeführerin dazu aufgefordert, den in Aussicht gestellten Bericht von Dr. N____, Basel, einzureichen. Dieser Aufforderung kommt sie am 24. Oktober 2023 nach (Einreichung des Berichtes von Dr. N____ vom 23. Oktober 2023).

g)       Die Beschwerdegegnerin beantragt mit Duplik vom 13. November 2023 weiterhin die Abweisung der Beschwerde.

 

III.      

Am 21. Dezember 2023 findet die Beratung der Sache durch die Kammer des Sozialversicherungsgerichts statt.

Entscheidungsgründe

1.              

1.1.        Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt ist als einzige kantonale Instanz zuständig zum Entscheid über die vorliegende Streitigkeit (§ 82 Abs. 1 des Gesetzes vom 3. Juni 2015 betreffend die Organisation der Gerichte und der Staatsanwaltschaft [Gerichtsorganisationsgesetz], GOG; SG 154.100). Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus Art. 69 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20).

1.2.        Da auch die übrigen formellen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde einzutreten.

2.              

2.1.        Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, der medizinische Sachverhalt sei insgesamt ungenügend abgeklärt worden. Auf das Gutachten von Prof. Dr. J____ vom 10. Dezember 2022 könne nicht abgestellt werden (vgl. S. 5 und S. 10 f. der Beschwerde). Auch seien sowohl das Validen- als auch das Invalideneinkommen unzutreffend ermittelt worden (vgl. S. 6 f. und S. 9 ff. der Beschwerde). Schliesslich wird geltend gemacht, die Invaliditätsbemessung sei zu Unrecht nach der gemischten Methode vorgenommen worden (vgl. S. 12 der Beschwerde). Auch könne die im Haushalt erhobene Beeinträchtigung nicht als richtig erachtet werden (vgl. ebenfalls S. 12 der Beschwerde). 2.2.        Die Beschwerdegegnerin wendet hiergegen zur Hauptsache ein, man gehe gestützt auf den Haushaltsabklärungsbericht zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerin als Gesunde zu 80 % erwerbstätig und zu 20 % mit dem Haushalt beschäftigt wäre. Daher sei die Anwendung der gemischten Methode der Invaliditätsbemessung als richtig anzusehen. Im Übrigen habe man zur Festlegung der Restarbeitsfähigkeit zutreffenderweise auf das beweiskräftige Gutachten von Prof. Dr. J____ und die präzisierenden Ausführungen des RAD (Stellungnahme vom 20. Dezember 2022) abgestellt. Es sei daher – nach Ablauf des Wartejahres (Oktober 2019) – von folgendem Verlauf der Arbeitsunfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit auszugehen: 100 % bis Dezember 2019, 50 % ab Januar 2020, 40 % ab Januar 2021 und 30 % ab August 2021. Bei dieser medizinischen Ausgangslage ergebe sich im erwerblichen Bereich – bei zutreffend vorgenommenem Einkommensvergleich – für die Zeit von Oktober 2019 bis Dezember 2019 (berücksichtigt bis März 2020) ein gewichteter IV-Grad von 80 %, für die Zeit von Januar 2020 bis Dezember 2020 (berücksichtigt bis März 2021) ein gewichteter IV-Grad von 41.53 % und ab Januar 2021 (berücksichtigt ab April 2021) ein gewichteter IV-Grad von 33.83 %. Gestützt auf den Abklärungsbericht Haushalt ergäben sich – in Bezug auf dieselben Zeiträume – folgende gewichteten IV-Grade: 6.6 %, 2.4 % und 2.2 %. Damit sei die Zusprechung einer ganzen Rente ab Oktober 2019 bis März 2020 (IV-Grad 86 %), einer Viertelsrente ab April 2020 bis März 2021 (IV-Grad 44 %) sowie die Verneinung eines Rentenanspruches ab April 2021 (IV-Grad 36 %) als richtig zu erachten (vgl. die Verfügung; siehe auch die Beschwerdeantwort). 2.3.        Umstritten und im Folgenden zu prüfen ist somit, ob die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 6. Juni 2023 (IV-Akte 178) zu Recht gestützt auf die vorliegenden Akten ab Oktober 2019 bis März 2020 eine ganze Rente und ab April 2020 bis März 2021 eine Viertelsrente zugesprochen und ab April 2021 einen Rentenanspruch verneint hat.

3.              

3.1.        Am 1. Januar 2022 ist das revidierte IVG in Kraft getreten (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die angefochtene Verfügung erging nach dem 1. Januar 2022, betrifft aufgrund der Neuanmeldung vom 17. Januar 2019 jedoch Leistungen mit Anspruchsbeginn vor dem 31. Dezember 2021. In dieser übergangsrechtlichen Konstellation sind nicht die am 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Änderungen, sondern die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung massgebend (vgl. zum Ganzen das Urteil des Bundesgerichts 8C_592/2022 vom 11. April 2023 E. 2 mit Hinweis auf das Kreisschreiben des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] zu den Übergangsbestimmungen zur Einführung des linearen Rentensystems [KS ÜB WE IV] in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fassung Rz. 1007 f.; vgl. ferner Kaspar Gerber, in Thomas Gächter [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, IVG, Bern 2022, N. 102 zu Art. 28b IVG). 3.2.        3.2.1.  Gestützt auf Art. 28 Abs. 1 lit. b und c IVG haben Anspruch auf eine Rente versicherte Personen, die u.a. während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]) gewesen sind und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind.  3.2.2.  Gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG besteht bei einem IV-Grad von mindestens 40 % Anspruch auf eine Viertelsrente, bei einem IV-Grad von mindestens 50 % ein Anspruch auf eine halbe Rente, bei einem IV-Grad von mindestens 60 % ein Anspruch auf eine Dreiviertelsrente und bei einem IV-Grad von mindestens 70 % ein Anspruch auf eine ganze Rente. 3.2.3.  Der Rentenanspruch entsteht gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach der Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Art. 29 Abs. 1 ATSG.

4.              

4.1.        Für die Bemessung der Invalidität von erwerbstätigen Versicherten ist Art. 16 ATSG anwendbar (Art. 28a Abs. 1 Satz 1 IVG). Danach wird für die Bestimmung des Invaliditätsgrades das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. Dies ist die allgemeine Methode des Einkommensvergleichs (vgl. u.a. BGE 144 I 21, 23 E. 2.1). 4.2.        Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung der Invalidität in Abweichung von Art. 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen (Art. 28a Abs. 2 IVG). 4.3.        Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind, wird für diesen Teil die Invalidität nach Art. 16 ATSG bemessen. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich (Art. 7 Abs. 2 IVG) tätig, so wird zur Ermittlung der Invalidität für diese Tätigkeit darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen. In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen (Art. 28a Abs. 3 IVG; sog. gemischte Methode der Invaliditätsbemessung). 4.4.        Die Frage, in welchem Ausmass die versicherte Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre, ist mit Rücksicht auf die gesamten Umstände, so die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse, zu beantworten. Zu berücksichtigen sind namentlich allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen. Massgebend sind die Verhältnisse, wie sie sich bis zum Erlass der Verfügung entwickelt haben (BGE 141 V 15, 20 E. 3.1; BGE 137 V 334, 338 E. 3.2; BGE 125 V 146, 150 E. 2c). 4.5.        Anlässlich der Haushaltsabklärung vom 18. Oktober 2021 gab die Beschwerdeführerin an, sie würde bei guter Gesundheit nicht mehr als 80 % arbeiten. Als Grund gab sie persönliche Gründe (Freizeit) und den Haushalt an. Ausserdem sei der erzielte Lohn bei einem 80%-Pensum für sie ausreichend (vgl. S. 2 des Abklärungsberichtes vom 21. Oktober 2021; IV-Akte 122, S. 2). Diese Aussage bestätigte sie unterschriftlich (vgl. IV-Akte 123). 4.6.        Auf diese klare und deutliche Aussage der Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin zu Recht abgestellt. Der "Aussage der ersten Stunde" kommt erhöhte Beweiskraft zu (vgl. u.a. die Urteile des Bundesgerichts 8C_133/2022 vom 7. September 2022 E. 4.1.2., 9C_515/2021 vom 15. Dezember 20921 E. 4.2.2. und 9C_608/2020 vom 18. Juni 2021 E. 3.3 mit Hinweis), zumal es keine Anhalte dafür gibt, dass die Beschwerdeführerin die Frage falsch verstanden haben könnte. Soweit sie einwendet, sie wäre wegen der Rückzahlung der Schulden auf ein 100%-Pensum angewiesen und wäre daher als Gesunde 100 % erwerbstätig (vgl. S. 12 der Beschwerde), ist dies daher nicht zu hören. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die Frage, in welchem Umfang jemand einer Erwerbstätigkeit nachgehen würde, aufgrund objektiver Umstände "vernünftig" danach zu beurteilen ist, wie die betreffende versicherte Person in ihrer konkreten Lebenssituation ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen entschieden hätte. Dieser subjektive Entschluss muss nicht zwingend auch der objektiv vernünftigste Entscheid sein (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 8C_731/2010 vom 2. Februar 2011 E. 4.2.1). 4.7.        Daraus folgt, dass die Beschwerdeführerin bei voller Gesundheit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu 80 % erwerbstätig und zu 20 % mit dem Haushalt beschäftigt wäre.

5.              

5.1.        Im Rahmen der Invaliditätsbemessung im erwerblichen Bereich ist es Aufgabe der ärztlichen Fachperson, den Gesundheitszustand der versicherten Person zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten diese arbeitsunfähig ist. Des Weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person noch zugemutet werden können (BGE 132 V 93, 99 f. E. 4). 5.2.        5.2.1.  Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 134 V 231, 232 E. 5.1. mit Hinweis auf BGE 125 V 351, 352 E. 3a).

5.2.2.  Gutachten externer Spezialärzte, welche von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) eingeholt wurden und den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechen, darf das Gericht vollen Beweiswert zuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465, 470 E. 4.4; BGE 125 V 352, 353 E. 3b/bb).

5.2.3.  Den Berichten versicherungsinterner Ärzte kommt zwar nicht derselbe Beweiswert wie einem im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten Gutachten externer Fachpersonen gar wie einem Gerichtsgutachten zu, sie sind aber soweit zu berücksichtigen, als auch nicht geringe Zweifel an der Richtigkeit ihrer Schlussfolgerungen bestehen (BGE 145 V 97, 105 E. 8.5; BGE 139 V 225, 229 E. 5.2; BGE 135 V 465, 467 ff. E. 4.2-4.7). Aussagen von behandelnden Ärzten sind grundsätzlich mit Vorbehalt zu würdigen, da es einer Erfahrungstatsache entspricht, dass behandelnde Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer Patienten aussagen (vgl. BGE 135 V 465, 470 E. 4.5 mit Hinweisen).

5.3.        5.3.1.  Prof. Dr. J____ hielt im Gutachten vom 10. Dezember 2022 (IV-Akte 143) folgende Diagnosen fest (vgl. S. 20): (1.) kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen und narzisstischen Anteilen (F61); (2.) rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert (F33.1); (3.) Verdacht auf einfache Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung/ADHS (F90.0).

5.3.2.  Erläuternd führte Prof. Dr. J____ an, die Explorandin erfülle die Kriterien einer Persönlichkeitsstörung. Bereits in der Adoleszenz würden Konflikte beschrieben. Es finde sich eine Unfähigkeit, engere Beziehungen über längere Zeit aufrecht zu erhalten. Auch gebe sie in Beziehungen sexuelle Funktionsstörungen an. Immer wieder beschreibe sie Dünnhäutigkeit und Abhängigkeit von äusserer Wertschätzung. Während der Reintegration finde sich z.B. die Beobachtung, dass sie sich oft in Dinge einmische, welche sie nichts angingen, und oft grenzenlos sei. Im Gespräch sei sie auch durchaus dominant, berichte sehr viel. Zudem würden Symptome geschildert von Gereiztheit und Impulsivität. Es scheine ihr auch wichtig, mit den Diagnosen ADHS und Autismus etwas Besonderes zu sein. Im PSSI fänden sich nur erhöhte Werte im Bereich Selbstbehauptung/Dissozialität. Insofern gebe es auch mit der jetzigen Präsentation Hinweise auf eine narzisstische und auch emotional-instabile Persönlichkeitsstörung. Diese Diagnose sei auch von den G____ und von der behandelnden Psychiaterin (MSc F____) gestellt worden (vgl. S. 20 des Gutachtens).

5.3.3.  Die versicherte Person habe testpsychologisch die Diagnose einer ADHS. Sie werde aktuell auch mit Methylphenidad behandelt. Sie gebe an, dass sie seither keine Antidepressiva mehr benötige und insgesamt stabilisiert sei. Die Diagnose sei klinisch und im Verlauf möglich, wenngleich dazu im Kontrast stehe, dass sie sich jetzt als pflegeleichtes und ruhiges Kind beschreibe und als Schülerin, die trotz Mobbing sehr gute Leistungen erbracht habe. Die von ihr angegebene Impulsivität und die geschilderten Probleme von Antrieb und Konzentration könnten auch zur Persönlichkeitsstörung gehören bzw. im Rahmen der depressiven Symptomatik erklärbar sein. Die leichte Ablenkbarkeit und die assoziative Lockerung würden die Diagnose ADHS stützen. Nachdem jedoch die ADHS-spezifische Behandlung helfe, spreche dies zusätzlich dafür, dass ein ADHS auch vorliege. Des Weiteren stellte Prof. Dr. J____ klar, nicht nachvollziehen könne sie die von den G____ im 2022 gestellte Diagnose Asperger Autismus. Es falle auf. dass diese Diagnose auf der Basis von Skalen bzw. strukturierten Interviews gestellt worden sei. Interessant sei, dass die Explorandin dabei Angaben gemacht habe, die mit den jetzigen Angaben nicht übereinstimmen würden. Vermutlich habe sie sich über das Asperger Syndrom belesen und auch entsprechende Angaben gemacht. So gebe sie selektiven Körperkontakt zur Mutter an, zum Vater nicht. Sie habe sich aber nach der Scheidung der Eltern dazu entschieden, beim Vater zu verbleiben. Dort habe sie auch angegeben, dass sie erschwerten Zugang zu anderen Menschen habe und sich aktuell fast ausschliesslich auf Onlineplattformen bewege und mit Onlinekontakten beschäftige. Beim Gespräch mit ihr habe sie erzählt, dass sie vor der Pandemie gern im Ausgang gewesen sei und dort auch Kontakt zu den Expats gesucht habe. Das lnternet habe sie zwar verwendet, aber auch um dort Interessengruppen zu finden. Zudem habe sie sich organisiert und auch in einem Studentenrat mitgearbeitet. Dies spreche eher nicht für sozialen Rückzug. Dieser sei allerdings im Rahmen ihrer depressiven Episode aufgetreten. Es werde ausdrücklich beschrieben, dass sich Auffälligkeiten weniger in der nonverbalen Kommunikation und der motorischen Ungeschicklichkeit fänden. Als wesentliches Kennzeichen werde ihre fehlende Empathiefähigkeit beschrieben. Diese könne jedoch auch im Rahmen einer narzisstischen Symptomatik erklärt werden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die untersuchende Abteilung die Vordiagnose "Persönlichkeitsstörung" nicht in den Differenzialdiagnosen berücksichtigt habe (vgl. S. 21 des Gutachtens).

5.3.4.  Des Weiteren legte Prof. Dr. J____ dar, die Explorandin weise zudem eine rezidivierende depressive Störung auf. Die Symptomatik sei aktuell leicht, was sich auch in der Selbstauskunft zeige. Die depressive Symptomatik sei jedoch Grund für die Beendigung der Arbeit und die Aufnahme einer psychiatrischen Behandlung gewesen. Anfang 2019 sei die Explorandin mit einer mittelgradigen depressiven Episode stationär in den G____ behandelt worden. Sie habe Dinge nicht erledigt, Schulden angehäuft, sich nicht um sich und den Haushalt gekümmert sowie ein starkes Vermeidungsverhalten und einen Rückzug gezeigt. Dass die kognitiven Leistungen und auch der soziale Umgang bzw. ihr Auftreten sich verändert hätten, habe sich im Rahmen der Reintegration gezeigt. Dies sei mit der Diagnose einer inzwischen remittierten depressiven Symptomatik vereinbar. Die rezidivierende depressive Störung sei von den G____ und auch von der zuletzt behandelnden Psychiaterin gestellt worden. Diesbezüglich fänden sich keine Diskrepanzen (vgl. S. 21 f. des Gutachtens).

5.3.5.  In Bezug auf die Arbeitsfähigkeit führte Prof. Dr. J____ schliesslich aus, die Arbeitsfähigkeit der Explorandin in der bisherigen Tätigkeit als Sachbearbeiterin sei aufgrund ihrer kombinierten psychischen Erkrankung aktuell noch zu 30 % beeinträchtigt. Dies korrespondiere mit ihrer Leistungsfähigkeit am Ende der Reintegration bzw. am Ende der Arbeitsvermittlung. Seit Oktober 2018 sei die Arbeitsfähigkeit zunächst durch die depressive Episode und die dann folgende psychiatrische Behandlung über längere Zeit vollständig beeinträchtig gewesen. Dies gelte ab Oktober 2018, als wahrscheinlich auch der soziale Rückzug, die Probleme im Umgang mit Geld und das starke Vermeidungsverhalten begonnen hätten. Anfang 2019 sei die Explorandin drei Monate in stationärer Behandlung gewesen. Die ambulant behandelnde Psychiaterin habe noch im Juli 2019 bis auf Weiteres eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert. Ab dem Beginn des Jahres 2020, als auch die Eingliederungsmassnahmen stattgefunden hätten, könne eine Arbeitsfähigkeit von 50 % angenommen werden. Im Laufe der Integrationsmassnahmen habe die Explorandin das Pensum immer mehr steigern können, so dass ab Anfang 2021 von einer Leistungsfähigkeit (recte: Leistungsunfähigkeit) von 40 % und ab August 2021 von einer 30%igen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ausgegangen werden könne. Dies trage auch der Tatsache Rechnung, dass erst die depressive Episode zur Behandlungsbedürftigkeit der Explorandin geführt habe, während sie vorher arbeitsfähig gewesen sei (vgl. S. 23 f. des Gutachtens).

5.3.6.  Im Rahmen der angepassten Tätigkeit stelle sich der Verlauf seit Oktober 2018 ähnlich dar, auch bezüglich der prozentualen Einschränkung. Das Verweisprofil sei bereits durch den RAD im Januar 2020 recht gut beschrieben worden. Es sollten keine erhöhten Anforderungen an die interaktionellen Kompetenzen bestehen. Auch ein erhöhter Zeitdruck und Stress gelte es zu vermeiden. Ausgeschlossen sei auch Schichtdienst. Ihre eigene Vorstellung. dass sie als "Mädchen für alles" in einem kleinen Team tätig sei, tendenziell auch im Backoffice, treffe das Verweisprofil recht gut. Grundsätzlich sollte eine Tätigkeit im Homeoffice eher nicht empfohlen werden, weil dies wegen des bekannten Vermeidungsverhaltens und der Probleme mit der Strukturierung des Tages nicht günstig sei (vgl. S. 24 des Gutachtens).

5.3.7.  Dr. O____, c/o RAD, führte mit Stellungnahme vom 20. Dezember 2022 (IV-Akte 145) aus, der gutachterlichen Einschätzung von Prof. Dr. J____ könne gefolgt werden. In der angestammten Tätigkeit (Verkäuferin) bestehe seit dem 22. Oktober 2018 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeit als Sachbearbeiterin entspreche dem Verweisprofil. In einer angepassten Tätigkeit könne von folgendem Verlauf der Arbeitsfähigkeit ausgegangen werden: 0 % seit dem 22. Oktober 2018, 50 % seit Januar 2020, 60 % seit Januar 2021 und 70 % seit August 2021 (vgl. S. 3 f. der Stellungnahme).

5.4.        5.4.1.  Auf das Gutachten von Prof. Dr. J____ vom 10. Dezember 2022 (IV-Akte 143) kann abgestellt werden. Es erfüllt die Anforderungen an beweiskräftige medizinische Erhebungen (vgl. dazu Erwägung 5.2.1. hiervor). Namentlich hat sich die Gutachterin umfassend mit den relevanten Vorakten auseinandergesetzt und die gestellten Diagnosen und die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit schlüssig begründet (vgl. insb. S. 19 ff. des Gutachtens). 5.4.2.  Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (vgl. insb. S. 2 der Replik) kann die Beurteilung von Prof. Dr. J____ nicht als unvollständig erachtet werden. Sie war im Zeitpunkt der Begutachtung (Juni 2022) offenbar nicht mehr bei MSc F____, sondern bei der Psychologin Frau P____ vom Zentrum für Q____ in Behandlung (vgl. dazu S. 15 des Gutachtens von Prof. Dr. J____; IV-Akte 143, S. 16). Angesichts des stimmigen Bildes, das sich gestützt auf die vorliegenden Akten ergibt, konnte jedoch auf die Einholung eines Berichtes von Frau P____ verzichtet werden (vgl. im Einzelnen die nachstehenden Überlegungen).

5.4.2.  So besteht in Bezug auf die Diagnosen, nämlich die rezidivierende depressive Störung, die Persönlichkeitsstörung und das ADHS, weitgehend Einigkeit unter den involvierten Fachpersonen. Insbesondere wurden im Austrittsbericht der G____ vom 7. Mai 2019 folgende Diagnosen angegeben: "kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen mit emotional instabilen, narzisstischen und histrionischen Anteilen"; "rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode" (vgl. IV-Akte 18, S. 3). Dr. E____/MSc F____ erwähnten im vom 15. Juli 2019 die Diagnosen "kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen mit emotional instabilen, narzisstischen und ängstlichen Anteilen" sowie "rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert" (vgl. IV-Akte 20). Im Bericht vom 1. Oktober 2019 wurde dann lediglich noch die Diagnose Persönlichkeitsstörung aufgegriffen (vgl. IV-Akte 25, S. 2). Im Bericht von Dr. E____/MSc F____ vom 7. September 2020 fand ebenfalls einzig die Diagnose "Persönlichkeitsstörung" Eingang (vgl. IV-Akte 70, S. 3). Auch im darauffolgenden Bericht wurde als Hauptsymptomatik die durch die Persönlichkeitsstörung hervorgerufenen interaktionellen Schwierigkeiten und die dadurch entstehenden depressiven und ängstlichen Episoden erwähnt (vgl. den Bericht vom 30. Juni 2021; IV-Akte 115, S. 3 f.). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (vgl. S. 10 f. der Beschwerde) hat Prof. Dr. J____ schliesslich das Vorliegen einer Asperger Autismusstörung plausibel verneint (vgl. S. 21 des Gutachtens). Sie setzte sich dabei mit dem Abklärungsbericht der G____ vom 24. Mai 2022 auseinander und bemängelte zu Recht den fehlenden Einbezug der Vordiagnose der Persönlichkeitsstörung. Es gibt zudem keine Anhalte dafür, dass sich die Beschwerdeführerin anlässlich der Begutachtung nicht so geäussert hat, wie von der medizinischen Expertin in ihrem Gutachten angeführt wird. Im Übrigen führte die Beschwerdeführerin in ihrem "Lebenslauf" selber an, dass sie in der Fachgruppe Islamwissenschaften der Universität [...] mitgearbeitet habe (vgl. IV-Akte 46, S. 2). Auch dies wurde von Prof. Dr. J____ zutreffend als gegen eine Asperger Autismusstörung sprechend festgehalten (vgl. S. 21 des Gutachtens). Des Weiteren wurde von Prof. Dr. J____ auch der Bericht der G____ vom 20. Oktober 2021 betreffend die ADHS-Abklärung (IV-Akte 126) in die Beurteilung einbezogen und schliesslich – nach kritischer Würdigung – ein ADHS als vorliegend erachtet (vgl. S. 21 des Gutachtens). Soweit Dr. N____, der die Beschwerdeführerin seit Mai 2023 behandelt, im Bericht vom 23. Oktober 2023 (Beilage zur Eingabe der Beschwerdeführerin vom 24. Oktober 2023) eine Traumafolgestörung annimmt (und eine Persönlichkeitsstörung verneint), ist zu bemerken, dass diese ärztliche Beurteilung nicht nur sämtlichen anderen Einschätzungen widerspricht, sondern auch nach dem massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses (vgl. u.a. das Urteil des Bundesgerichts 8C_586/2022 vom 26. April 2023 E. 5.4.) datiert. Der Bericht von Dr. N____ ist daher nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung hervorzurufen. In Bezug auf die Diagnosen ist denn auch zu bemerken, dass für die Belange der Invalidenversicherung ohnehin nicht diese, sondern die Auswirkungen des fachärztlich festgestellten Leidens auf die Arbeitsfähigkeit entscheidend sind (vgl. u.a. das Urteil des Bundesgerichts 8C_527/2019 vom 4. März 2019 E. 5.2.1.).

5.4.3.  Des Weiteren kann der Gutachterin (und der RAD-Ärztin) auch in Bezug auf die Festlegung der Arbeitsfähigkeit sowie den angenommenen Verlauf der Arbeitsunfähigkeit gefolgt werden. Prof. Dr. J____ erachtete bis zum Beginn der Eingliederungsmassnahmen eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin als gegeben (vgl. Erwägungen 5.3.5. und 5.3.6. hiervor), was als schlüssig zu erachten ist. Des Weiteren hat die Gutachterin zutreffend festgestellt, dass die Beschwerdeführerin das Pensum im Laufe der Integrationsmassnahmen immer mehr zu steigern vermochte. Was die Eingliederungsmassnahmen angeht, so erachtete Dr. O____, c/o RAD, am 20. Januar 2020 ein Belastbarkeitstraining als zumutbar (vgl. IV-Akte 31). Ein solches fand in der Folge vom 1. Februar 2020 bis zum 30. April 2020 statt (vgl. den Bericht vom 14. Mai 2020; IV-Akte 49). Anschliessend erfolgte bis zum 25. August 2020 ein Aufbautraining (vgl. IV-Akte 65), welches nochmals um drei Monate verlängert wurde. Dieses Training war sehr erfolgreich. So wurde in der Aktennotiz zum Standortgespräch vom 19. Oktober 2020 (IV-Akte 73) unter anderem festgehalten, die Versicherte verrichte ein 75%-Pensum mit 90 % Leistungsfähigkeit. Im Bericht R____ vom 2. November 2020 (IV-Akte 76, S. 2 ff.) wurde ausgeführt, die Versicherte habe das Aufbautraining am 26. Mai 2020 motiviert und offen begonnen und habe sich sehr schnell ins Team eingebracht. Das Arbeitspensum sei mit einer Präsenzzeit von drei Stunden an fünf Tagen gestartet worden. Sie sei von Anfang an jederzeit pünktlich zum Arbeitsbeginn erschienen. Das Pensum zu halten habe ihr scheinbar keine Mühe bereitet. Nach zwei Monaten habe man das Pensum bis dato sukzessive auf fünf Stunden an fünf Tagen erhöht. Gemäss den Angaben der Versicherten könne diese das Pensum gut bewältigen. Sie fühle sich ausgeglichen und die Arbeit, die ihr zugewiesen werde, sei für sie eine positive Herausforderung (vgl. S. 2 des Berichtes). Die Beschwerdeführerin fühlte sich schliesslich bereit für einen Arbeitsversuch mit einem 80%-Pensum (vgl. den Abschlussbericht IM vom 15. Dezember 2020; IV-Akte 79). Dr. E____/MSc F____ attestierten ihr ab Januar 2021 noch eine 20%ige Arbeitsunfähigkeit (vgl. IV-Akte 80, S. 2). Es erfolgte ein dreimonatiger Arbeitsversuch (Dauer Januar 2021 bis März 2021; vgl. IV-Akte 84). In der diesbezüglichen Vereinbarung vom 26. Januar 2021 wurde festgehalten, die Versicherte habe die lntegrationsmassnahmen erfolgreich beenden und eine medizinische Arbeitsfähigkeit von 80 % erlangen können. Sie werde diese Arbeitsfähigkeit im Rahmen dieses Arbeitsversuchs erhöhen und auf einem 100 % Pensum stabilisieren (vgl. IV-Akte 93). Im letzten Bericht R____ vom 17. März 2021 (IV-Akte 96, S. 2 ff.) wurde dann klargestellt, die Versicherte bringe eine konstante Arbeitsleistung mit, halte sich an die vereinbarten Zeitvorgaben und Termine. Nach Aussagen des Vorgesetzten bringe sie im gegebenen Rahmen eine ausgeglichene Leistung mit, die je nach Tagesverfassung zwischen 80 % und 90 % liege (vgl. S. 2 des Berichtes). Die versicherte Person habe sich trotz Schwankungen eine psychische Stabilität erarbeitet, so dass eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt realistisch erscheine (vgl. S. 3 des Berichtes). Angesichts dieser Feststellungen (Berichte R____) erscheint es schlüssig, dass Prof. Dr. J____ ab Januar 2020 von einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit und ab Januar 2021 von einer 40%igen Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin in einer angepassten Tätigkeit ausgeht. Auch die Annahme einer 70%igen Arbeitsfähigkeit seit August 2021 erscheint stimmig (vgl. zu Letzterem auch die nachstehenden Überlegungen).

5.4.4.  Die Beschwerdeführerin absolvierte ab September 2021 eine Weiterbildung zur Direktionsassistentin und arbeitete gleichzeitig im Rahmen eines bis Oktober 2021 befristeten Arbeitsverhältnisses 80 % als administrative Assistentin bei I____ (vgl. IV-Akte 122, S. 2). MSc F____ führte im Verlaufsbericht von vom 3. Januar 2022 (IV-Akte 129, S. 2 f.) aus, die Patientin habe ab September 2021 100 % gearbeitet. Es hätten sich relativ rasch erste Zeichen einer Überforderung gezeigt. Seit November 2021 habe sie keine feste Tagesstruktur mehr. Diese Aussagen der behandelnden Psychologin vermögen jedoch die Richtigkeit der von Prof. Dr. J____ ab August 2021 angenommenen 70%igen Arbeitsfähigkeit nicht in Frage zu stellen. Es mag zwar sein, dass die Beschwerdeführerin mit dem faktischen 100%-Pensum an ihre Grenzen gestossen ist; die Gutachterin erachtet jedoch ab August 2021 (lediglich) ein 70%-Pensum (in angepasster Tätigkeit) und nicht ein 100%-Pensum als realistisch. Im Übrigen vermag auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin weiterhin auf ein Betreuungs-Setting zurückgreift, die Richtigkeit der gutachterlichen Beurteilung nicht infrage zu stellen. Denn es ist zusammen mit Prof. Dr. J____ davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin über entsprechende Ressourcen verfügt resp. eine Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben sind.

5.5.        Aus all dem folgt, dass vorliegend von folgendem Verlauf der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin (in einer angepassten Tätigkeit; vgl. dazu Erwägung 5.3.6. hiervor) auszugehen ist: 0 % ab Oktober 2018 bis Dezember 2019, 50 % ab Januar 2020 bis Dezember 2020, 60 % ab Januar 2021 bis Juli 2021, 70 % seit August 2021. Zu prüfen ist damit, wie es sich mit der erwerblichen Umsetzung der festgestellten Arbeitsfähigkeit verhält.

6.              

6.1.        Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades im erwerblichen Bereich wird gemäss Art. 16 ATSG das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der unfallbedingten Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (sog. Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (sog. Valideneinkommen). 6.2.        Die Beschwerdegegnerin nahm vier Einkommensvergleich(e) vor, nämlich per Oktober 2019 (Ablauf des Wartejahres gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG), per Januar 2020, per Januar 2021 und per August 2021. Per Oktober 2019 verglich sie ein Valideneinkommen von Fr. 55'910.-- mit einem Invalideneinkommen von Fr. 0.--, woraus sich im erwerblichen Bereich eine Einschränkung von 100 % (IV-Grad 80 %) ergab. Per Januar 2020 setzte die Beschwerdegegnerin einem Valideneinkommen von Fr. 55’619.-- ein Invalideneinkommen von Fr. 26'747.-- gegenüber, was zu einer Erwerbseinbusse von 51.91 % (IV-Grad 41.53 %) führte. Per Januar 2021 wurde ein Valideneinkommen von Fr. 55'953.-- mit einem Invalideneinkommen von Fr. 32’688.-- verglichen und eine Erwerbseinbusse von 42.29 % (IV-Grad 33.83 %) erhoben. Schliesslich setzte die Beschwerdegegnerin per August 2021 einem Valideneinkommen von Fr. 55'953.-- ein Invalideneinkommen von Fr. 37'670.-- gegenüber, woraus eine Erwerbseinbusse von 32.68 % resp. ein IV-Grad von 26.14 % resultierte (vgl. die angefochtene Verfügung; IV-Akte 178). 6.3.        6.3.1.  Bei der Ermittlung des Einkommens ohne Gesundheitsschaden ist entscheidend, was die versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunder tatsächlich verdienen würde. Die Einkommensermittlung hat so konkret wie möglich zu erfolgen; daher ist in der Regel vom letzten Lohn, den die versicherte Person vor Eintritt der Gesundheitsschädigung erzielt hat, auszugehen (BGE 134 V 322, 325 E. 4.1 mit Hinweisen).

6.3.2.  Zur Berechnung des Valideneinkommens per Oktober 2019 (erster Einkommensvergleich) stellte die Beschwerdegegnerin auf die statistischen Werte der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Sozialversicherungen (LSE BFS) ab. Dies erscheint mangels verlässlicher Einkommenszahlen korrekt. Berücksichtigt wurde von der Beschwerdegegnerin der Lohn, den Frauen im Detailhandel auf dem Kompetenzniveau 1 verdienten (LSE 2018, Tabelle TA1, Position 47). Ausgehend von einem Monatslohn von Fr. 4'425.-- resultierte daher – nach Umrechnung dieses auf einer 40-Stunden-Woche basierenden Lohnes auf eine Wochenarbeitszeit von 41.7 Stunden (vgl. T03.02.03.01.04.01) sowie unter Berücksichtigung der bis zum Jahr 2019 eingetretenen Nominallohnentwicklung (+ 1.0 %; vgl. T1.2.10 [Nominallohnindex Frauen, 2011-2022, Allgemein]) – ein Jahreslohn von Fr. 55'910.-- (Fr. 4'425.-- : 40 x 41.7 x 12). Dem kann gefolgt werden. Ab dem 1. Juli 2013 war die Beschwerdeführerin mehrere Jahre als Kassiererin im Stundenlohn für die Genossenschaft D____ tätig (vgl. IV-Akte 9, S. 4). Dies war die letzte Tätigkeit, bevor ihr dann von Dr. E____ ab dem 22. Oktober 2018 eine (100%ige) Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde (vgl. IV-Akte 8, S. 2). Zuverlässige Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin ihre Ausbildung invaliditätsbedingt nicht hat abschliessen können, gibt es keine. Es lässt sich mit anderen Worten nicht eruieren, weshalb der Abbruch des Studiums tatsächlich erfolgt ist. Ergänzend kann diesbezüglich auf die schlüssigen Ausführungen des Rechtsdienstes der Beschwerdegegnerin vom 21. Februar 2023 (IV-Akte 161) verwiesen werden.

6.3.3.  Bei einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des Wartejahres im Oktober 2019 (vgl. Erwägung 5.5. hiervor) resultiert im erwerblichen Bereich eine Einschränkung von 100 % resp. – nach Gewichtung – ein IV-Grad von 80 %.

6.4.        6.4.1.  Per Januar 2020 (zweiter Einkommensvergleich) hat die Beschwerdegegnerin ein Valideneinkommen von Fr. 55'619.-- errechnet (vgl. IV-Akte 178. S. 7). Die Beschwerdegegnerin ist dabei von dem in den LSE 2020 ausgewiesenen Lohn von Fr. 4'446.-- monatlich (vgl. dazu Tabelle TA1, Frauen, Detailhandel Pos. 47, Niveau 1) ausgegangen (Fr. 4'446.-- : 40 x 41.7 x 12). Dies ist unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen (Massgeblichkeit des Lohnes im Detailhandel) als korrekt zu erachten. 6.4.2.  Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit aus, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als Invalidenlohn (vgl. BGE 135 V 297, 301 E. 5.2). Ist – wie hier – kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, sind praxisgemäss die LSE-Tabellenlöhne heranzuziehen (vgl. BGE 143 V 295, 296 f. E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 8C_632/2021 vom 2. Dezember 2021 E. 6.3.2.). Die Rechtsprechung wendet dabei in der Regel die Monatslöhne gemäss LSE-Tabelle TA1 (Zeile "Total Privater Sektor") an (zu hier nicht näher interessierenden Ausnahmen siehe die in BGE 133 V 545 nicht publizierte E. 5.1 des Urteils 9C_237/2007 vom 24. August 2007). Wie das Bundesgericht mit BGE 148 V 174 entschieden hat, besteht im heutigen Zeitpunkt kein ernsthafter sachlicher Grund für die Änderung der Rechtsprechung, wonach Ausgangspunkt für die Bemessung des Invalideneinkommens anhand statistischer Werte grundsätzlich die Zentral- bzw. Medianwerte der LSE darstellen (vgl. auch die Urteile 8C_219/2022 vom 2. Juni 2022 E. 6.6. und 8C_139/2021 vom 10. Mai 2022 E. 3.2.2.3. und E. 3.2.2.4.). Vorliegend hat die Beschwerdegegnerin daher praxisgemäss auf den Totalwert von Tabelle TA1 (Frauen, Kompetenzniveau 1) abgestellt (vgl. IV-Akte 178, S. 7). Ausgehend von einem monatlichen Lohn von Fr. 4‘276.-- errechnete sie daher – ausgehend von einer 50%igen Restarbeitsfähigkeit (vgl. dazu Erwägung 5.5. hiervor) – ein hypothetisches Invalideneinkommen von Fr. 26'747.-- (Fr. 4'276.-- : 40 x 41.7 x 12 x 0.5).

6.4.3.  Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage der LSE BFS ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert allenfalls zu kürzen, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die versicherte Person wegen bestimmter einkommensbeeinflussender Merkmale (leidensbedingte Einschränkungen, Alter, Dienstjahre, Nationalität und Aufenthaltskategorie, Beschäftigungsgrad) ihre Restarbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann. Der Einfluss aller Merkmale auf das Invalideneinkommen ist unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen. Der Abzug darf 25 % nicht übersteigen (BGE 135 V 279, 301 E. 5.2; BGE 126 V 75, 79 f. E. 5b/aa-cc). Vorliegend gewährte die Beschwerdegegnerin keinen Leidensabzug (vgl. IV-Akte 178, S. 7). Dem kann ebenfalls gefolgt werden. Eine Reduktion des Tabellenlohnes wegen der verbleibenden gesundheitlichen Einschränkungen setzt voraus, dass das medizinische Anforderungs- und Belastungsprofil eine zum zeitlich zumutbaren Arbeitspensum hinzutretende qualitative quantitative Einschränkung der Arbeitsfähigkeit darstellt, das heisst, dass das Spektrum der erwerblichen Tätigkeiten (weiter) eingegrenzt wird, welche unter Berücksichtigung der Fähigkeiten, Ausbildung und Berufserfahrung der versicherten Person realistischerweise noch in Frage kommen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob mit Bezug auf eine konkret in Betracht fallende Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage verglichen mit einem gesunden Mitbewerber nur bei Inkaufnahme einer Lohneinbusse reale Chancen für eine Anstellung bestehen. Lediglich wenn auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung solcher Einschränkungen, die personen- arbeitsplatzbezogen sein können, kein genügend breites Spektrum an zumutbaren Verweisungstätigkeiten mehr besteht, rechtfertigt sich allenfalls ein (zusätzlicher) Abzug vom Tabellenlohn (Urteile 8C_502/2022 vom 17. April 2023 E. 5.2.3; 8C_48/2021 vom 20. Mai 2021 E. 4.3.3). Zu beachten ist dabei, dass der massgebende ausgeglichene Arbeitsmarkt auch sogenannte Nischenarbeitsplätze umfasst, also Stellen- und Arbeitsangebote, bei welchen Behinderte mit einem sozialen Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers rechnen können (BGE 148 V 174, 188 E. 9.1). Im Übrigen gilt es auch zu beachten, dass der standardisierte Median-Bruttolohn von Frauen ohne Kaderfunktion bei einem Teilzeitpensum von 50 bis 74 % im Vergleich zu einem Vollpensum (ab 90 %) gemäss Tabelle T18 der LSE 2020 um 7.3 % höher liegt (Fr. 6'065.-- bei Teilzeit [50 bis 74 %]; Fr. 5'617.-- bei Vollzeit [90 % mehr]). Ergänzend kann auf die korrekten Ausführungen des Rechtsdienstes der Beschwerdegegnerin vom 21. Februar 2023 (IV-Akte 161) verwiesen werden.

6.4.4.  Bei einem hypothetischen Valideneinkommen von Fr. 55'619.-- und einem Invalideneinkommen von Fr. 26'747.-- resultiert eine Erwerbseinbusse von 51.9 % resp. – nach Gewichtung – ab Januar 2020 ein IV-Grad von 41.53 %. 6.5.        6.5.1.  Per Januar 2021 (dritter Einkommensvergleich) errechnete die Beschwerdegegnerin ein hypothetisches Valideneinkommen von Fr. 55'953.-- (vgl. IV-Akte 178, S. 8). Es entspricht dem per 2020 ermittelten (Fr. 55'619.--), angepasst an die Nominallohnentwicklung (+ 0.6 %; vgl. dazu T1.2.10 [Nominallohnindex Frauen, 2011-2022, Allgemein]) und ist daher nicht zu beanstanden.

6.5.2.  Das Invalideneinkommen von Fr. 32'288.-- per Januar 2021 (vgl. IV-Akte 178, S. 8) wurde grundsätzlich entsprechend demjenigen per 2020 ermittelt, jedoch unter Berücksichtigung eines 60%-Pensums sowie der bis 2021 eingetretenen Nominallohnentwicklung (+ 0.6 %; vgl. dazu T1.2.10 [Nominallohnindex Frauen, 2011-2022, Allgemein]). Es ist daher nicht zu beanstanden.

6.5.3.  Bei einem Valideneinkommen von Fr. 55'953.-- und einem Invalideneinkommen von Fr. 32'288.-- resultiert somit per Januar 2021 eine Erwerbseinbusse von 42.29 % resp. – nach Gewichtung – ein IV-Grad von 33.83 %.

6.6.        Per August 2021 (70%ige Arbeitsfähigkeit) nahm die Beschwerdegegnerin einen vierten Einkommensvergleich vor (Valideneinkommen Fr. 55'953.--; Invalideneinkommen Fr. 37'670.--) und ermittelte eine Erwerbseinbusse von 32.68 % resp. einen IV-Grad von 26.14 % (vgl. IV-Akte 178, S. 8 f.). Auch dem kann aus den obigen Überlegungen gefolgt werden.

7.              

7.1.        7.1.1.  Zur Ermittlung der Invalidität der Beschwerdeführerin im Haushalt nahm die Beschwerdegegnerin am 18. Oktober 2021 eine Haushaltsabklärung vor. Anlässlich dieser wurde in der Zeit von Dezember 2017 bis April 2020 eine Behinderung von 33 % festgestellt (12 % im Bereich Ernährung; 18 % im Bereich Wohnungs- und Hauspflege; 1 % im Bereich Einkauf; 2 % im Bereich Wäsche- und Kleiderpflege). Ab Mai 2020 bis April 2021 wurde die Einschränkung mit 12 % bewertet (9 % im Bereich Wohnungs- und Hauspflege; 1 % im Bereich Einkauf und 2 % im Bereich Wäsche- und Kleiderpflege). Schliesslich ging der Aussendienstmitarbeiter ab Mai 2021 (Möglichkeit zur selbstständigen Erledigen der Post) noch von einer 11%igen Behinderung aus (vgl. den Abklärungsbericht vom 21. Oktober 2021; IV-Akte 122).

7.1.2.  Prof. Dr. S____ beantwortete die Frage, ob die anlässlich der Haushaltsabklärung erhobenen Beeinträchtigungen nachvollziehbar seien, nicht explizit (vgl. S. 24 f. des Gutachtens). Dr. O____, c/o RAD, teilte in ihrer Stellungnahme vom 20. Dezember 2022 (IV-Akte 145) grundsätzlich die Meinung des Abklärungsdienstes in Bezug auf den Schweregrad der erhobenen Beeinträchtigung. Allerdings wurden die im Abklärungsbericht vorgenommene zeitliche Abstufung als nicht nachvollziehbar erachtet. Dr. O____ wies dabei zutreffend darauf hin, dass es für die angegebenen Zeiträume an einer nachvollziehbaren Begründung ermangle. Vor allem sei eine Einschränkung ab Dezember 2017 nicht einleuchtend. Die Versicherte selber mache eine Arbeitsunfähigkeit ab dem 22. Oktober 2018 geltend. Diese Feststellung ist korrekt. Ebenfalls als richtig zu erachten ist der Hinweis von Dr. O____, dass es vor dem 22. Oktober 2018 keine medizinischen Dokumente gebe, die Einschränkungen im Haushalt begründen würden. Soweit die RAD-Ärztin zum Schluss gelangte, der Verlauf der Einschränkung im Haushalt sei analog zum Verlauf der Arbeitsunfähigkeit festzulegen, kann ihr gefolgt werden.

7.2.        7.2.1.  Auf die Haushaltsabklärung und die ergänzenden Ausführungen der RAD-Ärztin kann abgestellt werden. Es gibt keine Anhalte dafür, dass die mit der Abklärung befasste Person nicht sämtlichen relevanten Gegebenheiten korrekt Rechnung getragen hat. Der Bericht erfüllt denn auch die von der Rechtsprechung bestimmten Anforderungen. So wurde er von einer qualifizierten Person verfasst, die Kenntnis der örtlichen und räumlichen Verhältnisse sowie der sich aus den medizinischen Diagnosen ergebenden Beeinträchtigungen und Behinderungen hatte. Darüber hinaus wurden die Angaben der versicherten Person berücksichtigt. Der Berichtstext ist plausibel, begründet und angemessen detailliert bezüglich der einzelnen Einschränkungen. Auch steht er in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben (vgl. zu den Anforderungen an einen Abklärungsbericht u.a. das Urteil des Bundesgerichts 9C_80/2021 vom 16. Juni 2021 E. 3.2.). 7.3.        Somit ist ab dem 22. Oktober 2018 von einer 33%igen Behinderung (IV-Grad 6.6 %), ab dem Januar 2020 von einer 12%igen Behinderung (IV-Grad 2.4 %) und ab Januar 2021 von einer 11%igen Behinderung (IV-Grad 2.2 %) auszugehen (vgl. IV-Akte 145). 7.4.        Der Gesamtinvaliditätsgrad beträgt daher nach Ablauf des Wartejahres (Oktober 2019) 87 %. Daher hat die Beschwerdeführerin ab Oktober 2019 Anspruch auf eine ganze Rente. Bei einem IV-Grad von 44 % (41.53 % + 2.4 %) ab Januar 2020 besteht ab April 2020 (Ablauf der dreimonatigen Frist der Verbesserung gemäss Art. 88a Abs. 1 IVV) noch ein Anspruch auf eine Viertelsrente. Gestützt auf einen IV-Grad von 36 % (33.83 % + 2.2 %) ab Januar 2021 entfällt per April 2021 ein Rentenanspruch. 7.5.        Aus all dem folgt, dass die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 6. Juni 2023 (IV-Akte 178) zu Recht gestützt auf die vorliegenden Akten ab Oktober 2019 bis März 2020 eine ganze Rente und ab April 2020 bis März 2021 eine Viertelsrente zugesprochen und ab April 2021 einen Rentenanspruch verneint hat.

8.              

8.1.        Damit ist die Beschwerde abzuweisen. 8.2.        Die Beschwerdeführerin hat die ordentlichen Kosten des Verfahrens, bestehend aus einer Gebühr von Fr. 800.--, zu tragen. Zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege gehen diese Kosten zu Lasten des Staates. 8.3.        Die ausserordentlichen Kosten sind wettzuschlagen. Da der Beschwerdeführerin der Kostenerlass bewilligt worden ist, ist ihrer Vertreterin ein angemessenes Anwaltshonorar aus der Gerichtskasse auszurichten. Advokatin lic. iur. B____ hat am 24. Oktober 2023 eine Honorarnote eingereicht. In dieser wird ein Aufwand von 29.333 Stunden à Fr. 200.-- zuzüglich Auslagen von Fr. 140.15 ausgewiesen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt im Sinne einer Faustregel in durchschnittlichen IV-Fällen bei doppeltem Schriftenwechsel ein Kostenerlasshonorar von Fr. 3'000.-- (inklusive Auslagen) zuzüglich Mehrwehrsteuer zuspricht. Im vorliegenden Fall ist in Bezug auf die sich stellenden Sachverhalts- und Rechtsfragen von einem durchschnittlichen Fall auszugehen. Aus diesem Grunde erscheint ein Honorar von Fr. 3'000.-- (inklusive Auslagen) nebst Mehrwertsteuer als angemessen.

Demgemäss erkennt das Sozialversicherungsgericht:

://:      Die Beschwerde wird abgewiesen.

          Die Beschwerdeführerin trägt die ordentlichen Kosten des Verfahrens, bestehend aus einer Gebühr von Fr. 800.--. Zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege gehen diese Kosten zu Lasten des Staates.

          Die ausserordentlichen Kosten werden wettgeschlagen.

          B____, Advokatin, wird ein Anwaltshonorar von Fr. 3'000.-- (inklusive Auslagen) zuzüglich Mehrwertsteuer von Fr. 231.-- aus der Gerichtskasse zugesprochen.

 

Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT

 

Die Präsidentin                                                  Die Gerichtsschreiberin

 

 

 

lic. iur. R. Schnyder                                           lic. iur. S. Dreyer

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt.

Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:

a)           Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;

b)           in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;

c)           die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geht an:

–        Beschwerdeführerin
–       
Beschwerdegegnerin
–        Beigeladene
–        Bundesamt für Sozialversicherungen

 

Versandt am:      



 
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