Zusammenfassung des Urteils IV.2018.166 (SVG.2019.122): Sozialversicherungsgericht
Der 1970 geborene Beschwerdeführer, der aus einem anderen Land stammt und dem Volk der [...] angehört, reiste 2003 in die Schweiz ein und arbeitete dort zeitweise in einem Restaurant. Nachdem er arbeitslos wurde, meldete er sich 2015 wegen psychischer Beschwerden bei der IV-Stelle an. Nach umfangreichen Abklärungen und Gutachten lehnte die IV-Stelle seinen Rentenanspruch ab. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 800 trägt der Beschwerdeführer, da die Beschwerde abgewiesen wurde. Die Parteientschädigung für die Rechtsvertreterin beträgt CHF 2650 zuzüglich Mehrwertsteuer.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | IV.2018.166 (SVG.2019.122) |
Instanz: | Sozialversicherungsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 17.12.2018 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Beweiskraft von Administrativgutachten; vorliegend erfüllt |
Schlagwörter: | V-Akte; IV-Akte; Arbeit; Gutachten; Gutachter; Psychiater; Arbeitsfähigkeit; Recht; Diagnose; Störung; Invalidität; Beschwerdeführer; Belastung; Beschwerdeführers; Gesundheit; Schweiz; Beweis; Einschränkung; Psychiaters; Ausführungen; Untersuchung; Bundesgericht; Basel; Stellung; ähren |
Rechtsnorm: | Art. 13 ATSG ;Art. 16 ATSG ;Art. 42 BGG ;Art. 47 BGG ;Art. 6 ATSG ;Art. 7 ATSG ;Art. 8 ATSG ;Art. 95 BGG ; |
Referenz BGE: | 124 V 321; 127 V 294; 134 V 322; 139 V 547; 140 V 193; 141 V 281; 142 V 342; 143 V 409; 143 V 418; |
Kommentar: | - |
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
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URTEIL
vom 17. Dezember 2018
Mitwirkende
Dr. G. Thomi (Vorsitz), Dr. med. C. Karli, MLaw T. Conti
und Gerichtsschreiberin MLaw K. Zimmermann
Parteien
A____
[...]
vertreten durch B____, [...]
Beschwerdeführer
IV-Stelle Basel-Stadt
Rechtsdienst, LangeGasse7, Postfach, 4002Basel
Beschwerdegegnerin
Gegenstand
IV.2018.166
Verfügung vom 24. August 2018
Beweiskraft von Administrativgutachten; vorliegend erfüllt
Tatsachen
I.
a) Der 1970 geborene Beschwerdeführer stammt aus [...], seine Familie gehört dem Volk der [...] an. Dort war er jahrelang im Schreinerbetrieb des Vaters tätig. Im Dezember 2003 reiste er in die Schweiz ein und heiratete im Februar 2004 eine Schweizerin. Vom 1. Januar 2007 bis 31. August 2008 arbeitete er in einem 60%-Pensum als Mitarbeiter in einem Restaurant. Davor und danach übte er in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit aus (vgl. IV-Anmeldung, IV-Akte 2, S. 1 ff.; IK-Kontoauszug, IV-Akte 8). In den Jahren 2009, 2010 und 2013 erhielt er Arbeitslosen-taggelder (vgl. IK-Kontoauszug, IV-Akte 8). Die Ehe des Beschwerdeführers wurde am [...] 2013 vom Zivilgericht Basel-Stadt geschieden (vgl. Urteil, IV-Akte 2, S. 10 f.). Seit 2014 wird der Beschwerdeführer von der Sozialhilfe unterstützt.
b) Im März 2015 meldete sich der Beschwerdeführer wegen psychischen Beschwer-den bei der IV-Stelle an. Diese tätigte erwerbliche und medizinische Abklärungen und holte bei den behandelnden Ärzten, insbesondere beim Psychiater med. pract. C____, FMH Psychiatrie und Psychotherapie (vgl. IV-Akte 15) und beim Hausarzt Dr. D____, FMH Innere Medizin (vgl. IV-Akten 23 und 35), aktuelle Informationen zum Gesundheitszustand ein. Der Regionale Ärztliche Dienst (nachfolgend: RAD) hielt am 22. Juni 2015 die medizinische Situation anlässlich des Erstgesprächs fest (vgl. IV-Akte 17). Nach weiteren Abklärungen gab die Beschwerdegegnerin auf Empfehlung des RAD (vgl. IV-Akte 37) bei Dr. E____ ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag, welches am 31. August 2017 erstattet wurde (vgl. IV-Akte 44). Wiederum auf Veranlassung des RAD (vgl. IV-Akte 46) beschaffte die Beschwerdegegnerin die Abrechnungen der Krankenkasse seit Anfang 2015 (vgl. IV-Akte 53) und dieser äusserte sich hierzu (vgl. IV-Akte 56). Zudem holte die Beschwerdegegnerin über den behandelnden Hausarzt Dr. D____ aktuelle Berichte der Abteilung Neurologie des [...]spitals [...] ein (vgl. IV-Dokument 58). Am 16. Mai 2018 nahm der RAD hierzu und zum Gutachten Stellung (vgl. IV-Akte 59). Gestützt auf diese Abklärungen teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit Vorbescheid vom 7. Juni 2018 mit, sie beabsichtige bei einem ermittelten IV-Gad von 0% einen Rentenanspruch abzulehnen (vgl. IV-Akte 60). Nachdem der Beschwerdeführer dagegen keinen Einwand erhoben hatte, erliess die Beschwerdegegnerin am 24. August 2018 eine dem Vorbescheid entsprechende Verfügung (vgl. IV-Akte 62).
II.
a) Mit Beschwerde vom 25. September 2018 werden beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt folgende Rechtsbegehren gestellt:
1. Die Verfügung der IV-Stelle Basel-Stadt vom 24. August 2018 sei aufzuheben, und es seien dem Beschwerdeführer die gesetzlichen Leistungen der Invalidenversicherung zuzusprechen.
2. Dem Beschwerdeführer sei rückwirkend per September 2015 eine IV-Rente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 100% (bestehend seit Dezember 2013) auszurichten.
3. Die rückwirkende Rentenzahlung sei mit 5% seit September 2015 zu verzinsen.
4. Eventualiter sei ein gerichtliches Obergutachten über den körperlichen und psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers einzuholen.
5. Dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mit der unterzeichnenden als Advokatin zu gewähren.
6. Alles unter o/e Kostenfolge.
b) Am 8. Oktober 2018 reicht der behandelnde Psychiater med. pract. C____ einen IV-Arztbericht ein (vgl. IV-Akte 66).
c) Die Beschwerdegegnerin beantragt mit Beschwerdeantwort vom 5. November 2018 die Abweisung der Beschwerde.
d) Mit Replik vom 30. November 2018 wird an den in der Beschwerde gestellten Rechtsbegehren vollumfänglich festgehalten.
III.
Mit Instruktionsverfügung vom 26. September 2018 wird dem Beschwerdeführer der Kostenerlass mit B____, Advokatin, als Vertreterin bewilligt.
IV.
Innert Frist hat keine der Parteien die Durchführung einer mündlichen Parteiverhandlung verlangt. Am 17. Dezember 2018 wird die Sache von der Kammer des Sozialversicherungsgerichts beraten.
Entscheidungsgründe
1.
Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt ist als einzige kantonale Instanz zustän-dig zum Entscheid über die vorliegende Streitigkeit (§ 82 Abs. 1 des Gesetzes vom 3. Juni 2015 betreffend die Organisation der Gerichte und der Staatsanwaltschaft [Gerichtsorganisationsgesetz, GOG; SG 154.100]). Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus Art. 69 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG; SR 831.20). Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und es sind auch die übrigen formellen Beschwerdevoraussetzungen erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
4.4.2. Zunächst bringt der Beschwerdeführer in formeller Hinsicht vor, die Untersuchung bei Dr. E____ habe lediglich 20 Minuten gedauert (vgl. Beschwerde, S. 6). Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die vom behandelnden Psychiater med. pract. C____ diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung liesse sich nicht in einer einzigen Begegnung mit dem Exploranden bestätigen verwerfen. Dieser könne in einer einzelnen Sitzung weder das nötige Vertrauen zum Gutachter herstellen, noch seine persönliche Geschichte und aktuelle Situation umfassend darlegen.
4.4.3. Hierzu ist zunächst auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, wonach es für den Aussagegehalt eines medizinischen Gutachtens grundsätzlich nicht auf die Dauer der Untersuchung ankommt. Massgebend ist in erster Linie, ob die Expertise inhaltlich vollständig und im Ergebnis schlüssig ist. Der für eine psychiatrische Untersuchung zu betreibende zeitliche Aufwand muss der Fragestellung und der zu beurteilenden Psychopathologie angemessen sein (vgl. Urteil 9C_664/2009 des Bundesgerichts vom 6. November 2009 E. 3). Diese Erfordernisse sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist festzustellen, dass der Gutachter die beim Beschwerdeführer aktuell bestehenden Beschwerden einlässlich erfragte. So vermerkte der Gutachter, dem Beschwerdeführer gehe es nicht so gut, er könne nicht gut schlafen, wolle keinen Kontakt mit anderen Menschen und nur zu Hause bleiben. Der Beschwerdeführer habe schlechte Träume und es komme ihm alles aus der Vergangenheit wieder hoch, z.B. die Situation zu Hause. Einer seiner Halbbrüder sei sehr gewalttätig gewesen und habe die Familienmitglieder, die Mutter und auch den Beschwerdeführer geschlagen. Nachdem sich der Beschwerdeführer im Militärdienst geweigert habe auf terrorisierende Gruppen zu schiessen, sei er ins Gefängnis gekommen und dort ebenfalls geschlagen worden. Das Ganze komme heute immer wieder in Bildern hoch. Begonnen habe dies, als die Ehefrau ihn auf die Strasse stellte, vermutlich bedingt durch den damaligen Druck und die Scheidung. Die psychiatrische Therapie helfe ihm nicht so richtig. Er müsse dauernd Medikamente einnehmen, damit er überhaupt schlafen könne und habe verschiedene Schmerzen am Körper in unterschiedlichem Ausmass (vgl. Gutachten, IV-Akte 44, S. 2). Diese Ausführungen, welche zudem durch einen Dolmetscher übersetzt werden mussten, erscheinen als zu umfangreich, als dass diese in einer kurzen Exploration von 20 Minuten hätten erhoben werden können. 4.4.4. Ergänzend bringt der Beschwerdeführer vor es bestünden kulturelle Hintergründe, die für Unbeteiligte schwer nachvollziehbar seien (Status der [...]völker in [...], Stammeskultur, schwarze Magie, Tabus, hierarchische Strukturen...) und der betriebene Zeitaufwand sei auch in Anbetracht des komplexen transkulturellen Kontexts nicht ausreichend. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ängste zwar durchaus real sein mögen. Sie sind allerdings als psychosozialer bzw. soziokultureller Faktor zu werten und stellen keine Auswirkung einer eigentlichen Erkrankung dar. Insgesamt bestehen vorliegend keine Hinweise, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten kulturellen Hintergründe in einem stärkeren Ausmass hätten berücksichtigt werden müssen. Die formellen Einwände des Beschwerdeführers erweisen sich damit als unbegründet. 4.5. 4.5.1. In materieller Hinsicht lässt der Beschwerdeführer vorbringen, auf die gutachterliche Einschätzung könne nicht abgestellt werden, da sich der Gutachter nicht darum bemüht habe, die persönliche Situation des Beschwerdeführers in ihrer Komplexität zu erfassen und die von den behandelnden Ärzten erstellten Diagnosen zu ergründen. Zudem kritisiert der Beschwerdeführer den Umstand, dass der psychiatrische Gutachter mit dem behandelnde Psychiater keine Rücksprache genommen habe und gibt an, bei einer entsprechenden Rückfrage hätte der behandelnde Psychiater erläutern können, wie er nach mehrjähriger Behandlung zur Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gelangt sei. 4.5.2. Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS; ICD-10 F43.1) entsteht als verzögerte protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis eine Situati-on aussergewöhnlicher Bedrohung katastrophenartigen Ausmasses, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Hierzu gehören eine durch Natur-ereignisse von Menschen verursachte Katastrophe, eine Kampfhandlung, ein schwerer Unfall Zeuge des gewaltsamen Todes anderer selbst Opfer von Folterung, Terrorismus, Vergewaltigung anderen Verbrechen zu sein. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinne-rungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks) in Träumen, vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit, Gleichgül-tigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Anhedonie sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Gewöhnlich tritt ein Zustand vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung und einer übermässigen Schreckhaftigkeit und Schlaflo-sigkeit auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten (vgl. Internationale Klas-sifikation psychischer Störungen, ICD-10 Kapitel V (F), Klinisch-diagnostische Leitli-nien, herausgegeben von H. Dilling, W. Mombour und M.H. Schmidt, 8. Auflage, Bern 2011, S. 207). 4.5.3. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass dem Gutachter die Berichte des behandelnden Psychiaters med. pract. C____, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 7. November 2014 und vom 9. Juni 2015, in welchen dieser dem Beschwerdeführer eine komplexe chronische PTBS, Panikattacken, eine depressive Symptomatik, und sonstige Reaktionen auf schwere Belastungen gemäss ICD-10 F43.8 attestiert, vorlagen (vgl. Auflistung zu Beginn des Gutachtens, IV-Akte 44, S. 2 f.) und im Gutachten auch berücksichtigt wurden. Zur Sitzungsfrequenz und den vom Beschwerdeführer eingereichten Krankenkassenbelegen über seine Sitzungen bei med. pract. C____ ist darauf hinzuweisen, dass sowohl der Umstand, dass der Beschwerdeführer einmal im Monat seinen Psychiater aufsucht als auch die Medikamenteneinnahme des Beschwerdeführers dem Gutachter bekannt waren (vgl. Gutachten, V-Akte 44, S. 2). Vor diesem Hintergrund erscheint eine Rückfrage an den Gutachter nicht als zwingend notwendig. Sodann hat sich der psychiatrische Gutachter mit der abweichenden Einschätzung des behandelnden Psychiaters im Gutachten selbst auseinandergesetzt und die vom behandelnden Psychiater attestierte 100%ige Arbeitsunfähigkeit in jeglicher Tätigkeit in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise verneint (vgl. Gutachten, IV-Akte 44, S. 10). Darauf ist nachfolgend einzugehen. 4.5.4. Im Einzelnen hat der Gutachter das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht dezidiert ausgeschlossen. Vielmehr führte der Gutachter mehrfach die ärmlichen und äussert schwierigen und belastenden Verhältnisse auf, in welchen der Beschwerdeführer aufwuchs (vgl. Gutachten, IV-Akte 44, S. 2, 3 und 5). Sodann erhob der Gutachter die beim Beschwerdeführer bestehenden Untersuchungsbefunde (keine Hinweise auf kognitive Schwierigkeiten, besorgter, leicht gedrückter Affekt, erhaltene affektive Modulation, keine psychomotorische Auffälligkeit, vgl. a.a.O., S. 4 f.), um anschliessend ausführlich auf die vom behandelnden Psychiater attestierte PTBS einzugehen. Diesbezüglich hielt der Gutachter fest, der Beschwerdeführer weise kaum eine Schulbildung auf und die Zeit durch den gewalttätigen älteren Bruder und die Militärdienstzeit, wo er inhaftiert wurde, sei belastend für ihn gewesen. Inwieweit er dabei tatsächlich eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten habe, sei jedoch unklar, da nur wenige Angaben von ihm erhältlich gemacht werden konnten und er zudem auch eher etwas pauschalisierende Antworten gegeben habe (vgl. a.a.O., S. 5). Weiter gab der Gutachter an, eine PTBS lasse sich in der aktuellen Untersuchungssituation nicht bestätigen, auch wenn der Beschwerdeführer möglicherweise traumatischen Erlebnissen in seiner Jugend während der Militärdienstzeit ausgesetzt war. Es bestünden beim Beschwerdeführer zwar Erinnerungen, allerdings nicht im Sinne von Flashbacks. Hinweise auf ein übermässiges schreckhaftes Verhalten in gewissen Alltagssituationen würden sich keine finden und es bestünden keine eigentlichen Albträume. Der Beschwerdeführer sei nach diesen Träumen nicht verschwitzt und habe kein Herzklopfen (vgl. IV-Akte 44, S. 3). Ein eigentliches Meideverhalten, welches in diesem Zusammenhang interpretiert werden könnte, bestehe ebenfalls nicht. Daher erachtete es der Gutachter als möglich, dass sich eine allfällige posttraumatische Belastungsstörung mittlerweile gebessert habe und eher einer depressiven Störung Platz gemacht habe. Schliesslich äusserte sich der Gutachter auch zu den im Bericht vom 7. November 2014 vom behandelnden Psychiater attestierten Panikattacken. Er gab an, es hätten hierfür in der Untersuchung keine Hinweise gefunden werden können und auch die Schwere der depressiven Störung müsse relativiert werden. Es sei anzunehmen, dass unter der Behandlung durch med. pract. C____ doch eine gewisse Besserung eingetreten sei, weswegen auch nicht dauerhaft von einer vollen Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei (vgl. Gutachten, IV-Akte 44, S. 10). 4.5.5. Diese Ausführungen sind vorliegend schlüssig und nachvollziehbar. Sie decken sich zudem mit den vom Beschwerdeführer gemachten Angaben. Der Beschwerdeführer gab überwiegend einen allgemeinen sozialen Rückzug (mit Ausnahme der im nahestehenden Bekannten, in dessen Begleitung er auch zum Untersuchungstermin erschien) und ein passives Verhalten an (vgl. Gutachten, IV-Akte 44, S. 2 ff.). Mit Ausnahme von unspezifischen Ängsten und der vom Beschwerdeführer als Albträume bezeichneten schlechten Träume schilderte der Beschwerdeführer keine spezifische PTBS-Symptomatik und diese lässt sich auch weder den bisherigen noch dem neusten der Stellungnahme des behandelnden Psychiaters entnehmen (vgl. IV-Akte 66). Vielmehr wird in der neusten Stellungnahme des behandelnden Psychiaters die Diagnose einer PTBS in Klammern aufgeführt und neu die Diagnose Angst und depressiv Störung gemischt ICD -10 F. 41.2 aufgeführt (vgl. IV-Akte 66, S. 1), was eher in die Richtung des Gutachtens weist. Aus den weiteren Ausführungen des Psychiaters im neusten IV-Arztbericht ergibt sich sodann, dass der Beschwerdeführer sehr misstrauisch ist. Ein Vermeideverhalten ein andauernden Gefühls von Betäubtsein wird dagegen nicht geschildert. Vor diesem Hintergrund sind die vom Gutachter gemachten Ausführungen und die attestierte 20%ige Einschränkung der Arbeitsfähigkeit jedenfalls nicht zu beanstanden. 4.6. Ferner weist der Gutachter zu Recht darauf hin, dass der behandelnde Psychiater zu invaliditätsfremden Faktoren (Migrationsproblematik, bescheidene Schul- und fehlende Deutschkenntnisse, eine vieljährige Erwerbsabstinenz) nicht Stellung nehme und auch die psychosozialen Umstände bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht berücksichtige (vgl. Gutachten, IV-Akte 44, S. 10). Ebenfalls zutreffend gibt der Gutachter an, dass der behandelnde Psychiater, welcher immerhin davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer wieder arbeitsfähig werden könne, keine Angaben dazu mache, welche Tätigkeiten dem Beschwerdeführer zumutbar wären (vgl. Gutachten, IV-Akte 44, S. 10). Auch in der neusten Stellungnahme des behandelnden Psychiaters fällt auf, dass dieser eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit als möglich erachtet, zur Arbeitsunfähigkeit als solcher und zu den möglichen Tätigkeiten in einer leidensangepassten Verweistätigkeit keinerlei konkretisierende Angaben macht (vgl. IV-Akte 66, S. 3). Es kommt hinzu, dass sowohl der behandelnde Psychiater als auch der Gutachter übereinstimmend eine tagesklinische Behandlung für indiziert erachten (vgl. IV-Akte 66, S. 2; Gutachten, IV-Akte 44, S. 9), der Beschwerdeführer eine solche jedoch ablehnt. Dies ist vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer selbst angibt, die bisherige monatliche ambulante Therapie helfe ihm nicht so richtig (vgl. IV-Akte 44, S. 2) wenig nachvollziehbar. 4.7. Schliesslich kann angesichts des Umstands, dass sich aus dem neusten IV-Arztbericht des behandelnden Psychiaters keine neuen Aspekte ergeben, die vom Gutachter bislang unberücksichtigt geblieben sind, das Gutachten von Dr. E____ auch nicht als veraltet bezeichnet werden. 4.8. Ergänzend ist hinsichtlich der vom behandelnden Psychiater diagnostizierten PTBS auf folgendes hinzuweisen: Der Beschwerdeführer macht geltend, die Traumatisierungen vor seiner Einreise in die Schweiz im Jahre 2003 in seinem Heimatland [...] erlitten zu haben. Die Symptome seien jedoch erst durch die Scheidung von seiner Ehefrau im Jahre 2013 in der Schweiz ausgelöst worden. Zugleich war er während der Ehe mit Ausnahme einzig vom 1. Januar 2007 bis 31. August 2008 in einem Teilzeitpensum erwerbstätig. Bei dieser Konstellation ist nicht ganz klar (und soweit ersichtlich von der Beschwerdegegnerin bislang nicht abgeklärt), in welchem Zeitpunkt beim Beschwerdeführer der Versicherungsfall eingetreten ist und ob die versicherungsmässigen Voraussetzungen für eine Rente erfüllt sind. Gemäss Art. 6 Abs. 2 IVG sind ausländische Staatsangehörige, vorbehältlich Artikel 9 Abs. 3, nur anspruchsberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben und sofern sie bei Eintritt der Invalidität während mindestens eines vollen Jahres Beiträge geleistet sich ununterbrochen während zehn Jahren in der Schweiz aufgehalten haben. Da zwischen dem [...], dessen Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer besitzt, und der Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen besteht, richten sich die versicherungsmässigen Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 2 IVG (vgl. Liste der Sozialversicherungsabkommen, Stand 1.1.2019, abrufbar unter: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialver-sicherungen/int/grundlagen-und-abkommen.html). Doch selbst bei der Annahme, dass der Eintritt der Invalidität in der Schweiz erfolgte und die versicherungsmässigen Voraussetzungen beim Beschwerdeführer vorliegend erfüllt sind, was vorliegend offen bleiben kann, lässt der behandelnde Psychiater bei der Diagnose der PTSB unberücksichtigt, dass diese einen zeitlichen Aspekt beinhaltet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erfordert die Bejahung einer PTBS nicht nur eine eingehende Prüfung der bedeutsamen Schwere des Belastungskriteriums sondern auch der Latenzzeit zwischen initialer Belastung und Auftreten der Störung. Letztere betr .t nach ICD-10 wenige Wochen bis sechs Monate. Im Schrifttum wird zudem auf den ebenfalls zu beachtenden Aspekt verwiesen, dass ein nur gelegentliches Auftreten von Flashbacks Alpträumen nicht genügt, um eine PTBS zu begründen (zum Ganzen: BGE 142 V 342, 347 E. 5.2.2. mit Hinweisen). Selbst wenn im vorliegenden Fall eine PTBS vom Gutachter bejaht worden wäre, wäre die Erfüllung des zeitlichen Zusammenhangs vorliegend fraglich. Der Beschwerdeführer schilderte dem Gutachter Belastungen aus der Zeit, als er bei seiner Familie lebte (Schläge durch den gewalttätigen Halbbruder, welcher auch die Mutter und andere Familienmitglieder geschlagen habe) und während seiner Zeit im Gefängnis. Zugleich gab er an, dass die entsprechenden Symptome erst Jahre später eingesetzt hätten, als die Ehefrau ihn auf die Strasse stellte, vermutlich bedingt durch den damaligen Druck und die Scheidung (vgl. Ausführungen im Gutachten, IV-Akte 44, S. 2). Auch wenn es spät einsetzende Verläufe bei einer PTBS gibt, stellt sich gleichwohl die Frage, warum das Auftreten der Symptomatik vom Beschwerdeführer erst über 10 Jahre nach den Traumatisierungen im Zusammenhang mit der Trennungssituation geschildert wird. Der behandelnde Psychiater äussert sich zu dieser Frage jedenfalls nicht und macht zum Kriterium der Latenzzeit in seinen Berichten keinerlei Ausführungen. 4.9. Als Zwischenfazit ist damit festzustellen, dass die im psychiatrischen Gutachten von Dr. E____ vorgenommene Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer leidensangepassten Verweistätigkeit nachvollziehbar und schlüssig begründet ist. Jedenfalls sprechen keine konkreten Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise. Auf das Gutachten kann daher abgestellt werden.1. Diffuses Schmerzsyndrom mit rezidivierenden krampfartigen Schmerzen wechselnder Lokalisation im gesamten Körper; DD i.R. Dg. 2;
2. Schwere posttraumatische Belastungsstörung mit rezidivierenden depressiven Phasen;
3. St. n. möglicherweise generalisiertem tonisch-klonischen Anfall im 07/2015, DD: konvulsive Synkope;
4. Chronisches lumbovertebrales Schmerzsyndrom;
5. Chronische Magenschmerzen bei Refluxkrankheit;
6. Episodische Migräne;
7. V.a. subkfinische Hypothyreose (Überfunktion der Schilddrüse).
Nebendiagnosen:
- St. n. Värizen-OP links 12/2015
- St.n. Lymphadenopathie Typ Piringer-Kuchinka zervikal 03/2006
5.3. Zu den somatischen Diagnosen hat die RAD-Ärztin am 16. Mai 2018 Stellung genommen. Sie schrieb dem diffusen Schmerzsyndrom unklarer Ätiologie, dem chronischen lumbovertebralen Schmerzsyndrom, den chronischen Magenschmerzen und einer episodischen Migräne keine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit zu (vgl. IV-Akte 59). Zur Begründung führte die RAD-Ärztin aus, den neu eingegangenen medizinischen Unterlagen seien keine pathologischen Befunde Diagnosen zu entnehmen, die einen relevanten negativen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit haben könnten. Der Verdacht auf eine symptomatische Epilepsie habe sich nicht bestätigt, eine entsprechende Medikation sei wegen fehlender positiver Wirkung und vielen unerwünschten Nebenwirkungen wieder abgesetzt worden. Das vom Beschwerdeführer beklagte multilokuläre Schmerzsyndrom, das sich 2006 nach einer Lymphknotenentfernung im Nacken entwickelte, lasse sich weder neurologisch noch durch Veränderungen im Bereich des Bewegungsapparates erklären. Die RAD-Ärztin verwies dabei auf den Arztbericht des [...]spitals [...], Abteilung Neurologie vom 20. Juni 2016 (vgl. IV-Akte 58, S. 10) und das unauffällige MRT des linken Vorfusses vom 8. Juni 2017. Zudem verwies sie darauf, dass mehrfach dokumentiert sei, dass der Beschwerdeführer zu empfohlenen Abklärungen nicht erschienen sei, was nicht von guter Compliance zeuge (vgl. IV-Akte 59, S. 2). Weiter führte die RAD-Ärztin aus, die Körperbeschwerden seien als somatoforme Begleitreaktion im Rahmen der depressiven Störung zu interpretieren, diesbezüglich seien keine Diskrepanzen zwischen den behandelnden Ärzten und Dr. E____ dokumentiert. Relevante funktionelle Einschränkungen bestünden aufgrund der subjektiven Schmerzzustände unklarer Ursache nicht. Neurologische Störungen hätten ausgeschlossen werden können, so dass durch die Schmerzzustände nur eine qualitative, aber keine quantitative Einschränkung der Arbeitsfähigkeit begründet werden könnten. Im Übrigen verwies sie darauf, dass die Migräneattacken ein bis dreimal im Monat auftreten würden und mit Schmerzmitteln kurierbar seien, so dass sich dadurch keine relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ergebe. Entsprechend Dr. E____ bestätigte der RAD eine Arbeitsfähigkeit von 80% für eine körperlich leicht bis mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeit ohne Zwangshaltungen, Übernahme von Verantwortung und mit reduzierter Teamarbeit ab August 2015 (vgl. IV-Akte 59, S. 4 f.). 5.4. Diese Ausführungen sind vollumfänglich nachvollziehbar. Zu ergänzen ist lediglich, dass auch die Magenschmerzen mit Reflux einer medikamentösen Behandlung zugänglich sind. Insgesamt erweisen sich die somatischen Beschwerden nicht als derart schwer, dass es hierfür einer eigenen gutachterlichen Abklärung bedürfte. Zudem ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers festzustellen, dass mit der Stellungnahme des RAD eine umfassende Gesamtwürdigung der somatischen und psychischen Beschwerden stattgefunden hat. Bei dieser klaren Aktenlage erübrigen sich weitere Abklärungen in Form einer erneuten Begutachtung und es ist festzustellen, dass auf die Beurteilung des RAD vollumfänglich abgestellt werden kann.
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die ordentlichen Kosten, bestehend aus einer Gebühr von Fr. 800.00. Sie gehen zufolge Bewilligung des Kostenerlasses an ihn zu Lasten des Staates.
Die ausserordentlichen Kosten werden wettgeschlagen. Der Vertreterin des Beschwerdeführers im Kostenerlass, B____, Advokatin in Basel, wird ein Anwaltshonorar von Fr. 2650.00 (inklusive Auslagen) zuzüglich Mehrwertsteuer von Fr.204.05 (7,7 %) aus der Gerichtskasse zugesprochen.
Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
Dr. G. Thomi MLaw K. Zimmermann
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt.
Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:
a) Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;
b) in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;
c) die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.
Geht an:
- Beschwerdeführer
- Beschwerdegegnerin
- Bundesamt für Sozialversicherungen
Versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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