Zusammenfassung des Urteils HB.2015.54 (AG.2015.860): Appellationsgericht
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat am 21. Dezember 2015 entschieden, dass die Beschwerde von A____ gegen die Haftentlassung abgewiesen wird. A____ beantragte die Aufhebung des Entscheids und seine sofortige Haftentlassung, was jedoch abgelehnt wurde. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass weiterhin ein dringender Tatverdacht bestehe. Das Gericht stellte fest, dass die Haftbelassung verhältnismässig sei, da keine milderen Mittel zur Verfügung stünden. A____ muss die Kosten des Verfahrens tragen.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | HB.2015.54 (AG.2015.860) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 21.12.2015 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Abweisung Haftentlassungsgesuch |
Schlagwörter: | Töchter; Flucht; Tatverdacht; Aussage; Person; Familie; Verteidigung; Aussagen; Konfrontationseinvernahme; Recht; Entscheid; Untersuchung; Staatsanwaltschaft; Verfügung; Haftentlassung; Zwangsmassnahmengericht; Konfrontationseinvernahmen; Beschwerdeführers; Schweiz; Untersuchungshaft; Freiheit; Kontakt; Druck; Türkei; Basel; Töchtern |
Rechtsnorm: | Art. 130 StPO ;Art. 212 StPO ;Art. 221 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 48 BGG ; |
Referenz BGE: | 137 IV 122; |
Kommentar: | - |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Einzelgericht |
HB.2015.54
ENTSCHEID
vom 21. Dezember 2015
Mitwirkende
lic. iur. Gabriella Matefi
und Gerichtsschreiberin lic. iur. Barbara Grange
Beteiligte
A____, geb. [...] Beschwerdeführer
[...] Beschuldigter
c/o Untersuchungsgefängnis,
InnereMargarethenstrasse18, 4051Basel
vertreten durch lic. iur. [...], Advokat,
[...]
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin
Binningerstrasse21, 4001Basel
Gegenstand
Beschwerde gegen eine Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts
vom 18. November 2015
betreffend Abweisung Haftentlassungsgesuch
Sachverhalt
Mit Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 8. Oktober 2015 wurde A____ für die vorläufige Dauer von 12 Wochen bis zum 31. Dezember 2015 in Untersuchungshaft gesetzt. Am 6. November 2015 ersuchte A____ um Entlassung aus der Haft unter Behaftung auf seine Bereitschaft, in der Freiheit keinerlei Kontakt mit seinen Töchtern, B____ und C____, aufzunehmen. Dieses Gesuch wurde mit Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 18. November 2015 wegen des Bestehens eines dringenden Tatverdachts und gleichzeitiger Kollusionsgefahr abgewiesen und A____ in der Haft belassen. Gegen diesen Entscheid hat A____ Beschwerde eingelegt. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und seine unverzügliche Haftentlassung, dies alles unter o/e-Kostenfolge und Bewilligung der amtlichen Verteidigung sowie unentgeltlichen Prozessführung. Die Staatsanwaltschaft beantragt sinngemäss die Abweisung der Beschwerde, wobei sie im Wesentlichen auf die Begründung im angefochtenen Entscheid verweist und ausserdem darlegt, sie gehe auch vom Bestehen einer Fluchtgefahr aus.
Erwägungen
1.
Die Abweisung eines Haftentlassungsgesuchs durch das Zwangsmassnahmengericht kann mit Beschwerde angefochten werden (Art. 393 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 222 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO, SR 312.0]). Zuständiges Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§ 17 lit. b des Gesetzes über die Einführung der StPO [EG StPO, SG 257.100] i.V.m. § 73a Abs. 1 lit. b des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Auf die nach Art. 396 StPO frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. Das Beschwerdegericht entscheidet mit freier Kognition (Art. 393 Abs. 2 StPO).
2.
2.1 Die Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist nach Art. 221 Abs. 1 StPO zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens Vergehens dringend verdächtig ist und überdies Flucht-, Kollusions- Wiederholungsgefahr besteht; nach Art. 221 Abs. 2 StPO ist Haft auch bei Ausführungsgefahr zulässig. Die Haft muss zudem verhältnismässig sein. Sie ist aufzuheben, sobald Ersatzmassnahmen zum gleichen Ziel führen (Art. 197 Abs. 1 lit. c, Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO) und darf nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe (Art. 212 Abs. 3 StPO).
2.2
2.2.1 Der Beschwerdeführer argumentiert, der für die Haftanordnung notwendige dringende Tatverdacht sei nicht mehr gegeben. Beide Töchter hätten in den nach seiner Verhaftung durchgeführten Konfrontationseinvernahmen vom Bestehen einer Drucksituation gesprochen, ihn aber nicht direkt mit der Aussage belastet, er habe sie zwangsweise verheiratet bzw. verheiraten wollen. Das Zwangsmassnahmengericht bringe in diesem Zusammenhang zu Unrecht vor, in den Konfrontationseinvernahmen hätten die Töchter in ihren Aussagen einzig etwas mehr Zurückhaltung ausgeübt. Vielmehr ergäbe eine Analyse der Aussagen der Töchter in den Konfrontationseinvernahmen, dass diese die Sachlage doch etwas verzerrt und übertrieben dargestellt hätten. Dies hätten sie selber zum Ausdruck gebracht. Insbesondere habe B____ erklärt, sich vor allem vor dem Verlobten der Schwester zu fürchten. Auch sei die Hochzeit von B____ vorwiegend auf Empfehlung ihrer Mutter zustande gekommen und habe die Familie des Schwagers des Beschwerdeführers Druck auf sie ausgeübt. Wohl hätten mangelnde Kommunikation und Missverständnisse zwischen dem Beschwerdeführer und den Töchtern zur Flucht der Töchter geführt. Daraus sei dem Beschwerdeführer aber kein strafrechtlicher Vorwurf zu machen.
2.2.2 Für die Bejahung eines dringenden Tatverdachts ist erforderlich, dass aufgrund von genügend konkreten Tatsachen Informationen im Lichte aller Umstände objektiv darauf zu schliessen ist, die betroffene Person habe das fragliche Verbrechen Vergehen begangen. Nicht notwendig ist, dass der Sachverhalt bereits vollständig aufgeklärt ist. Weder das Zwangsmassnahmengericht noch die Beschwerdeinstanz haben dem Sachgericht mit einem eigenen Beweisverfahren, einer erschöpfenden Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Umstände einer umfassenden Bewertung der Glaubwürdigkeit der beteiligten Personen vorzugreifen (BGE 137 IV 122 E. 3.2, AGE HB.2015.28 vom 16. Juni 2015; Forster, in: Basler Kommentar StPO/JStPO, 2. Auflage 2014, Art. 221 StPO N 2 f.; Hug, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2. Auflage 2014, Art. 221 StPO N 5 f.; Schmid, in: Praxiskommentar StPO, 2. Auflage 2013, Art. 221 StPO N 4). Sie haben lediglich zu prüfen, ob die Justizbehörden aufgrund der vorhandenen Anhaltspunkte das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften (BGE 1B_552/2011 vom 24. Oktober 2011 E. 3). Dabei sind an den dringenden Tatverdacht in einem früheren Stadium der Strafuntersuchung weniger strenge Anforderungen zu stellen als in einer fortgeschrittenen Ermittlungsphase.
2.2.3 Die beiden Töchter des Beschwerdeführers befinden sich nach der heimlichen Flucht aus der elterlichen Wohnung seit dem 3. Juni 2015 an einem ihren Eltern nicht bekannten Ort und haben am 12. August 2015 über ihre Anwältin eine ausführlich begründete Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer wegen Zwangsheirat, Tätlichkeiten, Körperverletzung, Nötigung, Drohung sowie weitere in Frage kommende Delikte eingereicht. Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss behauptet, aufgrund der in den Konfrontationseinvernahmen vom 29. Oktober 2015 getätigten Aussagen seiner Töchter seien diese Strafvorwürfe, die zu seiner Inhaftnahme geführt hatten, nicht mehr haltbar, übersieht er, dass die Töchter sich in den Konfrontationseinvernahmen wohl zurückhaltender als in vorgehenden Einvernahmen ausgedrückt haben, die Strafvorwürfe aber gleichwohl weiterhin bestehen bleiben. So bestätigte C____, dass der Beschwerdeführer sie vor der Verlobung zwei Wochen zu Hause eingesperrt (Konfrontationseinvernahme vom 29. Oktober 2015 [KE 1], S. 3), sie mit Fäusten geschlagen (KE 1, S. 9), sie zur Verlobung gezwungen (KE 1, S. 10, 18) und sie sich von ihm bedroht gefühlt habe (KE 1, S. 14, 21). Dass sie gleichzeitig in der Einvernahme versuchte, sein Verhalten zu erklären, etwa indem sie aufzeigte, dass auch der Beschwerdeführer in einer Drucksituation war, weil er sich der Familie des Verlobten verpflichtet fühlte (KE 1, S. 10 ff.), ändert nichts an der Tatsache, dass diese Aussagen weiterhin belastend sind und den bestehenden Tatverdacht nicht abzuwenden vermögen. Auch B____ berichtete in der Konfrontationseinvernahme wiederholt von auf sie ausgeübtem Druck in Bezug auf ihre Zusage und die Durchführung ihrer Hochzeit mit D____, einem Cousin mütterlicherseits (KE vom 29. Oktober 2015 [KE 2], S. 2). Insbesondere führte sie mehrmals aus, dass ihr seitens beider Eltern klar gemacht worden sei, dass sie im Falle einer Scheidung, schnellst möglich wieder heiraten müsse (KE 2, S. 6 ff.) In jedem Fall belegen die Aussagen von B____, dass in der Familie [ ] die Thematik der Verheiratung und Ehe einer Tochter aus dem Blickwinkel ihres ursprünglichen Kulturkreises, der provinziellen Türkei, angegangen wurde, womit die den schweizerischen Rechtsnormen entspringende diesbezügliche Freiheit einer Person in jedem Fall massiv eingeschränkt erscheint. Inwiefern A____ ein strafrechtlicher Vorwurf zu machen sein wird, ist eine Frage, die das in der Sache urteilende Gericht zu beantworten hat. Jedenfalls ist auch diese Konfrontationseinvernahme nicht geeignet, den gegen den Beschwerdeführer bestehenden und schwerwiegendsten Tatverdacht der Zwangsheirat zu entkräften. Soweit der dringende Tatverdacht bereits vor den Konfrontationseinvernahmen bestand, stützt er sich ausserdem nicht einzig auf die Aussagen der Töchter. Vielmehr ergibt sich der Tatverdacht auch aus Aussagen Dritter sowie den gesamten Umständen der im zeitlichen Konnex zur drohenden Zwangsheirat von C____ erfolgten Flucht der beiden Frauen. Dazu ist auf die ausführliche Erwägung der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zu verweisen (Entscheid S. 2 f.). Der für eine Haftbelassung notwendige Tatverdacht bleibt folglich nicht nur bestehen sondern hat sich im Laufe der Untersuchung erhärtet. Damit entspricht die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft den Anforderungen an den dringenden Tatverdacht im fortgeschrittenen Ermittlungsstadion. Ob auch ein Tatverdacht gegen die Mutter der Töchter gegeben ist, wie dies der Beschwerdeführer ausführt, ist für die Beurteilung der Rechtmässigkeit der über ihn angeordneten Untersuchungshaft unerheblich.
2.3
2.3.1 Die Vorinstanz begründet die Notwendigkeit der Untersuchungshaft mit dem Bestehen einer Kollusionsgefahr. Kollusionsgefahr ist anzunehmen, wenn ernsthaft und konkret zu befürchten ist, dass die beschuldigte Person andere Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO). Bei einer Prognose sind die Konstellation des gesamten Falles, der Verlauf der Ermittlungen, das Umfeld der inhaftierten Person und der Mitbeschuldigten sowie weitere Faktoren zu berücksichtigen (BGE 137 IV 122 E. 4.2).
2.3.2 Zu Recht führt die Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer habe bereits in der Vergangenheit massiv Druck auf seine Töchter und andere ausgeübt, um die Töchter zu einem Verhalten entsprechend den sozialen Normen und Werthaltungen seines Kulturkreises zu bewegen. Letztlich resultiert ja gerade daraus der gesamte Tatverdacht. Insbesondere hat auch das schulische Umfeld der jüngeren Tochter, C____, darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer sehr manipulativ auftreten könne und Leute aus dem Umfeld von C____ ausquetsche (Einvernahme E____ vom 3.September 2015 S. 12). Aktenkundig ist zudem, dass ein erweitertes familiäres Umfeld in den bestehenden Konflikt betreffend die zukünftige Lebensgestaltung der Töchter eingebunden ist (Ehefrau und Söhne des Beschwerdeführers, Familie des Ehemannes von B____, Familie des Verlobten von C____). Es ist deshalb zu befürchten, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Freilassung direkt indirekt auf seine Töchter andere Zeugen einzuwirken versuchen würde, um diese zu einer Abkehr von den bereits getätigten Depositionen zu bewegen. Dass die Töchter sich an einem dem Beschwerdeführer unbekannten Ort aufhalten, vermag diese Befürchtungen nicht zu schmälern, zumal es ihm bereits kurz nach deren Flucht im Juni 2015 auf (noch) nicht vollständig geklärte Art und Weise gelungen ist, beide Töchter zuerst im Frauenhaus in Luzern und sodann im Frauenhaus in Biel aufzufinden, was jeweils eine umgehende Neuplatzierung notwendig machte. Dass er die Töchter dabei nicht einzig aus Sorge und im Unwissen um deren Grund zur Flucht suchte, sondern sie zu einem seinen Wertvorstellungen konformen Verhalten zwingen wollte, belegen diverse Schriftstücke (vgl. SMS und Briefe Separatbeilagen, Ordner 1, Beilage 1). Das vom Beschwerdeführer vorgeschlagene freiwillige Verbot einer Kontaktaufnahme vermag vor diesem Hintergrund Befürchtungen betreffend allfällige Manipulationsversuche nicht zu schmälern, da die Einhaltung eines solchen kaum rechtzeitig überprüfbar und damit ein Zusammentreffen nach Lokalisation der Töchter nicht zu verhindern wäre. Dass die Töchter aufgrund ihrer emotionalen Bindung zur Familie für Manipulationen sehr anfällig sind, liegt in der Natur der Sache. Ihr Schutz geht der Freiheit des Beschwerdeführers vor. Wie ausgeführt ist zudem nicht auszuschliessen, dass er auch andere Zeugen zu manipulieren suchen würde. Um solches zu verhindern, ist ein Kontaktverbot mit den Töchtern ohnehin untauglich.
2.4 Da das Vorliegen eines einzigen besonderen Haftgrundes für die Anordnung der Haft genügt (statt vieler: BGE 1B_59/2010 vom 30. März 2011 E. 2, AGE HB.2015.3 vom 5. Februar 2015 E. 4), kann grundsätzlich auf die Erörterung der Frage, ob neben der Kollusions- auch Flucht- und Fortsetzungs- bzw. Ausführungsgefahr gegeben sind, verzichtet werden. Vollständigkeitshalber sei vorliegend aber ausgeführt, dass in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft auch vom Bestehen einer Fluchtgefahr auszugehen ist. Eine solche ist gegeben, wenn konkrete Gründe eine gewisse Wahrscheinlichkeit belegen, dass sich die angeschuldigte Person in Freiheit der Strafverfolgung und dem Vollzug einer allfälligen Strafe durch Flucht entziehen würde. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist aber auch ein Untertauchen im Inland. Im Rahmen einer Würdigung der gesamten Umstände darf die Schwere der drohenden Strafe neben anderen, eine Flucht begünstigenden Tatsachen als Indiz für die Fluchtgefahr herangezogen werden. Zu den weiteren Kriterien zählen insbesondere die familiären Bindungen der beschuldigten Person, seine berufliche und finanzielle Situation wie auch die Kontakte zum Ausland (statt vieler: BGer 1B_300/2011 vom 4. Juli 2011 E. 3.3). Der Beschwerdeführer hat gemäss Aussage von B____ bereits vor den massgeblichen Ereignissen eine Rückkehr in die Türkei zumindest einen längeren Aufenthalt in seinem Heimatland in Erwägung gezogen (KE 2, S. 21). Er ist aufgrund seines Stellenverlusts nicht mehr im gleichen Ausmass wie vor seiner Inhaftierung an die Schweiz gebunden und pflegt nachweislich einen intensiven Kontakt mit dem in der Türkei verbliebenen Teil seiner Familie. Allein der Umstand, dass sein jüngster Sohn schwer behindert und in der Schweiz in ärztlicher Behandlung ist, vermag eine Fluchtgefahr vor dem Hintergrund des laufenden Strafprozesses und einer potentiellen Verurteilung nicht auszuschliessen: der Beschwerdeführer könnte ohne seine Familie die Schweiz verlassen. Aber auch eine Flucht mit der Familie ist nicht auszuschliessen: der Beschwerdeführer hat mit seinem jüngsten Sohn bereits wiederholt Ferien in der Türkei verbracht, woraus ersichtlich wird, dass dessen Betreuung dort möglich ist.
2.5 Auch eine Ausführungsgefahr (Art. 221 Abs. 2 StPO) kann nicht ausgeschlossen werden. Eine solche ist gegeben, wenn aufgrund einer Drohung eine zukünftige Gefahr der Begehung eines schweren Delikts zu befürchten ist (Forster, a.a.O., Art.221 StPO N 17 f.). Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, den Töchtern in der Vergangenheit mit dem Tod gedroht zu haben, sollten sie sich nicht an die von ihm als richtig erachteten Regeln halten (Strafanzeige vom 12. August 2015, S.2; Einvernahme C____ vom 22. September 2015, S. 8). Inwieweit er sich heute davon zu distanzieren vermag, ist ungewiss. Jedenfalls vermögen seine relativierenden Aussagen kaum zu überzeugen, zeigt sich doch immer wieder, dass er sich seine Version der Ereignisse zusammen reimt und daran festhält. So blieb er bei der Überzeugung, seine Tochter B____ sei einzig von zu Hause geflüchtet, um die Schwester nicht alleine zu lassen. Konfrontiert mit den Aussagen seiner Tochter B____, ihre eigene Situation sei ihr ausweglos erschienen (KE 2, S. 10 f.), beharrte er trotz mehrfachem Hinweis auf den Widerspruch auf der Richtigkeit seiner Wahrnehmung (KE 2, S.10f. und 14). Deshalb können eine erzwungene Verbringung der Töchter in die Türkei, eine Durchführung der geplanten Zwangsheirat von C____ eine Verletzung der körperlichen Integrität der Töchter im Falle seiner Entlassung und einer allfälligen Lokalisation der Töchter nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
2.6 Angesichts dieser Ausführungen erweist sich die Belassung des Beschwerdeführers in der Haft als verhältnismässig, da kein milderes Mittel zweckmässig erscheint (vgl. oben Ziff. 2.3.2). Soweit der Beschwerdeführer moniert, er habe aufgrund der Inhaftnahme seine Arbeitsstelle verloren, ist darauf hinzuweisen, dass gemäss seinen eigenen Aussagen ein Verlust der Stelle aufgrund einer Betriebsübernahme bereits vor diesen Ereignissen als wahrscheinlich erschien. Das Gesuch um Haftentlassung bzw. die Beschwerde ist demnach abzuweisen, da nebst dem dringenden Tatverdacht jedenfalls die Kollusionsgefahr zu bejahen ist.
2.6 Es ist festzustellen, dass es sich vorliegend um einen äusserst komplexen Sachverhalt vor dem Hintergrund einer vom schweizerischen Rechtsverständnis abweichenden gesellschaftlichen Wertehaltung handelt. Bei einer zukünftigen Haftentlassung wäre deshalb wünschenswerterweise sicherzustellen, dass der Beschwerdeführer auch von seiner Gemeinschaft in der diesbezüglichen Einhaltung der schweizerischen Rechtslage unterstützt wird. In jedem Fall aber sollte das Verfahren beschleunigt behandelt werden, um der schwierigen Situation der gesamten Familie Rechnung zu tragen.
3.
Damit unterliegt der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren, weshalb er dessen Kosten zu tragen hat. Er ersucht um amtliche Verbeiständung, da es sich um eine notwendige Verteidigung handle, er gleichzeitig aber auch hablos sei. Es ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass eine bestehende notwendige Verteidigung nicht automatisch für ein von der beschuldigten Person angestrebtes Nebenverfahren gilt. Dies insbesondere dann, wenn das Nebenverfahren von der beschuldigen Person initiiert wurde, wie dies vorliegend mit dem Haftentlassungsgesuch geschehen ist. Eine amtliche Verteidigung kann diesfalls nur beantragt werden und die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung müssen gegeben sein (Ruckstuhl, in: Basler Kommentar StPO/JStPO, 2. Auflage 2014, Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Art. 130 StPO N 10). Seine finanzielle Situation hat der Beschwerdeführer nicht umfassend dargelegt. Allein aufgrund der mit Schreiben der Arbeitgeberin vom 18. November 2015 erfolgten Kündigung seiner Arbeitsstelle per 29. Februar 2016 ist nicht ohne Weiteres auf Hablosigkeit zu schliessen. Insbesondere aber wurde dem Beschwerdeführer bereits ein (anderer) amtlicher Verteidiger zur Seite gestellt (Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. Oktober 2015). Dieser wurde auf Antrag des Beschwerdeführers aus der amtlichen Verteidigung entlassen (Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 21. Oktober 2015), nachdem der Beschwerdeführer seinen aktuellen Verteidiger als Privatverteidiger mandatiert hat. Von diesem wurde er auf die Möglichkeit der Beantragung eines Wechsels der amtlichen Verteidigung bei Vorliegen rechtsgenüglicher Gründe hingewiesen. Dies habe der Beschwerdeführer indessen abgelehnt und dargelegt, dass die Familie die erforderlichen finanziellen Mittel zusammenbringe (s. Schreiben des aktuellen Verteidigers vom 19. Oktober 2015). Seitens der Staatsanwaltschaft wurde der Beschwerdeführer mit Verfügung vom 21.Oktober 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Umgehung der Vorschriften betreffend den Wechsel der amtlichen Verteidigung nicht geduldet werden bzw. diesfalls der ursprünglich als amtlicher Verteidiger mandatierte Rechtsanwalt wieder eingesetzt würde. Die amtliche Verteidigung ist ihm damit nicht zu gewähren. Die ordentlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt er mit einer Gebühr von CHF 500.-.
Demgemäss erkennt das Einzelgericht:
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Antrag auf amtliche Verteidigung wird abgelehnt.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 500.- (einschliesslich Auslagen).
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die Statthalterin Die Gerichtsschreiberin
lic. iur. Gabriella Matefi lic. iur. Barbara Grange
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerschaft können gegen einen allfälligen Entscheid betreffend ihre Entschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b der Strafprozessordnung (StPO) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht (Viale Stefano Franscini 7, Postfach 2720, 6501 Bellinzona) erheben (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014).
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