Zusammenfassung des Urteils DGV.2020.2 (AG.2020.378): Appellationsgericht
Die Gesuchstellerin A____ hat ein Revisionsgesuch gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2013 eingereicht, das die Steuerverwaltung Basel-Stadt betrifft. Das Gericht entscheidet, dass eine Wiedererwägung ausgeschlossen ist und nur eine Revision in Frage kommt. Das Revisionsbegehren wird abgelehnt, da die Gesuchstellerin die relative Frist nicht eingehalten hat. Das Gericht weist darauf hin, dass die Gesuchstellerin die Kosten des Verfahrens tragen muss. Der Richter ist Dr. Alexander Zürcher.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | DGV.2020.2 (AG.2020.378) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 28.06.2020 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Antrag auf Wiedererwägung (AGE vom 5. März 2013) |
Schlagwörter: | Revision; Revisionsbegehren; Steuerrekurskommission; Verwaltungsgericht; Gesuch; Entscheid; Frist; Basel; Beweis; Rechtsmittel; Urteil; Auflage; Nichteintretensentscheid; Wiederherstellung; Gesuchs; Verwaltungsgerichts; Sachentscheid; Rekurs; Revisionsgr; Basel-Stadt; Eingabe; Kommentar; Beweismittel; Bundesgericht; Gesuchsgegnerin; Wiedererwägung; Looser |
Rechtsnorm: | Art. 113 BGG ;Art. 121 DBG ;Art. 147 DBG ;Art. 149 DBG ;Art. 42 BGG ;Art. 50 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Schmid, Kommentar zum Basler Steuergesetz, §174, 2019 |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht Dreiergericht |
DGV.2020.2
URTEIL
vom 28.Juni2020
Mitwirkende
Dr. Stephan Wullschleger, lic. iur. André Equey,
Prof. Dr. Daniela Thurnherr Keller
und Gerichtsschreiber Dr. Alexander Zürcher
Beteiligte
A____ Gesuchstellerin
[...]
gegen
Steuerrekurskommission Basel-Stadt Gesuchsgegnerin
Fischmarkt 10, 4051 Basel
Gegenstand
Revisionsgesuch
betreffend das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2013 (VD.2012.160)
Sachverhalt
Mit Eingabe vom 15.April2020 (Postaufgabe) wandte sich A____ (Gesuchstellerin) an das Verwaltungsgericht und stellte folgendes Begehren: "Ich stelle zur Rechtsverweigerung der Steuerverwaltung Basel-Stadt auf die Grundstückgewinnsteuer Verfügung vom 10.März2010 den Antrag auf Wiedererwägung Urteil VD.2012.160". Am 19.Mai2020 reichte sie weitere Unterlagen ein. Auf die Einholung einer Vernehmlassung der Steuerrekurskommission Basel-Stadt (Gesuchsgegnerin) ist verzichtet worden. Das vorliegende Urteil ist auf dem Zirkulationsweg ergangen.
Erwägungen
1.
1.1 Eine Wiedererwägung des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 5.März 2013 und des rechtskräftigen Entscheids der Steuerrekurskommission vom 16. Februar 2012 ist ausgeschlossen (vgl. Looser, in: Zweifel/Beusch [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, 3. Auflage, Basel 2017, Vor Art. 147-153a DBG N 6 und Art. 147 DBG N 4). In Betracht kommt bei gegebenen formellen und materiellen Voraussetzungen bloss eine Revision. Das Wiedererwägungsgesuch wird deshalb als sinngemässes Revisionsgesuch entgegengenommen.
1.2
1.2.1 Gemäss § 174 Abs. 1 des Gesetzes über die direkten Steuern (Steuergesetz [StG, SG640.100]) ist das Revisionsbegehren bei der Behörde einzureichen, die den Entscheid getroffen hat. Für die Behandlung des Revisionsbegehrens ist damit die Behörde zuständig, die den rechtskräftigen Entscheid getroffen hat (Heuberger, in: Tarolli Schmidt et al. [Hrsg.], Kommentar zum Basler Steuergesetz, Basel 2019, §174 N 1). Wenn eine Rechtsmittelinstanz auf ein Rechtsmittel nicht eingetreten ist, bleibt grundsätzlich die Vorinstanz zur Behandlung des Revisionsbegehrens zuständig (vgl. Heuberger, a.a.O., § 174 N 2; Looser, a.a.O., Art. 149 DBG N 1b). Dies gilt aber nur insoweit, als das Revisionsbegehren den Sachentscheid betrifft. Soweit sich das Revisionsbegehren gegen den Nichteintretensentscheid als solchen richtet, ist die Rechtsmittelinstanz zuständig (vgl. Looser, a.a.O., Art. 149 DBG N 1b; Oberholzer, in: Seiler et al. [Hrsg.], Stämpflis Handkommentar BGG, 2. Auflage, Bern 2015, Art. 121 DBG N 4; Vock, in: Spühler et al., BGG Praxiskommentar, 2.Auflage, Zürich 2013, Vorbemerkungen zu Art. 121-128 N 3).
1.2.2 Am 12. Juli 2011 wies die Steuerverwaltung ein Revisionsbegehren der Gesuchstellerin ab. Den dagegen erhobenen Rekurs wies die Steuerrekurskommission mit Entscheid vom 16. Februar 2012 ab. Mit Urteil vom 5. März 2013 trat das Verwaltungsgericht auf den dagegen erhobenen Rekurs nicht ein. Das sinngemässe Revisionsbegehren vom 12. April 2020 betrifft sowohl den Sachentscheid der Steuerrekurskommission vom 16. Februar 2012 als auch den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2013. Für das Revisionsbegehren betreffend den verwaltungsgerichtlichen Nichteintretensentscheid ist somit das Verwaltungsgericht zuständig und für das Revisionsbegehren betreffend den Sachentscheid die Steuerrekurskommission. Der Umstand, dass sich das Verwaltungsgericht in einer ergänzenden Eventualbegründung auch zur materiellen Beurteilung geäussert hat (VGE VD.2012.160 vom 5. März 2013 E.1.5), ändert daran nichts. Eine unzuständige Amtsstelle überweist bei ihr eingereichte Eingaben ohne Verzug an die zuständige Behörde (§ 147 Abs. 4 StG). Das sinngemässe Revisionsbegehren betreffend den Sachentscheid der Steuerrekurskommission vom 16.Februar 2012 ist deshalb zuständigkeitshalber an die Steuerrekurskommission zu überweisen. Die Steuerrekurskommission wird insbesondere zu prüfen haben, ob die Gesuchstellerin die relative Frist gemäss §174 Abs. 2 StG eingehalten hat (vgl. dazu unten E. 1.3).
1.3
1.3.1 Das Revisionsbegehren muss gemäss § 174 Abs. 2 StG innert 90 Tagen nach Entdeckung des Revisionsgrunds eingereicht werden. Im Revisionsbegehren ist der Zeitpunkt, in dem die Gesuchstellerin Kenntnis der Revisionsgründe erhalten hat, anzugeben (§125 Abs. 2 lit. b der Steuerverordnung [StV, SG640.110]). Diese Angabe fehlt im vorliegenden Revisionsbegehren. Zudem behauptet die Gesuchstellerin nicht einmal, sie habe das Revisionsbegehren innert der genannten Frist von 90Tagen eingereicht. Sie behauptet bloss, aufgrund des verschlechterten Gesundheitszustands ihrer 96-jährigen Mutter mit erhöhtem Betreuungsbedarf (zwei Tage Zeitmanagement ohne Aktivitäten ausser Haus) habe sie nicht früher reagieren können (Gesuch, Ziff.I). Damit scheint sie sinngemäss eine Fristwiederherstellung zu beantragen.
1.3.2 Die Wiederherstellung einer Frist setzt gemäss §147 Abs. 5 StG voraus, dass die säumige Person von ihrer Einhaltung durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten gewesen ist. Massgeblich sind nur Gründe, die einer Person die Wahrung ihrer Interessen auch bei Einsatz der gehörigen Sorgfalt gänzlich verunmöglichen in unzumutbarer Weise erschweren (VGE VD.2019.32 vom 6. Mai 2019 E. 3.1, VD.2018.14 vom 23.März 2018 E. 2.3, VD.2017.9 vom 4.Februar 2017 E. 2.4). Das Wiederherstellungsbegehren muss innert 30 Tagen seit dem Wegfall des Hindernisses schriftlich unter Beifügung der nötigen Beweismittel gestellt werden (§ 147 Abs. 5 StG). Die Beweislast für den Wiederherstellungsgrund trägt die Gesuchstellerin (VGE VD.2019.32 vom 6. Mai 2019 E. 3.1, vgl. Amstutz/Arnold, in: Basler Kommentar, 3.Auflage, 2018, Art. 50 BGG N 14; Vogel, in: Auer et al. [Hrsg.], Kommentar zum VwVG, 2. Auflage, Zürich 2019, Art. 24 N 18). Ob der volle Beweis erbracht werden muss (so wohl Amstutz/Arnold, a.a.O., Art. 50 BGG N 14 FN 59 für das BGG), ob Glaubhaftmachung genügt (so Art. 94 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO, SR 312.0] und Art. 148 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO, SG 272] für die StPO und die ZPO), kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Die pauschalen Behauptungen der Gesuchstellerin sind nicht geeignet, glaubhaft zu machen, dass es ihr bei Einsatz gehöriger Sorgfalt unmöglich unzumutbar gewesen wäre, früher ein Revisionbegehren zu stellen. Zudem ist sie für ihre Behauptungen jeglichen Beweis schuldig geblieben. Das sinngemässe Wiederherstellungsgesuch ist deshalb abzuweisen.
1.3.3 Aus den vorstehenden Gründen ist mangels Einhaltung der relativen Frist gemäss § 174 Abs. 2 StG auf das Revisionsbegehren nicht einzutreten. Im Übrigen wäre das Revisionsbegehren aus den nachstehenden Gründen ohnehin abzuweisen.
2.
2.1 Im Rahmen der Prüfung des Revisionsbegehrens betreffend den Nichteintretensentscheid sind nur Tatsachen und Beweismittel erheblich, die dafür sprechen, dass das Verwaltungsgericht auf den Rekurs gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission vom 16. Februar 2012 zu Unrecht nicht eingetreten ist. Der in Ziff. II des Gesuchs behauptete Grund, weshalb E. 1.5 des Urteils vom 5.März 2013 falsch sein soll, und die Beilagen 1 bis 4 zum Gesuch betreffen nicht die Frage des Eintretens auf den Rekurs gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission vom 16.Februar 2012, sondern die Frage der materiellen Richtigkeit dieses Entscheids. Folglich ist darauf im vorliegenden Verfahren nicht einzugehen (oben E.1.2.2). Inwiefern Ziff.I und III bis V des Gesuchs, die Beilagen 5 bis 12 zum Gesuch sowie die Eingabe vom 19. Mai 2020 und die Beilagen dazu Revisionsgründe erhalten könnten, hat die Gesuchstellerin nicht dargelegt und ist nicht ersichtlich.
2.2 Die Gesuchstellerin behauptet, sie sei betreffend die "Eingabefrist" von zehn Tagen - gemeint ist damit wohl die zehntägige Frist zur Anmeldung ihres Rekurses gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission vom 16.Februar2012 - falsch beraten worden. Entgegen der Beratung der B____ handle es sich dabei nicht um zehn Arbeitstage, sondern seien Samstag und Sonntag darin eingeschlossen (Gesuch, Ziff. II). Die Gesuchstellerin trägt die Beweislast für den Sachverhalt, der dem geltend gemachten Revisionsgrund zugrunde liegt (Heuberger, a.a.O., §174 N4). Mit dem Revisionsbegehren sind die Beweismittel für den betroffenen Revisionsgrund einzureichen zu bezeichnen (§ 174 Abs. 3 StG). Die Gesuchstellerin hat für die behauptete falsche Beratung kein Beweismittel eingereicht bezeichnet. Bereits aus diesem Grund wäre das Revisionsbegehren abzuweisen. Im Übrigen wäre das Revisionsbegehren auch bei Annahme einer falschen Beratung der Gesuchstellerin durch die B____ abzuweisen, weil eine solche keinen Wiederherstellungsgrund darstellen würde. Erstens ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes, dass bei der Berechnung der Frist sämtliche Tage einer Woche einschliesslich Samstag und Sonntag berücksichtigt werden (vgl. VGE VD.2012.160 vom 5.März 2013 E.1.3). Bei Einsatz gehöriger Sorgfalt hätte die Gesuchstellerin deshalb auf eine Auskunft, bei der Frist von zehn Tagen handle es sich um zehn Arbeitstage, nicht vertrauen dürfen. Zudem hätte eine entsprechende Auskunft auf grobem Verschulden beruht. Da davon auszugehen ist, dass es sich bei der B____ um die Beauftragte der Gesuchstellerin gehandelt hat, wäre der Gesuchstellerin deren Verschulden anzurechnen (vgl. für Vertreter und Hilfspersonen Egli, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, 2.Auflage, Zürich/Basel/Genf2016, Art. 24 N 16 f.; Vogel, a.a.O., Art. 24 N 17).
3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Gesuchstellerin dessen Kosten (§30 Abs.1VRPG).
Demgemäss erkennt das Verwaltungsgericht (Dreiergericht):
://: Das sinngemässe Gesuch um Wiederherstellung der Frist für das Revisionsbegehren betreffend den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2013 (VD.2012.160) wird abgewiesen.
Auf das sinngemässe Revisionsbegehren betreffend den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2013 (VD.2012.160) wird nicht eingetreten.
Das sinngemässe Revisionsbegehren betreffend den Sachentscheid der Steuerrekurskommission vom 16. Februar 2012 wird zuständigkeitshalber an die Steuerrekurskommission überwiesen.
Die Gesuchstellerin trägt die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Revisionsverfahrens mit einer Gebühr von CHF 500.-, einschliesslich Auslagen.
Mitteilung an:
- Gesuchstellerin
- Gesuchsgegnerin
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Gerichtsschreiber
Dr. Alexander Zürcher
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
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