Zusammenfassung des Urteils BES.2021.77 (AG.2021.519): Appellationsgericht
Ein Angestellter wurde wegen fahrlässiger Verletzung des Kulturgütertransfergesetzes zu einer Geldstrafe von CHF 200 verurteilt, weil er eine Antiquität fälschlicherweise als Nicht-Kulturgut deklariert hatte. Das Gericht ordnete die Einziehung des Kulturguts an. Der Beschwerdeführer beantragte die Herausgabe des Gegenstands, da er nicht als Kulturgut eingestuft werden sollte. Das Appellationsgericht entschied jedoch, dass die Beschwerde unzulässig sei, da der Beschwerdeführer das falsche Rechtsmittel gewählt hatte. Es wurde auf die Erhebung von Verfahrenskosten verzichtet.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | BES.2021.77 (AG.2021.519) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 20.09.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Beschlagnahme / Einziehung |
Schlagwörter: | Befehl; Staatsanwaltschaft; Beschlagnahme; Einziehung; Rechtsmittel; Kultur; Gefäss; Befehls; Einsprache; Appellationsgericht; Terracotta-Gefäss; Rechtsmittelbelehrung; Basel; Eingabe; Gefässes; Basel-Stadt; Kulturgut; Terracotta-Gefässes; Entscheid; Person; Erhebung; Bundesgericht; Einzelgericht; Gerichtsschreiberin; Barbara; Noser; Dussy; Bundesamtes; Kulturgütertransfer |
Rechtsnorm: | Art. 267 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 48 BGG ;Art. 70 StGB ;Art. 91 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Riklin, Basler Kommentar StPO, Art. 354 StPO, 2014 |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Einzelgericht |
BES.2021.77
ENTSCHEID
vom 20. September 2021
Mitwirkende
lic. iur. Marc Oser
und Gerichtsschreiberin lic. iur. Barbara Noser Dussy
Beteiligte
A____ Beschwerdeführer
[...]
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin
Binningerstrasse 21, 4001 Basel
Gegenstand
Beschwerde gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft
vom 25. Mai 2021
betreffend Beschlagnahme / Einziehung
Sachverhalt
Mit Strafbefehl vom 25. Mai 2021 wurde B____ wegen mehrfacher fahrlässiger Widerhandlung gegen das Kulturgütertransfergesetz zu einer Busse von CHF 200.- verurteilt. Der Verurteilung lag unter anderem der Umstand zugrunde, dass B____ in seiner Funktion als Angestellter der Speditionsfirma [...] am 17. Juli 2019 eine an A____ adressierte Einfuhrsendung in pflichtwidrigen Unsorgfalt unrichtig mit dem für «kein Kulturgut» stehenden Zahlencode versehen hatte, obwohl der Warenbezeichnung des Absenders zu entnehmen war, dass es sich beim Einfuhrobjekt um eine mehr als 100 Jahre alte Antiquität (Terracotta-Gefäss im Wert von CHF 3'076.-) und somit um ein Kulturgut handelte. In Ziff. 3 des Strafbefehls wurde verfügt, dass das polizeilich sichergestellte Terracotta-Gefäss nach Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls zuhanden des Bundesamtes für Kultur BAK, Fachstelle internationaler Kulturgütertransfer, eingezogen werde.
Mit Eingabe vom 6. Juni 2021 hat A____ Beschwerde gegen die verfügte Beschlagnahme und Einziehung des Terracotta-Gefässes erhoben. Er beantragt die unbelastete Herausgabe des Gefässes an ihn, unter o/e Kostenfolge zulasten der Staatskasse. Zur Begründung macht er geltend, dass es sich bei dem fraglichen Gefäss nicht um ein Kulturgut handle, weshalb seine Beschlagnahme und Einziehung unzulässig sei. Ausserdem seien auch die Voraussetzungen zur Einziehung gemäss Art. 70 Abs. 1 StGB nicht gegeben, und schliesslich sei eine Einziehung gemäss Art. 70 Abs. 2 StGB ausgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft hat sich am 9.August 2021 mit dem Antrag auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen. Der vorliegende Entscheid ergeht im schriftlichen Verfahren.
Erwägungen
1.
1.1 Angefochten ist die in Ziff. 3 des Strafbefehls vom 25. Mai 2021 verfügte Einziehung des Terracotta-Gefässes zuhanden des Bundesamtes für Kultur. Es ist vorab zu prüfen, ob die Beschwerde an das Appellationsgericht das richtige Rechtsmittel dafür ist.
1.2 Gegen Strafbefehle kann bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen schriftlich Einsprache erhoben werden, wozu neben der beschuldigten Person unter anderem «weitere Betroffene» legitimiert sind (Art. 354 Abs. 1 lit. b StPO). Dazu gehören namentlich Personen, bei denen Gegenstände und Vermögen beschlagnahmt wurden, welche i.S. von Art. 353 Abs. lit. h mit dem Strafbefehl eingezogen werden sollen (Riklin, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 354 N 8, mit Verweis auf Botschaft 2005c, 1291). Daraus folgt, dass A____ zur Einsprache gegen den Strafbefehl - beschränkt auf die ihn betreffende Ziff. 3 - legitimiert ist.
1.3 Im Strafbefehl vom 25. Mai 2021 wurde jedoch der normalen Rechtsmittelbelehrung für Strafbefehle (Einsprache an die Staatsanwaltschaft) eine spezielle «Rechtsmittelbelehrung für Beschlagnahme» angefügt, wonach diese mit Beschwerde beim Appellationsgericht angefochten werden könne. Dementsprechend hat A____ seine Eingabe als Beschwerde ans Appellationsgericht gesandt.
Es trifft zwar zu, dass Beschlagnahmen grundsätzlich mit Beschwerde gemäss Art.393 Abs. 1 angefochten werden können (Bommer/Goldschmid, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 263 N 69, 71). Die Rechtsmittelbelehrung wäre daher richtig gewesen, wäre sie mit der Beschlagnahmeverfügung erfolgt. Im vorliegenden Fall war jedoch die am 23. Januar 2020 erfolgte Sicherstellung resp. Beschlagnahme des Terracotta-Gefässes dem Beschwerdeführer offenbar gar nicht eröffnet worden (vgl. act. 8 S. 30 f.), so dass er auch keine Möglichkeit zur Beschwerdeerhebung hatte.
Die Beschlagnahme ist ihrem Wesen nach bloss eine vorübergehende Massnahme, die mit der Rückgabe der Sache des Vermögenswerts an die berechtigte Person, der Verwendung zur Kostendeckung der Einziehung endet. Spätestens mit dem Endurteil muss darüber entschieden werden (Art. 267 StPO). Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft durch die Einziehungsverfügung im Strafbefehl die Beschlagnahme ersetzt. Es besteht somit kein Anfechtungsobjekt mehr für eine Beschwerde. Nach dem Erlass des Strafbefehls kann nicht mehr die Beschlagnahme, sondern nur noch die sie ersetzende Einziehung angefochten werden. Hierfür ist - wie oben ausgeführt - die Einsprache das richtige Rechtmittel.
1.4 Aus dem Gesagten folgt, dass auf das Beschwerdeverfahren nicht einzutreten und die Eingabe von A____ vom 6. Juni 2021 samt Beilagen in Anwendung von Art. 91 Abs. 4 StPO zuständigkeitshalber der Staatsanwaltschaft zur Behandlung als Einsprache gegen Ziff. 3 des Strafbefehls vom 25. Mai 2021 weiterzuleiten ist. Die Einhaltung der Frist ist im Zweifel zu vermuten, da der Strafbefehl dem Beschwerdeführer resp. Einsprecher nicht eingeschrieben zugestellt wurde.
2.
Auf die Erhebung von Kosten für den vorliegenden Entscheid ist zu verzichten, zumal der Grund für die Erhebung des falschen Rechtsmittels in der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung der Staatsanwaltschaft liegt.
Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):
://: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Die Eingabe von A____ vom 6. Juni 2021 samt Beilagen wird zuständigkeitshalber der Staatsanwaltschaft zur Behandlung als Einsprache gegen Ziff. 3 des Strafbefehls vom 25. Mai 2021 weitergeleitet.
Auf die Erhebung von Verfahrenskosten wird verzichtet.
Mitteilung an:
- Beschwerdeführer
- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
lic. iur. Marc Oser lic. iur. Barbara Noser Dussy
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
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