E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Appellationsgericht (BS - BES.2018.174 (AG.2018.716))

Zusammenfassung des Urteils BES.2018.174 (AG.2018.716): Appellationsgericht

Die Beschwerdeführerin wurde von der Kantonspolizei mit einer Ordnungsbusse belegt, da sie die Parkuhr nicht rechtzeitig bezahlt hatte. Trotz mehrerer Mahnungen beglich sie die Busse nicht und erhielt schliesslich einen Strafbefehl mit Verfahrenskosten in Höhe von CHF 208.60. Die Beschwerdeführerin legte Einspruch ein, der jedoch abgewiesen wurde. Das Gericht entschied, dass die Zustellung der Mahnungen als erfolgt anzusehen ist und wies die Beschwerde ab. Die Beschwerdeführerin muss die Kosten des Strafbefehlsverfahrens tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BES.2018.174 (AG.2018.716)

Kanton:BS
Fallnummer:BES.2018.174 (AG.2018.716)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid BES.2018.174 (AG.2018.716) vom 01.11.2018 (BS)
Datum:01.11.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Verfahrenskosten
Schlagwörter: Gericht; Befehl; Ordnungsbusse; Zustellung; Verfahren; Verfahren; Über; Zahlungserinnerung; Sache; Appellationsgericht; Einzelgericht; Basel; Ordnungsbussen; Sachen; Staatsanwaltschaft; Übertretungsanzeige; Befehls; Recht; Verfahrens; Kantons; Verfügung; Einsprache; Entscheid; Verfahrenskosten; Punkt; Gericht; Schweiz; Basel-Stadt; Kantonspolizei
Rechtsnorm: Art. 1 Or;Art. 1 StPO ;Art. 27 SVG ;Art. 356 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;Art. 44 BGG ;Art. 48 BGG ;Art. 7 OBG ;Art. 85 StPO ;
Referenz BGE:129 I 8;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts BES.2018.174 (AG.2018.716)

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Einzelgericht



BES.2018.174


ENTSCHEID


vom 1. November 2018



Mitwirkende


lic. iur. Liselotte Henz

und a.o. Gerichtsschreiber MLaw Jon Oetiker




Beteiligte


A____ [...]

Beschuldigte


gegen


Einzelgericht in Strafsachen Beschwerdegegner

Schützenmattstrasse 20, 4009 Basel

Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

Binningerstrasse21, 4001Basel



Gegenstand


Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichts in Strafsachen

vom 26. September 2018


betreffend Verfahrenskosten


Sachverhalt


Die Kantonspolizei belegte die in Deutschland domizilierte A____ (nachfolgend Beschwerdeführerin) wegen Nichtingangsetzung der Parkuhr mit einer Ordnungsbusse von CHF 40.- bzw. EUR 36.36. Nachdem die fristgerechte Bezahlung der Ordnungsbusse aufgrund des am 2. Januar 2018 am Fahrzeug der Beschwerdeführerin angebrachten Ordnungsbussenzettels ausblieb, liess die Kantonspolizei der Beschwerdeführerin die Ordnungsbusse in Gestalt der Übertretungsanzeige vom 8.März2018 sowie der Zahlungserinnerung vom 17. Mai 2018 erneut zukommen. Nachdem die Beschwerdeführerin die Parkbusse auch innert den mit den Zahlungserinnerungen gesetzten Fristen nicht beglich, brachte die Kantonspolizei die Sache am 23. Juli 2018 bei der Strafbefehlsabteilung der Staatsanwaltschaft zur Anzeige. Am 6. August 2018 erliess dieselbe in der Folge in Anwendung von Art. 90 Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG, SR 741.01) in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 48 Abs. 6 der Signalisationsverordnung (SSV, SR 741.21) einen Strafbefehl. Die Beschwerdeführerin wurde damit unter Auferlegung der Verfahrenskosten in der Höhe von CHF 208.60 wegen Verletzung der Verkehrsregeln mit CHF40.- gebüsst.


Gegen den Strafbefehl erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. August 2018 Einsprache, wobei sie sich einzig gegen die ihr im Strafbefehlsverfahren auferlegten Verfahrenskosten wehrte. Nachdem die Staatsanwaltschaft am Strafbefehl festgehalten hatte, wurde dieser zusammen mit den Akten zuständigkeitshalber ans Strafgericht überwiesen. Mit Verfügung vom 26. September 2018 wies das Einzelgericht in Strafsachen die Einsprache ab. Gegen diese Verfügung reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 2. Oktober 2018 am 11. Oktober 2018 beim Appellationsgericht Beschwerde ein.


Der vorliegende Entscheid ist aufgrund der Akten ergangen. Die Einzelheiten des Sachverhalts und der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.


Erwägungen

1.

1.1 Gegen Verfügungen und Beschlüsse der erstinstanzlichen Gerichte kann gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. b der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR312.0) Beschwerde erhoben werden. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§ 93 Abs. 1 Ziff. 1 des Gesetzes über die Organisation der Gerichte und der Staatsanwaltschaft [GOG, SG 154.100]). Die Beschwerdeführerin hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides und ist somit zur Beschwerde legitimiert (Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingereicht.


1.2 Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und nicht auf Willkür beschränkt (Art. 393 Abs. 2 StPO).


2.

2.1 Das Einzelgericht in Strafsachen hat die Einsprache abgewiesen, da vor der Zustellung des Strafbefehls bereits zwei nicht eingeschriebene Briefe der Kantons-polizei, nämlich am 8. März 2018 die Übertretungsanzeige sowie am 17. Mai 2018 die Zahlungserinnerung, an die Beschwerdeführerin versandt worden seien. Unter diesen Umständen, so das Einzelgericht, sei nach ständiger Rechtsprechung des Appellationsgerichts davon auszugehen, dass die Beschuldigte zumindest eines dieser Schreiben erhalten habe.

2.2 Die Beschwerdeführerin bringt im vorliegenden Verfahren vor, sie habe die Strafe (Busse von CHF 40.-) bereits beglichen. Damit wehrt sie sich sinngemäss, wie bereits vor Strafgericht, gegen die ihr im Strafbefehlsverfahren auferlegten Verfahrenskosten (Verfügung vom 6. August 2018). Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, ist damit die Einsprache nur auf die Kosten bezogen und der Schuld- und Strafpunkt des Strafbefehls vom 6. August 2018 in Rechtskraft erwachsen (Art.354Abs.3 StPO). Bezieht sich die Einsprache nur auf die Kosten, so entscheidet das Gericht in einem schriftlichen Verfahren, sofern die Einsprache erhebende Person nicht ausdrücklich eine Verhandlung verlangt (Art. 356 Abs. 6 StPO). Die Vorinstanz hat somit richtigerweise ohne Verhandlung entschieden.


2.3 Fraglich und zu prüfen ist vorliegend, ob die mit gewöhnlicher Post am 8.März2018 an die Adresse der Beschwerdeführerin versandte polizeiliche Übertretungsanzeige sowie die Zahlungserinnerung mit Versanddatum vom 17. Mai 2018 - mit anderen Worten die für die Beschwerdeführerin fristauslösende Sendung - als zugestellt gelten darf.

2.3.1 Gemäss konstanter Praxis des Appellationsgerichts (AGE BES.2013.31 vom 12. Juli2013, BES.2014.44 vom 28. Juli 2014) obliegt die Beweislast für die Zustellung von Verfügungen und Entscheiden der Behörde. Sie hat auf geeignete Art den Beweis dafür zu erbringen, dass und wann die Zustellung erfolgt ist (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.2 S. 10 f.; BGer 2C_128/2012 vom 29. Mai 2012 E. 2.2; RHINOW et al., Öffentliches Prozessrecht, 2. Auflage, Basel 2010, N 905). Ein Fehler bei der Postzustellung liegt nicht derart ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit, dass nicht damit gerechnet werden müsste und die Behörde sich für den Nachweis ausschliesslich mit einer aus Wahrscheinlichkeitsüberlegungen fliessenden Fiktion begnügen könnte. Allerdings kann der Nachweis der Zustellung auch aufgrund von Indizien gestützt auf die gesamten Umstände erbracht werden (BGer 2A.293/2001 vom 21. Mai 2002 E. 1b mit weiteren Hinweisen; vgl. AMSTUTZ/ARNOLD, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Auflage, Basel 2011, Art. 44 BGG N 14).


So hat das Appellationsgericht es etwa konkret ausgeschlossen, dass in einer Strafsache mit drei Beschuldigten alle drei zu unterschiedlichen Zeitpunkten, an unterschiedliche Adressen und (damals zulässigerweise) nicht eingeschrieben versandten Strafbefehle um Wochen verspätet zugestellt worden seien (AGE 937-939/2006 vom 11. September 2006 E. 3.3.2). Weiter hat das Appellationsgericht die Zustellung von drei Ordnungsbussen, drei Strafbefehlen sowie einer Mahnung als nachgewiesen erachtet, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit nicht eingeschriebener Post an die richtige Adresse versandt wurden, ohne dass die Adressatin darauf reagiert hätte (VGE VD.2010.257 vom 3. Mai 2011, bestätigt durch BGer 6B_462/2011 vom 17.Oktober 2011 E. 3).


2.3.2 Seit Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung am 1. Januar2011 werden Strafbefehle grundsätzlich mit eingeschriebener Post zugestellt. Dies ergibt sich aus Art. 85 Abs. 2 StPO, wonach die Zustellung von Mitteilungen im Geltungsbereich der StPO durch eingeschriebene Postsendung auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung zu erfolgen hat. Diese Bestimmung ist jedoch auf die vorgängig versandte Übertretungsanzeige und Zahlungserinnerung nicht anwendbar. Vielmehr sind diese im Rahmen des Ordnungsbussenverfahrens versandt worden, in welchem Zustellungen praxisgemäss nicht eingeschrieben erfolgen. Das Ordnungsbussenverfahren ist vom ordentlichen Strafverfahren zu unterscheiden; es handelt sich um ein vereinfachtes Verfahren (Art. 1 Abs. 1 Ordnungsbussengesetz [OBG, SR741.03]), in welchem keine Kosten erhoben werden dürfen (Art. 7 OBG). Überdies ist es durch den Vorbehalt von Art. 1 Abs. 2 StPO vom Geltungsbereich der Strafprozessordnung ausgenommen. Daher ist der nicht eingeschriebene Versand von Übertretungsanzeigen und Zahlungserinnerungen im Ordnungsbussenverfahren grundsätzlich zulässig (statt vieler: AGE BES.2017.115 vom 2. August 2017 E. 2.2, BES.2016.190 vom 10. Januar 2017 E. 3.1). Ein Anspruch auf eingeschriebene Zustellung im Sinne von Art. 85 Abs. 2 StPO besteht im Ordnungsbussenverfahren nicht. Art. IIIA lit. a des Vertrages zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung (SR 0.351.913.61) erklärt zudem die unmittelbare Zustellung von gerichtlichen anderen Schriftstücken im Zusammenhang mit Strafsachen durch die Post an Personen auf dem Hoheitsgebiet des jeweils anderen Vertragsstaats als zulässig. Damit ist die nicht eingeschriebene Zustellung der Ordnungsbussenanzeige und der Zahlungserinnerung auch an eine in Deutschland wohnhafte Person formell rechtlich nicht zu beanstanden.


2.3.3 Nach dem Gesagten gelten die Sendungen vom 8. März 2018 und 17.Mai2018 vorliegend als zugestellt. Zwar ist es im Falle eines einmaligen Versandes mit nicht eingeschriebener Post nicht auszuschliessen, dass eine Sendung nicht ankommt. Bei einer zweimaligen Zustellung wird die Möglichkeit eines Zustellungsfehlers jedoch vernachlässigbar klein, zumal sich im vorliegenden Fall die Adresse der Beschwerdeführerin, die bei allen Briefsendungen verwendet wurde, aufgrund der Tatsache, dass ihr mittels eingeschriebener Post sowohl der Strafbefehl als auch der Entscheid der ersten Instanz an die genannte Adresse haben zugestellt werden können, als richtig und funktionsfähig herausgestellt hat. Im Zuge dieser Umstände ist auszuschliessen, dass weder die Übertretungsanzeige noch die Zahlungserinnerung bei der Beschwerdeführerin angekommen ist, obwohl diese korrekt adressiert und zu unterschiedlichen Zeitpunkten, nämlich am 8. März 2018 und am 17.Mai2018, versandt wurden. Im Gegenteil ist in Anbetracht der dargelegten Indizienkette davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin durch den Erhalt mindestens eines der beiden Schreiben hinreichend über die vorgeworfene Tat, die Busse sowie seine Möglichkeiten, ebendiese zu bezahlen den Vorwurf zu bestreiten, andernfalls das kostenpflichtige ordentliche Verfahren eingeleitet werde, hat in Kenntnis gesetzt werden können.

2.4 Da die Beschwerdeführerin nicht auf die am Fahrzeug angebrachte Ordnungsbusse sowie auf die danach an sie versandte Übertretungsanzeige und Zahlungserinnerung innert Frist reagiert hatte, wurde das Verfahren von der Kantonspolizei zur Durchführung eines ordentlichen Verfahrens an die Staatsanwaltschaft überwiesen. Das Strafbefehlsverfahren ist mit Auslagen und Gebühren verbunden, welche zwischen CHF 200.- und CHF 10000.- betragen (§ 7 Abs. 1 Bst. a/aa der Verordnung betreffend die Verfahrenskosten für die Strafverfolgungsbehörden, SG 154.980), worüber die Beschwerdeführerin mittels entsprechenden Schreibens der Staatsanwaltschaft vom 6. August 2018 in Kenntnis gesetzt wurde. Im vorliegenden Fall wurde somit der Mindestansatz angewandt. Die Auferlegung der Mindestgebühr erfolgte demnach zu Recht.


3.

Aus dem Dargelegten ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Auf die dem Verfahrensausgang entsprechende Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten der Beschwerdeführerin (Art. 428 Abs. 1 StPO) ist umständehalber zu

verzichten.



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):


://: Die Beschwerde wird abgewiesen und es wird festgehalten, dass die Beschwerdeführerin die Kosten des Strafbefehlsverfahrens von CHF 208.60 zu bezahlen hat.


Auf die Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren wird umständehalber verzichtet.


Mitteilung an:

- Beschwerdeführerin

- Strafgericht Basel-Stadt

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Präsidentin Der a.o. Gerichtsschreiber

lic. iur. Liselotte Henz MLaw Jon Oetiker

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.



Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.