| Appellationsgericht als Verwaltungsgericht Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht |
AUS.2024.54
URTEIL
vom 27. September 2024
Beteiligte
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,
Spiegelgasse 12, 4001 Basel
gegen
A____, geb. [...] 1989,
[...]
zur Zeit im Gefängnis Bässlergut,
Freiburgerstrasse 48, 4057 Basel
Gegenstand
Verfügung des Migrationsamtes vom 24. September 2024
betreffend Ausschaffungshaft (Art. 76 Abs. 1 AIG)
Sachverhalt
Der nigerianische Staatsangehörige A____ (nachfolgend: Beurteilter), geb. am [...] 1989, wurde am 23. September 2024 frühabends von der Kantonspolizei Basel-Stadt einer Kontrolle unterzogen. Er wies sich dabei mit seinem nigerianischen Reisepass sowie einem italienischen Aufenthaltstitel aus. Bei einer Systemanfrage wurde festgestellt, dass der Beurteilte mit einem am 28. März 2024 eröffneten und bis zum 28. März 2027 gültigen Einreiseverbot belegt ist. Aufgrund dessen verfügte der Piketthabende des Migrationsamts Basel-Stadt die vorläufige Festnahme. Nach Befragung und Gewährung des rechtlichen Gehörs ordnete das Migrationsamt mit Verfügung vom 24. September 2024 eine Ausschaffungshaft von einem Monat bis zum 23. Oktober 2024 an.
Am 27. September 2024 hat vor dem Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht unter Beizug eines Dolmetschers eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Dabei ist der Beurteilte wie auch der Vertreter des Migrationsamts befragt worden, wofür auf das Protokoll verwiesen wird. Das vorliegende Urteil (einschliesslich Rechtsmittelbelehrung) ist dem Beurteilten anlässlich der mündlichen Verhandlung erläutert und ihm (wie auch dem Migrationsamt) überdies schriftlich ausgehändigt worden.
Erwägungen
1.
Gemäss Art. 80 Abs. 2 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG, SR 142.20) sind die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu überprüfen. Diese Frist ist mit der heutigen Verhandlung und Haftüberprüfung eingehalten.
2.
Die Ausschaffungshaft setzt einen erstinstanzlichen Weg- Ausweisungsent-scheid eine erstinstanzliche Landesverweisung nach Artikel 66a 66abis Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0) Artikel 49a 49abis Militärstrafgesetzbuch (MStG, SR 321.0) voraus, dessen Vollzug mit der entsprechenden Festhaltung sichergestellt werden soll. Das Migrationsamt hat den Beurteilten mit Verfügung vom 24. September 2024 aus der Schweiz weggewiesen.
3.
3.1 Nach den gesetzlichen Vorschriften kann ein Ausländer zur Sicherstellung des Vollzugs eines eröffneten erstinstanzlichen Weg- Ausweisungsentscheids einer erstinstanzlichen Landesverweisung nach Art. 66a 66abis StGB Art. 49a oder 49abis MStG insbesondere in Haft genommen werden, wenn Gründe nach Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. a, b, c, f, g, h oder i AIG vorliegen, so etwa wenn er trotz Einreiseverbot das Gebiet der Schweiz betritt und nicht sofort weggewiesen werden kann (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. c AIG) er Personen ernsthaft bedroht an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb strafrechtlich verfolgt wird verurteilt worden ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. g AIG). Ausserdem kann der Ausländer in Haft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere, weil er besonderen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 AIG), wenn Untertauchensgefahr vorliegt (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AIG). Dies ist regelmässig der Fall, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist, behördlichen Auflagen keine Folge leistet, hier straffällig geworden ist, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden zu erschweren versucht sonst klar zu erkennen gibt, dass er auf keinen Fall in sein Heimatland zurückzukehren bereit ist (BGE 140 II 1 E. 5.4 und 130 II 56 E. 3.1, je mit Hinweisen; dazu auch Sert, in: Caroni/Thurnherr [Hrsg.], Ausländer- und Integrationsgesetz, 2. Auflage, Bern 2024, Art. 76 N 18 ff.).).
3.2 Das Migrationsamt hat die Ausschaffungshaft zunächst mit der Missachtung eines Einreiseverbots begründet (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. c AIG). Der Beurteilte wurde gemäss Rapport der Kantonspolizei Basel-Stadt vom 10. März 2024 wegen eines laufenden Untersuchungsverfahrens betreffend Vergewaltigung und sexueller Nötigung vorläufig festgenommen und in der Folge in Untersuchungshaft gesetzt. Als nigerianischer Staatsangehöriger benötigt er für einen geregelten Aufenthalt in der Schweiz einen gültigen Reisepass mit entsprechendem Visum einen gültigen Reisepass in Verbindung mit einem gültigen Aufenthaltstitel eines EU- Schengen-Staates. Der Beurteilte konnte sich bei der Festnahme weder über das eine noch das andere ausweisen, weswegen der Tatbestand des rechtswidrigen Aufenthaltes in das Strafverfahren miteinbezogen wurde. Nachdem der Beurteilte am 28. März 2024 zuhanden des Migrationsamts aus der Haft entlassen worden war, wurde er gleichentags aus der Schweiz weggewiesen. Ebenfalls am 28. März 2024 auferlegte ihm das Staatssekretariat für Migration (SEM) gestützt auf Art. 67 Abs. 1 lit. c AIG (Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung) für die Dauer von drei Jahren, d.h. mit Gültigkeit bis zum 28. März 2027, ein Einreiseverbot. Der Beurteilte ist in den folgenden Monaten, nachdem er die Schweiz nach seinen Angaben verlassen hatte, immer wieder in die Schweiz eingereist, insgesamt sieben Mal. Damit hat er wiederholt gegen das Einreiseverbot vom 28. März 2028 verstossen, womit der Haftgrund von Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. c AIG erfüllt ist.
Der Beurteilte hat bei der jüngsten Befragung durch das Migrationsamt auf entsprechende Frage hin angegeben, nicht gegen das Einreiseverbot verstossen zu haben. Er habe nicht einmal gewusst, wann es ende (Befragungsprotokoll vom 24. Septem-ber 2024, S. 4). Diese Aussage ist absolut unglaubwürdig. Denn bereits am 28. März 2024 bestätigte er bei der Eröffnung des Einreiseverbots unterschriftlich dessen Empfang. Als Grund für seinen Aufenthalt nannte er jüngst bei der Befragung, hier Familie zu haben, sein Sohn sei in Basel (Befragungsprotokoll vom 24. September 2024, S. 4). Bereits bei seiner Befragung durch das Migrationsamt im Anschluss an seine Festnahme wegen Missachtung des Einreiseverbots am 14. August 2024 hatte er gegenüber dem Migrationsamt am 15. August 2024 erklärt, er sei von Frankreich aus hierhergekommen, um seinen Sohn zu besuchen, und ersuchte darum, das Einreiseverbot aufzuheben. Er könne seinen Sohn nicht für drei Jahre nicht sehen. Wie einer entsprechenden Aktennotiz zu entnehmen ist, wurde der Beurteilte bei dieser Gelegenheit darüber informiert, dass er beim SEM hierfür eine Suspensionsverfügung beantragen könne. Der Beurteilte kann unter diesen Umständen nicht ernsthaft geltend machen, er habe vom Einreiseverbot keine Kenntnis gehabt bzw. nicht gewusst, wie lange es gültig sei. Er will dem Migrationsamt wenige Tage vor seiner jüngsten Einreise einen Brief geschrieben haben, in welchem er um Suspendierung des Einreiseverbots ersucht habe (Befragungsprotokoll vom 24. September 2024, S. 2 f.). Abgesehen davon, dass das Migrationsamt Basel-Stadt der falsche Adressat eines solchen Gesuchs ist – gemäss Art. 67 Abs. 5 AIG ist ein Suspendierungsgesuch an die verfügende Behörde, also das SEM, zu richten –, ist ein derartiges Schreiben, wie der Vertreter des Migrationsamts heute bestätigt hat (Verhandlungsprotokoll, S. 8) bis heute hier nicht eingetroffen. Ohnehin müsste der Beurteilte solange mit einer Einreise in die Schweiz warten, bis das SEM über sein Gesuch positiv im Sinne einer Suspendierung des Einreiseverbots entschieden hat.
Der Beurteilte macht schliesslich – zumindest implizit – geltend, dass das Einreiseverbot vom 28. März 2024 zu Unrecht ausgesprochen worden sei. In der Befragung vom 24. September 2024 gab er an, «damals» habe er seinen Ausweis nicht dabei gehabt. Nun habe er seinen Ausweis dabei, womit er legal hier sei (Befragungsprotokoll, S. 2). In den Akten zur Festnahme des Beurteilten am 24. September 2024 findet sich tatsächlich ein italienischer auf seinen Namen lautender Ausweis in Kreditkartenformat, welcher den Titel «PERMESSO DI SOGGIORNO» trägt. Dieser Ausweis wurde am 4. Juli 2019 ausgestellt. Ein Ablaufdatum enthält der Ausweis nicht. Insofern ist von einem Aufenthaltstitel des Beurteilten in Italien auszugehen. Allerdings fällt auf, dass sich in den früheren Akten weitere Ausweise mit dem selben Titel finden, die allerdings zu anderen Daten ausgestellt worden sind, z.B. 24. Februar 2015, 21. Februar 2016 4. Juli 2018. Es ist deshalb – auch wenn der Beurteilte behauptet, er müsse seine Aufenthaltsbewilligung nicht jeweils erneuern (Verhandlungsprotokoll, S. 3) – davon auszugehen, dass solche Ausweise jährlich neu ausgestellt werden. Angesichts dessen, dass der bei der jüngsten Festnahme beim Beurteilten vorgefundene Aufenthaltsbewilligungsausweis bereits vor über fünf Jahren ausgestellt worden ist, kann nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beurteilte aktuell über einen gültigen Aufenthaltstitel in Italien verfügt. Infolgedessen kann auch nicht gesagt werden, dass das hier zu Diskussion stehende Einreiseverbot in offensichtlich rechtswidriger Weise ausgesprochen worden wäre (vgl. auch Baumann/Göksu, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Zürich/St. Gallen 2022, N 29 unter Hinweis auf BGE 125 II 377 E. 3b). Im Übrigen ist das Einreiseverbot gemäss Aussage des Vertreters des Migrationsamts nicht nur wegen Fehlens eines Aufenthaltstitels in Italien ausgesprochen worden, sondern auch wegen des hängigen Strafverfahrens und damit wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Wenn der Beurteilte tatsächlich der Ansicht gewesen wäre, dass er über einen rechtmässigen Aufenthaltstitel in Italien verfügt, welcher ihm zusammen mit einem gültigen nigerianischen Reisepassen auch den rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz erlauben würde, hätte er das Einreiseverbot auch anfechten können und müssen. Auch unter diesem Aspekt ist demzufolge der Haftgrund von Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. c AIG gegeben.
3.3 Das Migrationsamt hat als weiteren Haftgrund die Bedrohung und Gefährdung an Leib und Leben angegeben. Nach Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. g AIG kann in Ausschaffungshaft genommen werden, wer Personen ernsthaft bedroht an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb strafrechtlich verfolgt wird verurteilt worden ist. Anknüpfungsdelikte sind nach dem Gesetzeswortlaut Delikte gegen die Unversehrtheit der Person, also Delikte gegen Leib und Leben (Art. 111 ff. StGB), gegen die Freiheit (Art. 180 ff. StGB) und gegen die sexuelle Integrität (Art. 187 ff. StGB). Der Beurteilte wird gemäss dem Behördenauszug 2 aus dem Strafregister-Informationssystem u.a. der Vergewaltigung (Art. 190 StGB) sowie der Nötigung (Art. 181 StGB) und damit eines Delikts gegen Leib und Leben beschuldigt, weswegen vor der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt eine Strafuntersuchung hängig ist. Eine rechtskräftige Verurteilung wegen der ihm vorgeworfenen Taten liegt bislang nicht vor. Allerdings reicht nach dem Gesetz schon die Eröffnung eines Untersuchungsverfahrens, damit die betroffene Person hierauf gestützt in Ausschaffungshaft genommen werden kann (Baumann/Göksu, a.a.O., N 40). Damit ist auch der Haftgrund von Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. g AIG erfüllt.
3.4 Das Migrationsamt hat die Haftanordnung schliesslich mit der Untertauchensgefahr begründet (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AIG). Mit dem Migrationsamt ist festzustellen, dass der Beurteilte offensichtlich nicht gewillt ist, sich an behördliche Anordnungen zu halten. Das Migrationsamt hat, nachdem er am 28. März 2024 aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, ihn gleichentags aus der Schweiz weggewiesen. Das SEM hat ebenfalls am 28. März 2024 ein Einreiseverbot gegen den Beurteilten verhängt. Es ist aufgrund der teilweise widersprüchlichen Angaben des Beurteilten nicht ganz klar, ob er die Wegweisungsverfügung in der Folge befolgt hat und aus der Schweiz ausgereist ist. Wenn er sie befolgt hätte und, wie er heute ausgesagt hat, nach [...]/F zurück ist (Verhandlungsprotokoll, S. 6 f.), wäre er unkontrolliert abgereist. Denn gemäss der Anweisung in der Wegweisungsverfügung hat die Ausreise aus der Schweiz nach Möglichkeit über einen permanent besetzten Grenzposten zu erfolgen hat. In den Akten findet sich indessen kein entsprechender Nachweis, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beurteilte in der Schweiz geblieben ist, so dass er sich fortgesetzt der Wegweisung widersetzt hätte. Hat er tatsächlich die Schweiz wie angeordnet verlassen, ist er wiederholt wieder in die Schweiz eingereist. Seit Ende letzten Mai wurde der Beurteilte insgesamt sieben Mal polizeilich kontrolliert und, da ein Einreiseverbot gegen ihn vorlag, dem Migrationsamt zur Anordnung weiterer Massnahmen übergeben. Jedes Mal wurde, da der Beurteilte angab, nun in Frankreich zu wohnen, ihm gegenüber eine neue Wegweisung ausgesprochen. Jedes Mal kehrte er trotz bestehenden Einreiseverbots wieder in die Schweiz zurück, das letzte Mal nun am 27. September 2024. Es ist wie ausgeführt augenscheinlich, dass der Beurteilte nicht gewillt ist, behördliche Anordnungen zu befolgen, aus dem Land auszureisen und der Schweiz fernzubleiben. Es steht zu befürchten, dass er jetzt, da er weiss, dass die Schweiz ein Rückübernahmegesuch an Italien gestellt hat, untertauchen wird, um sich dieser Rückführung zu entziehen. Dies gilt umso mehr für den Fall, dass sich herausstellen sollte, dass der Beurteilte aktuell gar nicht mehr über einen gültigen Aufenthaltstitel für Italien verfügt. Denn in diesem Fall müsste er damit rechnen, dass eine Ausschaffung gemäss Angabe des Vertreters des Migrationsamts nach Nigeria in Betracht gezogen würde (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 9). Damit ist auch der Haftgrund der Untertauchensgefahr (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AIG) erfüllt.
4.
4.1 Die Vorbereitungs- und die Ausschaffungshaft nach Art. 75 bis 77 AIG sowie die Durchsetzungshaft nach Art. 78 AIG dürfen zusammen in der Regel die maximale Haftdauer von sechs Monaten nicht überschreiten (Art. 79 Abs. 1 AIG); mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde kann diese um höchstens zwölf Monate verlängert werden, (a) wenn die betroffene Person nicht mit der zuständigen Behörde kooperiert (b) sich die Übermittlung der für die Ausreise erforderlichen Unterlagen durch einen Nicht-Schengenstaat verzögert (Art. 79 Abs. 2 AIG). Die für den Vollzug der Weg- Ausweisung notwendigen Vorkehren sind umgehend zu treffen (Art. 76 Abs. 4 AIG; Beschleunigungsgebot). Weiter darf der Vollzug einer allfälligen Weg- Ausweisung nicht aus rechtlichen tatsächlichen Gründen undurchführbar sein (Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG; BGE 127 II 168 E. 2c). Die Ausschaffungshaft soll den Vollzug der Entfernungsmassnahme sicherstellen und muss ernsthaft geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen, was nicht (mehr) der Fall ist, wenn die Weg- Ausweisung trotz der behördlichen Bemühungen nicht in einem angemessenen Zeitraum vollzogen werden kann. Die Festhaltung hat, weil unverhältnismässig, dann als rechtswidrig zu gelten, wenn triftige Gründe für solche Verzögerungen sprechen praktisch feststeht, dass sich der Vollzug kaum innert vernünftiger Frist wird realisieren lassen (vgl. statt vieler BGer 2C_263/2019 vom 27. Juni 2019 E. 4.1 mit Hinweis auf BGE 130 II 56 E. 4.1.3). Die Haft ist allerdings nur aufzuheben, wenn keine bloss eine höchst unwahrscheinliche, rein theoretische Möglichkeit besteht, dass die Wegweisung vollzogen werden kann, nicht jedoch bei einer ernsthaften, wenn auch allenfalls (noch) geringen Aussicht besteht (BGE 130 II 56 E. 4.1.3 mit Hinweisen; BGer 2C_550/2020 vom 16. Juli 2020 E. 3.3 mit Hinweisen). Die Festhaltung hat so kurz wie möglich zu sein; sie darf sich nur auf die Dauer der laufenden Abschiebungsvorkehrungen erstrecken, soweit diese mit der gebotenen Sorgfalt vorangetrieben werden (vgl. Art. 15 Abs. 1 RL 2008/115/EG). Die Haft muss als Ganzes verhältnismässig sein (vgl. BGE 130 II 56 E. 1und 125 II 369 E. 3a).
4.2 Die Anordnung der Ausschaffungshaft im vorliegenden Fall erweist sich unter allen Aspekten als verhältnismässig. Der Beurteilte ist bereits sieben Mal aus der Schweiz weggewiesen worden. Jedes Mal ist er trotz bestehenden Einreiseverbots wieder in die Schweiz eingereist (soweit er überhaupt zuvor ausgereist war). Das Migrationsamt hat jeweils davon abgesehen, den Vollzug der Wegweisung mit ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen sicherzustellen. Der Beurteilte hatte also lange genug Gelegenheit, aus freien Stücken auszureisen. Davon hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht bzw. ist jedes Mal wieder zurückgekehrt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass mit der Haftanordnung nun der Vollzug der Wegweisung sichergestellt werden soll. Es ist vorgesehen, den Beurteilten sobald wie möglich nach Massgabe des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über die Rücknahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (Rückübernahmeabkommen Italien; SR 0.142.114.549) an die italienischen Behörden zu überstellen. Das Migrationsamt hat noch am Tag der Haftanordnung ein Rückübernahmegesuch an das hierfür zuständige Centro competenze flussi migratori (CCFM) in Chiasso zur Weiterleitung geschickt. Es ist damit ohne jeden Verzug seiner Verpflichtung aus dem Beschleunigungsverbot nachgekommen. Gemäss Art. 6 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des genannten Rückübernahmeabkommens sind die italienischen Behörden verpflichtet, ihren Entscheid zur Rückübernahme des Beurteilten «innert kürzester Frist, spätestens innert acht Tagen» bekanntzugeben. Die Ermächtigung zur Rückübernahme gilt nach dieser Bestimmung für einen Monat ab dem Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe; diese Frist kann auf Antrag der Schweiz verlängert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass bald eine Antwort aus Italien auf das Rückübernahmegesuch eintreffen wird. Sobald dieser Entscheid vorliegt, wird der Beurteilte innert weniger Tage an Italien überstellt werden können (Verhandlungsprotokoll, S. 9). Die angeordnete Dauer der Ausschaffungshaft von einem Monat ist unter diesen Umständen absolut verhältnismässig, zumal auch noch eine Reservefrist für unvorhergesehene Verzögerungen einzuberechnen ist (in diesem Sinne auch VGE AUS.2019.41 vom 12. Juli 2019 E. 4.2). Wird die Haftdauer nach Monaten bemessen, endet die Haft nach der praxisgemäss anwendbaren Bestimmung von Art. 110 Abs. 6 StGB am Vortag, der durch seine Zahl dem Tag des Freiheitsentzugs entspricht (dazu BGer 2C_1038/2018 vom 7. Dezember 2018 E. 4.1), vorliegend am 22. Oktober 2024. Ein milderes Mittel als die Haft wie eine Eingrenzung eine regelmässige Meldepflicht kommt nicht in Frage. Der Beurteilte ist ohne feste Bleibe hier, sondern hält sich in [...]/F auf. Er hat zwar angegeben, nun freiwillig nach Italien zurückkehren zu wollen. Das ist aber insofern unglaubwürdig, als er nun ein halbes Jahr Zeit hatte, aus eigenen Stücken nach Italien zurückzukehren. Von dieser Gelegenheit hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Der Beurteilte hat in der Vergangenheit wiederholt gezeigt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt. Es kann unter diesen Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass er nach Italien ausreisen wird, sollte er freigelassen werden.
4.3 Der Beurteilte behauptet seit Kurzem, einen Sohn zu haben, den er hier besuchen wolle. Der Beurteilte kann sich unter diesen Umständen grundsätzlich auf seinen Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK, SR 0.101) und Art. 13 der Bundesverfassung (BV, SR 101) berufen. Er hat in der Befragung durch Migrationsamt sogar den Namen des Jungen und dessen Geburtstag wie auch den Namen der Mutter genannt. Seine Wohnadresse könne er allerdings nicht nennen, weil er gerade umgezogen sei (Befragungsprotokoll vom 24. September 2024, S. 4). In der Tat ergibt eine Recherche im Kantonalen Datenmarkt, dass eine Frau mit dem genannten Namen B____ und ihr Sohn C____ in Basel wohnen. Allerdings wohnen sie schon seit zweieinhalb Jahren an der aktuellen Adresse. Dass der Junge der Sohn des Beurteilten sein soll, ergibt sich auch nicht aus dem Register. Der Beurteilte gibt denn auch zu, seinen Sohn bislang nicht anerkannt zu haben (Befragungsprotokoll vom 24. September 2024, S. 14; Verhandlungsprotokoll, S. 7 f.). Dass vorliegend tatsächlich ein Vater-Kind-Verhältnis des Beurteilten zu C____ besteht, ist nicht ausgeschlossen. Allerdings ist es offensichtlich, dass der Beurteilte keine gelebte Beziehung mit seinem Sohn pflegt. Nach eigenen Angaben unterstützt er ihn weder regelmässig finanziell, noch finden regelmässig Besuche statt. Wenn dem Beurteilten wirklich etwas an der Beziehung zu seinem Sohn liegen würde, hätte er den Jungen, der heute 13 Jahre alt ist, längst anerkannt und sich um diese Beziehung ernsthaft gekümmert. Unter diesen Umständen kann der Beurteilte sich nicht auf die konventions- und verfassungsrechtlich geschützte Achtung seines Privat- und Familienlebens berufen. Auch unter diesem Aspekt ist die Haftanordnung zwecks Sicherstellung des Vollzugs der Wegweisung und der Rückführung des Beurteilten nach Italien nicht zu beanstanden.
5.
Es werden keine Kosten erhoben (§ 4 des Gesetzes über den Vollzug von Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, SG 122.300).
Demgemäss erkennt der Einzelrichter:
://: Die über A____ angeordnete Ausschaffungshaft ist vom 23. September 2024 bis zum 22. Oktober 2024, 18:24 Uhr, rechtmässig und angemessen.
Es werden keine Kosten erhoben.
Mitteilung an:
- A____
- Migrationsamt
- Staatssekretariat für Migration
VERWALTUNGSGERICHT BASEL-STADT
Der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
Dr. Alexander Zürcher
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Diese ist mit einem Antrag und einer Begründung zu versehen. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
Hinweis
Dieses Urteil wurde dem Ausländer am heutigen Tag mündlich erläutert und schriftlich ausgehändigt.