18 Gestaltungsplan
§ 21 BauG kennt für das Gestaltungsplangebiet im Gegensatz zum
früheren Recht (aBauG vom 2. Februar 1971) keine Mindestfläche;
entscheidend für die Festlegung des Perimeters sind allein die quali-
tativen Anforderungen an den Gestaltungsplan (Erw. 3.1.2).
Mit einem Gestaltungsplan kann nach Massgabe von § 21 BauG, § 8
Abs. 2 BauV und allfälliger ergänzender Vorschriften in den kommu-
nalen Bauvorschriften grundsätzlich auch von den ordentlichen
Grenzabständen gegenüber Parzellen ausserhalb des Planungsge-
biets abgewichen werden (Erw. 3.3.2.3).
Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 27. Novem-
ber 2019, in Sachen A. und B. gegen die Stadt C., das Departement Bau,
Verkehr und Umwelt und die D. AG (WBE.2018.344).
3.1.2.
Nach § 141 Abs. 1 Satz 2 des alten Baugesetzes vom 2. Februar
1971 (aBauG; AGS Band 8, S. 125 ff.) bezweckten Gestaltungspläne
die wohnhygienisch, architektonisch und städtebaulich gute Über-
bauung grösserer zusammenhängender Flächen . Das geltende
BauG (vom 19. Januar 1993) enthält das Tatbestandsmerkmal der
grösseren zusammenhängenden Flächen in Bezug auf den der Ge-
staltungsplanung zugrunde liegenden Perimeter dagegen nicht mehr.
Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, eine entsprechende Vorgabe
in § 21 BauG aufzunehmen. Aus den Materialien ergibt sich auch,
dass eine Mindestfläche als Voraussetzung für eine Gestaltungspla-
nung im Gesetzgebungsverfahren kein Thema war. Als massgebend
wurden vielmehr die vorgegebenen qualitativen Anforderungen er-
achtet (vgl. Protokolle der Sitzungen der Spezialkommission Bauge-
setzrevision vom 26. Oktober 1990, S. 91-95, vom 9. Oktober 1991,
S. 363 f., und vom 24. September 1992, S. 623-634; Protokoll der
Sitzung des Grossen Rats vom 17. März 1992, S. 2776, und vom
12. Januar 1993, S. 3791 f.). Aus einem Zitat von ERICH ZIMMERLIN
können die Beschwerdeführer nichts Gegenteiliges ableiten, da
dieser § 141 aBauG kommentiert hat (vgl. ERICH ZIMMERLIN, Bau-
gesetz des Kantons Aargau vom 2. Februar 1971 [aBauG], Kommen-
tar, 2. Auflage, Aarau 1985 [zit. ERICH ZIMMERLIN, Kommentar
aBauG], § 141 N 1 lit. b, S. 334). Dessen Aussagen beziehen sich
nicht auf § 21 BauG.
In diesem Zusammenhang ist auch das publizierte Urteil des
Verwaltungsgerichts AGVE 2007, S. 146 f. zu präzisieren, soweit es
noch auf § 141 Abs. 1 Satz 2 aBauG und auf die oben angegebene
Kommentarstelle bei ERICH ZIMMERLIN referenzierte. Es hielt indes-
sen zu Recht fest, dass das BauG (1993) kein Mindest- oder
Höchstmass für einen Gestaltungsplanperimeter vorschreibe. Aus-
zugehen ist vom geltenden BauG, das in Bezug auf die Fläche eines
Planungsgebiets keine Vorgaben macht. Entscheidend ist vielmehr im
Einzelfall, dass die richtige Abgrenzung des Plangebiets sich nach
dem Zweck und den zu lösenden planerischen Aufgaben in der Ge-
staltungsplanung richtet. An der Rechtsprechung ist allerdings dahin-
gehend festzuhalten, dass eine territoriale Begrenzung nach unten
besteht, soweit das Verbot von Kleinbauzonen zur Verhinderung
einer Streubauweise tangiert sein kann (AGVE 2007, S. 146 f. mit
Hinweisen). In einem Urteil aus dem Jahr 2013 erachtete das Verwal-
tungsgericht eine aus zwei Parzellen bestehende Perimeterfläche von
rund 2'500 m2 als möglich. Dabei wurde weiter ausgeführt, auch ein
Gestaltungsplan, der sich auf eine Parzelle beschränke, könne bei
Einhaltung der Planungsziele und der Vorgaben des kantonalen und
kommunalen Baurechts zulässig sein (VGE vom 17. Dezember 2013
[WBE.2012.342], Erw. II/5.4.3). Gerade um dem Gebot der bau-
lichen Verdichtung nachzukommen um auf besondere Lärm-
problematiken zu reagieren, kann sich ein Gestaltungsplan heute
auch für kleinere Gebiete vermehrt als ein wichtiges Planungs-
instrument erweisen.
Die Vorinstanz geht somit zu Recht davon aus, dass der streitge-
genständliche Gestaltungsplan über eine Parzelle mit einer Fläche
von 1'666 m2 rechtlich zulässig ist. Das entscheidende Kriterium ist
dabei nicht die Grösse eines Gestaltungsplanperimeters, sondern die
Einhaltung der in § 21 Abs. 1 BauG statuierten qualitativen Anforde-
rungen. Dass in Bezug auf ein Planungsgebiet in der Grösse der Par-
zelle Nr. XXX von vornherein kein wesentliches öffentliches Interes-
se an der Gestaltung der Überbauung und keine qualitativen Mass-
stäbe bestehen sollen bzw. verfolgt werden können, wie die Be-
schwerdeführer insinuieren, ist nicht ersichtlich. Aus den gesetz-
lichen Grundlagen lässt sich auch nicht herleiten, ein Gestaltungs-
plan dürfe nur dann ausgearbeitet werden, wenn die Überbauung
eines Gebiets für die Gesamtheit der Ortsplanung einer Gemeinde
von Belang sei. Mit dem vorgesehenen Gestaltungsplan wird nicht
gegen das Verbot von Kleinbauzonen verstossen. Die Beschränkung
des Perimeters auf die Fläche der Parzelle Nr. XXX ergibt sich
offensichtlich aus der tatsächlichen Situation bezüglich Überbauung
und Interessen der angrenzenden Liegenschaftseigentümer. Die Par-
zelle Nr. YYY ist bereits mit einem Mehrfamilienhaus überbaut und
aus den Akten ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Be-
schwerdeführer Interesse signalisiert hätten, mit ihrer Parzelle
Nr. ZZZ an der Gestaltungsplanung teilzunehmen. Die Rüge des zu
kleinflächigen Gestaltungsplanperimeters ist demnach unbegründet.
3.2. (...)
3.3.
3.3.1.
Nach § 21 Abs. 2 BauG können Gestaltungspläne von den all-
gemeinen Nutzungsplänen abweichen, wenn dadurch ein siedlungs-
und landschaftsgestalterisch besseres Ergebnis erzielt wird, die
zonengemässe Nutzungsart nicht übermässig beeinträchtigt wird und
keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. Gemäss § 8 Abs. 2
lit. a BauV dürfen Gestaltungspläne, wenn die Gemeinden nichts
anderes festlegen, von den allgemeinen Nutzungsplänen abweichen
bezüglich Bauweise, Baumasse (höchstens jedoch um ein zusätz-
liches Geschoss), Gestaltung der Bauten (Gebäude- und Dachform)
und Abständen. Die BNO der Stadt C. schliesst im Gebiet, in wel-
chem die Parzelle Nr. XXX liegt, Abweichungen vom allgemeinen
Nutzungsplan nicht aus. Die Zulässigkeit eines weiteren Geschosses
wird in § 4 Abs. 1 BNO davon abhängig gemacht, dass damit eine
städtebaulich einwandfreie Lösung erreicht wird und die Nachbar-
grundstücke nicht übermässig beeinträchtigt werden. Ansonsten gilt
§ 8 Abs. 2 lit. a BauV unverändert.
Der vorliegende Gestaltungsplan weicht in Bezug auf den klei-
nen Grenzabstand (gegenüber der Parzelle Nr. ZZZ der Beschwerde-
führer), den Strassenabstand (zur E.-strasse) sowie den grossen
Grenzabstand, die Geschosszahl und die Gebäudehöhe von der
Grundnutzung ab.
3.3.2.
3.3.2.1.-3.3.2.2. (...)
3.3.2.3.
Zur Frage, ob im Rahmen einer Gestaltungsplanung auch von
den Abständen zu Parzellen ausserhalb des Perimeters abgewichen
werden darf, finden sich in der Rechtsprechung und in der Literatur
kaum Hinweise. In seinem Artikel Ausgewählte Fragen zum Gestal-
tungsplan im Kanton Schwyz (erschienen im ZBl 101/2000, S. 409)
kommt MARK GISLER zum Schluss, die Frage, ob durch einen Ge-
staltungsplan mittels Gewährung entsprechender Ausnahmen auch
externe Abstände (Grenzabstand zu ausserhalb des Einzugsgebietes
liegenden Grundstücken, Waldabstand usw.) unterschritten werden
dürfen, sei zu verneinen. Allerdings lässt sich die (vormalige)
Rechtslage im Kanton Schwyz nicht ohne weiteres mit derjenigen im
Kanton Aargau vergleichen. Im Unterschied zu § 24 Abs. 2 PBG-SZ
(SRSZ 400.100) in der bis 1. April 2010 geltenden Fassung differen-
ziert § 8 Abs. 2 lit. a BauV nicht zwischen internen und externen
Grenzabständen und lässt insofern auch nicht nur für die ersteren
eine Abweichung vom allgemeinen Nutzungsplan zu. Für den Ge-
staltungsplan im Kanton Solothurn hält die Richtlinie 6/2004 Der
Gestaltungsplan des Amts für Raumplanung auf S. 14 fest:
Unterschreitungen von Grenz- und Gebäudeabstand gegenüber
nicht einbezogenen Nachbargrundstücken sind ausserhalb des
Gestaltungsplanverfahrens und nach § 27 und § 29 der Kantonalen
Bauverordnung (KBV) nur zulässig, wenn keine erheblichen
öffentlichen nachbarlichen Interessen beeinträchtigt werden und
das Grundstück ohne Unterschreitung nicht zweckmässig überbaut
werden kann. Daraus ist der Umkehrschluss zu ziehen, dass mit
dem Gestaltungsplan bzw. im Rahmen des Gestal-
tungsplanverfahrens auch von externen Grenzabständen
abgewichen werden darf, ohne dass dafür die allgemeinen
Voraussetzungen gemäss den §§ 27 und 29 KBV erfüllt sein müssten.
Immerhin dürfte im konkreten Anwendungsfall zu prüfen sein, ob ein
Überbauungsprojekt vorliegt, das alle Auswirkungen hinsichtlich
Belichtung, Beschattung, Ein- und Aussicht, Feuerpolizei, Ästhetik,
Immissionen auf die Nachbarschaft etc. genau ausweist.
In den Sondernutzungsvorschriften zu Gestaltungsplänen trifft
man ab und zu auf Bestimmungen, in denen zwischen internen und
externen Grenzabständen unterschieden wird. Oftmals wird darin
geregelt, dass zu Grundstücken ausserhalb des Gestaltungsplanperi-
meters die ordentlichen Grenzabstände einzuhalten sind. Daraus lässt
sich nun aber nicht ableiten, dass eine entsprechende Rechtslage
schon kraft der Baugesetzgebung gelten würde. Dagegen spricht,
dass § 8 Abs. 2 lit. a BauV ganz allgemein von Abständen handelt,
von denen der Gestaltungsplan (unter bestimmten Voraussetzungen)
abweichen darf. Der Wortlaut dieser Bestimmung umfasst unter-
schiedslos alle im Planungsperimeter geltenden Grenz- und Gebäu-
deabstände, ungeachtet dessen, ob sich diese nur innerhalb auch
ausserhalb des Planungsperimeters (gegenüber benachbarten Parzel-
len) auswirken. Im Gegensatz dazu sieht § 39 Abs. 4 lit. b BauV für
Arealüberbauungen explizit vor, dass gegenüber Nachbarparzellen
der zonengemässe Grenzabstand einzuhalten ist. Dass der Verord-
nungsgeber hier eine solche Festlegung getroffen hat, berechtigt zur
Annahme, dass im Anwendungsbereich von § 8 Abs. 2 lit. a BauV
bewusst auf eine entsprechende Regelung verzichtet wurde. Ein re-
daktionelles Versehen erscheint dagegen eher unwahrscheinlich. Mit
der Beigeladenen ist davon auszugehen, dass im Sondernutzungs-
planverfahren schon aus demokratiepolitischen Gründen weiter-
gehende Abweichungen vom allgemeinen Nutzungsplan zugestanden
werden dürfen als im Rahmen von Arealüberbauungen, die nur im
Baubewilligungsverfahren (ohne Mitwirkungsmöglichkeit einer brei-
teren Bevölkerung) überprüft werden. § 21 Abs. 2 BauG schliesst
Abweichungen von externen Grenzabständen nicht in allgemeiner
Weise aus. Der Vorinstanz ist zudem darin beizupflichten, dass die
übrigen möglichen Abweichungen vom allgemeinen Nutzungsplan,
insbesondere hinsichtlich der Baumasse, für die an den Planungs-
perimeter angrenzenden Parzellen respektive die Bewohner von sich
darauf befindlichen Bauten ähnlich nachteilige einschränkende
Auswirkungen haben können wie ein verkürzter Grenzabstand. Sol-
che (faktischen) Auswirkungen (z.B. auf die Wohnhygiene) dürfen
nicht mit den Rechtswirkungen eines Gestaltungsplans verwechselt
werden, welche auf das Planungsgebiet begrenzt sein müssen. Die
Zulässigkeit eines verkürzten externen Grenzabstandes muss nach
zutreffender Gesetzesauslegung der Vorinstanz im Lichte der konkre-
ten Auswirkungen auf die benachbarten Parzellen beurteilt werden.
Es gilt eine Interessenabwägung vorzunehmen. Für einen generellen
Ausschluss privilegierter Grenzabstände gegenüber Parzellen
ausserhalb des Planungsperimeters besteht hingegen keine gesetz-
liche Grundlage. Ebenso wenig verlangt das Gesetz den Nachweis,
dass eine Parzelle unter Wahrung des ordentlichen Grenzabstandes
zu Parzellen ausserhalb des Perimeters nicht überbaubar ist. Es ge-
nügt, dass der verkürzte Grenzabstand zu einem siedlungs- und land-
schaftsgestalterisch besseren Gesamtergebnis beiträgt, die zonen-
gemässe Nutzung nicht übermässig beeinträchtigt wird und keine
überwiegenden Interessen entgegenstehen (§ 21 Abs. 2 BauG).
An dieser Beurteilung ändert auch die Empfehlung
Gestaltungsplan nach § 21 BauG des BVU, Abteilung Raument-
wicklung, vom Januar 2009 (Stand September 2011), nichts. Zwar
lassen sich die Liste mit Minimalinhalten von Gestaltungsplänen in
Ziff. 3.1, S. 7, besagter Empfehlung und die dortigen Ausführungen
zu den internen Grenz- und Gebäudeabständen durchaus dahin-
gehend interpretieren, dass im Aussenverhältnis (zu Parzellen
ausserhalb des Perimeters) keine speziellen, mithin vom allgemeinen
Nutzungsplan abweichende Regelungen möglich sind. Doch kommt
der erwähnten Empfehlung lediglich der Charakter einer generellen
Dienstanweisung und damit einer Verwaltungsverordnung zu. Als
solche ist sie für das Verwaltungsgericht nicht bindend und wird nur
insoweit berücksichtigt, als sie eine dem Einzelfall gerecht werdende
Auslegung der einschlägigen Rechtssätze zulässt, welche diese über-
zeugend konkretisiert (vgl. BGE 144 III 353, Erw. 2.2; Urteil des
Bundesgerichts vom 23. Juli 2019 [1C_121/2019], Erw. 3.2; ULRICH
HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwal-
tungsrecht, 7. Auflage, Zürich/St. Gallen 2016, Rz. 81 ff.). Wie ge-
sehen, liefern § 21 Abs. 2 BauG und § 8 Abs. 2 lit. a BauV keinerlei
Anhaltspunkte dafür, dass eine Überbauung nach Gestaltungsplan
den ordentlichen Grenzabstand gegenüber einer Parzelle ausserhalb
des Planungsperimeters nicht unterschreiten darf. Weder der Wortlaut
dieser Bestimmungen (für sich allein und im systematischen Gefüge
betrachtet) noch die ratio legis gebieten ein solches Auslegungs-
ergebnis. Hinzu kommt, dass die Vorinstanz als Herausgeberin der
Empfehlung dem in Frage stehenden Inhalt offenbar selbst zumindest
nicht jene Bedeutung zumisst, welche die Beschwerdeführer ihr ge-
ben wollen.
(...)
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