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V. Feuerwehr
86 §§ 1 und 6a Abs. 1 FwG; § 55 Abs. 1 PolG Die Kosten eines Feuerwehreinsatzes zur Verkehrsregelung an einem Un- fallort können weder gestützt auf § 6a Abs. 1 FwG noch auf § 55 Abs. 1 PolG der Staatsanwaltschaft auferlegt werden, die vor Ort ermittelt hat. Aus dem Entscheid des Regierungsrats vom 26. Oktober 2016, i.S. Einwoh- nergemeinde E. gegen Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach (RRB Nr. 2016- 001240). Aus den Erwägungen
2. a) ... Nach den Materialien und der Systematik von § 1 FwG gehören die Dienstleistungen gemäss Abs. 3 nicht zu den in Abs. 2 aufgeführ- ten (Haupt-) Aufgaben der Feuerwehr, sondern stellen eine Erweite- rung ihrer Tätigkeit darüber hinaus dar. Die Verkehrsregelung wird dabei - abweichend von der Vorinstanz (E. 2.5) - nicht zu den Hauptaufgaben, sondern zu den Dienstleistungen gezählt. Im Zeit- raum der Schaffung des Feuerwehrgesetzes bestanden zwar das Poli- zeigesetz und dessen § 21 noch nicht. Vor und nach dessen Erlass er- füllte die Feuerwehr aber nur auf Begehren der Polizei Dritter solche Aufgaben. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Kosten für diese und andere Dienstleistungen (z.B. Wachdienst, Aufrechterhal- tung des Verkehrs, Aufräumarbeiten) auch heute nach § 6a FwG in Rechnung gestellt werden können (vgl. Botschaft Ziff. 6.4 S. 17). In sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Erlass des Polizeigesetzes 2005 wurde im Grossen Rat eine Motion einge- reicht, § 6a FwG so zu ergänzen anzupassen, dass durch die Feuerwehr geleistete Unterstützungen bei Polizeieinsätzen auch ver- rechnet werden könnten (05.291 vom 15. November 2005). Zur Be-
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gründung wurde ausgeführt, die Versicherungen verweigerten die Übernahme des Aufwands für die Sicherung von Unfallstellen Verkehrsumleitungen, weil der Einsatz nicht mit der Bergung der Unfallopfer zusammenhänge, sondern ausschliesslich zur Unterstüt- zung der Polizei geleistet werde. Der Regierungsrat lehnte die Mo- tion in seiner Antwort vom 15. Februar 2006 ab. Sie ziele darauf ab, Einsatzkosten der Feuerwehr der sie aufbietenden Polizei in Rech- nung zu stellen. Dagegen spreche, dass die Träger öffentlicher Auf- gaben die ihnen daraus entstehenden Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hätten. Hauptargument dafür sei, dass die Feuerwehr für Hilfsdienste herangezogen werde, welche die Polizei grundsätzlich mit eigenen Mitteln bewältigen müsste. Insgesamt erscheine es sachgerecht, der rechtlichen Aufgabendefinition beider Organisatio- nen massgebende Bedeutung beizumessen. Der Feuerwehr komme aber - wenn auch nicht in erster Linie - auch eine polizeiliche Funk- tion zu, und sei daher eine Partnerorganisation der Polizei, die mit ihr zusammenarbeite, die entstehenden Kosten jedoch selbst trage. In seiner Sitzung vom 28. März 2006 lehnte der Grosse Rat die Motion mit 63 zu 40 Stimmen ab (GR.05.291). Die Ausführungen des Regierungsrates zur Tragung der Kosten von Verkehrsregelungen beziehen sich zwar in erster Linie auf § 6a Abs. 1 lit. b FwG. Es ergibt sich daraus jedoch darüber hinaus, dass eine Weiterverrechnung durch die Feuerwehr an die Polizei gemäss der ganzen Bestimmung (d.h. auch nach Abs. 1 lit. d) nicht zu erfol- gen hat und an diesem Rechtszustand auch nichts geändert werden sollte. Davon ist auch im Verhältnis zwischen Feuerwehr bzw. Ge- meinde und Staatsanwaltschaft auszugehen. Für eine Kostenüberwäl- zung auf die Beschwerdegegnerin bietet § 6a Abs. 1 FwG demnach keine Grundlage. Auch aus dem Schreiben der Vorinstanz an die Stadt- und Ge- meinderäte vom 20. August 2015, auf das sich die Beschwerdeführe- rin beruft, ergibt sich nichts anderes. Der Beilage 3 hierzu ist zu ent- nehmen, dass eine Überwälzung von Kosten der unmittelbaren Sicherung der Unfallstelle und der Verkehrsumleitung während der Intervention der Rettungskräfte auf die Personen, denen Hilfe geleis- tet wurde, möglich ist. Die Kosten der Sicherung während der
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Ermittlungsarbeiten könnten den ,,Verursachern" angelastet werden, wobei allenfalls zuerst in einem Rechtsverfahren geklärt werden müsse, um wen es sich im konkreten Fall handle. Bei grossräumigen Umleitungen komme eine Rechnungsstellung an einzelne Personen kaum mehr in Betracht, da eine Dienstleistung für die Allgemeinheit vorliege, die aus Steuermitteln zu decken sei. Den ganzen Aus- führungen ist allerdings nicht zu entnehmen, dass die Kosten von Feuerwehreinsätzen in irgendeinem Fall anderen Behörden, insbe- sondere Polizei Staatsanwaltschaft, auferlegt werden könnten. Die Erläuterungen insbesondere zum Begriff des ,,Verursachers" sprechen vielmehr dagegen. Die Beschwerdeführerin beruft sich in diesem Zusammenhang weiter auf eine angeblich seit langem bestehende Praxis, dass in sol- chen Fällen die Staatsanwaltschaft bei Erteilung derartiger Aufträge und Anweisungen für die verursachten Kosten aufgekommen sei (Beschwerde S. 5 Ziff. 6). Belege für diese Behauptung bringt sie allerdings nicht vor. Die vorangehend angeführten Materialien und Richtlinien sprechen gegen die Existenz einer solchen. So wäre die Motion 2006 nicht eingereicht worden, hätte damals eine solche be- standen, und dass seither ein Wandel eingetreten ist, scheint aufgrund der Ablehnung sehr unwahrscheinlich. ... c) Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid weiter geprüft, ob sich die fragliche Kostenauflage auf § 6a Abs. 1 lit. b FwG stützen lässt. Nach dieser Bestimmung können auch Personen, denen mit dem Ein- satz bei Unglücksfällen (ausgenommen Feuer-, Explosions- und Ele- mentarereignisse) Hilfe geleistet wurde, zum Ersatz der Kosten not- wendiger Einsätze verpflichtet werden. Wie bereits zu lit. d ausgeführt, ist vom Willen des Gesetzge- bers auszugehen, auf eine Kostenverrechnung zwischen verschiede- nen Gemeinwesen, die in Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben handelten, zu verzichten. Im Verwaltungsgerichtsentscheid AGVE 2005/25 E. 2.1 ist von ,,Privaten" die Rede, zu deren Gunsten der Einsatz erfolgte und denen entsprechend Kosten auferlegt werden dürften. Auch nach dieser Betrachtungsweise käme gestützt auf diese
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Bestimmung die Inpflichtnahme einer Behörde bzw. eines anderen Gemeinwesens - wie vorliegend der Beschwerdegegnerin - nicht in Betracht. Die entsprechenden Ausführungen erfolgten allerdings eher beiläufig, im Mittelpunkt jenes Entscheids stand die Frage der Höhe des Kostenersatzes. Die weitere Voraussetzung, wonach es sich um Personen handeln muss, denen ,,Hilfe geleistet wurde", deutet aber tatsächlich darauf dahin, dass Private gemeint sind, deren persönliche Rechtsgüter (insbesondere Leib, Leben und Eigentum) bedroht wa- ren, nicht aber andere Behörden, die wegen des gleichen schädigen- den Ereignisses vor Ort selbst öffentliche Aufgaben zu erfüllen hatten. In diesem Sinn ist auch der vorinstanzlichen Erwägung zuzu- stimmen, wonach die Verkehrsregelung, deren Kostenverlegung strittig ist, nicht der Beschwerdegegnerin zu Gute kam, sondern der Öffentlichkeit. d) Die Beschwerdeführerin beruft sich in ihrer Eingabe nicht auf § 55 PolG. Jedoch hat die Vorinstanz geprüft, ob sich die Kostenauf- lage auf diese Bestimmung stützen kann, dies aber verneint, im Ergebnis weil sie die Beschwerdegegnerin nicht als ,,Verursacherin" im Sinn des Gesetzes betrachtete. Gemäss § 55 Abs. 1 PolG sind besondere polizeiliche Leistun- gen des Kantons der Gemeinden grundsätzlich kostenpflichtig. Kostenersatz kann insbesondere verlangt werden von der Veran- stalterin für den Ordnungsdienst bei Anlässen (lit. a), der Verur- sacherin bei besonderem Aufwand bei Spezialeinsätzen (lit. b), der Störerin bei Vorsatz Fahrlässigkeit (lit. c) und der Ge- suchstellerin für den Schutz von überwiegend privaten Interessen (lit. d). Vorliegend kommt eine Kostenauflage zu Lasten der Beschwer- degegnerin höchstens nach lit. b in Betracht. Mit § 21 PolG wurde eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für den Beizug von Feuerwehr und Zivilschutz zu polizeilichen Einsätzen geschaffen. Nach der regierungsrätlichen Botschaft zum Polizeigesetz vom 19. Au- gust 2005 werden die von kantonalen kommunalen Poli- zeikräften erbrachten Dienstleistungen grundsätzlich aus Steuer- mitteln finanziert. Kostenersatz im Sinn einer Gebühr sei üblich, wo eine Verursacherin besondere Aufwendungen auslöse. Besonderer
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Aufwand der Polizei liege etwa vor bei einer aufwändigen Zu- stellung amtlicher Dokumente bei speziellen Rettungs- Sucheinsätzen (GR.05.183, Ziff. 8.8 S. 46 zum gleichlautenden § 54 des Entwurfs). Wer in diesem Zusammenhang als ,,Verursacherin" zu gelten hat, wird nicht erläutert, und eine Praxis hat sich dazu noch nicht entwickelt. Es kann jedoch erneut auf die Beantwortung der Motion 05.291 vom 15. November 2005 verwiesen werden, die vor der zweiten Lesung des Entwurfs zum Polizeigesetz eingereicht wurde. Aus der Antwort des Regierungsrats lässt sich der Schluss ziehen, dass § 55 PolG mit Bezug auf die Übernahme der Kosten für polizeiliche Hilfseinsätze der Feuerwehr keine Änderung der Rechts- lage bedeuten würde und eine solche aus seiner Sicht auch gar nicht gewünscht war. Mit der Ablehnung des Vorstosses setzte sich diese Auffassung im Grossen Rat durch. Angeführt werden kann weiter, dass der Begriff des ,,Verursachers" schon vor der Schaffung des Polizeigesetzes in vielen Erlassen enthalten war. Als Verursacher gilt allgemein, wer durch sein Verhalten eine Amtshandlung verursacht (René Wiederkehr/Paul Richli, Praxis des allgemeinen Verwaltungs- rechts, Bd. II, Bern 2014, Rz. 755 ff.). Die pflichtgemässe Erfüllung ihrer eigenen öffentlichen Aufgaben durch andere Behörden und Ge- meinwesen kann nicht als Verursachung gelten. Eine solche Auffas- sung wird in Lehre und Rechtsprechung überhaupt nicht vertreten. Bei der Prüfung der Verursachung ist auf dasjenige Ereignis zurückzugehen, welches das Tätigwerden der Behörden tatsächlich notwendig machte. Es geht nicht an, spätere Handlungen in der Kau- salkette herauszugreifen, die durch den ursprünglichen Vorfall eben- falls erst ausgelöst wurden.
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