IV. Wahlen und Abstimmungen
85 Konsultativabstimmung an der Urne Kommunale Konsultativabstimmungen sind nur an Gemeindeversamm- lungen und im Einwohnerrat zulässig, nicht hingegen an der Urne. Aus dem Entscheid des Departements Volkswirtschaft und Inneres, Gemeindeabteilung, vom 4. Oktober 2016 in Sachen X. gegen die Einwohner- gemeinde A. (76560/31.3). Aus den Erwägungen
2.1 Gemäss Art. 5 BV ist Grundlage und Schranke des staatlichen Handelns das Recht. Das Gesetzmässigkeitsprinzip bestimmt, dass Verwaltungstätigkeiten nicht nur nicht gegen das Gesetz verstossen dürfen, sondern sie müssen sich vielmehr auf das Gesetz stützen (U. Häfelin/G. Müller/F. Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich 2016, Rz 325). 2.2 Das Bundesgericht hatte sich zuletzt in einem Entscheid vom 25. März 2014 betreffend einer im Kanton Schaffhausen an der Urne durchgeführten Konsultativabstimmung mit dieser Thematik zu befassen. Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich Folgen- des entnehmen: Als Konsultativabstimmung werden in der Regel Volksbefragungen bezeichnet, welche nicht zu einem rechtlich ver- bindlichen Entscheid führen. Es sprechen gewichtige Gründe dafür, nicht nur bei Abstimmungen, die zu einem rechtlich verbindlichen Ergebnis führen, sondern auch bei blossen Konsultativabstimmungen eine gesetzliche Grundlage zu fordern. Eine Konsultativabstimmung bindet die Behörden faktisch ebenso wie eine rechtlich unverbind- liche Volksbefragung, denn es erscheint politisch kaum denkbar, dass
sich die Behörden über das Abstimmungsergebnis hinwegsetzen. Es entspricht sodann der Bedeutung des Abstimmungsverfahrens, in welchem die Gesamtbürgerschaft in öffentlicher Funktion als höchs- tes Organ der staatlichen Willensbildung in Anspruch genommen wird, dass dieses Verfahren nur nach Massgabe von Verfassung und Gesetz angeordnet werden kann und dass es in streng rechtlich geordneten Bahnen verläuft. Würden ausserhalb der rechtlichen Ord- nung und ohne Beachtung der strikten Regeln des Abstimmungsver- fahrens Konsultativabstimmungen unter den Stimmbürgern durchge- führt, so wäre nicht nur eine Beeinträchtigung der Aussagekraft derartiger Volksbefragungen zu erwarten, sondern es wären überdies nachteilige Auswirkungen auf die Autorität der ordentlichen Volksab- stimmungen zu befürchten. Aus dem Ausgeführten folgt, dass die Durchführung einer Konsultativabstimmung einer Rechtsgrundlage bedarf. 2.3 Das kantonale Recht sieht das Institut von Konsultativab- stimmungen an der Urne nicht vor. Es besteht weder auf kantonaler noch auf kommunaler Ebene eine gesetzliche Grundlage für die Durchführung solcher Konsultativabstimmungen. Mangels gesetz- licher Grundlage muss daher das Ergebnis der durchgeführten Ab- stimmung in A. aufgehoben werden. 2.4 Wenn es dem Gemeinderat nur darum geht, die Stimmungslage in der Gemeinde zu erkunden, besteht dafür die Möglichkeit einer Befragung der Bevölkerung, etwa durch dazu spezialisierte Unternehmen durch andere Medien, sofern ihm dazu die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Sodann sind Konsultativabstimmungen an der Gemeindeversammlung zulässig, soweit es um Beschlussgegenstände geht, welche in die Zuständig- keit der Gemeindeversammlung fallen (vgl. AGVE 1987, S. 476 ff.). Das Instrument der Urnenabstimmung muss hingegen der Beschluss- fassung von rechtlich verbindlichen Vorlagen vorbehalten bleiben, solange die gesetzlichen Grundlagen nicht geändert werden.