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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2016 78)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2016 78: Verwaltungsgericht

Es geht um einen Fall im Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht aus dem Jahr 2016, bei dem es um die Notwendigkeit der Erstellung oder Veränderung einer Baute oder Anlage ging. Der Beschwerdeführer betrieb einen Landwirtschaftsbetrieb und wollte eine Remise erweitern, was jedoch aufgrund von Richtwerten abgelehnt wurde. Es wurde diskutiert, dass die Betriebsstruktur und nicht die Ausstattung des Betriebs für die Berechnung der bewilligungsfähigen Fläche entscheidend sei. Das Bundesgericht betonte, dass die Erfahrungswerte und Richtmasse des FAT-Berichts zwar aussagekräftig, aber nicht verbindlich seien. Die Frage der Zonenkonformität des Bauvorhabens wurde auch im Hinblick auf überbetrieblichen Maschineneinsatz diskutiert. Letztendlich wurde das Verfahren zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2016 78

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2016 78
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsbehörden
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2016 78 vom 24.08.2016 (AG)
Datum:24.08.2016
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2016 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 409 [...] 78 Art. 16a RPG; Art. 34 Abs. 4 RPV Die Frage...
Schlagwörter: Maschinen; Betrieb; Remise; Landwirtschaft; Bundesgericht; Geräte; Remisen; Beurteilung; Lohnarbeit; FAT-Bericht; Lohnarbeiten; Remisenfläche; Fläche; Entscheid; Bauvorhaben; Beschwerdeführers; Notwendigkeit; Baute; FAT-Berichts; Berücksichtigung; Umwelt; Zonenkonformität; Bauvorhabens; Berechnung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:114 Ib 131; 129 II 413; 132 II 10;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2016 78

2016 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 409

[...]
78 Art. 16a RPG; Art. 34 Abs. 4 RPV Die Frage der Notwendigkeit der Erstellung der Veränderung einer Baute Anlage ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Die Erfah-
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rungswerte und Richtmasse des FAT-Berichts 590 sind zwar aussagekräf- tig und verlässlich, jedoch für die Behörden nicht verbindlich; es handelt sich nur um Ausgangswerte. Sie bedürfen regelmässig der Verfeinerung unter Berücksichtigung der betriebsspezifischen Gegebenheiten. Die landwirtschaftliche, betriebliche überbetriebliche Erforderlichkeit der Maschinen und Geräte muss nachgewiesen werden. Aus dem Entscheid des Regierungsrats vom 24. August 2016 i.S. H. gegen
den Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt (Abteilung für
Baubewilligungen)/Gemeinderats Z. (RRB Nr. 2016-000933). Erwägungen
1. Ausgangslage Das Bauvorhaben umfasst die Erweiterung einer bestehenden Remise auf der Parzelle 336 mit einem Futter- und Ballenlager. (...) Der Beschwerdeführer bewirtschaftet gemäss der Betriebsdatenerhe- bung 2014 einen Landwirtschaftsbetrieb mit rund 27 ha landwirt- schaftlicher Nutzfläche, Rindviehhaltung (8 Mutterkühe, 27 Stück Jungvieh) und Ackerbau (ca. 11 ha). Der Landwirtschaftsbetrieb ist mit der aktuellen Produktion in der Landwirtschaftszone gemäss Art. 16a Abs. 1 und 2 RPG zonenkonform. (...) Die Abteilung für Baubewilligungen BVU begründet ihren abweisenden Entscheid vom 11. August 2015 damit, dass aufgrund des Betriebstyps und der Betriebsgrösse gestützt auf die Richtwerte der FAT betreffend Raumbedarf für Remisen und Einzelmaschinen Nr. 590/2002 (fortan: FAT-Bericht 590) eine maximal bewilligungs- fähige Remisenfläche inkl. Traktorengarage und Werkstatt von 717 m2 zugestanden werden könne. Die Zonenkonformität des Bauvorha- bens sei somit nicht ausgewiesen (vgl. ...). 2. Gesetzliche Grundlagen (...) 3. Beurteilung der Zonenkonformität des Bauvorhabens
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3.1 (...) Im Schreiben vom 4. März 2016 beantragte die Landwirtschaft Aargau DFR weiterhin, die Beschwerde abzuweisen. Sie begründete dies damit, dass nach geltender kantonaler Praxis für Betriebe in die- ser Grössenklasse ohne Bedarfsnachweis eine Remisenfläche von maximal 350 m2 zugestanden werde. Der Bedarfsnachweis diene zur Beurteilung, ob dem Betrieb eine grössere Fläche als der Pauschal- wert zugestanden werden könne. Sei der Bedarf ausgewiesen, was vorliegend klar der Fall sei, so könne dem Betrieb eine grössere Flä- che bewilligt werden; diese dürfe im Normalfall den Richtwert ge- mäss dem FAT-Bericht 590 (im vorliegenden Fall 717 m2) jedoch nicht überschreiten. Ausnahmen könnten bei Betrieben mit Spezial- kulturen spezialisierten Betrieben gemacht werden. Beim Be- trieb des Beschwerdeführers handle es sich jedoch um einen durch- schnittlichen Landwirtschaftsbetrieb mit wenig aufwändigen Acker- kulturen und einem eher geringen Tierbestand. Für die Berechnung der bewilligungsfähigen Remisenflächen sei somit die Betriebsstruk- tur (Fläche, Kulturen, Tierhaltung) massgebend und nicht die effekti- ve Ausstattung des Fahrzeug-, Maschinen- und Geräteparks. Der im Schreiben des Beschwerdeführers vom 8. Februar 2016 begründete Flächenbedarf für die Beurteilung des Bauvorhabens sei demzufolge nicht von Bedeutung. 3.2 Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt sich die Frage der Notwendigkeit der Erstellung der Veränderung ei- ner Baute Anlage nach objektiven Kriterien. Sie hängt ab von der bestellten Landfläche, von der Art des Anbaus und der Produk- tion sowie der Struktur, Grösse und Erforderlichkeit der Bewirtschaf- tung (Urteile des Bundesgerichts vom 26. Oktober 2010 [1C_110/2010], Erw. 3.1 sowie vom 19. Juni 2009 [1C_565/2008], Erw. 2, je mit Hinweisen). An der betrieblichen Notwendigkeit eines Neubaus fehlt es von vornherein, wenn die vorgesehene Nutzung (allenfalls nach Umbau) in einer bereits vorhandenen Baute möglich wäre (vgl. BGE 129 II 413 E. 3.2 S. 416; 123 II 499 E. 3b/cc S. 508; je mit Hinweisen). Ist eine Neubaute erforderlich, so muss diese den
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objektiven Bedürfnissen des Betriebs angepasst sein, namentlich mit Bezug auf ihre Grösse und ihren Standort (BGE 114 Ib 131 E. 3 S. 133 f., mit Hinweisen). Sie darf nicht überdimensioniert sein (BGE 132 II 10 E. 2.4 S.17; 129 II 413 E. 3.2 S. 416; 125 II 278 E. 3a S. 281). Die Landwirtschaft Aargau DFR stützte sich auf den erwähnten FAT-Bericht 590 und hielt aufgrund dessen wie in E. 3.1. hiervor erwähnt fest, dass für die Berechnung der bewilligungsfähi- gen Remisenflächen die Betriebsstruktur (Fläche, Kulturen, Tierhal- tung) massgebend sei und nicht die effektive Ausstattung des Fahrzeug-, Maschinen- und Geräteparks (vgl. ...). In seinem Ent- scheid vom 4. September 2015 führt das Bundesgericht jedoch aus, dass zwar die Erfahrungswerte und Richtmasse des FAT-Berichts 590 aussagekräftig und verlässlich, jedoch für die Behörden nicht verbindlich seien und es sich nur um Ausgangswerte handle. Das Bundesgericht hält des Weiteren fest, dass die Erfahrungswerte und Richtmasse des FAT-Berichts 590 regelmässig der Verfeinerung unter Berücksichtigung der betriebsspezifischen Gegebenheiten bedürften. Die landwirtschaftliche, betriebliche überbetriebliche Erforderlichkeit der Maschinen und Geräte muss nachgewiesen werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 4. September 2015 [1C_482/2014], Erw. 5.5). 3.3 An sich könnte der Regierungsrat in dieser Situation anstelle der Vorinstanz selbst eine Beurteilung vornehmen, ob die geplante Erweiterung der Remise notwendig und damit bewilligungsfähig ist. Die zuständige Fachabteilung, die Landwirtschaft Aargau DFR, hat jedoch die fachliche Überprüfung der im Schreiben des Beschwer- deführers vom 8. Februar 2016 auf insgesamt 14 Seiten detailliert be- gründeten Nutzung und Notwendigkeit der in Frage stehenden einzelnen Maschinen und Geräte abgelehnt mit Verweis darauf, dass bezüglich der Betriebsstruktur keine Abweichung von der Ausgangs- lage der standardisierten Flächenberechnungen des FAT-Berichts er- sichtlich sei (vgl. ...). Ohne diese ist es nicht möglich, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die von der Vorinstanz unterlassene, aber vorgeschriebene individuelle Berechnung des Raumbedarfs vorzu- nehmen. Es ist deshalb erforderlich, die Angelegenheit an die Abtei-
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lung für Baubewilligungen BVU und die Landwirtschaft Aargau DFR zur erstinstanzlichen Vornahme der Berechnung der bewilli- gungsfähigen Remisenflächen unter Berücksichtigung der bundesge- richtlichen Rechtsprechung zurückzuweisen. 4. Überbetrieblicher Maschineneinsatz Wie bereits erwähnt, vertritt die Landwirtschaft Aargau DFR die Ansicht, dass die Maschinen und Geräte, welche sowohl auf dem eigenen Betrieb des Beschwerdeführers als auch für Lohnarbeiten eingesetzt werden können, nur zur Hälfte an den Raumbedarf für die Remise anzurechnen seien. Worauf die Landwirtschaft Aargau DFR sich dabei stützt, legt sie jedoch nicht dar. Gemäss der departements- internen Richtlinie Remisenflächen vom Juni 2014 (revidiert im Au- gust 2015) ist das Führen eines eigenständigen landwirtschaftlichen Lohnunternehmens ausserhalb der Bauzonen weder zonenkonform noch standortgebunden. Wenn mehr als die Hälfte des Gesamtein- kommens aus überbetrieblicher landwirtschaftlicher Lohnarbeit re- sultiert, ist von einem zonenfremden Lohnunternehmen auszugehen. Die für dessen Betrieb notwendigen Bauten und Anlagen sind in einer geeigneten Bauzone anzusiedeln. Eine entsprechende Beurtei- lung der vom Beschwerdeführer selbst geltend gemachten Lohnar- beiten des Beschwerdeführers ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Es lässt sich somit feststellen, dass auch die Prüfung der Zonenkonformität des Bauvorhabens unter Berücksichtigung der Maschinen und Geräte, die (teilweise) für Lohnarbeiten eingesetzt werden, durch die Vorinstanz nicht vollständig und ordnungsgemäss durchgeführt wurde. Auch daher rechtfertigt es sich, das Verfahren zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei der Beurteilung der Frage, ob an den Remisenbedarf die Maschinen und Geräte anzurechnen sind, die vom Beschwerdeführer (auch) für Lohnarbeiten eingesetzt werden, ist die bundesgerichtli- che Rechtsprechung zu berücksichtigen. Im oben genannten Ent- scheid hat das Bundesgericht bei der Beurteilung des überbetriebli- chen Maschineneinsatzes allen Umständen Rechnung getragen. Das Bundesgericht hat nämlich berücksichtigt, dass das im Urteil 1C_482/2014 umstrittene Bauprojekt nicht der Einstellung von land- wirtschaftlichen Maschinen dienen soll, die ausnahmslos für Dritte
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eingesetzt werden, sondern dass die in Frage stehenden Lohnarbeiten gesamtbetrieblich bloss eine untergeordnete Rolle spielen. Des Wei- teren hat das Bundesgericht berücksichtigt, dass es unbestritten war, dass die übrigen zu remisierenden Maschinen und Geräte gänzlich zur Bewirtschaftung der eigenen Nutzflächen eingesetzt werden. Schliesslich berücksichtigte das Bundesgericht, dass das Einkommen aus dem überbetrieblichen Einsatz der landwirtschaftlichen Maschi- nen im Vergleich zum Gesamteinkommen nicht massgeblich ins Ge- wicht fiel. Unter diesen Umständen ist das Bundesgericht grundsätz- lich von der Zonenkonformität des Bauvorhabens ausgegangen (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 4. September 2015 [1C_482/2014] i.S. A.R.-M. und Mitbeteiligte gegen J. und G.L., Gemeinderat V. und Regierungsrat des Kantons Aargau, Erw. 4.2, S. 9, in welchem u.a. zu 80 % überbetrieblich für Lohnarbeiten eingesetzte Maschinen an den Flächenbedarf angerechnet wurden, nachdem die Lohnarbei- ten gesamtbetrieblich untergeordnet waren). (...)
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