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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2015 38)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2015 38: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass Lehrpersonen im öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis Anspruch auf Lohnfortzahlung haben, wenn der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät. Dies basiert auf der Analogie von Art. 324 OR. Die Klägerin hatte für Monate, in denen sie nicht eingesetzt wurde, Anspruch auf Lohn. Ersatzarbeitseinkommen muss auf den Lohn angerechnet werden. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass die Ersatzarbeit tatsächlich als Ersatz für die ausgefallene Arbeit diente.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 38

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2015 38
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2015 38 vom 10.11.2015 (AG)
Datum:10.11.2015
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 246 38 § 4 Abs. 3 GAL i.V.m. Art. 324 OR Art. 324 OR, der in...
Schlagwörter: Arbeit; Arbeitgeber; Arbeitneh; Arbeitnehmer; Annahme; Arbeitgebers; Annahmeverzug; Ersatzarbeit; Lehrpersonen; Lohnfortzahlung; Anstellungsverhält; Lohnfortzahlungs; Abteilung; Verwaltungsgericht; Lohnfortzahlungspflicht; Anstellungsverhältnis; Arbeitnehmers; Personalrecht; Beklagten; Schutz; Kommentar; Obergericht; Einkommen; Rechte; Pflichten; Lohnanspruch
Rechtsnorm: Art. 324 OR ;Art. 362 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 38

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38 § 4 Abs. 3 GAL i.V.m. Art. 324 OR Art. 324 OR, der in Abs. 1 die Lohnfortzahlungspflicht bei Annahmever- zug des Arbeitgebers statuiert und in Abs. 2 die Anrechenbarkeit eines durch anderweitige Arbeit (Ersatzarbeit) erzielten Erwerbseinkommens vorsieht, ist auf das öffentlich-rechtliche Anstellungsverhältnis von Lehr- personen in globo analog anwendbar. Keine Ersatzarbeit ist zusätzliche Arbeit, die der Arbeitnehmer auch ohne den Annahmeverzug des Arbeitgebers geleistet hätte. Für durch Ersatzarbeit erzieltes Einkommen ist der Arbeitgeber beweispflichtig. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 10. November 2015 in Sachen A. gegen Einwohnergemeinde B. (WKL.2015.10). Aus den Erwägungen II. 2.2. Weder das GAL, das in den §§ 15 ff. die Rechte und in den §§ 24 ff. die Pflichten der Lehrpersonen regelt, noch die VALL mit den §§ 20 ff. zu den Rechten und Pflichten der Lehrpersonen und den Lohnbestimmungen in den §§ 44 ff. das LDPL geben Ant wort auf die Frage, ob der Lohnanspruch des Arbeitnehmers fortdau ert, wenn der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät und der erfül lungswillige Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglich geschuldeten
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Leistungen aus beim Arbeitgeber liegenden Gründen nicht mehr er bringen kann. Die §§ 50/51 VALL beschränken sich auf die Rege lung der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit und Unfall bzw. bei Militär-, Zivilschutz-, Feuerwehr- und zivilem Ersatzdienst. Das LDPL regelt zusätzlich die Lohnfortzahlung bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 21) und nach Stellvertretungen von ungewisser Dauer (§ 22), begründet jedoch genau so wenig wie die VALL eine Lohnfortzahlungspflicht bei Annahmeverzug des Arbeitgebers. Demgegenüber sieht Art. 324 Abs. 1 OR vor, dass der Arbeitgeber ohne Nachleistungspflicht des Arbeitnehmers - zur Entrichtung des Lohns verpflichtet bleibt, wenn die Arbeit infolge Verschuldens des Arbeitgebers nicht geleistet werden kann der Arbeitgeber aus anderen Gründen mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug kommt. Weil es sich dabei um eine zwingende, nicht zu dessen Nachteil abänderliche Schutzvorschrift zugunsten des Arbeitnehmers handelt (vgl. Art. 362 Abs. 1 OR), die kraft § 4 Abs. 3 GAL als Mini malanspruch auch für die nach GAL angestellten Lehrpersonen gilt, nachdem der Kanton nichts Gegenteiliges legiferiert hat, ist Art. 324 Abs. 1 OR analog auf das streitgegenständliche Anstellungsverhält nis zwischen der Klägerin und der Beklagten anwendbar. Andernfalls hätte die Klägerin für die Monate August bis Dezember 2014, in de nen sie an der Schule B. nicht zum Einsatz gekommen ist, keinen Lohnanspruch. 2.3. Den nach GAL angestellten Lehrpersonen ist im Sinne einer Minimalvorschrift derjenige Schutz angedeihen zu lassen, den Art. 324 OR insgesamt bietet, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Mangels entsprechender kantonaler Regelung besteht in diesem Be reich (Annahmeverzug des Arbeitgebers) kein weitergehender Schutz der Lehrpersonen gegenüber privatrechtlich angestellten Arbeitneh mern. Unter diesem Gesichtspunkt ist die analoge Anwendung von Art. 324 OR nicht etwa auf dessen Abs. 1 limitiert. Zur (analogen) Anwendung gelangt vielmehr auch Abs. 2, der die Lohnfortzahlungs pflicht bei Annahmeverzug des Arbeitgebers entfallen lässt, soweit der Arbeitnehmer im fraglichen Zeitraum ein Ersatzeinkommen bei einem anderen Arbeitgeber generiert. Dieses muss sich der Arbeit-
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nehmer an den Lohn, den er vom säumigen Arbeitgeber zugut hat, anrechnen lassen. Art. 324 Abs. 2 OR liegt die Überlegung zu Grun de, dass sich der Arbeitnehmer nicht auf Kosten des Arbeitgebers be reichern darf, indem er ohne Arbeitsleistung vom Arbeitgeber Lohn erhält und gleichzeitig aus anderweitiger Arbeitstätigkeit ein zusätzli ches Einkommen erzielt (Urteil des Bundesgerichts vom 12. Februar 2002 [4C.57/2001], Erw. 4a/aa). Dieser aus der allgemeinen Treue pflicht abgeleitete Grundsatz gilt für privatrechtlich angestellte Ar beitnehmer und die nach GAL angestellten Lehrpersonen, die diesbe züglich nicht privilegiert sind, gleichermassen. Nichts anderes ergibt sich aus § 7 GAL, der sich nur auf die Bestimmungen über die Be gründung des Anstellungsverhältnisses, die Probezeit, die Auflösung des Anstellungsverhältnisses und den Kündigungsschutz bezieht und in diesem Teilbereich (des Personalrechts) die Art. 334-337d OR für anwendbar erklärt. Würde § 7 GAL die analoge Anwendung der übrigen Bestimmungen des OR zum Einzelarbeitsvertrag (Art. 319 ff.) - wie von der Klägerin postuliert - ausschliessen, wäre § 4 Abs. 3 GAL ohne jeden Gehalt. 2.4. Entsprechend muss sich die Klägerin Lohn, den ihr eine allfälli ge Ersatzarbeit in den Monaten August bis Dezember 2014 eingetra gen hat, an den ihr gegenüber der Beklagten für denselben Zeitraum zustehenden Bruttolohn von (...) anrechnen lassen. 3. 3.1. Anrechnungspflichtig ist gemäss Art. 324 Abs. 2 OR der Er werb aus Arbeit, die der Arbeitnehmer dank des Freiwerdens seiner Arbeitskraft (infolge Annahmeverzug des Arbeitgebers) anderweitig leistet. Ob die Ersatzarbeit während ausserhalb der Arbeitszeit geleistet wird, die für die dahingefallene Arbeit gegolten hätte, ist unerheblich. Wesentlich ist allein, dass es sich um Ersatzarbeit han delt und nicht um zusätzliche Arbeit, die der Arbeitnehmer auch ohne den Annahmeverzug des Arbeitgebers geleistet hätte (ADRIAN STAEHELIN, in: Zürcher Kommentar, Teilband V 2c, Der Arbeitsver- trag, Art. 319-330a OR, 4. Auflage, Zürich 2006, Art. 324 N 33). Grundsätzlich nicht anzurechnen ist der Verdienst, den der Arbeit-
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nehmer schon vor dem Annahmeverzug zum Beispiel durch eine Nebentätigkeit erzielte (ULLIN STREIFF/ADRIAN VON KAENEL/ ROGER RUDOLPH, Der Arbeitsvertrag, 7. Auflage, Zürich 2012, Art. 324 N 12). Unzulässig wäre aus diesem Grunde die arbeitsver tragliche Vereinbarung, der Arbeitnehmer müsse sich auch anrechnen lassen, was er schon bisher in einer Nebenbeschäftigung erworben habe (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., Art. 324 N 14; MANFRED REHBINDER/JEAN FRITZ STÖCKLI, in: Berner Kommentar, Band VI, 2. Abteilung, 2. Teilband, 1. Abschnitt, Der Arbeitsvertrag, Einleitung und Kommentar zu den Art. 319-330b OR, Bern 2010, Art. 324 N 27). 3.2. (...) 3.3. (...) Im Anwendungsbereich von Art. 324 Abs. 2 OR muss nicht die Klägerin beweisen, dass sie mit ihrer Tätigkeit an der Musik schule Y. einen Zusatzverdienst generieren wollte. Vielmehr müsste die Beklagte nachweisen, dass die Tätigkeit an der Musikschule Y. Ersatzarbeit für die Tätigkeit an der Schule B. war, um den Lohn der Klägerin für ihre Tätigkeit in Y. an den von der Beklagten für diesel be Periode geschuldeten Lohn anrechnen zu können (vgl. REHBIN- DER/STÖCKLI, a.a.O., Art. 324 N 25). Dieser Beweis ist der Beklag- ten nach dem oben Dargelegten misslungen.
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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