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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2015 31)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2015 31: Verwaltungsgericht

Es geht um eine rechtliche Auseinandersetzung im Landwirtschaftsrecht aus dem Jahr 2015, bei der es um die Berechnung von Übergangsbeiträgen im Zusammenhang mit einem neuen Direktzahlungssystem ging. Dabei wurde festgestellt, dass die Berechnung der Beiträge aufgrund falscher Grundlagen fehlerhaft war und zu überhöhten Beitragszahlungen führte. Ein Beschwerdeführer forderte die Auszahlung der ursprünglich berechneten Beiträge, jedoch wurde argumentiert, dass aufgrund der fehlerhaften Berechnung keine rechtskräftige Verfügung vorlag. Letztendlich wurde entschieden, dass das öffentliche Interesse an der korrekten Rechtsanwendung höher zu bewerten ist und die Rechtssicherheit in diesem Fall keine entscheidende Rolle spielt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 31

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2015 31
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2015 31 vom 20.08.2015 (AG)
Datum:20.08.2015
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2015 Landwirtschaftsrecht 207 IX. Landwirtschaftsrecht 31 Art. 84 ff. DZV und § 37 VRPG Zielsetzung der Übergangsbeiträge:...
Schlagwörter: Basiswert; Übergang; Übergangs; Verfügung; Recht; Übergangsbeiträge; Betrieb; Landwirtschaft; Berechnung; Direktzahlungen; Interesse; Kanton; Flächen; Basiswerte; Landwirtschaftsrecht; AGRICOLA; Abteilung; Betriebe; Kulturlandschafts; Kantone; Vertrauen; Korrektur; Rechtssicherheit; Verwaltungsgericht; Agrarpolitik; Voraussetzung; Versorgungssicherheitsbeiträge
Rechtsnorm: Art. 9 BV ;
Referenz BGE:100 Ib 299; 137 I 69;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 31

2015 Landwirtschaftsrecht 207

IX. Landwirtschaftsrecht
31 Art. 84 ff. DZV und § 37 VRPG - Zielsetzung der Übergangsbeiträge: Sicherstellung eines sozialver- träglichen Übergangs vom alten zum neuen Direktzahlungssystem durch temporären Ausgleich der Beitragsdifferenzen (Erw. 1.1). - Berechnung der Übergangsbeiträge anhand des Basiswerts (Erw. 1.2-1.4) - Im von der Landwirtschaft Aargau verwendeten Programm AGRICOLA waren die Grundlagen für die Bestimmung des Basis- werts falsch hinterlegt, woraus zu hohe Übergangsbeiträge resultier- ten (Erw. 1.5 und 1.6). - Eine formell rechtskräftige Verfügung, worin zuhanden des Adressa- ten ein fehlerhaft ermittelter Basiswert festgelegt wurde, kann nach den Voraussetzungen von § 37 Abs. 1 VRPG widerrufen bzw. abge- ändert werden (Erw. 3.1). - Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Korrektur des Basiswerts, der zu einer überhöhten Beitragszahlung zu Lasten an- derer Beitragsberechtigten führen würde (Erw. 3.2). - Mangels nachteiliger Dispositionen geniesst der Beschwerdeführer keinen Vertrauensschutz, der einer Abänderung der Basiswertfest- stellungsverfügung entgegenstünde (Erw. 3.3). - Der Rechtssicherheit ist in der vorliegenden Konstellation kein we- sentliches Gewicht beizumessen (Erw. 3.4). Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 20. August 2015 in Sachen A. gegen das Departement Finanzen und Ressourcen, Land- wirtschaft Aargau (WBE.2015.22). Aus den Erwägungen
II.
2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 208

1.
1.1.
Am 1. Januar 2014 trat im Zusammenhang mit der Agrarpolitik
14-17 die neue DZV Verordnung über die Direktzahlungen an die
Landwirtschaft vom 23. Oktober 2013 (Direktzahlungsverordnung,
DZV; SR 910.13) in Kraft und ersetzte die bisherige Verordnung
vom 7. Dezember 1998. Das System der Direktzahlungen wurde
durch die Agrarpolitik 14-17 komplett überarbeitet und neu gestaltet.
Die Wirksamkeit und Effizienz der Direktzahlungen sollten dadurch
verbessert werden, dass Massnahmen mit unspezifischer Zielausrich-
tung durch zielgerichtete Instrumente ersetzt werden. Die früheren
tierbezogenen Beiträge wurden deshalb in die Versorgungssicher-
heitsbeiträge umgelagert und werden neu als flächenbezogene Zah-
lungen unter Voraussetzung eines Mindesttierbesatzes ausgerichtet.
Der allgemeine Flächenbeitrag wurde aufgehoben. Die dadurch frei
werdenden Mittel werden einerseits für den Ausbau der Direktzah-
lungsinstrumente in Bereichen mit Ziellücken (insbesondere im Hin-
blick auf Biodiversität, Landschaftsvielfalt und ökologische Fort-
schritte) und andererseits für die Übergangsbeiträge eingesetzt.
Durch den Anstieg des Mittelbedarfs bei den zielorientierten Instru-
menten im Lauf der Zeit wird sich im Gegenzug der Betrag, der für
die Übergangsbeiträge zur Verfügung steht, reduzieren. Die Über-
gangsbeiträge sollen so einen sozialverträglichen Wechsel vom alten
auf das neue Direktzahlungssystem sicherstellen und innerhalb der
nächsten voraussichtlich acht Jahre auslaufen (Botschaft Nr. 12.021
vom 1. Februar 2012 zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den
Jahren 2014-2017 [Agrarpolitik 2014-2017], in: BBl 2012 2075 ff.,
S. 2190 ff., Ziff. 2.3.1).
1.2.
Die in Art. 84 ff. DZV vorgesehenen Übergangsbeiträge sollen,
wie gesagt, die durch den Systemwechsel verursachten Beitragsdiffe-
renzen reduzieren und damit einen sozialverträglichen Übergang si-
cherstellen. Grundsätzlich wird der für die Übergangsbeiträge zur
Verfügung stehende Betrag aufgrund der unter altem Recht ausge-
richteten allgemeinen Direktzahlungen gesamtschweizerisch verhält-
nismässig auf die Betriebe verteilt. Massgebend sind die Direktzah-
2015 Landwirtschaftsrecht 209

lungen der Jahre 2011-2013, wobei für jeden Betrieb dasjenige Jahr
mit den höchsten Beiträgen massgebend ist (Art. 86 Abs. 2 DZV).
Die Summe der Direktzahlungen ergibt im Verhältnis zu den zur Ver-
fügung stehenden Mitteln den Verteilfaktor. Eine Korrektur erfolgt
allerdings dahingehend, dass von den altrechtlichen Direktzahlungen
die neuen Kulturlandschafts- und Versorgungssicherheitsbeiträge,
mit Ausnahme des Sömmerungsbeitrags, abgezogen werden (Art. 86
Abs. 1 DVZ). Die Kulturlandschafts- und Versorgungsbeiträge be-
rechnen sich aufgrund der Flächen und Tierbestände desjenigen Jah-
res, welches für die Bestimmung der altrechtlichen Direktzahlungen
ausschlaggebend ist. Für die Beitragsansätze ist dagegen das Jahr
2014 massgebend (Art. 86 Abs. 3 DZV). Erst nach dieser Korrektur
erfolgen die Berechnung des Verteilfaktors und die Aufteilung der
Mittel.
Die Differenz zwischen den altrechtlichen allgemeinen Direkt-
zahlungen und den neuen Kulturlandschafts- und Versorgungssicher-
heitsbeiträgen, mit Ausnahme des Sömmerungsbeitrags, ergibt pro
Betrieb den Basiswert. Das gesamtschweizerische Total der Basis-
werte im Verhältnis zu den insgesamt verfügbaren Mitteln ergibt den
Verteilfaktor. Basiswert pro Betrieb und Faktor ergeben wiederum
den Übergangsbeitrag für den einzelnen Betrieb. Die Übergangsbei-
träge sind Teil der gesamten für die Direktzahlungen zur Verfügung
stehenden Mittel. Die Zunahme des Mittelbedarfs bei den leistungs-
bezogenen Direktzahlungen wird die für die Übergangsbeiträge ver-
fügbaren Mittel im Laufe der Zeit sinken lassen, wobei von einem
Zeithorizont von acht Jahren ausgegangen wird. Dementsprechend
wird der Faktor für die Berechnung jährlich angepasst werden (Bot-
schaft Agrarpolitik 2014-2017, BBl 2012 2075 ff., S. 2224 f.,
Ziff. 2.3.11).
1.3.
Die Korrektur bei der Berechnung des Basiswerts um die Kul-
turlandschafts- und Versorgungssicherheitsbeiträge ist dadurch be-
gründet, dass die Übergangsbeiträge die Beitragsdifferenzen des Sys-
temwechsels ausgleichen sollen. Wer neu (höhere) Kulturland-
schafts- und Versorgungssicherheitsbeiträge erhält, soll nicht zusätz-
lich auch von höheren Übergangsbeiträgen profitieren. Um dieses
2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 210

Ziel zu erreichen, ist für die Bestimmung der massgebenden Flächen
gemäss Art. 86 Abs. 3 DZV auf das massgebende Jahr der 3-Jahres-
periode (2011-2013) abzustellen.
Flächen mit Biodiversitätsbeiträgen nach Art. 55 DZV erhalten
beispielsweise bei den Versorgungssicherheitsbeiträgen einen redu-
zierten Ansatz (Art. 50 Abs. 2 DZV). Würde nun bei der Berechnung
des Korrekturabzuges nach Art. 86 Abs. 1 DZV auf die Beitragsbe-
rechtigung im Jahr 2014 abgestellt, wäre der entsprechende Korrek-
turbetrag bei diesen Flächen tiefer, der Basiswert und damit auch der
Übergangsbeitrag höher, als wenn auf die Beitragsberechtigung nach
altem Recht abgestellt wird. Gleichzeitig profitieren diese Flächen
aber von den neuen Biodiversitätsbeiträgen und wären somit doppelt
begünstigt. Dies war nicht die Meinung des Gesetzgebers, weshalb,
wie erwähnt, die Beitragsberechtigung in der alten Periode massge-
bend ist, nicht diejenige im Jahr 2014.
1.4.
Die Basiswerte nach Art. 86 DZV für die Betriebe sowie die
ebenfalls zu bestimmende Standardarbeitskraft nach Art. 93 DZV
wurden im Kanton Aargau durch das System AGRICOLA berechnet
und den Landwirten Mitte 2014 mitgeteilt, so auch dem Beschwerde-
führer mit Verfügung vom 27. Juni 2014. Nachdem in der Folge
sämtliche Abrechnungen der Kantone beim Bund eingegangen wa-
ren, stellte das BLW fest, dass in den AGRICOLA-Kantonen zu
grosse Differenzen bei den festgesetzten Basiswerten im Vergleich zu
den aufgrund der Daten früherer Jahre erwarteten Zahlen bestanden.
Die Überprüfung der Daten ergab, dass den verfügten Basiswerten
falsche Detailzahlen zu Grunde lagen.
1.5.
Die Abklärungen des BLW deckten auf, dass die Grundlagen
für die Berechnung der Basiswerte und in der Folge auch der Über-
gangsbeiträge im Programm AGRICOLA falsch hinterlegt waren.
Für die Bestimmung der Flächen, aufgrund welcher die neurechtli-
chen Kulturlandschafts- und Versorgungssicherheitsbeiträge errech-
net werden, wurde nicht nur auf den Beitragsansatz, sondern auch
auf die Beitragsberechtigung im Jahr 2014 abgestellt. Dies führte
dazu, dass Streueflächen, Hecken, Feld- und Ufergehölze, Buntbra-
2015 Landwirtschaftsrecht 211

chen, Rotationsbrachen und Saum auf Ackerflächen fälschlicherwei-
se, weil im Jahr 2014 nicht mehr beitragsberechtigt, nicht berück-
sichtigt wurden. Für extensive Weiden wurde ausserdem ein zu tiefer
Ansatz (Fr. 450.00 / ha anstatt Fr. 900.00 / ha) verwendet. In der Fol-
ge wurden die neurechtlichen Kulturlandschafts- und Versorgungs-
sicherheitsbeiträge zu tief berechnet (entscheidend wäre gewesen, ob
sie altrechtlich beitragsberechtigt waren bzw. gewesen wären), was
wiederum zu grosse Differenzen (altrechtliche Direktzahlungen ab-
züglich neurechtliche Kulturlandschafts- und Versorgungssicher-
heitsbeiträge), zu hohe Basiswerte und damit zu hohe Übergangs-
beiträge zur Folge hatte.
1.6.
Auch beim Beschwerdeführer führte diese ursprünglich falsche
Berechnung durch das Programm AGRICOLA zu einem zu hohen
Basiswert. In der korrigierten Version ergab sich im November 2014
ein Basiswert von Fr. -511.80 und somit keine Auszahlung von Über-
gangsbeiträgen. Die Richtigkeit dieser Berechnung wird vom Be-
schwerdeführer nicht bestritten. Ihm geht es vielmehr darum, dass
durch die Abteilung Landwirtschaft nicht korrekt kommuniziert wor-
den sei. Zudem erachtet er es als unzulässig, dass eine rechtskräftige
Verfügung einfach wieder aufgehoben wurde.
2.
Gemäss § 37 Abs. 1 VRPG können Entscheide, die der Rechts-
lage den sachlichen Erfordernissen nicht entsprechen, durch die
erlassende Behörde die Aufsichtsbehörde geändert aufge-
hoben werden, wenn das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung
die Interessen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes über-
wiegt. Vorbehalten bleiben nach § 37 Abs. 2 VRPG Entscheide, die
nach besonderen Vorschriften der Natur der Sache nicht oder
nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen wer-
den können.
Im Unterschied zu Erkenntnissen von Zivil- und Strafbehörden
und im Verwaltungsrecht tätigen Justizbehörden kommt Verwal-
tungsverfügungen keine materielle Rechtskraft zu, sondern nur, aber
immerhin, Rechtsbeständigkeit, was bedeutet, dass sie - nur noch -
unter bestimmten Voraussetzungen einseitig aufgehoben zum
2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 212

Nachteil des Adressaten abgeändert werden dürfen (PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI/MARKUS MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Bern 2014, § 31 N 8 f.). Wegen des Lega-
litätsprinzips können Verwaltungsverfügungen nicht unumstösslich
sein (BGE 100 Ib 299, Erw. 2; TSCHANNEN
/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 31 N 21; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich/ St. Gallen 2010, Rz. 994).
Im Zusammenhang mit § 37 Abs. 2 VRPG kann ergänzend da-
rauf hingewiesen werden, dass das Bundesgericht Fallgruppen von
grundsätzlich nicht widerrufbaren Verfügungen gebildet hat, bei wel-
chen das Interesse am Fortbestand der Verfügung in der Regel höher
zu gewichten ist als das Interesse an der richtigen Durchsetzung des
objektiven Rechts. Grundsätzlich nicht widerrufbar sind Verfügun-
gen namentlich, wenn
- darin ein subjektives Recht begründet wurde oder
- sie in einem Verfahren ergangen sind, in dem die sich gegen-
überstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinan-
der abzuwägen waren oder
- der Private von einer eingeräumten Befugnis bereits Ge-
brauch gemacht hat.
Auch in diesen Fällen kommt aber ein Widerruf dann in Frage,
wenn das entgegenstehende öffentliche Interesse besonders gewich-
tig erscheint (vgl. BGE 137 I 69, Erw. 2.3; 121 II 273, Erw. 1a/aa).
3.
3.1.
Der Basiswert wurde in der ursprünglichen Verfügung fehler-
haft festgesetzt. Insbesondere aufgrund der Mitteilung des Vizedirek-
tors des BLW vom 20. Oktober 2014 erscheint dies zweifellos erstellt
und wird vom Beschwerdeführer auch nicht ernsthaft bestritten.
Insofern ist die erste Voraussetzung eines Widerrufs gemäss § 37
Abs. 1 VRPG ("Entscheide, die der Rechtslage den sachlichen
Erfordernissen nicht entsprechen"), ohne weiteres erfüllt.
3.2.
Das öffentliche Interesse an der richtigen Rechtsanwendung ist
in concreto als hoch zu bewerten. Da für die Übergangsbeiträge pro
2015 Landwirtschaftsrecht 213

Jahr ein bestimmter Maximalbetrag zur Verfügung steht, der auf die
Kantone und weiter auf die berechtigten Betriebe verteilt wird, hat
eine falsche Berechnung in einem mehreren Kantonen mit zu
hohen Übergangsbeiträgen zur Folge, dass in den übrigen Kantonen
für die dortigen Betriebe weniger Geld zur Verfügung steht. Zudem
führt die ungleiche Anwendung der Verteilkriterien zu einer Un-
gleichbehandlung der Betriebe. Die Nichteinhaltung der gesetzlichen
Vorgaben (Legalitätsprinzip) hat demnach weitreichende Konsequen-
zen für unzählige anspruchsberechtigte Betriebe in der gesamten
Schweiz.
3.3.
3.3.1.
Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben
verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrau-
ens u.a. - wie im vorliegenden Fall - in eine Verfügung. Vorausge-
setzt ist, dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz beruft,
berechtigterweise auf diese Grundlage vertrauen durfte und gestützt
darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr
rückgängig machen kann (BGE 137 I 69, Erw. 2.5.1, mit weiteren
Hinweisen).
3.3.2.
Der Beschwerdeführer beantragt einerseits die Auszahlung der
ursprünglich berechneten Übergangsbeiträge. Bei einem Basiswert
von Fr. 4'008.50 und einem Umrechnungsfaktor von 0,4724 für das
Jahr 2014 wären dies Fr. 1'893.60 gewesen. Berücksichtigt man auch
die Auszahlungen in den folgenden Jahren (voraussichtlich ca. 8
Jahre), wobei diese Auszahlungen degressiv sein werden, ergibt sich
ein Gesamtbetrag, der nur geschätzt werden kann. Er dürfte aber
vermutlich bei rund Fr. 8'000.00 bis Fr. 12'000.00 liegen.
Der Beschwerdeführer macht anderseits geltend, die Abteilung
Landwirtschaft habe nicht korrekt kommuniziert, weshalb ein Wider-
ruf der Verfügung nicht zulässig sei. Die von ihm telefonisch im De-
zember 2014 angeforderten Belege für die angeblich "ungenaue Ar-
beit des Programms AGRICOLA" habe er nie erhalten. Das BLW
habe ihm den Sachverhalt nicht so bestätigen können. Er sei zurück
an den Kanton verwiesen worden. In der Replik ergänzte der Be-
2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 214

schwerdeführer, der Vertreter des Kantons Aargau in der Fachgruppe
Betriebsberechnung habe es verpasst, den Beitragsberechnungsser-
vice BBS 14 korrekt anzuwenden. Aus der Mail des Vizedirektors
des BLW vom 20. Oktober 2014 gehe klar hervor, dass nicht die
unterschiedliche Interpretation, sondern ein Versäumnis eines Ar-
beitsgruppenmitglieds für den Fehler verantwortlich gewesen sei.
3.3.3.
Dem Beschwerdeführer wurde zwar mit Verfügung vom 27. Ju-
ni 2014 der Basiswert für seinen Betrieb eröffnet. Dieser Basiswert
sagt aber noch nichts aus über den genauen Betrag, den der Be-
troffene als Übergangsbeitrag erhalten wird. Dieser Betrag kann erst
errechnet werden, wenn dem BLW sämtliche Basiswerte aller Be-
triebe in der Schweiz vorliegen. Erst gestützt auf diesen Gesamtwert
kann, im Verhältnis zu den zur Verfügung stehenden Mitteln, der Ver-
teilfaktor festgelegt und anschliessend der individuelle Anspruch be-
rechnet werden. Das BLW legt jeweils erst Ende Oktober diesen Fak-
tor fest, nachdem ihm von den Kantonen sämtliche Basiswerte
gemeldet wurden. Die Verfügung vom 27. Juni 2014 hat somit noch
gar keinen (geldwerten) Anspruch des Beschwerdeführers begründet.
Folglich konnte er gestützt auf diese Verfügung noch kaum konkrete
Dispositionen tätigen; tatsächlich behauptet er auch nicht, solche ge-
troffen zu haben. Insofern besteht von vornherein kein Anspruch des
Beschwerdeführers, in seinem Vertrauen in die ursprüngliche Festle-
gung des Basiswerts geschützt zu werden.
3.3.4. (...)
3.4.
Der Grundsatz der Rechtssicherheit weist eine enge Verwandt-
schaft mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. hierzu
Erw. 3.3 vorne) auf. Beide verlangen den Schutz der Privaten, die auf
eine bestimmte Rechtslage vertraut haben. Während aber der Ver-
trauensschutz im Sinne des Grundsatzes von Treu und Glauben das
individuelle Vertrauen der Privaten schützt, das diese in einem kon-
kreten Fall aus ganz bestimmten Gründen in ein Verhalten der Behör-
den haben, dient die Rechtssicherheit dazu, allgemein die Vorausseh-
barkeit, Berechenbarkeit und Beständigkeit des Rechts zu gewähr-
leisten (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O, Rz. 628).
2015 Landwirtschaftsrecht 215

In concreto stehen - letztlich nicht sehr bedeutende - finanzielle
Interessen auf dem Spiel. Zudem wurden diesbezüglich noch keine
konkreten Beträge, sondern nur die individuellen Berechnungsgrund-
lagen verfügt. Der Rechtssicherheit ist insofern kein wesentliches
Gewicht beizumessen.
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