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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2015 29)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2015 29: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Vergabestelle berechtigt war, das Submissionsverfahren abzubrechen, da keines der eingereichten Projekte für den Umbau des Hotel/Restaurants D. in ein Verwaltungsgebäude realisierbar war. Der Abbruch des Verfahrens war somit gerechtfertigt, da wichtige Gründe vorlagen. Das Gericht stellte fest, dass die Vergabestelle nicht schuldhaft gehandelt hatte und der Abbruch des Verfahrens rechtmässig war. Der Gemeinderat C. wurde in seinem Vorgehen bestätigt, und die Beschwerde gegen den Abbruch des Submissionsverfahrens wurde abgewiesen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 29

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2015 29
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2015 29 vom 17.12.2015 (AG)
Datum:17.12.2015
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2015 Submissionen 195 29 Abbruch des Verfahrens wichtige Gründe für den Abbruch des Verfahrens § 22 Abs. 2...
Schlagwörter: Abbruch; Verga; Vergabe; Verfah; Verfahren; Vergabestelle; Verwal; Verfahrens; SubmD; Verwaltungsgericht; Submis; Gründen; Beschaffung; Abbruchgr; Verwaltungsgerichts; Zuschlag; Ausschreibung; Verfahrensabbruch; Anbieter; Submissionsver; Sinne; Studien; Basel; Submissionen; Angebot
Rechtsnorm: Art. 2 ZGB ;
Referenz BGE:134 II 198; 134 II 199;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 29

2015 Submissionen 195

29 Abbruch des Verfahrens
- wichtige Gründe für den Abbruch des Verfahrens
- § 22 Abs. 2 SubmD setzt nicht voraus, dass die Vergabestelle wichtige
Gründe unter Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten selber schuldhaft
herbeigeführt hat der Abbruchgrund für sie erkenn- und damit
voraussehbar war.
Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 17. Dezember 2015 in Sa- chen A. AG und B. GmbH gegen Einwohnergemeinde C. (WBE.2014.417). Aus den Erwägungen 2. Zu prüfen ist, ob die Vergabestelle berechtigt war, das Submis sionsverfahren abzubrechen. 2.1. Die Vergabestelle ist nicht zum Zuschlag verpflichtet (§ 22 Abs. 1 SubmD). Aus wichtigen Gründen kann das Verfahren jeder zeit abgebrochen wiederholt werden. Dies ist gemäss § 22 Abs. 2 lit. a - d SubmD insbesondere zulässig, wenn:
- kein Angebot eingereicht wurde, das die in der Ausschreibung oder
den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien und techni- schen Anforderungen erfüllt;
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- auf Grund veränderter Rahmen- Randbedingungen we-
gen wegfallender Wettbewerbsverzerrungen günstigere Angebote zu erwarten sind; - die eingereichten Angebote keinen wirksamen Wettbewerb garan-
tieren; - eine wesentliche Änderung der nachgefragten Leistung erforderlich
wurde. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend, macht aber deutlich, dass der Abbruch des Submissionsverfahrens nicht grundlos erfolgen darf. Nicht nur § 22 Abs. 2 SubmD, sondern schon die vorvertrag liche Treuepflicht nach Art. 2 ZGB verbietet es nämlich der Vergabe stelle, dem einzelnen Submittenten seine Chance auf den Zuschlag durch grundlosen Verfahrensabbruch zu entziehen durch eine Wiederholung des Verfahrens allenfalls zu verschlechtern. Der Anbieter darf sich gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber auf ein vertrauenswürdiges, korrektes Verhalten verlassen und darauf, dass die Vergabestelle das ihr zustehende Ermessen pflichtgemäss ausübt; eine grundlose Schmälerung der Chancen des einzelnen Sub mittenten auf den Zuschlag erscheint auch unter diesem Blickwinkel ausgeschlossen. Bereits aus der allgemeinen, vorvertraglichen Treue pflicht sowie aufgrund des vom öffentlichen Auftraggeber pflichtge mäss auszuübenden Ermessens folgt daher ohne Weiteres der Grund satz, dass das Submissionsverfahren nur aus wichtigen Gründen abgebrochen wiederholt werden darf, falls nicht die Haftung aus culpa in contrahendo Platz greifen soll (AGVE 2003, S. 251 f.; 1999, S. 313 f.; VGE III/157 vom 15. Dezember 2015 [WBE.2015.342], S. 5 f.; VGE III/45 vom 7. Mai 2013 [WBE.2013.133], S. 4 f.; VGE IV/49 vom 17. August 2006 [WBE.2006.18], S. 11; VGE III/27 vom 20. April 2006 [WBE.2006.24], S. 4). Unzulässig ist ein Abbruch jedenfalls immer dann, wenn er als Instrument zur gezielten Diskriminierung von Anbietern und mithin dazu eingesetzt wird, einen missliebigen Verfahrensausgang abzu wenden den Anbieterwettbewerb zu unterlaufen (BGE 134 II 198 f.; HANS RUDOLF TRÜEB, Beschaffungsrecht, in: GIOVANNI BIAGGINI/ISABELLE HÄNER/URS SAXER/MARKUS SCHOTT [Hrsg.],
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Fachhandbuch Verwaltungsrecht, Zürich/Basel/ Genf 2015, S. 1052, Rz. 25.121). 2.2. (...) 2.3. 2.3.1. Es ist unbestritten, dass - aus welchen Gründen auch immer keines der im Rahmen des Studienauftrags eingereichten Projekte für den Umbau des Hotel/Restaurants D. in ein Verwaltungsgebäude realisierbar ist, eine Zuschlags- und anschliessende Auftragserteilung an einen der Teilnehmer somit nicht in Betracht kommt, sondern eine grundlegende Überarbeitung des Vorhabens notwendig sein wird. Damit ist ein wichtiger Grund für den Abbruch des Submissionsver fahrens im Sinne von § 22 Abs. 2 SubmD zweifelsfrei gegeben. Im Vordergrund steht hier § 22 Abs. 2 lit. d SubmD. Das ursprüngliche Vorhaben der Umnutzung des Hotels/Restaurant D. in ein Verwal tungsgebäude für die Gemeindeverwaltung, das Gegenstand des vor liegenden Studienauftrags bildete, dürfte sogar endgültig (definitiv) abgebrochen worden sein, da die Vergabestelle davon Abstand ge nommen hat. Gemäss Empfehlung der Jury sollte nämlich für die Gemeindeverwaltung eine alternative Lösung gesucht und der D. gemäss den Vorgaben der Denkmalpflege zurückhaltend saniert und für Dienstleistungsbetriebe gemeindeinterne Bedürfnisse (Tagesstrukturen, Bibliothek, Vereinsräume etc.) genutzt werden. Ob auch ein Abbruchgrund im Sinne von § 22 Abs. 2 lit. a SubmD er füllt ist, kann damit letztlich offen bleiben. Die Beschwerdeführerin nen sind der Auffassung, ihre beiden Projekte seien in jeder Hinsicht ausschreibungskonform gewesen. Bereits dem Jurybericht vom 7. Juli 2014 ist allerdings zu entnehmen, dass bei der Beschwerde führerin 2 die Vorgabe der Trennung der Tag- und Nachtzone mit der offenen Treppenerschliessung nicht erfüllt sei. Beim Projekt der Beschwerdeführerin 1 wird auf ein Überangebot an Räumen in der Nachtzone hingewiesen, welche bewirtschaftet werden müssten und zu zusätzlichen Kosten führten. 2.3.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, auf die sich die Beschwerdeführerinnen vorliegend berufen,
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können Umstände, welche den Verfahrensabbruch an sich objektiv zu begründen vermögen, diesen dennoch als rechtswidrig erscheinen lassen, wenn die Vergabestelle diese Umstände durch unsorgfältiges Vorgehen selber herbeigeführt hat. Dieses Ergebnis rechtfertige sich, weil das Vertrauen der Anbieter in den geordneten Ablauf des Verga beverfahrens nur auf diese Weise geschützt werden könne (Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. Juni 2003 [VB.2002.00283], Erw. 4d mit Hinweis auf einen Entscheid der vor maligen Eidgenössischen Rekurskommission für das öffentliche Be schaffungsrecht, in dem ebenfalls postuliert worden war, der [defini tive] Abbruch sei nur dann rechtmässig, wenn der Abbruchgrund nicht bereits bei der Einleitung Fortführung des Verfahrens voraussehbar gewesen sei). In der Literatur wird sogar der Stand punkt vertreten, dass - mit Ausnahme der wesentlichen Leistungs änderung - kein wichtiger Grund angenommen werden könne, wel cher den Verfahrensabbruch rechtfertigen würde, wenn dieser durch die Vergabestelle selbst verschuldet bzw. herbeigeführt wurde (PETER GALLI/ANDRÉ MOSER/ELISABETH LANG/MARC STEINER, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. Auflage, Zürich/ Basel/Genf 2013, Rz. 821). Dieser Rechtsauffassung vermag sich das Verwaltungsgericht nicht anzuschliessen. In einem erst kürzlich gefällten Entscheid (vgl. VGE III/157 vom 15. Dezember 2015 [WBE.2015.342], S. 9 f.) hielt das Verwaltungsgericht fest, § 22 Abs. 2 SubmD mache das Vorliegen von wichtigen Gründen, die einen Abbruch rechtfertigten, nicht davon abhängig, ob die Vergabe stelle diese unter Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten selber schuld haft herbeigeführt habe ob der Abbruchgrund für sie erkenn und damit voraussehbar gewesen sei. In diesem Sinne haben auch das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht festgestellt, dass Unsorgfalt seitens der Vergabestelle bei der Beurteilung der Frage, ob ein öffentliches Interesse in der Form eines wichtigen Ab bruchgrundes vorliege, keine Rolle spielen dürfe (vgl. Zwischenver fügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Januar 2008 [B 6136/2007 und B-6137/2007], Erw. 9; BGE 134 II 199; siehe er wähnter VGE III/157 vom 15. Dezember 2015 [WBE.2015.342], S. 10; vgl. auch TRÜEB, a.a.O., S. 1052, Rz. 25.120; STEFAN SUTER,
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Der Abbruch des Vergabeverfahrens, Basler Studien zur Rechts wissenschaft, Band 80, Basel 2010, Rz. 185 ff.; MARTIN BEYELER, Überlegungen zum Abbruch von Vergabeverfahren, in: AJP 2005, S. 791, Rz. 38; MARTIN BEYELER, Öffentliche Beschaffung, Verga- berecht und Schadenersatz, Ein Beitrag zur Dogmatik der Marktteil nahme des Gemeinwesens, Zürich/Basel/Genf 2004, Rz. 559, Fn. 1262). Der Abbruch des Vergabeverfahrens stellt regelmässig ein zulässiges Mittel zur Korrektur von Fehlern (z.B. Planungsfehler, rechtliche Fehler) auf Seiten der Vergabestelle dar, wenn eine ordnungsgemässe und vergaberechtskonforme Beschaffung nicht (mehr) möglich erscheint. Es dient damit der (Wieder-)Herstellung des rechtmässigen Zustandes. Ein auf sachlichen Gründen beruhen der, nicht missbräuchlicher Abbruch kann nicht deswegen rechts widrig sein, weil das abgebrochene Verfahren an sich überhaupt nicht zumindest nicht in der konkreten Form hätte stattfinden sollen (vgl. SUTER, a.a.O., Rz. 184, 190). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen ist es für die Rechtmässigkeit des vorliegend verfügten Abbruchs somit irrelevant, ob die Vergabestelle durch die angebliche Unsorgfalt bei der Vorbereitung der Ausschreibung (Nichtrealisierbarkeit des verlangten Raumbedarfs von 893 m2, feh lende Abklärung der Machbarkeit des Raumprogramms hinsichtlich Kosten und denkmalpflegerischen Anforderungen), der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen (unklare Verfahrensregeln, unzulässi ger Folgeauftrag) und bei der Durchführung des Verfahrens (mehr malige grundlegende Änderung der Rahmenbedingungen) die Grün de für den Abbruch selber verursacht hat bzw. zumindest hätte vor hersehen können. Ob die Vergabestelle mit ihrem Vorgehen allenfalls ihre vorver traglichen Treuepflichten gegenüber den Teilnehmern des Studien auftrags verletzt hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Be schwerdeverfahrens, in dem allein die Rechtmässigkeit des Verfah rensabbruchs im Hinblick auf die diesbezüglich einschlägigen be schaffungsrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen ist. Schuldhaftes Verhalten der Vergabestelle vor dem Abbruch liesse sich allenfalls über die Haftung aus culpa in contrahendo erfassen (TRÜEB, a.a.O., S. 1052, Rz. 25.122; BEYELER, Öffentliche Beschaffung, a.a.O.,
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Rz. 666); solche Ansprüche wären auf dem Zivilweg geltend zu ma chen. 3. Zusammenfassend erweist sich der vom Gemeinderat C. ver fügte Abbruch des Submissionsverfahrens als durch einen wichtigen Grund im Sinne von § 22 Abs. 2 SubmD gerechtfertigt und damit als rechtmässig. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der die Fest stellung der Widerrechtlichkeit des Verfahrensabbruchs verlangt wird, ist demzufolge abzuweisen.
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