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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2015 18)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2015 18: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführerin kämpfte vor dem Verwaltungsgericht um den Ausbildungsabzug für ihre Tochter, die ihre Erstausbildung abgeschlossen und dann eine Zweitausbildung begonnen hatte. Das Gericht entschied, dass kein Anspruch auf den Kinderabzug bestand, da die Zweitausbildung keinen direkten Zusammenhang zur Erstausbildung hatte und die Tochter während eines Sprachaufenthalts nicht in Ausbildung war. Die Beschwerdeführerin erhielt jedoch den Unterstützungsabzug, da sie überwiegend für den Unterhalt ihrer Tochter aufkam.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 18

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2015 18
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2015 18 vom 22.09.2015 (AG)
Datum:22.09.2015
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2015 Kantonale Steuern Migrationsrecht 123 18 § 42 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 StG Ausbildungsabzug bei Ausbildungsunterbruch...
Schlagwörter: Ausbil; Ausbildung; Kinder; Zweitausbil; Zweitausbildung; Kinderab; Kinderabzug; Tochter; Unterhalt; Kommentar; Erstaus; Eltern; Stichtag; Ausbildungs; ESCHBACH; Erstausbildung; Berufs; Sprachau; Voraussetzung; Ausbildungsunterbruch; Sprachaufenthalt; Gewährung; Kinderabzuges; Verwaltungsgericht; Kindes; Gründen; Steuerperiode; Voraussetzungen
Rechtsnorm: Art. 277 ZGB ;
Referenz BGE:118 II 97;
Kommentar:
-, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 2013

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2015 18

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18 § 42 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 StG Ausbildungsabzug bei Ausbildungsunterbruch (Tochter schloss Erstaus- bildung im August 2012 ab, absolvierte Sprachaufenthalt in den USA, be- gann Zweitausbildung im folgenden Sommer); für 2012 kein Ausbil- dungsabzug Urteil des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 22. September 2015, i.S. X. gegen KStA (WBE.2014.423). Aus den Erwägungen 1. 1.1. Für jedes volljährige Kind in Ausbildung, für dessen Unterhalt die Steuerpflichtigen zur Hauptsache aufkommen, werden gemäss § 42 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 StG bei der Steuerberechnung vom Reinein kommen Fr. 9'500.00 abgezogen. Die steuerpflichtige Person kommt für ein Kind dann zur Hauptsache auf, wenn sie mehr als die Hälfte des Unterhaltes bestreitet (§ 27 StGV). 1.2. Die Gewährung des Kinderabzuges als Sozialabzug, die Ausge staltung als Steuerfreibetrag, gleicht auf schematische Weise die durch Kinder erhöhten Lebenshaltungskosten bzw. die dadurch redu zierte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern aus (DANIEL AESCHBACH, in: MARIANNE KLÖTI-WEBER/DAVE SIEGRIST/DIETER WEBER, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz [Kommentar StG], 4. Auflage, Muri-Bern 2015, § 42 N 13). Der Kinderabzug knüpft an
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das Zivilrecht, an die Wirkungen des Kindesverhältnisses gemäss ZGB an (AESCHBACH, Kommentar StG, § 42 N 24). 1.3. Nach Art. 277 Abs. 1 ZGB dauert die Unterhaltspflicht der El tern bis zur Mündigkeit des Kindes. Hat es dann noch keine ange messene Ausbildung, so haben die Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden darf, bis zum ordentlichen Abschluss der entsprechenden Ausbildung für seinen Unterhalt weiterhin aufzukommen (Art. 277 Abs. 2 ZGB). Als Ausbildung gilt die unmittelbare mittelbare systematische berufliche Ausbil dung, wie Anlehre, Berufslehre, Mittel- und Hochschule, ein allfällig notwendiges Praktikum ein notwendiger Kurs. Eine Anstellung zur Ausbildung kann nur dann als berufliche Ausbildung anerkannt werden, wenn ein Lehrvertrag abgeschlossen worden ist. Der Besuch einer Schule gilt in der Regel nur dann als Ausbildung, wenn er min destens halbtags stattfindet und sich ohne Unterbruch auf wenigstens ein halbes Jahr erstreckt (vgl. FELIX RICHNER/WALTER FREI/STEFAN KAUFMANN/HANS ULRICH MEUTER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl., Zürich 2013, § 34 N 33). Die Ausbildung ist grundsätzlich dann abgeschlossen, wenn sie die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit ermöglicht und das Kind einen angemessenen Lebensunterhalt zu verdienen in der Lage ist (AESCHBACH, Kommentar StG, § 42 N 26 mit Hinweisen; PETER LOCHER, in: Kommentar zum DBG, Basel 2001, Art. 35 N 32). Unter Art. 277 Abs. 2 ZGB fällt grundsätzlich nur der Abschluss der beruflichen Erstausbildung, auch wenn eine Zweitausbildung, Weiterbildung und Zusatzausbildung als nützlich angesehen werden können (BGE 118 II 97). 1.4. Die steuerliche Berücksichtigung einer Zweitausbildung wird von Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach der einen Auffassung entfällt der Kinderabzug, wenn seitens der Eltern keine gesetzliche Unterhaltspflicht mehr besteht (StE 2002 BE/DBG B 29.3 Nr. 19). Insoweit die angemessene Ausbildung nach Art. 277 Abs. 2 ZGB auch eine Zweitausbildung umfasst - sie erweitert die Grundausbildung, vertieft sie setzt sie zwingend alternativ
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voraus -, ist auch die steuerliche Berücksichtigung über den Kin derabzug gewährleistet (StE 2001 ZH B 29.3 Nr. 17; vgl. auch RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., § 34 N 33). Das Ver- waltungsgericht des Kantons Luzern hat auch bei fehlender Ver pflichtung der Eltern auf die Gewährung eines Kinderabzuges bei einer Zweitausbildung erkannt, sofern es sich dabei nur nicht um eine blosse Weiterbildung, sondern um die Erlernung eines neuen Berufs handelt (StE 1995 LU B 29.3 Nr. 13). Gemäss den Weisungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung bleibt der Kinderabzug bei Aufnahme einer Zweitausbildung dann möglich, wenn sachliche Gründe dafür sprechen, um danach eine angemessene berufliche Tätigkeit auszuüben (Kreisschreiben Nr. 30 vom 21. Dezember 2010, Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], S. 20). Das Vorliegen von sachlichen Gründen bzw. einer angemessenen Ausbildung beurteilt sich nach den Neigungen und Fähigkeiten des Kindes, den Verhältnissen der Eltern, allfälligen Absprachen, aber auch nach den Verhältnissen am Arbeitsmarkt (vgl. IVO P. BAUMGARTNER, in: MARTIN ZWEIFEL/ PETER ATHANAS, Kommentar zum DBG, 2. Auflage 2008, Art. 35 N 8, insbes. N 8a und c). Nach der Praxis des KStA schliesslich, die sich auf die Rechtsprechung der Vorinstanz stützt, berechtigt grundsätzlich auch die Zweitausbildung zum Kinderabzug (RGE vom 20. Dezember 2012, 3-RV.2012.113, mit Hinweisen). Der steuerrechtliche Abzug knüpfe weniger an die familienrechtliche Unterhaltsverpflichtung, als an die eingeschränkte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Leistenden an (DANIEL AESCHBACH, Kom- mentar StG, § 42 N 26a mit Hinweisen). 1.5. Die Berechtigung zum Kinderabzug beurteilt sich nach den Ver hältnissen am Stichtag, am Ende der Steuerperiode, nicht jedoch nach denjenigen während der Steuerperiode. Wurde die Berufsausbil dung noch vor Ablauf der Steuerperiode abgeschlossen, besteht am Stichtag kein Anspruch mehr auf den Kinderabzug, auch wenn alle übrigen Voraussetzungen während der Periode erfüllt gewesen sind, insbesondere der Leistende überwiegend gar ausschliesslich für den Unterhalt des Auszubildenden aufgekommen ist. Sind aber am
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Stichtag die Voraussetzungen (noch) erfüllt, besteht Anspruch auf den vollen Kinderabzug, unabhängig von der effektiven Dauer der Ausbildung und der Höhe der Auslagen. Findet ein Ausbildungs unterbruch statt, schadet es nicht, wenn er bloss vorübergehend ist und aus objektiven Gründen erfolgt, wie Krankheit Militär dienst (PETER LOCHER, a.a.O., Art. 36 N 34). Ist der Unterbruch dagegen subjektiv bedingt, in der Person des Auszubildenden be gründet, schliesst dies die Gewährung des Kinderabzuges regelmäs sig aus. Stattdessen können die Voraussetzungen des Unterstüt zungsabzuges im Sinne von § 42 Abs. 1 lit. b StG erfüllt sein. 1.6. Die Gewährung des Kinderabzuges hängt letztlich auch davon ab, dass der Leistende für den Unterhalt des Kindes in überwiegen dem Mass, zu mehr als der Hälfte aufkommt (§ 27 StGV). Erzielt ein volljähriges Kind eigene Einkünfte, so muss der Beitrag der Eltern selbige übersteigen (DANIEL AESCHBACH, Kommentar StG, § 42 N 28). Massgebend sind diesbezüglich die Verhältnisse in der ganzen Steuerperiode und nicht alleine jene am Stichtag. 2. 2.1. Die Tochter der Beschwerdeführerin hat unstreitig ihre berufli che Erstausbildung als Fotofachfrau, welche ihr die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit ermöglichte, am 9. August 2012 abgeschlossen. Dem Eintritt ins Berufsleben zog sie aber zunächst einen knapp drei monatigen Sprachaufenthalt in den USA vor. Am 22. Juli 2013 be gann sie mit der Lehre als Kauffrau im E-Profil, einer dreijährigen beruflichen Grundausbildung, welche mit einem eidgenössischen Fä higkeitszeugnis abschliesst und den Einstieg in eine höhere Berufs bildung ermöglicht, eine Zweitausbildung. Erst- und Zweitausbil dung stehen in keinem sachlichen Zusammenhang, die zweite Ausbildung ist weder notwendige noch logische Folge der Erstaus bildung. Ebenso wenig besteht ein notwendiger zwingender Zusammenhang des Sprachaufenthalts zur einen anderen Be rufslehre. 2.2. 2.2.1.
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Am Stichtag war die Tochter der Beschwerdeführerin an keiner Lehrstätte eingeschrieben. Nach den Behauptungen der Beschwerde führerin will sich ihre Tochter jedoch der Sprachnachbereitung gewidmet haben. Zu entscheiden ist damit die Frage, ob sich ihre Tochter - noch bzw. bereits wieder - in Ausbildung bzw. in einem objektiv bedingten Ausbildungsunterbruch befunden hat und demge mäss (weiterhin) Anspruch auf einen Kinderabzug bestand, sofern bei einer Zweitausbildung ein solcher zu gewähren ist (zur Kontro verse vgl. vorne Erw. 1.5). 2.2.2. Festzuhalten ist zunächst, dass die Tochter der Beschwerde führerin ihre Erstausbildung, welche ihr den Einstieg ins Erwerbsle ben ermöglichte, im August 2012 abgeschlossen hatte. Der Erstausbildung folgte der Beginn der Zweitausbildung nicht unmit telbar. Die Beschwerdeführerin begründet dies damit, dass der Be ginn der Zweitlehre wegen zeitlicher Überschneidung nicht im direk ten Anschluss an die Erstlehre möglich gewesen sei. Dass ihre Toch ter aber bereits im Sommer 2012 zur Zweitausbildung als Kauffrau entschlossen gewesen war und sich, wenn auch vergeblich, um eine Sonderregelung bemüht hatte, wird weder belegt, noch auch nur gel tend gemacht. Zur Unterzeichnung des Lehrvertrages kam es am 12. April 2013. 2.2.3. Im dreimonatigen Sprachaufenthalt ist keine systematische Fortsetzung der Erstausbildung und auch keine planmässige Vorbe reitung der Zweitausbildung zu erblicken. Daran ändert auch die behauptete Sprachnachbereitung nach der Rückkehr in die Schweiz nichts, welche der prophylaktischen Vorbereitung der Prüfungs wiederholung gedient haben soll für den Fall, dass das in den USA absolvierte Examen misslungen wäre. Zudem war der Sprachau fenthalt weder eine notwendige Voraussetzung für die Zweitlehre noch eine notwendige Ergänzung der Erstlehre. Damit fehlt es auch an objektiven Gründen für den Ausbildungsunterbruch; dieser erfolgte vielmehr aus subjektiven Gründen. 2.2.4.
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In der Anmeldung zum Bezug von Arbeitslosengeldern und der Erzielung eines Zwischenverdienstes kommt zum Ausdruck, dass die Tochter der Beschwerdeführerin zur Erzielung eines Erwerbseinkom mens willens und entschlossen war. Damit hat sie die Ausbildung einstweilen - zurückgestellt. 2.2.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass in der Phase zwischen dem Abschluss der Erst- und dem Beginn der Zweitausbildung von kei nem objektiv bedingten Ausbildungsunterbruch gesprochen werden kann. Die Gründe waren subjektiver Natur, sie dienten der berufli chen Neuorientierung der Tochter. Eine Berechtigung zum Kinderab zug nach § 42 Abs. 1 lit. a StG per Stichtag 31. Dezember 2012 be steht danach nicht. Damit fehlt es auch an den Voraussetzungen für die Anwendung des Tarifs B gemäss § 43 Abs. 2 StG. 2.3. Aufgrund des belegmässigen Nachweises erhellt, dass die Be schwerdeführerin für ihre Tochter überwiegend aufgekommen ist. Dies führt dazu, dass ihr zu Recht der Unterstützungsabzug gemäss § 42 Abs. 2 StG zugebilligt worden ist.
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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