18 Ausschaffungshaft; Haftverlängerung; Vollzugsperspektiven; Anordnung einer Durchsetzungshaft Dauert die Beschaffung von Ersatzreisepapieren für algerische und tunesische Staatsangehörige länger als sechs Monate, ist grundsätzlich nicht mehr davon auszugehen, dass ohne Mitwirkung des Betroffenen die Reisepapiere innert der maximal zulässigen Haftdauer erhältlich gemacht werden können. In derart gelagerten Fällen ist eine weitere Verlängerung der Ausschaffungshaft unzulässig, weshalb die Anordnung einer Durch- setzungshaft zu prüfen ist (Erw. 6.).
Aus dem Entscheid des Einzelrichters des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 29. September 2014 in Sachen Amt für Migration und Integration gegen A. (WPR.2014.156). Aus den Erwägungen
6.
Mit Blick auf die Frage, ob Anzeichen vorhanden sind, die an
der Ausschaffungsmöglichkeit in tatsächlicher rechtlicher Hin-
sicht Zweifel aufkommen lassen würden, ist Folgendes anzumerken.
Bislang führte das Verwaltungsgericht aus, der Umstand, dass
ein Betroffener nach über sechs Monaten noch immer über keine
Reisepapiere verfüge, bedeute nicht, dass von einer fehlenden Voll-
zugsperspektive ausgegangen werden müsse. Solange die algerischen
Behörden nicht mitteilen würden, die algerische Staatsangehörigkeit
könne nicht bestätigt werden bzw. solange nicht aus anderen Grün-
den auf eine fehlende Vollzugsperspektive geschlossen werden
müsse, sei weiterhin davon auszugehen, dass der Betroffene in
absehbarer Zeit, d. h. innert der maximal zulässigen Haftdauer, nach
Algerien ausgeschafft werden könne.
Mit Blick auf die neuste bundesgerichtliche Rechtsprechung
(vgl. Urteil vom 29. September 2014 [2C_787/2014]) ist bezüglich
Algerien und Tunesien an dieser Auffassung nicht länger festzuhal-
ten. Im zitierten Entscheid hielt das Bundesgericht fest, es liege mit
Bezug auf die Haftdauer und die Wahrscheinlichkeit einer erfolgrei-
chen Papierbeschaffung hinsichtlich der Haftdauer ein Verstoss ge-
gen das Übermassverbot vor. Mit anderen Worten erachtet das Bun-
desgericht in Fällen, in denen sich die Papierbeschaffung lange hin-
zieht, eine längere Inhaftierung für unverhältnismässig.
Für die Anordnung und Verlängerung von Ausschaffungshaft
von tunesischen und algerischen Staatsangehörigen bedeutet dies
Folgendes: Wurde eine Identifizierungsanfrage wie im vorliegenden
Fall bereits mehr als zwei Monate vor der Inhaftierung übermittelt
und wurde die Heimatvertretung nach der Inhaftierung über die Aus-
schaffungshaft und das ausstehende Laissez-passer orientiert, ist
nach Ablauf von weiteren rund drei Monaten davon auszugehen, dass
die Identifizierung mit den bestehenden Angaben des Betroffenen
nicht erfolgen kann und deshalb keine Vollzugsperspektive mehr be-
steht. Eine weitere Verlängerung der Ausschaffungshaft ist in derart
gelagerten Fällen unzulässig. Gleiches gilt, wenn die Identifizie-
rungsanfrage nach Inhaftierung eines Betroffenen übermittelt und
das ausstehende Laissez-passer nach drei Monaten moniert wird. In
diesen Fällen ist fünf bis sechs Monate nach der ersten Anfrage da-
von auszugehen, dass mit den bestehenden Angaben des Betroffenen
keine Identifizierungsmöglichkeit besteht. Den zuständigen Behör-
den bleibt es diesfalls überlassen, die Anordnung einer Durch-
setzungshaft zu prüfen, bzw. im Zweifelsfall neben der Verlängerung
der Ausschaffungshaft eventualiter eine Durchsetzungshaft anzuord-
nen.
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