2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 345
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63 Grünabfuhr - Eine gewisse Schematisierung der Abfallgebühren ist zulässig. Aus Praktikabilitätsgründen und um eine umweltschonende Entsorgung zu erleichtern, darf die Gemeinde die Grünabfuhrgebühr in Form einer Jahrespauschale (Jahresvignette) erheben.
Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt vom 13. Juli 2012 (BVURA. 11.742)
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Aus den Erwägungen
2. Zulässigkeit der Erhebung einer Jahrespauschale für Grünab fuhr a) Bundesrechtliche Vorgaben Der Beschwerdeführer hat für die Entsorgung der Grünabfuhr anfangs August 2011 eine Jahresvignette für einen 240-Liter-Solo container bezogen und dafür den Jahrespreis von Fr. 270.- bezahlt. Er meint, dass die Stadt für nicht erbrachte Leistungen keine Gebühr erheben dürfe, und verlangt eine Reduktion der Gebühr pro rata tem poris um 7/12. Das Gemeinwesen ist für die umweltgerechte Entsorgung der Siedlungsabfälle verantwortlich. Die Kosten dafür sind in Form von Gebühren und anderen Abgaben den Verursachenden zu überbinden. Eine Finanzierung über Steuern hingegen ist bundesrechtlich unzu lässig (Art. 32a Abs. 1 USG, § 2 Abs. 1 und 2 EG UWR i. V. m. § 2 Abs. 1 V EG UWR; Pra 2012, S. 251 f.). Vom Grundsatz der Überwälzung der gesamten Abfallentsor gungskosten an die Verursachenden darf das Gemeinwesen abwei chen, wenn eine volle Kostenanlastung die umweltverträgliche Ent sorgung der Siedlungsabfälle gefährden würde, so zum Beispiel wenn zu hohe Gebühren einen falschen Anreiz für die Verwertung der Abfälle schaffen und Siedlungsabfälle auf verbotene Art entfernt würden (Art. 32a Abs. 2 USG; Pra a.a.O.). Art. 32a USG ist eine blosse Rahmenbestimmung, die lediglich allgemeine Grundsätze für die Finanzierung der Abfallsammlung und der Abfallentsorgungsanlagen aufstellt. Die Gebühren müssen entsprechend dem Wortlaut und dem Zweck von Art. 32a USG einerseits in Abhängigkeit der Abfallmenge bestimmt werden, ander seits eine Lenkungsfunktion haben, die darin besteht, ein finanzielles Interesse an einer Reduktion der Umweltbelastung und der Ent lastung der Behandlungsanlagen zu schaffen. Gebühren, die eine umweltverträgliche Entsorgung der Siedlungsabfälle gefährden wür den, sind verboten. Im Übrigen aber belässt das Bundesrecht dem Gemeinwesen eine grosse Freiheit bei der Ausgestaltung der Gebüh ren. So hat das Bundesgericht präzisiert, dass Art. 32a USG nicht
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verlangt, dass die Kosten ausschliesslich proportional zur zu entsor genden Abfallmenge aufgeteilt werden müssen, dass aber die Gebühr entsprechend dem objektiven Wert der Leistung und dem Vorteil, der der beitragspflichtigen Person daraus erwächst, zu gestalten ist. Eine gewisse Schematisierung ist durchaus zulässig. Auch darf das Ge meinwesen zusätzlich zur mengenabhängigen Gebühr eine Grundge bühr ("Bereitstellungsgebühr") verlangen, um die Finanzierung der Abfallverwertungsanlage sicherzustellen, welche unabhängig von der tatsächlichen Nutzung aufrechterhalten werden muss (Pra a.a.O. S. 257). b) Beurteilung Die Stadt erhebt für die Grünabfuhr Gebühren in Form von Jah resvignetten Sperrgutmarken. Die Abfallverursachenden haben die Möglichkeit, für verschiedene Grössen von Gebinden Jahres vignetten zu kaufen; beanspruchen sie die Grünabfuhr nur gelegent lich, können sie Holz, Äste und dergleichen in Bündeln zu 25 kg mit einer Sperrgutmarke entsorgen. Herbstlaub kann der Grünabfuhr unentgeltlich abgegeben werden (§§ 12 und 15 Abs. 4 des Abfall reglements). Der Stadtrat begründet das Entsorgungssystem mit Jahres vignetten damit, dass er das ganze Jahr über die Grünabfuhr anbieten möchte, damit der Kompost möglichst frisch abgegeben werde. Könnten billigere Vignetten für wenige Monate gelöst werden, wür den wohl etliche Personen das Grüngut sammeln und vergorenen Kompost abgeben, der nur noch schlecht brauchbar sei. Hinzu kom me, dass dadurch die Einnahmen zurückgingen und die Aufwendun gen für eine ganzjährig durchzuführende Grünabfuhr nicht mehr gedeckt seien. Der Stadtrat stützt sich dabei ab auf den "Leitfaden für die Er stellung eines Abfallreglements" der Abteilung für Umwelt BVU vom Juli 2009. Der Leitfaden führt aus (S. 17):
"Die Jahrespauschale nach Gebindegrösse (teilweise verursacher-
orientiert):
· für die Leistungen, die eine verursacherorientierte Gebühr verlangen,
dies aber aus unzweifelhaften Gründen (Umweltschutz, Praktikabilität
usw.) nicht sinnvoll ist. Das ist der Fall bei der Grünabfuhr, wenn das
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Grüngut kompostiert wird. Bei der Kompostierung ist es entscheidend,
dass das Grüngut als frisches Material der Kompostierung zugeführt
wird. Dies kann nur mit einer Jahrespauschale gewährleistet werden.
Das Grüngut wird wöchentlich bereitgestellt, abgeholt und als frisches
Material der Kompostierung zugeführt, auch wenn das Gebinde noch
nicht ganz voll ist. Bei einer Volumengebühr einer Gewichtsge-
bühr mit einem Andockbeitrag wird gewartet, bis das Gebinde (Ab-
fallcontainer) voll ist. Um Kosten zu sparen, wird das Grüngut erst
nach einigen Wochen zur Leerung bereitgestellt.
Die Praxis der letzten Jahre zeigte, dass es richtig ist, die Grünabfuhr
über eine Jahrespauschale - abgestimmt auf die Gebindegrösse - zu
finanzieren, sofern das Grüngut kompostiert wird. Dies insbesondere
zur Vermeidung von Geruchsproblemen. Wenn Grüngut in einer Ver-
gäranlage (z.B. Kompogasanlage) vergärt wird, ist eine Jahrespau-
schale nicht zwingend erforderlich." Die Regelung der Gebühr für die Grünabfuhr entspricht diesen Empfehlungen der kantonalen Fachinstanz. Aus Gründen einer um weltschonenden Entsorgung und um die administrativen Kosten tief zu halten, ist die von der Stadt gewählte Pauschalisierung der Jahres gebühr nicht zu beanstanden. Sie erweist sich als bundesrechtskon form. 3. Rechtsgleiche Behandlung Der Stadtrat erlaubt Personen, die neu zuziehen innerhalb der Stadt den Wohnsitz wechseln und am neuen Domizil die Grünab fuhr in Anspruch nehmen, im Jahre des Zuzugs des Wohnungs wechsels die Jahresvignette für die Grünabfuhr zu einem reduzierten Preis zu beziehen (und zwar pro rata temporis ab Datum des Woh nungsbezugs; Beschluss des Stadtrats vom 6. Mai 1996). Der Be schwerdeführer macht geltend, dass er als Erstbezüger der Jahres vignette gleich zu behandeln sei wie jene. Das Gebot rechtsgleicher Behandlung ist in der Bundesverfas sung enthalten (Art. 8 Abs. 1 BV). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verletzt ein Erlass ein Entscheid Art. 8 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, Unterscheidungen unterlässt, die sich auf Grund der Verhältnisse
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aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleich heit gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird (BGE 125 II 326 E. 10b). Wie bereits ausgeführt, will die Jahresvignette verhindern, dass sich Grünabfuhr über längere Zeit anhäuft und nicht laufend der Sammelstelle abgegeben wird. Die Pauschalisierung vereinfacht überdies den administrativen Aufwand. Bei Personen, die neu zuzie hen umziehen, ist diese Gefahr des Anhäufens nicht gegeben. Auch sind die Personen, die davon profitieren, registriert, so dass sich der administrative Aufwand kaum erhöht. Für den Beschwerde führer trifft dies alles nicht zu. Er beruft sich zu Unrecht auf rechts gleiche Behandlung.
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