E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2012 61)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2012 61: Verwaltungsgericht

Im Text geht es um ein Bauvorhaben, das im vereinfachten Verfahren beurteilt wird und bei dem der Gemeinderat die Anstösser informieren muss. Es wird diskutiert, ob die direkten Anstösser die Baupläne unterschreiben müssen und ob dies gesetzeswidrig ist. Der Anzeigesteller fordert eine eindeutige Definition des Begriffs `direkte Anstösser` und argumentiert, dass Nachbarn, die nicht unmittelbar an die Bauparzelle angrenzen, ebenfalls einwendungsberechtigt sein sollten. Es wird betont, dass die Gemeinde im Einzelfall entscheiden muss, welche Grundeigentümer anzuschreiben sind. Der Gemeinderat wird kritisiert, da er sein Ermessen verletzt und die Unterschrift aller direkten Anstösser verlangt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2012 61

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2012 61
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsbehörden
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2012 61 vom 11.07.2012 (AG)
Datum:11.07.2012
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 341 [...] 61 Vereinfachtes Verfahren (§ 61 BauG); Anstösser...
Schlagwörter: össer; Anstösser; Gemeinde; Gemeinderat; Bauvor; Verfahren; Bauvorhaben; Parzelle; Parzellen; Mittei; Anstösser; Unterschrift; Mitteilung; Bauge; Bauparzelle; Grundeigen; Umwelt; Auflage; Anzeigesteller; Einholen; Bauherrschaft; Bauprojekt; Verfahrens; Vorgehens; Publi
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2012 61

2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 341

[...]

61 Vereinfachtes Verfahren (§ 61 BauG); Anstösser - Wird ein Bauvorhaben im vereinfachten Verfahren beurteilt, muss der Gemeinderat die einwendungsberechtigten Anstösser vorgängig informieren, es sei denn, diese haben dem Bauvorhaben zugestimmt. - Definition des Begriffs "direkte Anstösser"
Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt vom 11. Juli 2012 (BVURA.12.185)

Aus den Erwägungen
7. Gemäss § 61 BauG (in der Fassung mit Gültigkeit bis 31. Au gust 2012) kann der Gemeinderat Bauvorhaben, die weder nachbar liche noch öffentliche Interessen berühren, nach schriftlicher Mittei lung an direkte Anstösser ohne Auflage, Veröffentlichung und Profi lierung bewilligen. Aus dem eindeutigen Wortlaut ergibt sich klar, dass der Gemeinderat die Anstösser benachrichtigen muss. Der Anzeigesteller kritisiert, dass der Gemeinderat im umstrit tenen Beschluss in Ziffer 2 zwingend verlangt, dass die direkten An stösser die Baupläne unterschreiben müssen. Er macht geltend, es sei gesetzeswidrig, wenn sich der Gemeinderat weigere, die direkten Anstösser zu benachrichtigen und das Einholen der Unterschriften der Bauherrschaft überbinde. Der Gemeinderat argumentiert, es dürfe nicht sein, dass die Gemeinde die Anstösser informiere, ihnen das Bauvorhaben erläu tere, die 30-tägige Frist für allfällige Einwendungen abwarte und die Bauherrschaft die Publikation einsparen könne. Die Vorgehensweise
2012 Verwaltungsbehörden 342

mit dem Einholen der Unterschrift werde im Handbuch zum Bau und Nutzungsrecht (BNR) ausdrücklich erwähnt. Es trifft zwar zu, dass diese Vorgehensweise im BNR erwähnt wird. Jedoch wird das Einholen der Unterschriften richtigerweise le diglich als freiwillige Alternative für die Bauherrschaft beschrieben. In der aktuellen 3. Auflage steht in Rz. 506 und 507, S. 121 ff.:
"Der Gemeinderat kann ein vereinfachtes Verfahren durchführen,
wenn das Bauvorhaben von geringer Bedeutung ist und höchstens die di-
rekten Anstösser vom Vorhaben betroffen sind. In diesem Verfahren kann er
das Bauprojekt nach schriftlicher Mitteilung an die direkten Anstösser ohne
Auflage, Veröffentlichung und Profilierung bewilligen. (...) Die schriftliche
Mitteilung an die direkten Anstösser schliesst die 30-tägige Einwendungs-
frist nicht aus. Bauwillige können jedoch diese Frist sparen, indem sie die
Zustimmung der Anstösser direkt auf dem Baugesuch unterschriftlich be-
stätigen lassen." Obwohl es sich bei § 61 BauG um eine Kann-Vorschrift han delt, muss sie der Gemeinderat - wie bereits erwähnt - pflichtgemäss anwenden. Es ist ihm somit nicht erlaubt, für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens zwingend die Unterschrift aller direkten Anstösser zu verlangen anstelle des im Gesetz vorgeschriebenen Vorgehens der schriftlichen Mitteilung. Mit der vom Gemeinderat beschlossenen Handhabung des vereinfachten Verfahrens verletzt er sein Ermessen. ... Die sinngemässe Argumentation des Gemeinderats, er habe die ganze Arbeit (durch die Mitteilung), während sich der Bauge suchsteller die Publikationskosten spare, ist unbehelflich. Die Publi kationskosten sind als durchlaufende Kosten (Auslagen, die weiter belastet werden) ohne Einfluss auf die Kosten der Gemeinde. Es steht der Gemeinde frei, ein Gebührenreglement zu beschliessen, das auch im vereinfachten Verfahren angemessene Gebühren unter Wah rung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips vorsieht. ... 8. Der Anzeigesteller verlangt in seinem Antrag 2, dass der Begriff "direkte Anstösser" in § 61 BauG eindeutig definiert wird. Der Be griff sei nirgends definiert. Der Anzeigesteller befürchtet, dass Nachbarn, die an und für sich einwendungsberechtigt wären, vom
2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 343

Verfahren ausgeschlossen werden, weil ihre Liegenschaft nicht un mittelbar angrenzend ist, sondern durch beispielsweise eine Quartier strasse einen Fussweg von der Bauparzelle getrennt ist. ... Beim Begriff "direkter Anstösser" gemäss § 61 BauG handelt es sich um einen kantonal abschliessend bestimmten Begriff, der ein heitlich auszulegen ist. Jedoch dürfen die konkreten Umstände des Einzelfalls nicht ausser Acht gelassen werden. ... Direkte Anstösser sind zweifellos vorab diejenigen, deren Par zelle direkt an die Bauparzelle angrenzt (vgl. auch § 54 Abs. 2 BauV). Die beiden Parzellen müssen sich wenigstens an einem Punkt berühren. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass ein Grundeigen tümer von einem Bauvorhaben auch dann betroffen sein kann, wenn seine Parzelle nicht unmittelbar an die Nachbarparzelle grenzt, etwa dann, wenn die zwei Parzellen lediglich durch einen schmalen Zu fahrtsweg einen Fussweg voneinander getrennt sind. In diesem Fall wären wohl diejenigen Grundeigentümer über das Bauvorhaben zu informieren, deren Parzellen unmittelbar gegenüber dem Bauvor haben auf der anderen Seite des Wegs liegen (vgl. auch § 95 Abs. 2 BauG). Es ist Sache des Gemeinderats, im konkreten Einzelfall zu entscheiden, welche Grundeigentümer anzuschreiben sind wel che das Bauprojekt unterschreiben müssen. Grundsätzlich gilt: Je mehr direkte Anstösser bei einem Bauvorhaben im Hinblick auf die Durchführung des vereinfachten Verfahrens anzuschreiben wären und je eher auch ein durch einen Weg von der Bauparzelle getrennter Grundeigentümer betroffen sein könnte, desto eher fragt es sich, ob für das betreffende Bauprojekt nicht das ordentlichen Baubewilli gungsverfahren durchzuführen wäre. Im Zweifel ist das ordentliche Verfahren zu wählen. Insofern kann in der vorliegenden Beantwor tung der Aufsichtsanzeige offenbleiben, ob generell auch ein Grund eigentümer, dessen Grundstück durch einen Weg von der Bauparzelle getrennt ist, noch direkter Anstösser ist nicht, und wenn ja, wie breit der Weg höchstens sein darf. Die Materialien äussern sich zu dieser Frage nicht. Den Wortlaut "direkte Anstösser" verwendete schon das alte Baugesetz in § 153 ("geringfügige Bauvorhaben"). Der Kreis der Anstösser wurde damals bewusst auf die Eigentümer
2012 Verwaltungsbehörden 344

und Besitzer der direkt an das Baugrundstück stossenden, also nicht sämtlicher benachbarter Parzellen, beschränkt; damit wurde der nor male Anstösser- und Nachbarbegriff bewusst räumlich eingeschränkt (ERICH ZIMMERLIN, Baugesetz des Kantons Aargau, 2. Aufl., Aarau 1985, N 1 zu § 153). Umgekehrt gibt es auch konkrete Situationen, in denen der Kreis der direkten Anstösser einzuschränken ist, obwohl alle unmit telbar angrenzende Parzellen haben: Das Verhältnismässigkeitsprin zip gebietet, dass nur anzuschreiben ist, wer überhaupt legitimiert sein kann. ... Dies kann beispielsweise bei sehr grossen Parzellen fraglich sein, wenn ein Bauvorhaben zwar auf der Nachbarparzelle verwirklicht wird, diese aber so gross ist, dass die Nachbarn durch die baulichen Massnahmen in ihrem Eigentum nicht beeinträchtigt werden. Ebenso kann dies fraglich sein, wenn es um ein kleines, emissionsloses Vorhaben geht, das unmittelbar auf der Rückseite ei nes grösseren Gebäudes geplant ist. In diesen Fällen wäre ein Nach bar auf der Vorderseite nicht als direkter Anstösser im Sinn von § 61 BauG anzusehen.


Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.