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Urteil Obergericht, Abteilung Zivilgericht (AG - AGVE 2011 17)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2011 17: Obergericht, Abteilung Zivilgericht

Der Beschuldigte hat die Frist zur Begründung seiner Berufung verpasst, aber die amtliche Verteidigerin hat ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist gestellt. Die Verteidigerin konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass sie kein Verschulden trifft, da sie die Berufungsbegründung nicht nachweisen konnte. Da eine unbedingte Freiheitsstrafe auf dem Spiel steht, handelt es sich um einen Fall notwendiger Verteidigung. Das Obergericht hat das Wiederherstellungsgesuch in Übereinstimmung mit der Praxis des Kantons Aargau gutgeheissen und entschieden, dass auf die Berufung einzutreten ist.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2011 17

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2011 17
Instanz:Obergericht, Abteilung Zivilgericht
Abteilung:-
Obergericht, Abteilung Zivilgericht  Entscheid AGVE 2011 17 vom 15.12.2011 (AG)
Datum:15.12.2011
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:17 Art. 94 StPOGrobe Fehler der notwendigen Verteidigung, wie das Versäumen einerFrist, dürfen dem Beschuldigten auch unter der Schweizerischen Strafprozessordnung nicht angerechnet werden, sofern er den Fehler selbstnicht erkannte oder erkennen konnte und eine Schadenersatzleistung füreine Wiedergutmachung...
Schlagwörter: Frist; Beschuldigte; Berufung; Fehler; Verteidigung; Beschuldigten; Wiederherstellung; Verteidigerin; Grobe; Versäumen; Wiedergutmachung; Spiel; Praxis; Kantons; Gesuch; Verschulden; Kontrolle; Berufungsbegründung; Freiheitsstrafe; Obergericht; Strafprozessrecht; Schweizerischen; Schadenersatzleistung; Freiheits-; Prozessordnung; Aargau:; Entscheid
Rechtsnorm: Art. 94 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2011 17

2011 Strafprozessrecht 61

17 Art. 94 StPO
Grobe Fehler der notwendigen Verteidigung, wie das Versäumen einer
Frist, dürfen dem Beschuldigten auch unter der Schweizerischen Straf-
prozessordnung nicht angerechnet werden, sofern er den Fehler selbst
nicht erkannte erkennen konnte und eine Schadenersatzleistung für
eine Wiedergutmachung nicht geeignet ist, da eine unbedingte Freiheits-
strafe auf dem Spiel steht (vgl. zur Praxis zur Strafprozessordnung des
Kantons Aargau: AGVE 1997 Nr. 38 S. 116).

Aus dem Entscheid des Obergerichts, 1. Strafkammer, vom 15. Dezember
2011 i.S. Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach gegen M.M.B. (SST.2011.182).



1.1.
Der Beschuldigte hat die Frist zur Begründung seiner Berufung
verpasst. Mit Eingabe vom 11. November 2011 hat die amtliche Ver-
teidigerin des Beschuldigten jedoch zusammen mit der Berufungs-
begründung ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist gestellt.
Hat eine Partei eine Frist versäumt, so kann sie gemäss Art. 94
StPO die Wiederherstellung der Frist verlangen. Dabei hat sie glaub-
haft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft. Das
Gesuch ist innert 30 Tagen seit Wegfall des Hindernisses zu stellen.
Innert gleicher Frist muss die versäumte Verfahrenshandlung nach-
geholt werden.
Die amtliche Verteidigerin hat ausgeführt, in ihrer internen
Kontrolle den 27. Oktober 2011 eingetragen zu haben. Sie sei davon
überzeugt, dass die Berufungsbegründung versandt worden sei. Sie
könne das aber nicht beweisen, da die Suche nach der Postquittung
erfolglos verlaufen sei.
Bei dieser Sachlage kann die amtliche Verteidigerin zweifellos
nicht glaubhaft machen, dass sie kein Verschulden trifft. Die Einhal-
tung und Kontrolle von Fristen gehört zu den Grundpflichten eines
jeden Anwalts. Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass die Staatsan-
waltschaft eine unbedingte Freiheitsstrafe von 2 Jahren beantragt hat
2011 Obergericht 62

und es sich deshalb um einen Fall notwendiger Verteidigung gemäss
Art. 30 lit. b StPO handelt. Da die amtliche Verteidigerin die Frist zur
Berufungsbegründung grob fahrlässig verpasst hat, der Beschuldigte
dies weder erkennen konnte noch erkennen musste und eine Scha-
denersatzleistung für eine Wiedergutmachung nicht geeignet scheint,
da eine unbedingte Freiheitsstrafe auf dem Spiel steht (siehe zu den
einzelnen Kriterien: RIEDO, in: Basler Kommentar, Strafprozessord-
nung, 2010, N. 57 zu Art. 94 StPO), ist das Wiederherstellungsge-
such in Übereinstimmung mit der bisherigen Praxis zur Strafprozess-
ordnung des Kantons Aargau (siehe z.B. AGVE 1997 Nr. 38 S. 116:
Grobe Fehler der notwendigen Verteidigung, wie das Versäumen
einer Frist, dürfen dem Beschuldigten nicht angerechnet werden)
gutzuheissen. Auf die Berufung ist somit einzutreten.


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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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