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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2010 72)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2010 72: Verwaltungsgericht

Das Rekursgericht im Ausländerrecht entschied, dass eine Person aus der Ausschaffungshaft entlassen werden muss, da die Migrationsbehörden trotz Kenntnis des Entlassungszeitpunkts versäumten, die notwendigen Schritte für die Ausschaffung einzuleiten. Das Beschleunigungsgebot wurde verletzt, und das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten änderte daran nichts. Der Fall betraf das Migrationsamt des Kantons Aargau gegen L.S. in Bezug auf eine Haftüberprüfung. Der Richter entschied zugunsten des Betroffenen und hob die Ausschaffungshaft auf.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2010 72

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2010 72
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht  Entscheid AGVE 2010 72 vom 22.10.2010 (AG)
Datum:22.10.2010
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:72 Ausschaffungshaft; Beschleunigungsgebot.Kann eine Wegweisung auf den Zeitpunkt der Entlassung aus dem Strafvollzug nicht erfolgen, weil es die Migrationsbehörden, trotz klarer migrationsrechtlicher Ausgangslage, während Monaten versäumt haben, diefür die Ausschaffung notwendigen Schritte einzuleiten,...
Schlagwörter: Migration; Ausschaffung; Gesuchsgegner; Migrationsamt; Wegweisung; Entlassung; Vollzug; Ausschaffungshaft; Beschleunigungsgebot; Zeitpunkt; Migrationsbehörden; Ausländerrecht; Auffassung; Ausgangslage; Schritte; Interesse; Verhinderung; Taten; Sicherstellung; Vollzug; Non-Refoulement-Gebot; Migrationsamtes; Gesuchsgegners; ZwangsmassnahmenimAusländerrecht
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:124 II 49;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2010 72

2010 ZwangsmassnahmenimAusländerrecht 343

72 Ausschaffungshaft; Beschleunigungsgebot.
Kann eine Wegweisung auf den Zeitpunkt der Entlassung aus dem Straf-
vollzug nicht erfolgen, weil es die Migrationsbehörden, trotz klarer mi-
grationsrechtlicher Ausgangslage, während Monaten versäumt haben, die
für die Ausschaffung notwendigen Schritte einzuleiten, obschon sie dazu
problemlos in der Lage gewesen wären und obschon sie seit Monaten
Kenntnis des Entlassungszeitpunkts hatten, ist das Beschleunigungsgebot
verletzt und der Betroffene aus der Ausschaffungshaft zu entlassen.
Daran ändert auch das öffentliche Interesse an der Verhinderung von
Straftaten nichts, da die Ausschaffungshaft einzig der Sicherstellung der
Ausschaffung dient (E. II./2.).

Entscheid des Präsidenten des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom
22. Oktober 2010 in Sachen Migrationsamt des Kantons Aargau gegen L.S.
betreffend Haftüberprüfung (1-HA.2010.113).



II. 2. Im vorliegenden Fall befindet sich der Gesuchsgegner seit
längerer Zeit im Strafvollzug. Seit dem 3. September 2008 bzw. seit
dem 10. Mai 2010 war dem Migrationsamt bekannt, dass der Ge-
suchsgegner am 24. Oktober 2010 bedingt aus dem Strafvollzug
entlassen wird. Nachdem das Migrationsamt dem Gesuchsgegner be-
reits am 22. April 2008 mitgeteilt hatte, dass er die Schweiz nach der
Haftentlassung werde verlassen müssen, ist von einer klaren frem-
denpolizeilichen Ausgangslage auszugehen. Bei dieser Sachlage wä-
ren die Migrationsbehörden bereits ab diesem Zeitpunkt in der Lage -
und auch verpflichtet - gewesen, alle notwendigen Vorkehrungen zu
treffen, damit der Gesuchsgegner nach seiner Entlassung aus dem
Strafvollzug umgehend hätte ausgeschafft werden können.
Wie den Akten zu entnehmen ist, geht das Migrationsamt davon
aus, dass der Vollzug der Wegweisung nur dann erfolgen kann, wenn
das [Bundesamt für Migration (BFM)] den Vollzug der Wegweisung
mit Blick auf das Non-Refoulement-Gebot für unbedenklich erachtet.
Dies wurde dem BFM bereits am 10. Mai 2010 mitgeteilt. Das BFM
2010 RekursgerichtimAusländerrecht 344

widersprach dieser Auffassung nicht und führte nach längerer Untä-
tigkeit und nach mehrmaliger Intervention seitens des Migrationsam-
tes am 27. August 2010 aus, der Gesuchsgegner müsse diesbezüglich
befragt werden.
Ob die Auffassung des BFM und des Migrationsamtes zutrifft,
dass die Wegweisung des Gesuchsgegners erst nach einer einlässli-
chen Prüfung des Non-Refoulement-Gebots durch das BFM vollzo-
gen werden kann, ist an dieser Stelle nicht weiter zu erörtern. Tat-
sache ist, dass die Wegweisung des Gesuchsgegners auf den Zeit-
punkt der Entlassung aus dem Strafvollzug nicht erfolgen kann, weil
es die Migrationsbehörden, trotz klarer fremdenpolizeilicher Aus-
gangslage, während Monaten versäumt haben, die für die Ausschaf-
fung notwendigen Schritte einzuleiten, obschon sie dazu problemlos
in der Lage gewesen wären und obschon sie seit Monaten wussten,
dass der Gesuchsgegner ab dem 24. Oktober 2010 grundsätzlich aus-
geschafft werden kann.
Nach dem Gesagten steht fest, dass die Untätigkeit der Behör-
den weit mehr als zwei Monate gedauert hat (vgl. BGE 124 II 49,
E. 3b/bb) und das Beschleunigungsgebot verletzt ist.
Entgegen der Auffassung des Migrationsamtes besteht kein
Raum für eine Interessenabwägung. Dies auch wenn der Gesuchs-
gegner massiv straffällig wurde. Stellt ein Betroffener ein sicher-
heitspolizeiliches Risiko dar, ist umso mehr zu erwarten, dass die
Behörden alles unternehmen, um den Betroffenen auf den Zeitpunkt
der Entlassung aus dem Strafvollzug ausschaffen zu können. Die
Ausschaffungshaft dient einzig der Sicherstellung der Ausschaffung
und nicht der Verhinderung von Straftaten.
[...]

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