XII. Verwaltungsrechtspflege
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49 Vollstreckungsverfahren. - Eine Verfügung mit Fristansetzung zur Erfüllung von Auflagen einer Baubewilligung ist ein verfahrensleitender Zwischenentscheid im Vollstreckungsverfahren. - Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts, wenn ein nicht wieder gut- zumachender Nachteil droht.
Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 27. Oktober 2010 in Sa- chen K.D. gegen Gemeinderat W. (WBE.2010.220).
Aus den Erwägungen
1.
1.1.
Gemäss § 83 VRPG ist das Verwaltungsgericht zuständig für
Beschwerden gegen Vollstreckungsentscheide.
Vollstreckungsentscheide enthalten Anordnungen zur zwangs-
weisen Durchsetzung von vollstreckbaren Sachentscheiden (vgl. § 76
ff. VRPG). Demgegenüber spricht sich die der Vollstreckung zu-
grunde liegende Sachverfügung über materielle Rechte Pflich-
ten im Einzelfall aus (vgl. Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und
Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die
Verwaltungsrechtspflege, Kommentar zu den §§ 38-72 [a]VRPG,
Zürich 1998, § 38 Rz. 122).
1.2.
In der angefochtenen Ziffer 3 des Beschlusses vom 7. Juni 2010
wird der Beschwerdeführer aufgefordert, bis spätestens 20. Juli 2010
für das Anbringen der horizontalen Sprosseneinteilung besorgt zu
sein. Diese Anordnung stützt sich materiell auf die Baubewilligung
vom 28. April 2008 und in tatsächlicher Hinsicht auf den Umstand,
dass der Beschwerdeführer bis heute nur die vertikale Sprossenein-
teilung der Fenster einbauen liess und die horizontalen Sprossen
fehlen. Die Anordnung ist zwar ein Entscheid im Hinblick auf die
Vollstreckung der in der Baubewilligung angeordneten Auflagen.
Indessen hat der Gemeinderat W. in der angefochtenen Ziffer 3
(noch) keinerlei Zwangsmassnahmen des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes des Baugesetzes (vgl. dazu § 159 Abs. 2 BauG i.V.m.
§§ 80 und 81 VRPG) angeordnet angedroht.
Aus der Begründung und den Feststellungen im angefochtenen
Entscheid (insbesondere Dispositiv-Ziffer 2) ist die Absicht des Ge-
meinderats W., gegen den Beschwerdeführer vollstreckungsrechtlich
vorzugehen, ersichtlich. Zu diesem Zweck und zur Wahrung des
rechtlichen Gehörs (vgl. § 21 Abs. 1 VRPG) hat der Gemeinderat
dem Beschwerdeführer eine Frist zur Erfüllung seiner Verpflichtung
aus der Baubewilligung in einer formellen Verfügung angesetzt. Der
angefochtene Beschluss erweist sich als Einleitungsakt eines Voll-
streckungsverfahrens und die Aufforderung mit der Fristansetzung
als eine Zwischenverfügung, bevor der Gemeinderat die Auflagen
der Baubewilligung vom 28. April 2008 mit einer Vollstreckungs-
verfügung durchsetzt.
Das eingeleitete Verfahren ist folglich in der Hauptsache ein
Vollstreckungsverfahren. Da das Verwaltungsgericht in der Haupt-
sache zuständig ist, erstreckt sich seine Zuständigkeit auch auf die
Zwischenentscheide (vgl. AGVE 1999, S. 355 ff; 1998, S. 434 ff.;
1991, S. 195 ff.).
2.
2.1.
Verfahrensleitende Zwischenentscheide, wie die Ansetzung von
Fristen, sind in der Regel nicht selbstständig anfechtbar. Sie können
nach der Praxis des Verwaltungsgerichts nur angefochten werden,
wenn ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht (grundlegend
AGVE 1971, S. 334 ff.; 1991, S. 195; vgl. Merker, a.a.O., § 38
Rz. 59).
Lehre und Rechtsprechung verneinen einen nicht wiedergutzu-
machenden Nachteil, wenn die betreffende Anordnung mit dem in
der Sache ergehenden Endentscheid angefochten werden kann und
die Wirkungen sich durch den Endentscheid voll beseitigen lassen
(vgl. BGE 133 III 629 Erw. 2.3; 126 I 97 Erw. 1b; AGVE 1989,
S. 313 mit Hinweisen).
2.2.
Ein solcher Sachverhalt liegt hier vor: Der Gemeinderat W.
setzte dem Beschwerdeführer eine Frist und beabsichtigt anschlies-
send die vollstreckungsrechtlichen Zwangsmassnahmen im Unter-
lassungsfall zu verfügen. Die vom Beschwerdeführer mit der vorlie-
genden Beschwerde vorgetragenen Rügen der Unverhältnismässig-
keit der Vollstreckung, der zu kurzen Bemessung der Frist, wie auch
die Rechtshängigkeit eines allfälligen Wiedererwägungsverfahrens
können uneingeschränkt gegen die Vollstreckungsverfügung vorge-
tragen werden.
(...)