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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2009 70)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2009 70: Verwaltungsgericht

Das Steuerrekursgericht befasste sich mit der Definition eines überbauten Grundstücks im Zusammenhang mit der Grundstückgewinnsteuer. Es wurde diskutiert, was als nicht mehr nutzbares Abbruchobjekt gilt und wie die technische und wirtschaftliche Abbruchreife eines Gebäudes zu bewerten sind. Es wurde festgestellt, dass ein Gebäude wirtschaftlich abbruchreif ist, wenn der Eigentümer durch einen Neubau eine höhere Rendite erzielen kann. Die Beschränkung auf die technische Abbruchreife wurde als angemessen betrachtet, da eine Ausweitung des Begriffs des Abbruchobjekts zu Problemen führen würde. Das Gericht stützte sich auf Gesetze und frühere Entscheidungen, um zu klären, was als überbaut gilt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2009 70

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2009 70
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht  Entscheid AGVE 2009 70 vom 14.02.1982 (AG)
Datum:14.02.1982
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:70 Grundstückgewinnsteuer; Begriff des überbauten Grundstücks (§ 105Abs. 1 StG; § 46 Abs. 1 StGV)
Schlagwörter: Abbruch; Grundstück; Abbruchobjekt; Baute; Grundstücke; Abbruchreife; Gebäude; Schuppen; Fahrnisbaute; Abbruchobjekte; Verordnung; Fahrnisbauten; Hinweis; Verordnungstext; Beschränkung; KantonaleSteuern; Grundstücks; Steuerrekursgericht; Grundstückes; Kaufpreis; Umschwung; Mängel; Rendite; Wortlaut; Hinweise
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2009 70

2009 KantonaleSteuern 317

[...]

70 Grundstückgewinnsteuer; Begriff des überbauten Grundstücks (§ 105
Abs. 1 StG; § 46 Abs. 1 StGV)
- Was gilt als nicht mehr nutzbares Abbruchobjekt?

26. März 2009 in Sachen N.H. + O.Sch., 3-RV.2008.9.
2009 Steuerrekursgericht 318



4.
4.1.
§ 46 StGV definiert den Begriff des überbauten Grundstückes
im Sinne von § 105 Abs. 1 StG folgendermassen:
"1 Als überbaut gelten Grundstücke, auf denen im Zeitpunkt der Ver-
äusserung feste, mit dem Boden verbundene Gebäude stehen. Grundstücke
mit nicht mehr nutzbaren Abbruchobjekten, Fahrnisbauten, Schuppen usw.,
deren Wert für den Kaufpreis von untergeordneter Bedeutung ist, gelten
nicht als überbaut.
2 Als überbaut gilt auch der im Ort Quartier übliche Umschwung
einer Baute.
3 Nicht als überbaut gilt der übernormale Umschwung einer Baute, so-
fern er zu einer Überbauung Arrondierung verwendet werden könnte
und sofern diese zusätzliche Nutzung ohne wesentliche Beeinträchtigung
des überbauten Teils möglich wäre."
(...)
4.3.
4.3.1.
Von einem Abbruchobjekt kann grundsätzlich in zweierlei Hin-
sicht gesprochen werden.
Ein Abbruchobjekt liegt zunächst dann vor, wenn ein Gebäude
technisch abbruchreif ist. Wann dieser Zustand erreicht ist, lässt sich
nicht allgemein sagen, sondern nur aufgrund von Indizien ermitteln.
Für technische Mängel sprechen beispielsweise schwere Mängel der
Bausubstanz. Liegen derartige Mängel vor, ist ein Gebäude häufig
unbewohnt. Hingegen erlaubt das Alter eines Bauwerks keinen
Schluss auf seine restliche Lebensdauer (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. Auflage, Zürich 2006, § 220 StG N 170 f., mit Hinweisen; vgl.
Christian Mäder, Vorfragen aus dem Umwelt-, Bau- und Planungs-
recht im Steuerrecht, PBG 2001, S. 12). Anzumerken ist, dass die
Rechtsprechung zur Grundstückgewinnsteuer nur mit Zurückhaltung
auf ein Abbruchobjekt schliesst (StE 2000 B 44.1 Nr. 7).
2009 KantonaleSteuern 319

Im Gegensatz zur technischen Abbruchreife als Begriff aus der
Architektur und dem Ingenieurwesen steht die wirtschaftliche Ab-
bruchreife als ökonomischer Begriff. Wirtschaftlich abbruchreif ist
ein Gebäude - ungeachtet seines Zustands - stets dann, wenn der Ei-
gentümer durch seinen Abbruch und einen nachfolgenden Neubau
oder eine andere Nutzung des Bodens eine höhere Rendite erzielen
kann, wenn also der absolute Landwert höher ist als der Verkehrs-
wert des Grundstücks im Rahmen der vorhandenen Überbauung. Die
Annahme, dass ein wirtschaftliches Abbruchobjekt vorliegt, ergibt
sich erst aufgrund einer Renditeberechnung. Als Hinweis gilt
immerhin, dass nach gut vierzig Jahren statistisch bei einem Gebäude
die wirtschaftliche Abbruchreife vorliegt. Eine natürliche Vermutung
spricht dafür, dass eine Neuüberbauung nur dann erfolgt, wenn damit
- unter Berücksichtigung eines Risikozuschlags - eine höhere Rendite
erzielt werden kann als mit der Beibehaltung des Altbaus (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 StG N 172, mit Hinweisen).
(...)
4.3.2.
Gemäss dem klaren Wortlaut von § 46 Abs. 1 StGV gilt ein
überbautes Grundstück unter anderem dann als nicht überbaut, wenn
es sich bei der Baute um ein
(bzw. Fahrnisbaute, Schuppen usw.) handelt. Der Verordnungstext
spricht somit nicht nur von einem Abbruchobjekt, sondern verlangt,
dass dieses auch nicht mehr nutzbar ist. Dies spricht für eine restrik-
tive Auslegung dessen, was als Abbruchobjekt zu qualifizieren ist,
und für eine Beschränkung auf die technische Abbruchreife als Be-
urteilungskriterium. Ob mit der Nutzbarkeit eine beliebige, im Rah-
men der geltenden Gesetzesordnung zulässige Nutzung nur die
der Baute ursprünglich zugedachte bestimmungsgemässe Nutzung
gemeint ist, lässt sich dem Wortlaut hingegen nicht entnehmen.
Auf jeden Fall sind dem Gesetzeswortlaut (und der Gesetzes-
systematik) keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass ein Grund-
stück auch aufgrund einer (ausschliesslich) ökonomischen Betrach-
tungsweise als unüberbaut zu gelten hat.
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4.3.3.
4.3.3.1.
Im Merkblatt "Wann ist ein Grundstück i.S. von § 76 Abs. 1
überbaut?" des Kantonalen Steueramtes vom 14. Februar 1982 wurde
unter anderem das Folgende ausgeführt:
"2. Was heisst überbaut?
§ 76 bezweckt in erster Linie, Steuerpflichtige und Steuerbehörden
vom Nachweis weit zurückliegender Anlagekosten zu entbinden. Dieser
Nachweis fällt vor allem bei überbauten Grundstücken schwer; beim un-
überbauten Land lässt sich der Anlagewert leichter feststellen, weil er meis-
tens in einer öffentlichen Urkunde festgehalten wird.
In Anlehnung an die heute massgebenden Schätzungsvorschriften be-
urteilt sich die Frage, ob ein Grundstück überbaut ist, nach einem wirt-
schaftlichen Kriterium. Als überbaut gilt ein Grundstück, für dessen Wert
die Baute nicht bloss von untergeordneter Bedeutung ist. Beeinflusst die
Baute den Wert des Grundstückes erheblich, so ist es überbaut. Dies trifft
für ein Einfamilienhaus, für eine Geschäftsliegenschaft, für eine moderne
Lagerhalle für ein Ferienhaus in der Regel zu. Von untergeordneter
Bedeutung für den Wert eines Grundstückes sind dagegen in der Regel
Fahrnisbauten, Abbruchobjekte, alte Schuppen usw.; solche Liegenschaften
gelten nicht als überbaut."
Zu diesem Merkblatt bzw. zu dieser Definition wurden weder in
der "Grossratskommission für die Revision des (alten) Steuergeset-
zes" noch im Grossrat Bemerkungen gemacht. Es scheint dafür zu
sprechen, dass der Gesetzgeber (auch) die wirtschaftliche Abbruch-
reife berücksichtigt haben wollte.
4.3.3.2.
Im Merkblatt wurde auch ein möglicher Verordnungstext for-
muliert, der wie folgt lautete:
"1 Als überbaut gelten Grundstücke, für deren Wert die Baute im Zeit-
punkt nicht bloss von untergeordneter Bedeutung ist. Grundstücke mit Ab-
bruchobjekten, Fahrnisbauten, Schuppen usw., deren Wert für den Kaufpreis
von untergeordneter Bedeutung ist, gelten nicht als überbaut.
2 [...]"
Der erste Satz rückt den Wert der Baute als wirtschaftliches Be-
urteilungskriterium in den Vordergrund, während im zweiten Satz der
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Vorrang der technischen Abbruchreife eingeräumt wird und der Wert
der Baute allenfalls als ein Hilfskriterium für die Beurteilung, ob ein
Abbruchobjekt vorliegt, verstanden werden kann.
4.3.3.3.
In den Entwürfen der Verordnung zum Steuergesetz vom
17. April 1984 und 3. Juli 1984 wurde einerseits der erste Satz des
erwähnten Verordnungstextes weggelassen und anderseits im zweiten
Satz der Begriff der Abbruchobjekte auf die "nicht mehr nutzbaren"
eingeengt. Diese Präzisierung fand in der Folge Eingang in § 40
Abs. 1 aStGV, welcher mit § 46 StGV übereinstimmt (vgl. Erw. 4.1).
4.3.3.4.
Die Entstehungsgeschichte von § 40 aStGV bzw. § 46 StGV
spricht dafür, dass man den Begriff des Abbruchobjekts eng verstan-
den wissen wollte, und stützt somit die sich bereits aus dem Wortlaut
ergebende Beschränkung auf die Abbruchreife im technischen Sinn.
Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber andernfalls auch die
Abbruchreife im wirtschaftlichen Sinn mit hinreichender Bestimmt-
heit im Verordnungstext definiert hätte, beispielsweise mit der For-
mulierung "Grundstücke mit nicht mehr nutzbaren Abbruchobjekten,
Fahrnisbauten, Schuppen usw. deren
Wert für den Kaufpreis von untergeordneter Bedeutung ist, gelten
nicht als überbaut".
4.3.4.
Die Beschränkung auf die Abbruchreife im technischen Sinn
erweist sich auch unter teleologischen Gesichtspunkten als richtig.
Die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt vermag dies zu illustrie-
ren. Aufgrund der Tendenz der vergangenen Jahre zu verdichtetem
Bauen und höherer Ausnützung des Bodens als eines nur begrenzt
verfügbaren Gutes ist davon auszugehen, dass zahlreiche intakte und
(noch) gut nutzbare Gebäude bei einer wirtschaftlichen Betrach-
tungsweise als Abbruchobjekte bezeichnet werden müssten. Eine
derartige Ausweitung des Begriffes des Abbruchobjekts entsprach
kaum der Absicht des Gesetzgebers. Einer gegebenenfalls schlechten
baulichen Ausnützung eines Grundstücks wird mit der Differen-
zierung in normalen und übernormalen Umschwung einer Baute, der
als nicht überbaut gilt, hinreichend Rechnung getragen.
2009 Steuerrekursgericht 322

Es ist überdies kaum denkbar, dass sich die Abbruchreife im
wirtschaftlichen Sinn ohne fachliche Abklärungen und Liegen-
schaftsschätzungen beurteilen lässt. Den damit verbundenen Schwie-
rigkeiten kann mit der Beschränkung auf die Abbruchreife im techni-
schen Sinn weitgehend begegnet werden.
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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