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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2008 43)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2008 43: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass Unterhaltsbeiträge als eigene Mittel angerechnet werden können, aber nur, wenn sie tatsächlich erhältlich sind. In einem konkreten Fall konnte eine Frau keine Unterhaltsbeiträge erhalten, da ihr Ex-Mann nicht leistungsfähig war. Daher durfte ihr keine fiktive Unterstützung angerechnet werden. Zudem wurde festgestellt, dass eine Kürzung der Sozialhilfe nur gerechtfertigt ist, wenn klare Weisungen nicht befolgt wurden und die betroffene Person die Möglichkeit hatte, das Verhalten zu ändern. Das Urteil erging in der Angelegenheit F.L. gegen das Bezirksamt Rheinfelden, mit einer Gerichtskosten von 256 CHF.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2008 43

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2008 43
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2008 43 vom 03.12.2008 (AG)
Datum:03.12.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2008 43 S.256 2008 Verwaltungsgericht 256 [...] 43 Anrechnung von Unterhaltsbeiträgen als eigene Mittel. § 11 Abs. 1...
Schlagwörter: Unterhalt; Unterhalts; Unterhaltsbei; Weisung; Unterhaltsbeiträge; Sozialhilfe; Kürzung; Hilfe; Person; Verfügung; Leistungsfä; Scheidungs; Auflage; Unterhaltsverpflichteten; Leistungsfähig; Verwaltungsgericht; Anrechnung; Leistungsfähigkeit; Nichtbefolgung; Unterhaltsansprüche; Ehegatte; Richtlinien; Verfahren; Verzicht; Unterhaltsbeiträgen
Rechtsnorm: Art. 125 ZGB ;Art. 140 ZGB ;Art. 176 ZGB ;
Referenz BGE:133 III 57;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2008 43

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[...]

43 Anrechnung von Unterhaltsbeiträgen als eigene Mittel. - § 11 Abs. 1 SPV erfasst auch die Ansprüche auf nachehelichen Un- terhalt (Erw. 2.2). - Können vom Unterhaltsverpflichteten mangels Leistungsfähigkeit keine nachehelichen Unterhaltsbeiträge erhältlich gemacht werden oder sind diese nicht durchsetzbar, können auch der unterhaltsbe- rechtigten, Hilfe suchenden Person keine fiktiven Unterhaltsbeiträge als eigene Mittel aufgerechnet werden (Erw. 3). - Eine Kürzung wegen Nichtbefolgung von Weisungen (§ 13 Abs. 2 SPG) kann nur in Frage kommen, wenn den Betroffenen ein Ver- schulden trifft und er durch eine Änderung seines Verhaltens den mit der Weisung verfolgten Zweck auch erreichen kann (Erw. 4.4).
Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 3. Dezember 2008 in Sa- chen F.L. gegen das Bezirksamt Rheinfelden (WBE.2008.91).

Aus den Erwägungen
2. 2.1. (...) 2.2. Zu den eigenen Mitteln gehören auch die Unterhaltsansprüche der hilfsbedürftigen Person (§ 11 Abs. 1 SPV). Verzichtet eine unter stützte Person auf eheliche Unterhaltsbeiträge, obwohl der Ehegatte offensichtlich solche leisten könnte, so muss sie sich einen angemes senen Betrag anrechnen lassen, wobei im Umfang dieses Betrags im Sinne des Subsidiaritätsprinzips keine Bedürftigkeit besteht. Unter haltsbeiträge dürfen anderseits nur angerechnet werden, wenn die "verzichtende" Person vorher über die Konsequenzen klar informiert wurde. Eine Anrechnung darf nicht erfolgen, wenn fest steht, dass ein Ehegattenunterhalt nicht durchsetzbar erhältlich ist (AGVE 2005, S. 298 mit Hinweis; Richtlinien für die Ausgestaltung
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und Bemessung der Sozialhilfe, hrsg. von der Schweizerischen Kon ferenz für Sozialhilfe, vom Dezember 2000 [SKOS-Richtlinien], Ka pitel F.3.2). § 11 Abs. 1 SPV erfasst auch die Ansprüche auf einen
nachehelichen Unterhalt. 3. 3.1. Die Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich der finanziel len Verhältnisse ihres ehemaligen Ehemannes sind im Verfahren vor dem Bezirksamt unbestritten geblieben und werden auch im vorlie genden Verfahren nicht bestritten. In der Verfügung des Gerichts präsidiums Z. vom 30. Januar 2007 in Sachen unentgeltliche Rechts pflege im ordentlichen Verfahren betreffend Ehescheidung der Bes chwerdeführerin wird in Ziffer 3 festgehalten, die Beschwerde führerin erhalte aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit des Ehe mannes keinen persönlichen Unterhaltsbeitrag. Die unbestrittene Nichtbezahlung und das Alimenteninkasso- und Bevorschussungs verfahren für Kinderalimente sind weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin von ihrem früheren Ehegatten keinen nach ehelichen Unterhalt erhältlich machen konnte. Damit ist ausreichend nachgewiesen, dass die Beschwerdeführerin mangels Leistungsfä higkeit des Unterhaltsverpflichteten keinen nachehelichen Unterhalts erhältlich machen konnte. Im Übrigen unterliegt eine Vereinbarung über die Scheidungs folgen, zu welchen auch der nacheheliche Unterhalt gehört, gemäss Art. 140 ZGB der gerichtlichen Genehmigung. Diese wird u.a. dann nicht gewährt, wenn ein gänzlicher Verzicht auf Unterhaltsbeiträge trotz Leistungsfähigkeit der anderen Partei dazu führt, dass die ver zichtende Partei auf Sozialhilfe angewiesen ist (Urs Gloor, in: Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Zivilgesetzbuch I, Art. 1-456 ZGB, 2. Auflage, Basel / Genf / München 2002, Art. 140 N 12). Die Auffassung der Vorinstanz, ein Verzicht auf nacheheli chen Unterhalt in einer Scheidungskonvention unterliege keiner richterlichen Überprüfung, geht daher fehl. (...)
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3.2. Können vom Unterhaltsverpflichteten mangels Leistungsfähig keit keine nachehelichen Unterhaltsbeiträge erhältlich gemacht wer den sind diese nicht durchsetzbar, können auch der unterhalts berechtigten, Hilfe suchenden Person keine fiktiven Unterstützungs beiträge als eigene Mittel aufgerechnet werden. Weil der (ehemalige) Ehemann der Beschwerdeführerin keine nachehelichen Unterhalts beiträge leisten konnte, ist die Anrechnung von Fr. 100.-- pro Monat gestützt auf § 11 SPV unzulässig. Unter diesen Umständen muss nicht geprüft werden, ob die übrigen Voraussetzungen für nacheheli chen Unterhalt gemäss Art. 125 ZGB bei der Beschwerdeführrein vorliegen. 4. 4.1. Der Gemeinderat X. hat der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 7. November 2007 die Auflage bzw. Weisung erteilt, die ihr bei der Trennung zustehenden Unterhaltsansprüche vom Gerichtspräsi dium prüfen zu lassen. Eine Reduktion der materiellen Hilfe könnte daher - anders als von den Vorinstanzen beurteilt - auf einer Kür zung der materiellen Hilfe in Anwendung von § 13 Abs. 1 und 2 SPG beruhen, weil die Beschwerdeführerin es unterlassen hat, ihre eheli chen Unterhaltsansprüche gestützt auf Art. 176 ZGB geltend zu ma chen. 4.2. Die Voraussetzung für eine Kürzung der materiellen Hilfe we gen Nichtbefolgung von Anordnungen der Sozialhilfebehörde ist der Erlass einer Weisung Auflage in einer ersten Verfügung. Sodann muss die Kürzung vorgängig angedroht werden, wobei die Auflage bzw. Weisung und die Kürzungsandrohung gleichzeitig erlassen werden können (AGVE 2005, S. 285). Schliesslich muss die rechts kräftige Weisung Auflage missachtet worden sein, damit in ei ner weiteren Verfügung die Kürzung angeordnet werden kann. 4.3. (...) 4.4. Eine Kürzung wegen Nichtbefolgung von Weisungen (§ 13 Abs. 2 SPG) kann nur in Frage kommen, wenn die Beschwerdeführe-
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rin ein Verschulden trifft und sie durch eine Änderung ihres Verhal tens den mit der Weisung verfolgten Zweck auch erreichen kann (SKOS-Richtlinien, Kapitel A.8-2). Im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung (23. April 2007) war die Beschwerdeführerin bereits ge schieden, so dass sie schon aus formellen Gründen keine Begehren um vorsorgliche Massnahmen im Scheidungsurteil und um ehelichen Unterhalt stellen konnte. Infolge der ausgewiesenen Leistungsunfä higkeit ihres Ex-Mannes während der Dauer des Scheidungsverfah rens (siehe vorne Erw. 3) waren auch keine ehelichen Unterhaltsbei träge für die Dauer des verbleibenden Scheidungsverfahrens (No vember 2006 bis Anfang Februar 2007) erhältlich zu machen. Vor aussetzung für die Verpflichtung von Unterhaltsbeiträgen im gesam ten Familienrecht und auch während der Trennungszeit ist die Leis tungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Fehlen diesem die fi nanziellen Mittel, hat der Unterhaltsberechtigte das Manko zu tragen und allenfalls Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen (BGE 133 III 57 Erw. 3 mit Hinweisen). Unter diesen Umständen kann der Be schwerdeführerin nicht vorgeworfen werden, dass sie kein gerichtli ches Massnahmeverfahren einleitete, dessen Aussichtslosigkeit zum vornherein feststand.

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