14 Entzug des Führerausweises; Warnungsentzug. - Nach mit Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001 teilrevidiertem SVG (in Kraft seit 1. Januar 2005) kein leichter Fall möglich bei leichtem Verschulden aber mittelschwerer Gefährdung.
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 9. Juli 2008 in Sachen P.H. gegen den Entscheid des Departements Volkswirtschaft und Inneres (WBE.2008.100).
Aus den Erwägungen
3.
Das Strassenverkehrsgesetz unterteilt die massnahmerechtlichen
Tatbestände in leichte, mittelschwere und schwere Widerhandlungen
(Art. 16a ff. SVG). Es begeht eine leichte Widerhandlung, wer durch
Verletzung von Verkehrsregeln andere nur geringfügig gefährdet,
wobei ihn dabei lediglich ein leichtes Verschulden trifft. Die fehlbare
Person wird verwarnt, wenn in den vorangegangenen zwei Jahren der
Ausweis nicht entzogen war und keine andere Administrativmass-
nahme verfügt wurde (Art. 16a SVG). Eine schwere Verletzung be-
geht, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche
Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft in Kauf nimmt.
Dies hat einen mindestens dreimonatigen Entzug des Führerauswei-
ses zur Folge (Art. 16c SVG). Eine mittelschwere Widerhandlung
schliesslich verübt, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine
Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft in Kauf nimmt. In
der Folge wird dem fehlbaren Lenker der Führerausweis für min-
destens einen Monat entzogen (Art. 16b SVG). Die mittelschwere
Widerhandlung ist nach der gesetzlichen Konzeption als Auffangtat-
bestand ausgestaltet. Sie liegt immer dann vor, wenn nicht alle pri-
vilegierenden Elemente einer leichten und nicht alle qualifizierenden
Elemente einer schweren Widerhandlung gegeben sind (Urteil des
Bundesgerichts vom 20. März 2007 [6A.64/2006], Erw. 2.3, sowie
Botschaft zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes vom 31. März
1999 in BBl 1999, S. 4462, 4487).
Die wesentlichen Kriterien zur Unterscheidung von Wider-
handlungen sind das Mass der Verkehrsgefährdung und die Schwere
des Verschuldens (BGE 105 Ib 118 Erw. 1; 104 Ib 49 Erw. 2b). Dabei
sind das Verschulden des Fahrzeuglenkers und sein automobilisti-
scher Leumund zu berücksichtigen. Mittelschwer ist die Wider-
handlung, wenn entweder das Verschulden des Lenkers nicht mehr
leicht wiegt die Gefahr der Sicherheit anderer nicht mehr gering
ist (vgl. Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG; Urteil des Bundesgerichts vom
13. September 2007 [1C_75/2007], Erw. 3.1).
4.
4.1.
Das DVI ist vorliegend in Anbetracht der Verkehrsgefährdung
und des Verschuldens von einer mittelschweren Widerhandlung i.S.v.
Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG ausgegangen.
4.2.
Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, es liege
höchstens ein leichtes Verschulden des Beschwerdeführers vor und
daher sei ungeachtet der Verkehrsgefährdung höchstens eine leichte
Widerhandlung im Sinne von Art. 16a SVG anzunehmen, weil die
Verkehrsgefährdung nur insoweit Bedeutung habe, als sie auch ver-
schuldensmässig relevant sei.
4.3.
Vorweg ist festzuhalten, dass der Gesetzeswortlaut eindeutig ist
und keinen Raum für eine Interpretation im Sinne des Beschwerde-
führers lässt. Eine leichte Widerhandlung begeht gemäss Art. 16a
Abs. 1 lit. a SVG, wer durch die Verletzung von Verkehrsregeln eine
geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft und ihn dabei
nur ein leichtes Verschulden trifft. Für die Annahme eines leichten
Falls wird ausdrücklich ein geringes Ausmass der Gefährdung vor-
ausgesetzt. Im Gegensatz zur Bundesgerichtspraxis zum bis am
31. Dezember 2004 geltenden Recht (BGE 125 II 561) räumt das
neue Recht der Schwere der Verkehrsgefährdung eine eigenständige
Stellung ein. Die frühere Praxis stützte sich denn auch im Wesent-
lichen auf Art. 31 der Verordnung über die Zulassung von Personen
und Fahrzeugen zum Strassenverkehr in der vor dem 1. Januar 2005
geltenden Fassung vom 27. Oktober 1976, welcher lediglich das Ver-
schulden und den automobilistischen Leumund als wesentliche Ele-
mente für die Beurteilung eines leichten Falls nannte. Daraus leitete
das Bundesgericht ab, die Schwere der Verkehrsgefährdung sei kein
selbständiges Beurteilungsmerkmal (BGE 125 II 561 Erw. 2a und
Erw. 2b). Diese Bestimmung gibt es im neuen Recht nicht mehr. Ent-
sprechend wurde sowohl in der Botschaft zum revidierten SVG wie
auch vom Bundesgericht (Urteil des Bundesgerichts vom 13. Sep-
tember 2007 [1C_75/2007], Erw. 3.1) festgehalten, ein mittelschwe-
rer Fall nach Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG liege u.a. dann vor, wenn
nicht alle privilegierenden Elemente einer leichten Widerhandlung
gegeben sind. Die Revision des Administrativmassnahmenrechts
führte somit zu einer Verschärfung der gesetzlichen Regelung, wes-
halb die erwähnte Praxis (BGE 125 II 561) bei der Abgrenzung des
leichten vom mittelschweren Fall keine Bedeutung mehr haben kann
(vgl. Andreas A. Roth: Entwicklungen im Strassenverkehrsrecht, in:
SJZ 104 (2008) Nr. 10, S. 242 f.).
(Hinweis: Das Bundesgericht hat eine Beschwerde gegen diesen
Entscheid abgewiesen; Urteil vom 25. Februar 2009 [1C_372/2008].)