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51 Treu und Glauben. Anspruch auf Veranlagung gemäss einer zuvor erhaltenen unrichtigen Auskunft? - Voraussetzungen für die Verbindlichkeit einer unrichtigen Auskunft.
- Nachweis nachteiliger Dispositionen, wenn diese in (behaupteten) Unterlassungen bestehen.
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 7. Dezember 2007 in Sachen E.S. gegen Steuerrekursgericht (WBE.2007.309). Zur Publikation vorgesehen in StE 2008.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige meldete sich zur Teilnahme an einem be fristeten friedenserhaltenden Einsatz der Schweizer Armee im Aus land (SWISSCOY). Von einem zuständigen Mitglied der Steuerbe hörde erhielt er die Auskunft, die Einkünfte aus dem SWISSCOY Einsatz müssten nicht versteuert werden, sondern würden lediglich satzbestimmend berücksichtigt. Nach seiner Rückkehr wurden diese Einkünfte trotzdem erfasst mit der (zutreffenden) Begründung, die Auskunft sei falsch gewesen. Darauf machten er und seine Ehefrau geltend, er habe gestützt auf die Auskunft auf Vorkehrungen zur Verlegung seines Wohnsitzes ins Ausland verzichtet (wonach die SWISSCOY-Einkünfte in der Schweiz nicht hätten besteuert werden können), und sie beanspruchten, gemäss der - wenn auch falschen Auskunft veranlagt zu werden.
Aus den Erwägungen
4./4.1. Die Gesetzmässigkeit der Verwaltung und damit verbun den der Grundsatz der Gleichbehandlung verbieten es von vorn herein, jede falsche behördliche Auskunft als verbindlich zu behan deln in dem Sinne, dass daraus im Einzelfall ein Anspruch auf ent sprechend falsche Gesetzesanwendung entstünde. Mit der Tatsache, dass der Vorsteher des Gemeindesteueramtes in Aussicht stellte, das Einkommen des Beschwerdeführers werde in Abzug gebracht (d.h. nur satzbestimmend berücksichtigt), lässt sich das Beschwerdebe-
gehren daher nicht begründen, da diese Auskunft mit dem geltenden Recht nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. 4.2./4.2.1. Nach dem heute in Art. 9 BV ausdrücklich veran kerten Grundsatz von Treu und Glauben kann eine unrichtige be hördliche Auskunft unter bestimmten Umständen Rechtswirkungen entfalten. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Auskunft auf eine konkrete, den betreffenden Bürger berührende Angelegenheit be zieht, dass die Amtsstelle für die Auskunftserteilung zuständig war der Bürger sie aus zureichenden Gründen als zuständig be trachten durfte, dass der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte, dass er im Vertrauen hierauf eine nicht ohne Nachteil rückgängig zu machende Disposition getroffen hat und dass sich die Rechtslage seit der Auskunftserteilung nicht geändert hat (BGE 127 I 36; 121 II 479). Selbst wenn diese Voraus setzungen erfüllt sind, bedarf es zusätzlich einer Abwägung des In teresses an der richtigen Durchsetzung des objektiven Rechts gegen über demjenigen des Vertrauensschutzes (BGE 116 Ib 187). 4.2.2. Im vorliegenden Fall ist vor allem fraglich, ob die Be schwerdeführer nachteilige Dispositionen getroffen haben. In dieser Beziehung wird vorgebracht, sie hätten es unterlassen, sich gericht lich zu trennen andere steuersparende Massnahmen, wie bei spielsweise die vollumfängliche Aufgabe des Wohnsitzes in S. durch beide Ehegatten mit Vermietung/ Verkauf der Liegenschaft, über haupt nur zu prüfen. Wenn die geltend gemachten nachteiligen Dispositionen in Un terlassungen bestehen, muss der Bürger, der wegen einer falschen Auskunft eine Vorzugsbehandlung im Vergleich zum objektiven Recht beansprucht, glaubhaft machen, dass er bei korrekter Auskunft die unterlassene Handlung tatsächlich vorgenommen hätte. Selbst wenn es vereinzelte Zeitgenossen geben mag, die um einer Steuerer sparnis willen ein aufwendiges und sogar ein abwegiges und wirt schaftlich nachteiliges Vorgehen in Betracht ziehen, ist nicht hierauf abzustellen, sondern als glaubhaft - auch ohne strikten Nachweis erscheint ein Vorgehen, wie es vernünftige Bürger in der gleichen Situation wählen würden. Um dagegen anzuerkennen, jemand hätte sich gegen die wirtschaftliche Vernunft verhalten, nur um von der
falschen Auskunft zu profitieren, bedarf es überzeugender Beweis mittel. Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, wegen Ehepro blemen wäre es ohnehin zu einer Trennung gekommen. Sie leben denn auch seit der Rückkehr des Beschwerdeführers von seinem Auslandeinsatz wieder zusammen in ihrem Haus. Eine gerichtliche Trennung der Ehe zwecks Steuerersparnis, also zu einem diesem Institut völlig fremden Zweck, läuft auf Rechtsmissbrauch bzw. auf eine Steuerumgehung hinaus (siehe dazu BGE 131 II 267; Häfe lin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, Zü rich/Basel/Genf 2006, Rz. 715 ff.). Wer aber eine Behandlung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben beansprucht (siehe vorne Erw. 4.2.1), darf selber nicht treuwidrig handeln. Die "entgangene Möglichkeit", durch gerichtliche Trennung und anschliessende Ab meldung den Wohnsitz des Ehemanns zu verlegen, kann deshalb nicht als "nachteilige Disposition" im Sinne des Vertrauensschutzes anerkannt werden. Die weitere angedeutete Möglichkeit, dass die Beschwerdefüh rer ihre eigene Liegenschaft hätten vermieten/verkaufen und dann beide von S. wegziehen können, ist nicht mehr als eine blosse Hy pothese. Zudem ist es unglaubwürdig, dass die Beschwerdeführer die ganzen Umstände um eines temporären Steuervorteils willen auf sich genommen hätten, wenn sie ja eigentlich nach einem Jahr wieder gemeinsam in ihrem Haus leben wollten (wie sie es dann tatsächlich auch machten). 4.2.3. Aus der falschen Auskunft können die Beschwerdeführer somit keinen Anspruch auf gesetzwidrige Bevorteilung ableiten.