IV. Submissionen
37 Rechtsschutz. - Unterhalb der Schwellenwerte des Einladungsverfahrens besteht seit der Revision des Submissionsdekrets vom 18. Oktober 2005 kein Rechtsschutz, und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unzulässig.
Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 19. September 2007 in Sachen H. AG gegen den Gemeinderat L. (WBE.2007.141).
Aus den Erwägungen
1.
1.1.
Die Beschwerde an das Verwaltungsgericht ist zulässig "in den
Fällen, welche dieses ein anderes Gesetz bestimmt" (§ 51 Abs. 1
VRPG). Überdies kann durch Dekret des Grossen Rates die Zulässig-
keit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf weitere Fälle ausge-
dehnt werden (§ 51 Abs. 2 Satz 1 VRPG).
Gegen Verfügungen der Vergabestelle gemäss § 5 SubmD, in
der Fassung vom 18. Oktober 2005, kann direkt beim Verwaltungs-
gericht Beschwerde erhoben werden (§ 24 Abs. 1 SubmD). Beim
Gemeinderat L. handelt es sich unstreitig um eine Vergabestelle im
Sinne von § 5 Abs. 1 lit. b SubmD. Sind die Schwellenwerte des
Einladungsverfahrens (gemäss § 8 Abs. 2 SubmD) erreicht, gilt als
anfechtbare Verfügung u.a. der Zuschlag (§ 24 Abs. 2 lit. b SubmD).
Gemäss § 8 Abs. 2 SubmD sind Aufträge im Einladungsverfah-
ren zu vergeben, wenn der geschätzte Wert des Einzelauftrags fol-
genden Betrag übersteigt:
a) Fr. 300'000.-- bei Aufträgen des Bauhauptgewerbes;
b) Fr. 150'000.-- bei Dienstleistungen und Aufträgen des Bauneben-
gewerbes;
c) Fr. 100'000.-- bei Lieferungen.
Erreicht der geschätzte Wert des Einzelauftrags den Betrag für
das Einladungsverfahren nicht, so kann der Auftrag freihändig ver-
geben werden (§ 8 Abs. 3 lit. a SubmD).
1.2.
Der vorliegend zu vergebende Auftrag umfasst neben der Liefe-
rung und Montage der neuen Heizanlage auch die Demontage der
bestehenden Anlage (Heizzentrale, Öltank, Unterstation). Es handelt
sich somit um Arbeiten im Zusammenhang mit den technischen In-
stallationen eines Bauwerks, d.h. um Arbeiten des Baunebengewer-
bes. Davon geht zu Recht auch die Beschwerdeführerin aus. Eben-
falls unbestritten ist, dass der für die Vergabe im Einladungsverfah-
ren massgebende Schwellenwert von Fr. 150'000.-- vorliegend nicht
erreicht wird. Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, sie
habe dennoch Anspruch auf eine beschwerdefähige Verfügung. Sie
begründet diesen Standpunkt vor allem mit einem Entscheid des
Verwaltungsgerichts vom 31. Juli 1997, wonach sich der Anspruch
auf eine Verfügung aus §§ 23 und 24 SubmD, § 23 VRPG und aus
Art. 9 BGBM ergebe.
1.3.
1.3.1.
Der von der Beschwerdeführerin angerufene VGE III/55 vom
31. Juli 1997 (BE.1997.00163) ist unter der Geltung des SubmD in
der ursprünglichen Fassung vom 26. November 1996 (nachfolgend:
aSubmD) ergangen. Danach unterstanden die Gemeinden den Be-
stimmungen des SubmD nur, wenn sie Bauaufträge über einem ge-
schätzten Wert des Einzelauftrags von Fr. 200'000.-- bzw. Dienst-
leistungs- und Lieferaufträge über einem geschätzten Wert des Ein-
zelauftrags von Fr. 50'000.-- (§ 5 Abs. 1 lit. d aSubmD) Auf-
träge, die von der öffentlichen Hand subventioniert wurden, verga-
ben (§ 5 Abs. 1 lit. b aSubmD). Diese Einschränkung bestand indes-
sen nur in Bezug auf die Geltung der materiellen Bestimmungen des
Dekrets, nicht aber in Bezug auf die Vorschriften über den Rechts-
schutz, denn § 24 Abs. 3 aSubmD sah ausdrücklich vor, dass die Be-
stimmung über die Beschwerde auch für Gemeinden und andere
Vergabestellen gemäss § 5 Abs. 1 lit. d aSubmD galt. Mithin bestand
nach altem Recht gestützt auf § 24 aSubmD gegenüber sämtlichen
Vergaben öffentlicher Aufträge die Möglichkeit der Beschwerde an
das Verwaltungsgericht. Daraus sowie insbesondere aus der Vor-
schrift von Art. 9 Abs. 1 BGBM leitete das Verwaltungsgericht - in
Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre - einen Anspruch der
Anbietenden auf das Ergehen einer beschwerdefähigen Verfügung
auch bei kommunalen Vergaben unterhalb der Schwellenwerte von
§ 5 Abs. 1 lit. d aSubmD ab (erwähnter VGE vom 31. Juli 1997,
S. 6 f., 9 f.).
1.3.2.
In einem Urteil vom 11. Februar 2005 kam das Bundesgericht
zum Schluss, dass die Regelung des Kantons Bern, wonach Auf-
tragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte des Einladungsverfah-
rens (oder tieferer kommunaler Schwellenwerte) nicht anfechtbar
sind, vor Art. 9 BGBM standhalte. Es gebe eine Reihe gewichtiger
Gründe für die Zulässigkeit einer solchen Regelung. So sei auch im
Bund eine analoge Beschränkung vorgesehen. Das BoeB sei nur an-
wendbar, wenn bestimmte Schwellenwerte erreicht würden. Nur
dann kämen auch die Rechtsschutzbestimmungen zur Anwendung.
Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Kantone verpflichtet sein sollten,
auch für Bagatellvergaben Rechtsmittelverfahren vorzusehen, wenn
der Bund selber für solche Fälle keinen Rechtsschutz kenne. Sodann
habe die Gewährung einer Anfechtungsmöglichkeit grundsätzlich nur
dort einen Sinn, wo das einschlägige Submissionsrecht im Hinblick
auf die Bedeutung des Auftrags ein formalisiertes Vergabeverfahren
überhaupt vorsehe. Das freihändige Verfahren sei kein derartiges
Verfahren. Dass zwischen dem Verfahrensaufwand und der Be-
deutung des zu vergebenden Auftrags ein vernünftiges Verhältnis be-
stehen solle, komme auch aus Art. 5 Abs. 2 BGBM zum Ausdruck,
wonach nur Vorhaben für "umfangreiche" öffentliche Einkäufe,
Dienstleistungen und Bauten unter Angabe der Kriterien für Teil-
nahme und Zuschlag amtlich zu publizieren seien. Es stehe sodann
ausser Frage, dass der kantonale Gesetzgeber die Ausgestaltung des
Submissionsverfahrens bzw. den damit für die Behörde verbundenen
Evaluationsaufwand u.a. von der Bedeutung der Vergebung, d.h. von
zu erreichenden Schwellenwerten, abhängig machen dürfe. Art. 9
BGBM schliesse derartige Differenzierungen nicht aus. Ebenso sei
klar, dass nicht für jede kleine und kleinste Vergebung der öffentli-
chen Hand ein förmliches Verfahren durchgeführt und entsprechende
Anordnungen unabhängig vom Wert des Auftrags immer in die Form
einer anfechtbaren Verfügung gekleidet werden müssten; dies wider-
spräche der Realität (vgl. zum Ganzen BGE 131 I 137 Erw. 2.4;
siehe ferner Martin Beyeler, in: BR 2005, S. 70 f.; ähnlich schon
Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. Sep-
tember 1999, in: St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis
[GVP] 1999, Nr. 36, S. 104 ff.).
1.3.3.
Im Rahmen der Teilrevision des Submissionsdekrets im Jahr
2005 wurde vor dem Hintergrund des vorgenannten bundesgerichtli-
chen Entscheids § 24 SubmD (Beschwerde) wie folgt neu gefasst:
"1Gegen Verfügungen der Vergabestelle kann direkt beim Verwal-
tungsgericht Beschwerde erhoben werden; dieses entscheidet endgültig.
2Sind die Schwellenwerte des Einladungsverfahrens erreicht, gelten
als anfechtbare Verfügungen:
a) die Ausschreibung;
b) der Zuschlag;
c) der Entscheid über die Auswahl von Anbietenden im selektiven
Verfahren;
d) der Ausschluss vom Vergabeverfahren;
e) der Widerruf des Zuschlags der Abbruch des Vergabeverfah-
rens.
3Der Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren kann unabhängig
vom Schwellenwert angefochten werden."
Die bisherige lit. d von § 5 Abs. 1 SubmD sowie § 5 Abs. 2
SubmD wurden ersatzlos gestrichen.
In der Zusatzbotschaft des Regierungsrats zur Teilrevision des
Submissionsdekrets vom 6. Juli 2005 (GR.04.199) wurde zur Be-
gründung u.a. ausgeführt, eine Regelung analog der bernischen, mit
der Durchführung von förmlichen Verfahren nur oberhalb von be-
stimmten Schwellenwerten, führe zu einer wesentlichen Verein-
fachung und damit zu einer Verkleinerung des Verwaltungsaufwands
der Vergabestellen in diesem Bereich, aber auch zu rascheren Verfah-
ren. Zudem sei absehbar, dass auch die Anzahl der Beschwerden an
das Verwaltungsgericht abnehmen werde (Zusatzbotschaft, S. 2).
Mithin handelt es sich nach der Konzeption des SubmD bei der
Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte des
Einladungsverfahrens um verfügungsfreies staatliches Handeln.
1.4.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Beschwerde-
führerin nach der gemäss der Teilrevision vom 18. Oktober 2005
geltenden Rechtslage aus dem Submissionsdekret im vorliegenden
Fall keinen Anspruch auf eine beschwerdefähige Verfügung und da-
mit auch keinen Anspruch auf Rechtsschutz ableiten kann.