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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2005 82)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2005 82: Verwaltungsgericht

Eine Frau namens K. arbeitete seit August 1994 als Sekretärin/Sachbearbeiterin bei der H. AG. Nach einer Umstrukturierung wurde ihr die Stelle angeboten, die sie jedoch aufgrund der Betreuung ihres schwer kranken Ehemannes nicht annehmen konnte. Der Arbeitsvertrag wurde daraufhin aufgelöst, und sie erhielt eine Abgangsentschädigung von CHF 40'000.-. Das Steuerrekursgericht entschied, dass diese Entschädigung nicht als Vorsorgeleistung betrachtet werden könne und in die ordentliche Steuerveranlagung einbezogen wurde. Die Rekurrentin argumentierte für eine separate Besteuerung gemäss § 45 Abs. 1 lit. e StG. Letztendlich wurde der Rekurs abgewiesen, da die Abgangsentschädigung nicht als Vorsorgecharakter angesehen wurde, da die Rekurrentin noch bereit war, eine neue Arbeit anzunehmen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2005 82

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2005 82
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2005 82 vom 18.01.1994 (AG)
Datum:18.01.1994
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:82 Jahressteuer; Entschädigung mit Vorsorgecharakter (§ 45 Abs. 1 lit. eStG).- Eine Abgangsentschädigung hat keinen Vorsorgecharakter, wenn dieEmpfängerin im Zeitpunkt der Auszahlung vermittlungsfähig und bereit war, eine neue Arbeit anzunehmen und auch danach suchte.
Schlagwörter: ädigung; Arbeit; Rekurrentin; Apos; Vorsorgecharakter; Abgangsentschädigung; Pensionierung; Entschädigung; Zeitpunkt; Abgangsentschädigungen; Sinne; Entschädigungen; Zahlung; Gesetzgeber; Überbrückungsentschädigungen; Kantonale; Steuern; Sachen; Verwaltung; Austritt; Steuerrekursgericht; Beendigung; Arbeitsverhältnisses; Tarifs; Arbeitslosengelder; Auszahlung; Umstrukturierung
Rechtsnorm: Art. 15 AVIG;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2005 82

2005 Kantonale Steuern 379

82 Jahressteuer; Entschädigung mit Vorsorgecharakter (§ 45 Abs. 1 lit. e
StG).
- Eine Abgangsentschädigung hat keinen Vorsorgecharakter, wenn die
Empfängerin im Zeitpunkt der Auszahlung vermittlungsfähig und be-
reit war, eine neue Arbeit anzunehmen und auch danach suchte.

17. November 2005 in Sachen W. + F.K., RV.2004.50394/K 9184



2. Die Rekurrentin arbeitete seit August 1994 in einer Vollzeit-
stelle als Sekretärin/Sachbearbeiterin bei der H. AG in S. Ihr Ehe-
mann erlitt im März 1997 einen Schlaganfall, ist seither zu 100 % in-
valid und wird von der Rekurrentin betreut. Per 1. August 2002
wurde die Verwaltung der H. AG im Zuge einer Umstrukturierung
nach Z. verlegt. Dabei wurde auch die Stelle der Rekurrentin gestri-
chen. Die Geschäftsleitung bot ihr aber eine Ersatzstelle in Z. an. Da
die Rekurrentin ihren Ehemann allein betreut, ist sie darauf angewie-
sen, dass sie über Mittag nach Hause gehen kann, was von Z. aus
nicht möglich gewesen wäre. Die Rekurrentin konnte daher die ihr
angebotene Ersatzstelle nicht annehmen. Die H. AG und die
Rekurrentin schlossen in der Folge die folgende Vereinbarung:
"Aufhebung des Arbeitsvertrages
Der seit dem 15. August 1994 bestehende Arbeitsvertrag wird hiermit
per 31. Juli 2002 aufgelöst.
(...)
Des weiteren wird folgendes vereinbart:
1. Das Ferienguthaben ist bis Ende Juli 2002 zu beziehen.
2. Auf den Austrittszeitpunkt hin erhält Frau K. eine[n] Abgangs-
entschädigung in Höhe von CHF 40'000.--. Die Abgangsent-
schädigung ist jedoch nur geschuldet, wenn bis zum Austritt
kein Wechsel auf eine ihr zusagende Stelle innerhalb des Kon-
zerns erfolgt.
2005 Steuerrekursgericht 380

3. Falls wi[e]der erwarten die Arbeitslosenversicherung eine
Sperrfrist verhängt, entschädigt H. AG während der Sperrfrist
die Höhe des Arbeitslosentaggeldes."
Die Vorinstanz hat die Abgangsentschädigung von Fr. 40'000.--
in die ordentliche Steuerveranlagung 2002 einbezogen, weil die
Bedingungen, damit die Abgangsentschädigung steuerlich als Vorsor-
geleistung betrachtet werden könne, nicht erfüllt seien.
Die Vertreterin der Rekurrenten beantragt demgegenüber eine
separate Besteuerung gemäss § 45 Abs. 1 lit. e StG unter
Berücksichtigung des Freibetrages gemäss Abs. 5.
3. a) Gemäss § 45 Abs. 1 lit. e StG unterliegen Entschädigun-
gen mit Vorsorgecharakter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses,
insbesondere Abgangsentschädigungen bei vorzeitiger Pensionie-
rung, der getrennt vom übrigen Einkommen berechneten Jahressteuer
zu 40 % des Tarifs. Auf Entschädigungen im Sinne von Absatz 1
lit. e wegen Betriebsschliessungen und Umstrukturierungen wird ein
Freibetrag von Fr. 30'000.-- gewährt (Abs. 5).
b) § 45 Abs. 1 lit e StG hat den gleichen Wortlaut wie § 34
Abs. 3 lit. e (in der Fassung gemäss Gesetz vom 18. Januar 1994, in
Kraft seit 1. Januar 1995) des bis Ende 2000 geltenden aStG. Es ist
daher für die Beurteilung des vorliegenden Falles die dazu ergangene
Rechtsprechung des Steuerrekursgerichts und des Verwaltungsge-
richts zu berücksichtigen.
4. a) Zu entscheiden ist, ob eine Entschädigung mit
Vorsorgecharakter vorliegt. Fest steht, dass nicht jede Entschädigung
bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Vorsorgecharakter im
Sinne von § 45 Abs. 1 lit. e StG hat. Je nach den Umständen kann es
sich um eine Lohnnachzahlung für jahrelange Dienstleistungen han-
deln aber um Entschädigungen für das Ausbleiben künftiger
Lohnzahlungen. Bei den letzteren stellt sich die Frage der Abgren-
zung zu den Zahlungen mit "Vorsorgecharakter" (Baur/Klöti/Koch/
Meier/Ursprung, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 1. Auflage,
Muri-Bern 1991, § 34 aStG N 13).
b) Bis Ende 1994 lautete der entsprechende § 34 Abs. 3 lit. c
aStG wie folgt:
2005 Kantonale Steuern 381

"zu 40 % des Tarifs A:
a) ...
b) ...
c) Entschädigungen mit Vorsorgecharakter bei Beendigung des
Arbeitsverhältnisses."
In der seit dem 1. Januar 1995 bis Ende 2000 geltenden Fassung
von § 34 Abs. 3 lit. e aStG wird neu ausdrücklich festgehalten, dass
unter Entschädigungen mit Vorsorgecharakter insbesondere
Abgangsentschädigungen bei vorzeitiger Pensionierung fallen. Dazu
kann den Materialien zur Teilrevision 1995 des Steuergesetzes fol-
gendes entnommen werden (Botschaft des Regierungsrates des Kan-
tons Aargau an den Grossen Rat vom 11. November 1992, S. 23):
"In der Veranlagungspraxis führt die Abgrenzung von Kapitalzahlun-
gen nach § 34 Abs. 1 lit. a und § 34 Abs. 3 lit. c aStG bisweilen zu Ab-
grenzungsproblemen. Oft wird eine solche Zahlung zum Teil als Über-
brückungsentschädigung (finanzielle Erleichterung bis zum Antritt ei-
ner neuen Stelle) voll, zum andern Teil als Zahlung mit Vorsorgecha-
rakter zu 40 % des Tarifs besteuert. Abgangsentschädigungen bei vor-
zeitiger Pensionierung haben in der Regel Vorsorgecharakter, weshalb
dem in den Vernehmlassungen geäusserten Wunsch nach einer ent-
sprechenden gesetzlichen Konkretisierung nachgekommen werden
kann."
Der neue Zusatz in § 34 Abs. 3 lit. e aStG zeigt, dass der
Gesetzgeber vor allem Abgangsentschädigungen bei vorzeitiger
Pensionierung steuerlich privilegieren will. Die Aufzählung der unter
§ 34 Abs. 3 lit. e aStG fallenden Tatbestände ist allerdings nicht ab-
schliessend. Der Wortlaut des Zusatzes ("insbesondere") lässt auch
bei anderen, mit einer vorzeitigen Pensionierung vergleichbaren Fäl-
len eine steuerliche Privilegierung zu. Anderseits ist aufgrund der
oben erwähnten Ausführungen in der Botschaft, wo sowohl die
"Überbrückungsentschädigungen" als auch die "Abgangsentschädi-
gungen bei vorzeitiger Pensionierung" erwähnt werden, und dem
Umstand, dass der Gesetzgeber in der Folge im Sinne einer
Konkretisierung (und nicht einer Änderung der [vom Gesetzgeber
geschilderten] Praxis) nur die "Abgangsentschädigungen bei
vorzeitiger Pensionierung" ausdrücklich ins Gesetz aufnahm, davon
2005 Steuerrekursgericht 382

auszugehen, dass er die "Überbrückungsentschädigungen" (weiter-
hin) steuerlich nicht privilegieren will. Andernfalls hätte er letztere
mit Sicherheit als weiteres Beispiel in § 34 Abs. 3 lit. e aStG eben-
falls ausdrücklich aufgeführt (RGE vom 30. Juni 1999 in Sachen
K.B.).
c) Das Verwaltungsgericht hat sich diesen Ausführungen ange-
schlossen und folgendes hinzugefügt (VGE vom 28. Februar 2000 in
Sachen K. + R.B.):
"Nach der zuvor geltenden Rechtsprechung kam denjenigen Zahlun-
gen 'Vorsorgecharakter' zu, die dazu dienten, 'im Vorsorgefall (Tod,
Alter, Invalidität) dem Empfänger die Fortsetzung seiner gewohnten
Lebenshaltung in angemessener Weise sicherzustellen', also nament-
lich den bei Einstellung der Erwerbstätigkeit bei dauerhafter Ein-
schränkung der Leistungsfähigkeit der Einkommenserzielung
ausgerichteten Zahlungen (vgl. Koch, a.a.O., § 34 N 40 ff.), nicht aber
blossen 'Überbrückungsentschädigungen' für die Zeit der Suche nach
einer neuen Stelle. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, neu auch die
Letzteren dem günstigeren Steuersatz des § 34 Abs. 3 StG zu
unterstellen, so müsste dies in den Materialien zur Gesetzesänderung
seinen Ausdruck gefunden haben. Dies gilt umso mehr, als sich eine
derartige Privilegierung von Überbrückungsentschädigungen sachlich
keineswegs aufdrängt."
d) Gemäss Merkblatt "Kapitalleistungen (zeitliche Bemessung
und mehrfache Kapitalleistungen)" vom 30. September 2001 des
KStA müssen die folgenden Bedingungen, nämlich
- die steuerpflichtige Person verlässt das Unternehmen ab dem
vollendeten 55. Altersjahr;
- die Haupterwerbstätigkeit wird definitiv aufgegeben;
- durch den Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung des bisherigen
Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin entsteht eine Vorsorge-
lücke
kumulativ erfüllt sein, damit eine Abgangsentschädigung Vor-
sorgecharakter aufweist.
5. Die Rekurrentin war im Zeitpunkt, als sie aus der H. AG aus-
schied und die Vereinbarung vom 29. Januar 2002 über die Abgangs-
entschädigung abgeschlossen wurde, gut 56 Jahre alt. Dass in jenem
2005 Kantonale Steuern 383

Zeitpunkt eine vorzeitige Pensionierung für sie kein Thema war zeigt
der Umstand, dass die Rekurrentin zwei Jahre lang eine neue Stelle
gesucht hat. Da sie jedoch keine neue Anstellung fand, erhielt die
Rekurrentin Taggelder aus der Arbeitslosenversicherung (steuerbarer
Betrag 2002: Fr. 24'001.-- ; 2003: Fr. 45'832.--).
Wer Arbeitslosengelder bezieht, muss vermittlungsfähig, d.h.
bereit sein, eine zumutbare Arbeit anzunehmen (Art. 8 Abs. 1 lit. f
i.V.m. Art. 15 Abs. 1 AVIG [Stand am 22. März 2005]). Bei der Re-
kurrentin, welche im Zeitpunkt der Auszahlung der Abgangsentschä-
digung bereit war, eine neue Arbeit anzunehmen und auch danach
suchte, kann rein begrifflich gesehen keine vorzeitige Pensionierung
im Sinne von § 45 Abs. 1 lit. e StG vorliegen, denn eine (vorzeitig)
pensionierte Person will (oder kann) nicht mehr arbeiten. Ausserdem
stellen Arbeitslosengelder steuerbare Erwerbsersatzeinkünfte im
Sinne von § 32 lit. a StG dar. Mindestens bis zum Zeitpunkt des
Versiegens der Arbeitslosengelder kann daher bei der Rekurrentin
nicht von einer vorzeitigen Pensionierung gesprochen werden. Es
kommt hinzu, dass die Abgangsentschädigung aufgrund des (der
H. AG bekannten) fehlenden Willens der Rekurrentin zur vorzeitigen
Pensionierung wohl als "Überbrückungsentschädigung" bis zum
Antritt einer neuen Stelle dienen sollte.
Der Rekurs erweist sich somit als unbegründet und ist abzuwei-
sen.

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