X. Verwaltungsrechtspflege
64 Rechtliches Gehör. Verfügungsform. - In Gesuchsverfahren kann von einer Anhörung grundsätzlich abge- sehen werden; dies gilt auch bezüglich der Erhebung von Gebühren im Zusammenhang mit der Gesuchsstellung (Erw. 2/b). - Ist eine Verfügung von einer nicht unterschriftsberechtigten Person unterzeichnet worden, kann dieser Mangel nicht geheilt werden (Erw. 2/c).
Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 30. November 2004 in Sa- chen N. AG gegen Regierungsrat.
Aus den Erwägungen
2. (...) b) (...). In Verfahren, welche durch Einreichung eines Gesuchs eingeleitet werden, bedarf es nach bundesgerichtlicher Rechtspre- chung grundsätzlich keiner Anhörung mehr; es findet gewissermas- sen eine Vorverlagerung des rechtlichen Gehörs statt, indem der Ge- suchsteller sein Gesuch entsprechend zu begründen hat (BGE 111 Ia 103 f.; Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staa- tes, Bern 2000, S. 263). Damit ist allerdings nur der begünstigende Teil der Bewilligung abgedeckt. Aber auch wenn mit der Bewil- ligung belastende Nebenbestimmungen verknüpft - wie im vor- liegenden Falle - Gebühren erhoben werden, braucht der Bewilli- gungsnehmer in aller Regel nicht angehört zu werden. Nebenbe- stimmungen bilden als mildere Massnahme (in Befolgung des Ver- hältnismässigkeitsprinzips) eine Alternative zur Bewilligungsver- weigerung (Albertini, a.a.O., S. 38; AGVE 2002, S. 242 f.). Mit der Gebührenerhebung wiederum muss der Gesuchsteller normalerweise
rechnen, was offenbar auch die Beschwerdeführerin anerkennt. Zudem hat sich die verfügende Behörde in materieller Hinsicht an die gesetzlichen Grundlagen sowie an das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip zu halten (siehe Ulrich Häfelin / Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Zürich 2002, Rz. 2636 ff., 2656 ff., 2693 ff.). Vor diesem Hintergrund kann die Hinweis- und Warnfunktion des Äusserungsrechts, die den Rechtsunterwor- fenen vor überraschenden Entscheidungen schützen soll (Albertini, a.a.O., S. 259), nicht zum Tragen kommen. (...). Der Regierungsrat hat deshalb eine Gehörsverletzung zu Recht verneint. c) Nicht einig geht das Verwaltungsgericht dagegen mit der Schlussfolgerung des Regierungsrats, auf die Gültigkeit der Ver- fügung vom 18. Juli 2002 wirke sich nicht weiter aus, dass diese von einer nicht unterschriftsberechtigten Sachbearbeiterin unterzeichnet worden sei. Nach der Rechtsprechung kann insbesondere die Ver- letzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wieder gutgemacht werden, wenn die unterlassene Anhörung, Akteneinsicht Be- gründung in einem Rechtsmittelverfahren nachgeholt wird, das eine Prüfung im gleichen Umfang wie die Vorinstanz erlaubt; eine Rück- weisung der Sache käme in solchen Fällen einem formalisierten Leerlauf gleich (BGE 125 I 219; AGVE 1997, S. 374; Häfe- lin/Müller, a.a.O., Rz. 986 f.). Eine "Heilung" des formellen Mangels hat das Bundesgericht auch in einem Fall angenommen, in welchem die Steuerbehörde in einer Verfügung allein den Ehemann als Adressaten nannte, obschon sie von Gesetzes wegen verpflichtet gewesen wäre, sämtliche Mitteilungen an verheiratete Steuerpflich- tige, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, an die Ehegatten gemeinsam zu richten; der Ehefrau sei durch den Fehler kein Nachteil entstanden, nachdem die Verfügung an den gemeinsa- men Vertreter der Beschwerdeführer zugestellt worden sei und beide dagegen rechtzeitig Beschwerde erhoben hätten (BGE vom 12. Mai 2004 [2A.442/2003] in Sachen A. und Mitb., S. 2). Demgegenüber stellt das Fehlen einer rechtsgültigen Unterzeichnung einen for- mellen Mangel der Verfügung dar, der naturgemäss einzig durch die verfügende Behörde selbst behoben werden kann. Eine "Heilung" des Fehlers im Beschwerdeverfahren ist anders als bei der Verletzung
des rechtlichen Gehörs nicht möglich. Beseitigt werden kann der Mangel nur durch die vollumfängliche Aufhebung der fehlerhaften Verfügung und deren Ersatz durch einen korrekt erlassenen Verwal- tungsakt. Letzteres kann geschehen, indem die Rechtsmittelinstanz die Angelegenheit zum Erlass einer neuen Verfügung zurückweist aber die entsprechenden materiellen Anordnungen selbst erlässt. Bei der Überprüfung des vorinstanzlichen Kostenentscheids ist deshalb davon auszugehen, dass die hier in Frage stehende Verfah- rensrüge zu Recht erhoben worden ist.